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— .. .... . v 1875 ^r 21«; Freitag, dm 17. Schtcmicr »«r. :. 830. eht billig »rferstraße und hiieh- lv. Melken» ,e junge men bei >sdvrs. Zittau) ich find lei werde« MgebSude W !6 und Mancher zu erkennen glauben, daß er in seiner Jugend den Händen der Jesuiten anvertraut war und ihnen später treu blieb. Der lange Rock, in welchem seine Gestalt fast ganz verschwindet, ließ ihn noch unansehnlicher erscheinen. Die Zeit war schnell vergangen, und der Augenblick des Aufbruchs nahte. Ich begleitete den Grafen bis zu feinem Wagen. Dort angekommen, zog er fein Portemonnaie aus der Tasche, um mir das Geld für das Bier zurückzuerstatten, was ich aber mit einem „Bitte, Herr Graf l" zurückwies, worauf er mit höchst frommer Miene ausrief: „Die heilige Maria, Gottes Mutter, wird es Ihnen vergelten!" Nach diesen Worten sprang er in den Wagen und der Zug brauste davon, ohne daß es zu irgend einer Kundgebung gekommen wäre. Schließlich bemerkt der Korrespondent über den Gesammt- eindruck: Als ich den Bahnhof zuerst betrat, war der Gedanke an die Schmach, welche diese Sorte von Menschen unserem Vaterlande anthun oder wenigstens anthnn möchten, so lebendig in mir gewesen, daß ich meinen Widerwillen, ja Ekel kaum überwinden konnte. Der erste Anblick der Leute auf dem Bahnhof aber hatte mich bald in eine andere Stimmung versetzt. Das Schauspiel war ein so drolliges, daß ich Wehl oder übel laut auflachen mußte; und auch nachher im ganzen Verlaufe meiner Wanderungen und Unterhaltungen drängte sich die Auffassung der Sache von ihrer komischen Seite zu stark auf, als daß ein hinreichender Grad von Entrüstung hätte wiederkehren können, um die armseligen deutschen Pilger, die, ihren gräflichen Führer nicht ausgenommen, ganz unzurechnungsfähig erscheinen, noch mit besonderem Nachdruck an den Pranger zu stellen. , 8"«, v". Die deutschen Wallfahrer in Paris. Es dürfte unsere Leser interessiren, einen Pariser Korre spondenten zu vernehmen, welcher die deutschen Wallfahrer auf dem Bahnhofe ausgesucht und über einzelne Personen aus der Pilgerschaar Folgendes berichtet: Unter den Pilgern waren sieben Sachsen aus dem Erzgebirge, die unter der Obhut eines Kapuziners standen. Die Sieben waren ihres Standes ein Musikant, drei Bergleute und vier Bauern. Der eine der Bergleute, schon älterer Mann, hatte ein schlimmes Bein; er ging nach Lourdes, um sich dort, wie weiland die Freifrau von Droste - Vischering beim heiligen Rock in Trier, Heilung zu holen, und die zwei andern Bergleute, ganz junge Burschen, waren mitgegangen, um für feine Genesung mitzubeten. Die sieben Leute, auch der Kapuziner, sghen äußerst naiv aus, und ihre Sprache und ganzes Verhalten strafte ihre äußere Erscheinung keineswegs Lügen, wie denn überhaupt der Anblick der meisten Pilger, zumal der belgischen, unwillkürlich an die Eingeborenen von Australien erinnerte. Der Kapuziner machte den Wortführer und donnerte gegen Bismarck los, welcher die Kirche dem Staat unterthänig machen wolle. Auf den König von Sachsen dagegen war er nicht so übel zu sprechen, weil derselbe ein guter Katholik sei. Die Fahrt nach Lourdes erklärte er sür ein gottgefälliges Werk, weil die Gebete, welche man dort an die Mutter Gottes richten werde, Bismarck jedenfalls Unheil bringen würden. Von den Feierlichkeiten in der Kirche erzählt der Korre- «iuche«, Taube« i wieder tärksten, jungen