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)Ser- Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zn Freiberg und Brand 1875. .N 230 Sonntag, de» 3. Oktober. Mündlichkeit des Verfahrens und Einengung des alten Einzelheiten zu prüfen. Bei der ungemeinen Wichtigkeit, l» tel »pr: l. Feuilleton. unser Gast. ieli, den oell ,wo ist irll- r: wrrL« Bella," sprach der alte Herr mürrisch, „das ist Mrs. Partei gegen die liberale. Während jene ein Zugeständniß an den modernen Geist im Allgemeinen als ein Preisgeben ehrwürdiger und ihr heiliger Schwerfälligkeit der Gerichts- prozcdnr ansieht, Hat diese möglichste Vereinfachung durch den schwarzen Augen leuchtete näherte sich an Mr. Gaston »15. tiLraa In der Hauptsache zogen die Liberalen in der Kommission ' den Kürzeren; nur in Einzelheiten gelang es ihnen, refor matorische Ansätze zur Geltung zu bringen. Die Vorunter- üchung nach englischem Verfahren dürch Jury und Oeffent- ichkeit ist zu Liebe des schreibseligen Juristengeistes gefallen und das Protokoll des Untersuchungsrichters soll in seiner Autorität beibehalten werden. Das Recht der Privatklage, gegenüber dem Monopol der Staatsanwaltschaft, hat nur insoweit Raum erhalten, daß dem Interessenten und auch diesem erst nach einer von der Staatsanwaltschaft ver weigerten Anklage die Befugniß zustehen soll, an das Gericht zu appelliren, welches dann entweder die Behörde um Be zeichnung eines anderen Staatsanwaltes anzugehen, oder selbst einen Rechtsanwalt zur Abfassung der Klage zu er nennen hat, wogegen Gneist beantragt hatte, daß jeder Unbescholtene als Wächter des Gesetzes auftreten dürfe und das Gericht sich mit seiner Klage zu befassen habe, auch > wenn die Staatsanwaltschaft die Erhebung derselben nicht l verweigert. Was die Entschädigung für unschuldig Ange- - klagte respektive Verhaftete betrifft, so hat man sick mit o« »brr tzitßzrr Seide, geschmückt mit Diamanten und Spitzen. Sir Robert stellte sie als Mrs. Vavasor vor. Wer war Mrs. Vavasor? Mißtrauisch betrachteten sie die Damen; — sie trug Stempel der Abenteuerin in ihrem ganzen Wesen. snam-er i Orte ÄS in rLrmw. deutschen Kriminalprozeß behalten möchten, was den Ange- lagten möglichst zu einem wenig widerstandsfähigen Opfer des gegen ihn eingeleiteten Verfahrens macht. Deshalb ist ihnen die französische Erfindung des allmächtigen Staats anwalts, der bis zum Richterspruch eine Art absoluter Frohnvogt des Angeklagten bleibt, eine unfehlbare Persön lichkeit in dem Prozeßverfahren. Dagegen sind die liberalen Rechtsleute bei uns zumeist bei den Engländern in die Schule gegangen, um zu ermessen, inwieweit das allgemeine Reckt mit dem Recht des Einzelnen in Einklang zu setzen ist. Sie sind es, die auch schon bei der Voruntersuchung Jury und Mündlichkeit verlangen, die der Macht des Staatsanwalts enge Grenzen setzen wollen, Eine Stunde später erschien in Mitte der Gäste eine fremde Dame. Sie kam so plötzlich, als wäre sie aus den Wolken gefallen — eine reizende Vision in amberfarber E 2-rettn ZTHlr. Die amberfarbige Seide war abgetragen, die Spitzen waren Imitation, die Diamanten zweifelsohne Rheinkiesel. Und Sir Robert war so bleich und düster, ungewohnt der Maske der Gesellschaft verrieth der alte Offizier seinen Widerwillen nur zu deutlich. Eine Dame nicht von ihrer Kaste, — und sie verbeugte sich eifrig, als der Baron sie vorstellte. Aber die Männer; — was wußten sie von schäbiger Seide und wertblosen Spitzen? sie sahen nur eine kleine Fee von — bei Lampenschein — vielleicht fünfundzwanzig Reichskanzler hauptsächlich mit der sozialen Frage be schäftigt haben. Ter Glaube des Fürsten an die Unfehl barkeit der Atanchestertheorie hat nämlich durch die neueren Ereignisse auf industriellen Gebiet einen sehr starken Stoß erlitten und man glaubt, es werde dem Bundesrathe sofort bei seinen nächsten Zusammentritt eine Vorlage in dieser Beziehung gemacht werden. Ten Ausschüssen des Bundesrathes für Handel und Verkehr und für Eisenbahn, Post und Telegraphen ist ein Gesetzentwurf über Beseitigung von Austeckungs- stoffen bei Viehbeförderungen auf Eisenbahnen zur Vor- berathung übergeben worden. Bekanntlich war in Folge eines Bundesrathsbeschlusses vom Jahre 1873 