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wk'MM Anzeiger und Tageblatt. Amtsblatt der Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. GerichtSLmter u. der StadtrSth« zu Freiberg u. Braud. 59. Urschklnt I. gnUerg j«d. wochm«. Ad. 8 U. für dm and. Tag. Jnser. w«it«n b!«!V. II U. für nächste Nr. angen. Sonnabend, IS. März. UrMdIMUIähU.,««e L»,er«r» w^«n N. g^alrme J^I. ^er dm» N«um mit Ist Pfg. derechne«. 1875. Kreiders, dm 12. März 1875. Mt großer Noth und vieler Mühe ist in Ungarn endlich die Neubildung de» KabinetS gelungen. ES war in der That eine Schwergrburt. Wie viel ist dabei über die Rettung Ungarns vor de« drohenden finanziellen Bankerott gesprochen und geschrieben worden l Und doch wäre das Rezept hterzu sehr einfach: Ein schränkung der nichtproduktiven Ausgaben des Staate- auf da« unumgänglich Nothwendtgste, tief greifende Verminderung de« Be- amtenheerrS und eine gesunde Steuerreform, welche die bisher mehr oder weniger steuerfreien Adeligen zur Steuer heranzieht. DaS wollte ja eben dar Ministerium Bitto-Shyczy und des halb mußt» «S gehen. Der hochgegriffene Patriotismus dir Ma kyirm wird nämlich sofort zu Nebel und Dunst, sobald diese Herre« in die eigene Tasche greifen sollen. Und welche« Zauber- mittel werden nun die neuen Minister gegen den drohenden StaatS- bankerott erfinden? Sie können absolut nicht- Anderes thun, al« wa« ihre Vorgänger zu thun beabsichtigen. Sie müssen dieselben Opfer fordern, die Ghyczy forderte und denen er selbst zum Opfer fiel. Denn nach Anstcht de« Abgeordnetenhauses verlangt» er zu viel, obgleich diese» „zu viel" nach der Ueberzeugung aller ver ständigen Leut» noch ,^u wenig" ist, um Ungam retten zu können. Vian darf also wohl gespannt sein, wie die neuen Männer den verfahrenm Etaat-karren aus dem Morast ziehen wollen. Doch sehe« wir uuL die einzelnen Mitglieder des gegenwärtigen Kabtnet« etmnal etwa- näher an. Da ist zunächst Freiherr Vela v. Wenckheim, Minister am königlichen Hoflager, der aus Gefälligkeit für den Hof das Portefeuille- des Ministerpräsidenten übernommen. Er war unter Andraffy schon einmal Minister des Innern und hat flch damals durch seine wahrhaft astatische Amtsführung so verhaßt bei seinen vielen Segnem und so lästig bei seinen besten Freunden gemacht, daß ihm Niemand mehr das besagte Amt anbieten würde. Wenck- Heim ist ein Magnat vom reinsten Master. Damit ist genug ge sagt über sein Können, Fühlen und Denken. Allein er ist ein Hofmann und diesem Umstande verdankt er e-, daß er dem neuen Kabinet al» Titelblatt vorgesetzt ward. Verderben wird also wohl Freiherr v. Wenckheim nichts. Die eigentliche Seele des Ministerium» ist der bisherige Führer des linken Srntrum», Koloman TtSza, al- Minister deS Innern. Wenn man den Staatsmann nach der Meng» und Länge seiner Reden messen wollt«, dann wäre TtSza der größte Staats mann der Gegenwart. Auf dem Gebiet der Phrase hat er unend lich viel geleistet, und wird wahrscheinlich noch viel mehr leisten, um der Welt zu beweisen, daß Ungam noch nicht verloren ist. Er wird immer da» letzte Wort zu behalten suchen — ob aber auch den letzten Gulden? Und doch ist TiSza ein Mann des scharsen Verstandes, welcher sich gehütet hat, die letzten Konse quenzen seine» vorläufig ml acta, gelegten Programm» zu ziehen. Denn