kälbern, g d»u ',10" , 2", . l", 0". Seit einigen Tagen spricht man in Berlin von dem Plane, das Mandat der Reichstags Abgeordneten von drei Jahren auf fünf Jahre zu verlängern. Die Idee foll vom Fürsten Bismarck auSgegangen sein, und es heißt, der be treffende Antrag werde über Kurz oder Lang im Bundes- rathe eingebracht werden. Unglaublich erscheint das gar nicht, wenn man sich erinnert, daß der Reichskanzler über-. Haupt kein Freund der allzu häufig wiederholten Wahlen ist und daß er bei der Berathung der Militärftage seiner Zeit auss lebhafteste bedauerte, dieselbe wegen der ab laufenden Mandatsdauer nicht mit dem vorigen Reichstage definitiv ordnen zu können. Obgleich die Nachrichten über das Befinden der Kaiserin von Oesterreich günstig lauten, zeigen sie doch, daß dih Sache in der Umgebung der Kaiserin Anfangs nicht sv: leicht genommen wurde, wie das erste Telegramm ver- muthen ließ. Drei Tage hat die Monarchin das Bett ge hütet und erst am andern Tage nach dem Unfall, der sich, schon vorigen Freitag ereignete, ist den Zeitungen die be kannte Notiz zugegangen. Der Sturz mit dem Pferde fand auf freiem Felde statt. Die Kaiserin, von einem Staatsbeamten gefolgt ritt ohne Sattel nur mit der Gabel. An den Kaffer Franz Josef wurden während der ersten Tage stündlich Telegramme gerichtet und von ihm persönlich geöffnet. Seit vorgestern verläßt die Kaiserin täglich einige Stunden das Bett. Die Besserung schreitet in normaler, Weise fort. Der Leibarzt des Kaisers hat sich nach Sassetot begeben. Der französische Kriegsminister Cissey hat seine Inspektionsreise zu den im Bau begriffenen festen Plätzen in den östlichen Departements beendet. Wie inspirirte Stimmen versichern, ist der Kriegsminister von dem Stande der Arbeiten sehr befriedigt. An einzelnen Plätzen sind die Arbeiten weit vorgerückt, an andern zwar kaum be gonnen, aber alle ohne Ausnahme werden in einem Zeit räume von fünf Jabren vollendet sein. Der KriegSministev bat den die Arbeiten leitenden Genieoffizieren nochmals besonders eingeschärft, Niemanden, wo es auch sei, außer den beim Bau Angestellten zu den Arbeitern zuzulassen. — Das „Echo universel" behauptet, daß die Bonapartisten den 17. d. Mts. einen großen Kongreß in Arenenberg abhalten werden. Die Abreise der Parteihäupter, sagt das offiziöse Organ, hat schon begonnen. Nou her ist be reits am Freitag von seinem Landsitze Cercay abgereist, Raoul Duval geht morgen ebendahin ab und der Ad miral La Ronciere le Noury, der eine Einladung er halten hat, wird ihnen bald folgen. Man schätzt die Zahs der Eingeladenen, deren Namen mit der peinlichsten Sorg^ falt ausgewühlt wurden, auf Hundert. Es soll aber wie ehemals in Compiegne eine zweite Serie nachfolgen, um Niemand zu beleidigen. Hinsichtlich des Kampfes gegen die Karlisten herrschen m Spanien noch sehr verschiedene Ansichten. Auf de« emen Leite glaubt man keine besonderen Anstrengungen zu ihrer Bekämpfung mehr machen zu müßen, währeild von anderer Sette der Krieg bis auf's Äußerste verlangt wirk Der ersteren Partei gehört Jovellar au, dessen Ansichten von vielen Generalen getheilt werden. Mit großer Ueber- raichung hat man daher schon vor der Ankunft Jovellar'S fpondent, daß auch die deutschen Pilger das „S^uver Roms et 1» mit sangen, doch, fügt er hinzu, habe man es ihren stuulpssinnigen Gesichtern angesehen, daß sie nicht verstanden, was sie sängen. Der Korrespondent fährt dam fort: