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KeibergerAiyeiger 4 und Tageblatt 10 « »«««»««. ? -> !- »OM '' i b n«»iii^M «»» » noma»e« «. Kie je- spvltrne gelte »der der« ßÜL k »tt * Erscheint jede« Wochentag «bend» 6 Uhr für den andern Lag. Preil vierteljähr» lich 2 Mark 2d Pf., jweimonatl. 1 Mk. vV Pf. und ein- monatl. 7b Pf. Die Redaktion be findet sich Rinnen- gaffe SL«. ll. Et. Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zu Freiberg und Brand. 86. R-u-s, dm lö. AM. 1875.4 SSSM—- - r . ———SU——-—L Tagesschau. Freiberg, den 15. April. Die Wogen haben sich wieder geglättet. Alle kriege rischen Befürchtungen sind verschwunden und die Offiziösen — von der „Provinzial-Korrespondenz" bis zur „Post" herab — fließen von FriedenSverficherungen über. Der Welt ist wieder einmal das bekannte Stück vorgesührt worden: „Viel Lärm um Nichts." Auch der belgische Zwischen fall dürste demnächst zu Grabe getragen, oder mindestens kalt gestellt werden, denn wie man aus den Parlaments- Verhandlungen in London und Brüssel, namentlich aus den gestern mitgetheilten Antworten der Minister jener beiden Staaten ersieht, fehlt der Sache durchaus der ihr beigelegte brennende Charakter. Die deutsche Regierung ist weit ent fernt, die Unabhängigkeit Belgiens «»zulasten; wir wüßten auch in der Thal nichl, was das deulsche Reich mit einer Provinz Belgien ansangen spllte. Unsere Reklamationen richten sich einfach nur auf die strikte Einhaltung der Neu- tralitätSPflichten Belgiens, die NentralitätSrechte werden von deutscher Seile keine Beeinlrächligung erfahren. Auffallend könnte daS Verhalten der Engländer sein, die belgische Angelegenheit mit einer gewissen Oslentation vor das Parlament zu bringen. Allein die Sache wird erklärlich, wenn man sich an die Furcht erinnert, welche den Engländer bei dem Gedanken ergreift, daß der Einfluß des stolzen Albion im Rothe der europäischen Mächte gesunken sein könnte. Jenseit des Kanals erinnert man sich gern jener Zeit, da Lord Feuerbrand (Palmerston) bei allen Fragen von einiger internationalen Bedeutung seine Hand im Spiele hatte und bald als Freund, bald als Feind mit englischer Intervention bereit war. Diese Zeiten sind längst dahin. Macht dochein Mann wie Ruffell dem abgetretenen Gladstone selbst den Vorwurf: er habe das große ruhmreiche England in eine Fabrik von Baumwollenartikel und in einen Markt für billige HandelSprodnkte verwandelt und Marine und Armee deSLandeszurSchwäche und Ohnmacht herabgewürdigt. Das preußische Abgeordnetenhaus unterbrach heute die Berathung der Provinzialordnung, um die erste Lesung des Gesetzentwurses über Beseitigung einiger Ver- saisungsbestimmungen vorzunehmen. Es ist ganz unzweiselhast, daß dieses Gesetz mil großer Majorität zur Annahme gelangen wird. Die preußische Regierung bringt damit auch in diesem Jahre dem Papstthnm neue Lenzes- gaben in Gestalt duftiger Mai-Gesetze dar. Man glaube aber nicht, daß Bismarck mit diesem und dem Klostcrgeietz sein Arsenal gegen das Papstthnm erschöpft habe. Bleibt denn zum Beispiel in rein materieller Beziehung der Kirche in Preußen nicht immer noch reichlich eigenes Vermögen, welches gegen die Staatszwecke verwendet werden kann? Sind nicht fernere Gesetze und Verwaltungsmaßregeln wünschenswerth, welche die Bischöfe und die einzelne» Kleriker jedes selbständigen VersügungSreäNeS über die materiellen Güter so lange berauben, als sie staatsfeindliche Zwecke verfolgen und sich außerhalb des StaatSrechteS stelle»? Oder sind nicht mindestens Gesetze und Maßregeln wünschenswerth, welche die Ansammlung neuer Güter durch fromme oder mildthätige Zuwendungen, durch Erbschaft u. s. w. an Kirche und Klerus für