ihn beherrscht nebenbei ein unbändiger Ehrgeiz und man ist sehr im Unklaren, was bei dem Manne größer ist: der politische Scharfsinn oder der Ehrgeiz. Nur eines fehlt dem neuen Leiter der ungarischen Geschicke: die Ehrlichkeit »ine- Ghyczy! Obwohl Letzterer dem Abgeordnetenhause nicht verhehlte, daß d«r Staat-- bankerott vor der Thüre stehe, fall- man seine Vorlagen nicht an nehme, hatte TtSza doch den traurigen Muth, gegen di» Budget vorlage und gegen die Steuerreform zu sprechen und zu stimmen. Außerdem ist er ein so entschiedener Verfechter der adeligen Komi- tatrwirthschaft, ein so wüthender Gegner aller nationalen Gleich- berechttgung, wie nur irgend ein Vollblut-Magyar. Di« Richtung seiner etwaigen inneren Reformen läßt sich leicht denken; sie wird auf die Entrechtung der deutschen Städte und ihre völlig» Unter- werfung unter die unfähigen und bestechlichen KomitatS-De-pot««, diese» Heeres von gewählten B»amte» au- der verarmten Aristo kratie, gehen. Bor zwei Jahren hätte man dm Eintritt »im- TiSza in ein und dasselbe Kabinet mit Wenckheim für »tnm Wahnsinn gehalten. Jetzt war man froh, etnm Minister «utd»ckt zu haben, der der Welt klar machen wtich: Seht, Ungam ist zwar in V»rl»gmh»tt um Geld und gute« Rath, nie aber um Staatsmänner! TtSza, Minister de» Innern, heißt so viel, al- Weh dem nicht magyarischen üngaml E« heißt aber auch: weh» Oesterreich, dem man zumuthen wird, Ungarn- Souveränität zu erweitern und die Kostin derselben zu trage»! Der neu» Mnanzmintst»r Szell ist »in Verwandter zuck Verehrer Deak». Sein« größt» Fähigkeit besteht darin, geschickt Zahlen zu gruppirm und deshalb hält man ihn für eine» guten Finanzmtnister. Von Sparsamkeit wollt« »r ni» »twa- wissen, doch soll er für die von Ghyczy geforderte« nmm Stmern gestimmt habe». Da begreift man allerdings nicht, wr-halb Ghyczy nicht im Amt blieb. Vielleicht hat aber Szell srin« Meinung über Rächt geändert, um nur Minister zu werden. Der Präsident de» Abgeordnetenhauses, v. P»rcz»l, hat da- Justizministerium übernommen. Lr wird kein» Lorbeeren in dem selben einernten, denn er ragt in Nicht» über die drakistische Allge meinheit hervor. In TtSza'» Gefolgt find noch zwei unbedeutend» Männer als Figuranten ihre» Meister» in» Kabinet getreten- Etne einzige tüchtig» Kraft de» frühtren Ministerium», Kultus minister Trefort, ist erhalte» worden. Die ebenfalls im Amt v»r- bltebenen Minister Szend» und Pcjaesewic ßud Nullen. Auf jedm politisch Denkenden macht da- neue Ministerium W«ckh«im-Ti-za den Eindruck d«S vollständigste« Jdee»-Ba«k«rott». LageSgeschichte. Da« letzte Bulletin über da« Befind»« Sr. Majestät d<- Kaiser» konstatirt, daß der Schlaf während d»r Nacht MwN, -fter- gestört worden ist, daß aber die katarrhalische «fftktton Anm durch«»« erwünschten «erlauf nimmt. Der Appetit ist in dm Zunahme begriffen. Die „Badische LandeSzeitung" schreibt über „eine ftanzöstsch» Militärkommtsfion in Oesterreich" Folgende«: Die österreichifchen und selbst di« sranzöfischen Zeitungen berichten un« von «tnm Thatsache, von welcher die Blätter de« deutschen Reiche« kein Würtlein sagt««. Nachdem nämlich End» Januar zwei ftanzöstsch« Artillerteosfizitt», di» Herrrn Sra«, Major, Erfindm d,- v«r- besserten Chaffepot, und der Hauptmann erster Klaffe Paul Hüter, WM»