Die Zahl der Priester und Mönche war sehr groß. Die meisten rauchten Cigarren, sogar Pfeifen, was hier insofern auffiel, als die französische Geistlichkeit auf den Straßen und an öffentlichen Orten nicht rauchen darf. Die Frauen, deren Zahl eine ziemlich große war, waren fast alle bejahrt; auch glaubte man es ihnen ansehen zu können, daß sie sich schon lange kasteit hatten, und daß darob ihre körperlichen Reize mitsammt ihren geistigen Fähigkeiten, wenn sie das eine und das andere überhaupt je besessen, auch ohne Mit hilfe des Alters zu Grunde gegangen waren. Nur eine weiße Krähe war in dem dunklen Schwarm zu erblicken, eine noch junge nnd hübsche Dame, bereit Züge übrigens auch schon die ersten Spuren der geistigen Verblödung ver- riethen. Außer den Priestern sah man nur wenig ältere Männer. Das stärkere Geschlecht war fast nur von jungen Burschen, die kaum die Kinderschuhe abgelaufen hatten, vertreten, so daß man, wenn man es nicht besser wüßte, fast glauben möchte, daß die Jesuiten im Auslande, wenn auch nicht in Frankreich, eine Gewalt haben einestheils über die Unmündigen und anderestheils über den häßlichen Theil des sogenannten schönen Geschlechts. Unter den Pilgern selbst herrschte große Unzufriedenheit über den Empfang, der ihnen in Frankreich geworden, und zumal über das ihnen angekündigte polizeiliche Verbot, Abzeichen zu tragen, Kundgebungen zu machen und das „8auves liomv «t I» öffentlich zu singen. Nicht alle Wallfahrer befanden sich in dem Bahnhof; ein Theil derselben, die Mehrzahl der Deutschen, hatte sich, wie ein Belgier mir mittheilte, in das Eisenbahnwirthshaus begeben, wo sie Bier oder Kaffee tranken, rauchten und es sich so bequem machten, als seien sie ganz gewöhnliche Menschenkinder und nicht schon halbe Heilige. Die Scheidewand zwischen ihnen und mir kam mir nun nicht mehr so hoch vor, und ich faßte Muth, nochmals mit einigen meiner — ich will mich jedes Beiwortes enthalten — Landsleute ein Gespräch an- zuknüpsen. Ich trat ein, setzte mich an einen Tisch, an dem sich drei derselben, ein Priester und zwei gewöhnliche Pilger, niedergelassen hatten, und wurde auch auf meine Einladung von ihnen der Ehre gewürdigt, daß sie ein Glas Bier mit n»r Mauken. Bei ihnen erkundigte ich mich nach dem Herrn Grasen v. Stolberg. „Dies ist der Herr Graf", so er- er e mir der Priester, indem er auf einen der Herren aller Nationen verletzendste Werse zur Lchau stellte. Daß Deutschland von seiner Machtstellung einen anderen Gebrauch machen werde, war dem französischen Publikum in der That schwer faßlich und die Agitatoren hatten daher eichtes Spiel, wenn sie den Franzosen den deutschen Reichs kanzler schilderten, wie er Tag und Nacht über den Karten brüte, um einen Punkt zu erspähen, an dem sich eine kleine europäische Frage in Scene setzen ließe. Und da mit den französischen Hetzern die Ultramontanen aller Orten m gleicher Richtung wirkten, so konnte Ls nicht ausbleiben, daß. auch außerhalb Frankreichs in manchen Ländern der Ge danke an Deutschlands Macht ein gewisses Unbehagen er weckte, das zum Theil auch durch das eigene böse Gewissen . der betreffenden Länder genährt wurde. Es läßt sich in dessen nicht verkennen, daß diese Ausstreuungen in der- letzten Zeit sehr an Kredit eingebüßt haben. Man hat, was für jeden Einsichtigen auf den ersten Blick klar war, die Erkenntniß gewonnen, daß das Drei-Kai se r- Bündniß durchaus auf Erhaltung