alle Zukunft hindern? Der bairische Landtag wird morgen im AustragedeS Königs durch den Prinzen Luitpold geschloffen werden. ES erreicht damit eine Session ihr Ende, deren Anfang noch vor dem letzten Kriege lag. Die Zurückziehung des Land- tagSwahlgesetzes durch die Staatsregierung hat den Führern der ultramontanen Partei insofern einen Strich durch die Rechnung gemacht, als dieselben noch zu guterletzt. bei Be rathung des ergebnißlose» Berichts des Wahlgesetz-Aus schusses, abermals Angriffe gegen die Minister zu machen gedachten. Der nächste Landtag wird im Herbste d. I. zusammentreten. Die Ansichten über den demnächstigen Ausfall der betreffende» Wahlen sind bekanntlich sehr ver schiede». In politischen Kreisen Italiens spricht man von einem Briese, welchen der Papst vor der Monarchenzusam menkunst an den Patriarchen von Venedig für de» Fall richtete, daß derselbe eine Unterredung mit dem Kaiser von Oesterreich haben sollte. Dieser Fall ist eingetreten. Der Bries gewinnt somit ein erhöhtes Interesse, und darum gebe» wir den Mittheilunge» über seinen Inhalt hier Raum. Der Patriarch vou Venedig sollte die Aufmerksamkeit des Kaisers aus die Verschlimmeruug der Stellung des h. Stuhles, seitdem die berliner Regierung eine so ausgesprochene feind selige Haltung angenommen hat, hinlenken. Er sollte darauf Hinweisen, daß die Lage des Papstes und der Kirche immer unerträglicher werde, wenn solche Anforderungen nicht einen größeren Widerstand von Seiten der fremde» Mächte fänden. Der Bries gab zu verstehen, daß die katholischen Mächte endlich allen Einfluß verlierest ündstier deutschen Negierung unterliegest würden, welche danach strebe, eine absolute Herrschaft auSzuüben. Er wies den Patriarchen an nach zuweisen, wie gering die Zuverlässigkeit und Aufrichtigkeit der Freundschaft Preußens für Oesterreich sei, da die Grund lage des deutschen Programms die Vereinigung der ge lammten deutschen Nationalität unter Einem Scepter sei. Der Bries deutet ferner dem Kaiser von Oesterreich au, daß die Freundschaft Frankreichs ihm vortheilhafler sei» würde, und daß er wohl thu» werde, den König Viktor Emanuel aus die Gefahr der Lage aufmerksam zu machen Ma» kann sich leicht denken, daß das Publikum von der Antwort des Kaisers von Oesterreich an den Patriarchen nichts erfahren hat, und wir selbst wollen von diesem hin reichend wichtige» Zwischenfall bei der Zusammeiikuiist in Venedig nur 'Notiz nehmen. Eine andere Thatsache könnte uns über die Gesimiungen des Kaisers Franz Josef auf klären. Man weiß, daß der österreichische Gesandte bei dem h. Stuhle, Graf Paar, nach Venedig gereist ist, uni seine» Herrscher zu begrüßen. Franz Josef soll ihn beauftragt haben, nicht zu unterlassen, dem Papste di« Hochachtung nnd Ergebenheit des Kaiser- in Beziehung auf das Oter- Haupt der katholisch«» Welt auizudrücken; er soll ix ge- - mäßigten Worten von den gespannten Verhältnissen zwischen dem Vatikan und . Deutschland gesprochen »nd sich über diesen Punkt mit Bedauern und Schmerz au-gedrückt haben. Wie die Ratte» das sinkende Schiff verlassen, so dis priuzlichen Vettern in Spanien ihre» Bandenchef Don KarloS. Nachdem bei Zeiten schon Don Alfonso und j Donna Blanca retirirt und augenblicklich die Bürger von Graz durch ihre Gegenwart beleidigen, haben nun auch di- beiden Brüder Don Franz Maria und Don Albert , Maria von Bourbon ihren Absagebrief an KarloS gerichtet. " Sie erklären darin, daß sie sich jeder Verpflichtung gegen über ihrem ehemaligen Kriegsherrn für entbunden er achten. Sie ivären vor 2 Jahren in die karlistische Armee getreten, um de» fremde» Eindringling in Madrid und dann die „schändliche" Republik, welche die Altäre