an die Bundesregierungen das Ersuchen ergangen, sich über die zum Schutze gegen die Verbreitung von Viehseuchen durch Transportmittel zu ergreifenden Maßregeln zu äußern. Tie meisten Negierungen haben nun diesbezügliche Gut achten eingesandt, welche im Reichskanzleramte zu einem Entwürfe vereinigt worden sind. Dieser letztere ist in Ver bindung mit einer erläuternden Denkschrift nicht allein dem Bundesrathe, sondern auch sämmtlichen Bundesregierungen mitgetheilt worden und wird voraussichtlich dem Reichstage in seiner bevorstehenden Sitzung zur Genehmigung vor- i gelegt werden. eines solchen Gesetzbuches, welches auf lange Zeit hinaus und gleichartig für alle deutschen Staaten das gesammte Strafprozeßverfahren regeln wird, hätte eine eingehendere Berathung darüber im Reichstage selbst wohl Sessionen in Anspruch nehmen müßen, während die Kommission über den Commer Zeit zu reiflicher Prüfung — allerdings bei sehr großer Inanspruchnahme ihrer Kräfte — gewann. Um so verantwortlicher ist sie freilich für ihre Beschlüße, als dieselben durchweg nur e-n bloe vom Reichstage, respektive von der Bundesregierung angenommen oder ver worfen werden können. Deshalb haben die Berichte über ihre Sitzungen und Beschlüße mit Recht die hohe Auf merksamkeit der politisch gebildeten Zeitungsleser unterhalten- Nunmehr ist die erste Berathung des Riesenwerkes in der Kommission glücklich zu Ende gebracht. Traten auch mitunter die prinzipiellen Meinungen sehr schroff einander gegenüber und entwickelten sich darüber auch Kämpfe, die besorgen ließen, daß das ganze Werk wegen unversöhnlicher Widersprüche der Einzelbeschlüße scheitern könne, so ist doch werden die Leute denken! Isabella." Sie blieb stehen, in eigenthümliches Licht. Des Barons Tochter Dantrees Arm. Fremde Gesicht! Tagesschau. Freiberg, den 2. Oktober. Bevor Fürst Bismarck den Kaiser nach Italien begleitet, gedenkt er einige Tage in Berlin zuzubringen und wird deshalb schon jetzt dort erwartet. In Varzin soll sich der Die Keichsjusty-Kommission. Die Vorlage einer neuen deutschen Strafprozeßorduung hat bekanntlich den Reichstag in der vorigen Session ver anlaßt, eine besondere Kommission von meist Fachjuristen ungemein viel Gutes zu Tage gefördert, so daß man hoffen l darf, daß in der zweiten Lesung über manche wichtige Punkte noch eine Einigung erzielt werde, welche das Werk mehr als bisher auf die Höhe einer reformatorischen That erhebe. Denn zu leugnen ist nicht, daß man über lauter Kompromißen mit den verschiedenen Prozeßverfahren der einzelnen deutschen Staaten zu einer prinzipiellen Bunt- scheckigkeit gekommen ist, die dem Ganzen viel an Werth benimmt. Eine gewiße Scheu vor entschiedenen Fortschritten nach der Richtung zeitgemäßer Reformen führte zu Halb heiten in den Beschlüßen, die leider die unglückselige > Signatur der modernen, parlamentarisch siltrirten Gesetz- l gebung zu bilden scheinen. Einer der wichtigsten Abschnitte — der über das eigentliche Anklageverfahren und über die Stellung des Staatsanwalts — hat auch die intereßantesten und weit läufigsten Debatten in der Kommission hcrvorgerufen. In Kürze kann man sagen, daß hierüber der Kampf der beiden Parteien am heftigsten entbrannte, der konservativen Reichs- dem Gewißen leicht abgefunden, insofern nur eine Ent- chädigung der baaren Auslagen für Rechtsmittel gewährt werden soll, die sich der Angeklagte auferlegt hat, um seine Unschuld nachweisen zu können. Es ist tief zu beklagen, daß die Kommission sich ans keinen höheren Standpunkt schwingen konnte und die Reichsregierung das neue deutsche Strafprozeßbuch nicht zu einem Vorbild moderner Gesetzgebung machen wollte. So schleppt sich die leidige Theorie von dem heiligen Dogma des Rechts, welches doch nur eine menschliche Bedeutung haben kann, wie Nebel weiter durch unser Rechtsleben; so bleibt der Staatsanwalt noch immer der bloße Negierungs beamte, der stets nach den, vorgesetzten Minister blicken muß. Und nicht minder schmerzlich ist es, daß der Staat, der von den Bürgern das Geld zu seiner Verwaltung einzieht, sich vor den Kosten fürchtet, welche ihm aus den Entschädi- . gungen für unschuldig angeklagte Bürger entstehen können, die denn doch in Wahrheit