des Frieden berechnet ist. Verschiedene Enthüllungen haben gerade be wiesen, daß Deutschland, wo es Frankreich gegenüber eine, ernste Sprache führte, nicht die Absicht hatte, Frankreich, zu einem thörichten Abenteuer zu reizen, sonder,: von demselben zurückzuhalten. Diese Erkenntniß hat selbst^ in den urteilsfähigen Kreisen Frankreichs an Boden ge wonnen. Maßgebend für das Verhältniß Frankreichs zu, Deutschland konnte sie aber nur in dem Falle werden, wenn die Führer und Mitglieder der politischen Parteien darauf verzichten wollten. in der Erregung der nationalen Leiden- schaften ein Mittel der Popularität zu suchen. Tagesschau. Freiberg, den 16. Septbr. Das Dreikaiser-Bündniß wurde offenbar zum Schutz gegen äußere Feinde geschlossen, aber es übt auch nach anderer Richtung hin wesentlichen Einfluß. Die deutsche Politik ist bekanntlich von den Gegnern Deutschlands, insbesondere von der internationalen Jesuitenliga und den Franzosen seit neun Jahren unaufhörlich beschuldigt worden, daß sie Verwickelungen in Europa hervorgerufen und bald diese, bald jene Frage auf die Tagesordnung zu stellen suche, um in der allgemeinen Unruhe im Trüben zu fischen. Jeder müßige Einfall irgend eines erfindungsreichen und unbeschäftigten Kopfes wurde sofort zu einem den Welt frieden bedrohenden Koniplott ausgesponnen und dies an gebliche Komplott als neuestes Bismarck'sches Attentat dem Publikum aufqetischt, mit dem zuversichtlichen Aplomb, der immer sicher ist, unter den Einfältigen Gläubige zu finden. Frankreich hatte sein Uebergewicht an Deutschland abtreten müssen. Was konnte einleuchtender sein, als daß Deutsch land als der Erbe der französischen Machtstellung auch die vielfachen Untugenden der französischen Politik mit über nommen hatte. Und französische Maxime ist es ja zu allen Zeiten, nicht etwa blos unter Napoleon gewesen, die Welt durch Händelsucht und unaufhörliche Einmischungsgelüste an das Dasein Frankreichs zu erinnern. Frankreich konnte seines Einflusses nicht froh werden, wenn es denselben nicht unausgesetzt auf die geräuschvollste und für das Selbstgefühl am Tische zeigte. Der Graf fragte mich nun, ob ich auch nach Lourdes wallfahre, was ich natürlich verneinte, und als er nun wissen wollte, was mich auf den Bahnhof ge- ührt, sprach ich etwas doppelsinnig, wie ich gestehen muß — von meinem Interesse für solche Schauspiele, wie die Pilgerfahrten sie darbieten, worauf er mich aufforderte, die fromme Reise nach Lourdes mitzumachen. Dies konnte ch mit dem Hinweis auf meine leichte Kleidung und noth wendige Geschäfte in Paris ablehnen. Wie auch die belgi schen Pilger, äußerte der Graf seinen Verdruß über die Polizei, welche so strenge Maßregeln gegen die Pilger er griffen. Man glaubt, so meinte er, wir seien Revolutionäre, aber wir wollen keine Revolution machen und nur in Lourdes zur heiligen Jungfrau für den Papst und die Kirche beten. Während der Unterredung sah ich mir den Grafen genauer an. Er ist keineswegs eine auffallende Erscheinung; das Hauptmerkmal, welches ihn von den übrigen Pilgern unter schied, war der feine Geruch seiner Cigarre. Er wird ungefähr 33 Jahre alt sein, ist klein von Statur, und an seinem Gesichte, das übrigens nichts Vornehmes hat, würde lger ikuecht. rt werd«« arstall- 51S. n fen beim Inserate Erscheint werden bi» vor- MmlltMÄMgtrW und Tageblatt. Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zu Freiberg und Braud.