entweiht habe, zu bekämpfen. ES gebe nunmehr keine» fremden König, keine Republik in Spanien mehr, sondern die heilige Vorsehung habe wieder einen Herrscher aus spanischem Blut auf de» Thron ihrer Väter zurückgeführt, also hätten sie auch nichts mehr zu bekämpfen, vielmehr die Fügung Gottes anzuerlennen. Im klebrigen verbleiben sie ihrem theuren Cousin in treuvetterlicher Aebr zugethan. Die Flucht dieser btaublütigen Hauptratten spricht am besten für das nahe Lade des KarlismuS. Leider thut die Regierung Also»- unter deckt Einflüsse der Reaktion das Möglichste, um die durch die Zersetzung des KarliSmuS auf der einen Seite gewonnenen Ävrtheile auf der andere» Seite wieder umzuwerfe» und alle liberalen Elemente sich zu entfremden. Deutsche» Mi«. Am IS. begann Les preußische Herrenhaus die ersteVc» . zathung des Gesetzes über Einstellung hier Leistung«»--, quS Staatsmitteln an die kälholischen Bislhümer und Geistlichen. In der G-ncraldiskuffüm erllärte Graf Udo zu Stollberg, das Gesetz sei eia nothmendigeS Uebel, wenn man die Maigesetze anssühren wolle. Daz» sei er jedoch cnlschlojsen, weil die ultramontane Opposition ihre Besatzung nicht aus GewissenS- bedenlen, sondern aus dem Grunde verweigerte, daß jene Vor lagen nicht mit dem Papste vereinbart worden seien. Ver handlungen mil der Kurie anzüknüpsen, könne aber dem Staate unter den gegenwärtigen Verhältnissen nicht zugenmchet werde» und man werde nur zum Frieden gelangen, wenn es gelinge, den klerikalen Widerstand zu brechen. — Gras Lippe (früherer preußischer Justlzminist-r) konstalirle, eS sei bisher mit den Mai- gesetzen nur erreicht worden, daß deren Gegner und Freunde sich feindlicher als jemals gegenüber stehen und daß dleselben eine Spaltung im Volle hcrvorgcrujen haben, die zu einem schrecklichen Ende führen müsse. Angeblich verstößt der Wider stand. welchen die Ullramonlamn den Maigejetzcn leisten, gegen Feuilleton. Rosa Lichtwart. Novelle von E. Wichert. (Forlsttzunz.) „Was soll ich hören?" sragte sie resigmrt. Im Stillen ielete sie: Gott! laß cs gnädig an uns vorübergehen! „Tu kannst in diesem Hause nicht länger bleiben, Rosa," begann er wieder. „Um Deiner selbst , willen ist eine Ver änderung nöthig. Aber Du sollst dieselbe nicht zu beklagen haben. ES ist dafür gesorgt, daß Du eine eben so bequeme und stille Wohnung findest — auch ein hübscher Garten gehört dazu, iu dem es unserem kleinen Mädchen recht be haglich sein kann. Du nimmst Deine Dienerjchast mit Dir, und es ändert sich in Deiner Umgebung nichts —" „Und Du, Norbert?" fragte sie, von einer noch unbe stimmten Ahnung erfaßt, die sie beben machte. Er zögerte mit der Antwort. „Ich werde freilich in nächster Zeit nicht so viel bei Dir sei» können, als bisher — bis gewisse Verhältnisse geregelt sind, die eben diesen Wohnungswechsel nothwendig macken. Wie gern ich ganz mit Dir zöge — ich kann sür jetzt dieses Hans nicht ver lassen. Aber kein Tag soll vergehe», all dem ich Dich nicht so oft ausjuche, als meine Geschäfte irgend erlauben — Dich und unser- geliebte Fortunata. ES wird zwischen uns Alles bleiben, wie es gewesen, glaube mir." ,Das kann ich nicht," sagte sie schmerzlich. „Wir sind nicht mehr eine Familie, well» wir so getrennt leben und Du uns nur besuchst. O, was bi» ich Dir, wenn ich nicht mehr Dein Haus «heile? Mir schauert." Er schwieg und blickte finster zur Erde. Es fehlte ihm der Muth, ihr die quälenden Gedanken auszureden und die Wolken von ihrer Stirn z» küssen. Er achtete sie zu hoch, »m sich damit trösten zu können, daß sie sich werde täuschen lassen, und er fühlte, daß ihre Empfindung die richtige war- Was konnte sie sich gelte», we»n sie nicht mehr sein Haus