Opfer mangelhafter Rechts vertretung und der Unvollkommenheit aller Menschen- , satzungen sind. Mrs. Vavasor, „und ob er reich ist und die Neigung theilt? In diesem Falle ginge mein Racheplan doch in die Brüche." „Bitte, Mr. Dangerfield, wer ist der Herr, mit dein Miß Dangerfield eben tanzt," fragte sie in der nächsten Pause, „mir ist, als hätte ich ihn schon gesehen? Er wandte sich und ging. Isabella bot der Fremden die Hand — zum ersten und letzten Mal im Leben. Die Augen Beider begegneten sich, und jene der kleinen Dame senkten sich, das Mädchen hatte sie durchschaut und mißtraute ihr vom ersten Blick. „Meines Vaters Freunde sind in Scarswood stets willkommen." Sie sprach es kurz und kalt. Isabella sah an diesem Abende gut aus, sie trug rosa Tarlatan, hie und da gerafft mit echten Spitzen und Nosenknospen. Am Halse und in den golddraunen Haaren glänzten Perlen. Die ganze Erscheinung war graziös und vornehm, und Mrs. Vavasor's Auge funkelte immer mehr. „Sie gleicht ihrer Mutter", flüsterte sie, „und ich haße sie um ihrer Blutter willen." Einer der Herren, dem sie vorgestellt worden war, bat um die Ehre eines Tanzes. „Ich weiß instinktiv, daß Sie ausgezeichnet walzen", lächelte er. Und Mr. Peter Dangerfield hatte Recht, Mrs. Vavasor walzte wie eine Elfe, wie eine französische Elfe sogar. Mehr denn einmal wirbelten sie und die Tochter deS Barons an einander vorüber. Jsabella's leuchtende Augen s lachten ihrem Tänzer entgegen. i „Möcht' wißen, ob sie den schönen Mann liebt," dachte Jahren, mit den Augen und Zähnen einer Göttin. „Aber Miß Dangerfield," rief Mrs. Vavasor, Miß Dangerfield, Sir Robert?" Der Baron stieß einen leisen Fluck aus. „Schämen Sie sich, Sir Robert," lachte die schrill, „wer wird so ungezogen sein. Und das Sie gleichen dem Todtenkopf bei egyptischen Festen. Was Dort sehe ich sie — dort ist Geheimuitzvoll. Nach dem amerikanischen Originale der MrS. May Agnes Fleming frei bearbeitet von Lina Freifrau von Berlepsch. (Fortsetzung.) In der kurzen Zwischenzeit war kein Wort gesprochen worden. „Führen Sie Mrs. Vavasor in ihr Zimmer", gebot Sir Robert kurz und wandte sich zur Thüre. „Und Sie holen mich gütig um zehn Uhr", lächelte die Dame, „wie freue ich mich, zur guten Stunde gekommen zu sein, um Miß Dangerfield meine Glückwünsche dar- zubringen." Sie folgte der Haushälterin in ein rosiges Gemach, in dem ein behagliches Feuer brannte. „Ihre Koffer befinden sich hier in der Garderobe, Madame, kann Miß Jsabella's Zofe Ihnen nicht behilflich sein?" Erscheint jeden Wochentag Abends 6 Uhr für den andern Tag. Preis vierteljähr lich 2 Marl 2ü Pf., »wcimonatl. 1 Ml. SO Pf. und ein- monatl. 7S Ps. Die Redaktion be finde: sich Rinnen- gasse iNiz. II Et. „Nein, ich danke, ich kleide mich selbst an, gute Nacht." Und die Thür schloß sich sanft, der Schlüssel drehte sich im Schloße, und Sir Nobert's Gast war jetzt allein. Lächelnd blickte sie um sich. Die hohen Spiegel glänzten, der Weiche Teppich erinnerte an einen Garten, gotische Pflanzen erfüllten die warme Luft mit süßem Dust, draußen aber regnete und stürmte es, und sie lauschte dem Heulen des Windes mit einem leichten Schauer. „Es ist wie mein Leben! Bin ich endlich aus Nacht und «türm in eine sichere rosige Existenz getreten, oder treibt A Zigeunerblut mich wieder hinaus, und zwingt mich »Uem zu entsagen, um die alte Freiheit? Schön ist der Palast des Königs und sein Purpurkleid, schöner noch das die für das Recht der Privatklage eintreten, die dem An-I geklagten möglichsten Schutz gegen bloße Juristenkniffe und, Vexationen gewähren wollen, die alle Mittel, sich schnell und leicht rechtfertigen zu können und als Ersatz für ihm angethanes Rechts-Unrecht die Geldentschädigung durch den Staat befürworten. Zelt des Zigeuners mit seiner Freiheit, seinen Wäldern j Vavasor, eine alte Bekannte von mir, sie bleibt vorerst und den Myriaden Sternen." unser Gast." FmlieWrMeMs (z Frotscher'sche Buch ¬ handlung, zu senden, und Tageblatt. —— einznfftzen, um das natürlich außerordentlich umfangreiche J„qinsitionsverfahrens im Auge. Unsere konservativen Werk der Reichsregierung mit Sorgfalt in allen seinen j Reichsleute sind wesentlich deutsche Franzosen, die vom alten