theille? „Uud weshalb diese Trennung?" sragte Rosa nach kurzem Bedenken entschlossen. „Dn'sagst mir, daß Du mich unwandelbar liebst, und willst doch, daß wir einander eut- jremden? Ich kann's nicht fassen." Er führte sie in die Laube und zog sie neben sich aus die Gartenbau! nieder. Dann legte er seinen Arm »in ihre Schuller, drückte sie stürmisch an seine Brust uud küßte ihr Stirn, Augen und Mund. Es war, als ob er noch - einmal alle Seligkeiten der Liebe durchkosten wollte, ehe er sein Glück gefährdete. So nimmt der Seeman» Abschied von seinem Weibe, das er nach überstandener Fahrt froh wiederzusehen hofft, »nd von dem ihn vielleicht doch schon der nächste Sturm für dieses Lebe» trennt. „Ich habe Dir nie die Unwahrheit gesagt, Rosa," be gann er dann ruhiger, „und doch muß ich mich anklagen, , unwahr gegen Dich gewesen zu sein, weil ich Dir aus Zag- ! Hastigkeit verschwieg, was Du hättest wissen müssen Richte glicht, bevor Du Alles gehört. Ich bin — verheirathet!" Sie sprang entsetzt auf, maß ihn mit einem Blick, dessen j Wildheit ihn erbebe» machte, schlug die Hände gegen die Stirn und sank mit einem Senszer, der Ivie der letzte j Schmerzenslaut eines zmn Tode Getroffenen klang, vor ihm zur Erde nieder. Er richlete sie aus, stützte ihr schweres j Haupt mit seinem Arm, nannte sie mit allen den Liebes namen, die sie sonst in den glücklichsten Stunden gehört . Halle, zog sie auf seinen Schoß sic schien leblos. Erft nachdem er mehrere Minuten lang, für seine Un- ; geduld eine Ewigkeit, seine Bemühungen fortgesetzt hatte, wich die Erstarrung. Sie schlug die Augen auf, blickte wie irr um sich, erkannte ihn und riß sich von ihm los. Sie wollte fliehen, aber er hielt ihre Hand fest ; die Er schöpfung »ach Ler Ohmnachl zwang sie, sich auf dis Garleu- dank nicderzulassen. Sie vermochte nicht, ihm ihre Hand z» entziehe», aber das Gesicht wandle sie von ihm ab, und lür seine besorgten Frage», ob sie sich stark genug fühle, seine Vertheidigung zu hören, halte sie kein Wort. „Rosa! ich beschwöre Dich!" bat er, „nicht dieses dumpfe Schweigen, das mich um alle Fassung bringt. Klage mich an, strafe mich mit Vorwürfen, die Dir Schmerz und Zorn auf die Zunge lege», nenne mich mit den härteste» Namen, aber zeige nur, daß noch cm Herz in Deiner Brust schlägt, an das ich appcllircn darf. Bei allen Be weisen meiner Liebe beschwöre ich Dich — bei unserer Fortunata — Auch diese Erinnerung ließ sic unbeweglich. Kaum daß die Nerven ihrer Hand ein wenig zuckten und ihm das Zeichen gaben, daß sie seine Worte vernehme. „Sct gütig, Rosa," fuhr er ängstlicher fort, „urthciic nicht nach dem äußeren Schein, und verurthcile nicht, ehe Du mein trau riges Schicksal keimst. Du, die Du weißt, was Liebe ist, wirst cs ganz ermessen können. Ich bin vcrhcirathct — cs ist zu meinem Unglück so. Aber nicht die Neigung hat dieses Bündniß geknüpft, sondern das Familicnintercssc. Schon als Knabe war ich von meinem Vater dazu be stimmt, diese unselige Verbindung cinzugehcn, durch die ein auf Gcncrationen fortgecrbtcr Prozeß über bedeutende Lehngüter verglichen und ein Acraerniß ans der Welt ge schasst werden sollte, das unablässig den Frieden der bei den Familien störte. Ich wußte cs von Jugend auf nicht anders, als daß Cäcilie von Hohcnwarbcck, die mail mir schon in der Wiege als meine kleine Braut zeigte, einst meine Fran werde» solle. Man sorgte später geflissentlich dafür, daß wir ciuander begegneten, und man hatte nicht versäumt, auch sic schon früh von dcm zu unterrichten, was im Familicnrath beschlossen war. Der Kinder Un schuld kam leicht darüber hinweg; wir spielten glcichgiltig mit cmandcr, stritten nnd vertrugen uns, wie nnt anderen