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Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zu Freiberg und Brand Freitag, dcu 10. September 1875. «210 Wollte man z. B. die Eisenzölle herabmindern oder ganz aufheben, so hatte man dahin zu wirken, daß dies in den Konkurrenzländern, soweit dort eben solche Zölle bestehen^ ebenfalls geschehe oder Äquivalente' geboten wurden in Erniedrigung anderer Zölle, wodurch andere Jndustrieen in Aufschwung gerathen wären. Gab es kein Mittel, dies zu erreichen, und war die Maßregel dennoch aus inneren wirthschaftlichen Gründen des Landes geboten, so mußte man daran denken, durch innere Einrichtungen die Pro duktions-Bedingungen der betroffenen Industrie zu er leichtern und zu verbilligen. Wenn wir statt dessen die selbe Regierung, unter deren Initiative die Herabsetzung, der Zölle erfolgt, die Eisenbahntarife erhöhen sehen, welche bei dem Eisen ein so wesentlicher Faktor für die Berechnung der Preise sind, so ist dies ein wirthschaftlicher Widerspruch, der kein wissenschaftliches Gesetz zu seiner Rückendeckung findet. beständig der Heerd und Mittelpunkt der Schutzzoll- Bestrebungen gewesen; kein Wunder daher, wenn die dortigen Fabrikanten im Verein mit den Vertretern der preußischen Eisenindustrie so zahlreich erschienen, daß diesen Vertheidigern des Schutzzolles die Mehrheit der Stimmen zufiel. Aber auch in materieller Beziehung hat das erwähnte Blatt so unrecht nicht, wenn es sagt: Der volkswirthschaft- liche Kongreß war in seinen Anfängen eine Versammlung darf nicht verrathen und preisgegeben werden, wie dies bei dem vorliegenden Beschluße der Fall ist. Wir sind jedoch der Ansicht, daß dieser Beschluß ein Stückchen Nemesis dafür enthält, daß von den strenggläubigen Führern der Freihandelspartei einzelne Grundsätze allzu scharf zugespitzt worden sind. Wenn man behaupten konnte, daß ein Land ohne allen Einfuhrzoll, für den Fall, daß es umgeben wäre mit Ländern, welche alle einen hohen, be ziehungsweise verschiedenen Tarif errichtet hätten, hieraus von wissenschaftlich gebildeten Männern, die es sich zur Aufgabe machte, die junge Wissenschaft zu konsolidiren, die Theilnahme weiterer Kreise dafür zu erwecken, und an lehnend an Tagesfragen die nach Maßgabe der Wissenschaft leitenden Grundsätze kurz und schärf zu formuliren, ohne sich durch staatsmännische Bedenken dabei beeinflußen zu lassen. Daß die Basis aller Verhandlungen und aller Be schlüße die freihändlerische sein müße, war dabei selbstver ständliche Voraussetzung. Von diesen Pfaden isi der Kongreß seit Jahren abge wichen. Er hat Beschlüße gefaßt, welche mehr eine politisch nationalliberale als eine volkswirthschaftlich-wißenschaftliche Basis hatten; eine bedenkliche Rücksichtnahme auf die Ver hältnisse und ein gewißes Kokettiren und Kompromittiren mit dem grünen Tische des Reichskanzleramts trat zu Tage. Wir haben nichts gegen eine verständige Rücksichtnahme au bestehende Verhältnisse, und wir sind keine starren Jnfalli bilisten der Wissenschaft, allein der Grundsatz als solcher ,,Der Herr dort mit der Rose im Knopfloch und dem schmachtenden Blick ist Assessor Dornberg, aus unserer kleinen Stadt H . . .; er kann allerdings nicht reiten, da gegen spricht er über Poesie, Wissenschaft und Kunst gern und gut, und Lie müssen wißen, daß die Komtesse auch darin sattelfest ist, und selbst die Kunst betreibt." „Ich weiß," bestätigte Hedwig, „sie ist sehr froh darüber, daß ich einige Fertigkeit im Malen habe." „Dann hätten Sie dort ein herrliches Sujet," sagte lächelnd der alte Herr; „sehen Sic sich dort die alte Dame in gelbem Atlas an, mit den breiten fliegenden Bändern an der Blondenhaube, es ist Baronin Tellmann mit ihren drei Töchtern; die jungen Damen haben gehört, daß Grün den grellen Ton ihrer vollen Wangen mildert, und haben giftgrüne Kleider gewählt, ohne zu bedenken, daß ihre Mama, die sie selten verläßt, sich in ihrer Mitte ausnimmt wie ein Setz-Ei im Spinat." Hedwig lachte herzlich und Walter fuhr fort: „Den letzten männlichen Sproß der Tellmänner sehen Sie dort in dem Kreise der Herren, welche die Komteße wie Bienen ihre Königin umschwärmen: es ist jener frisch aussehende blonde Jüngling mit ziemlich großen Händen und Füßen, er schmachtet jetzt schon seit drei Jahren, denn schon im kurzen Kleidchen war Adele sein Ideal. Er, die Mutter und die drei Schwestern suchen vereint das Herz der Kom- Diese gänzliche Vernachlässigung des Standpunktes der Gegenseitigkeit, und der erschwerende Zutritt von Maßregeln, welche nicht die geringste Rücksicht auf die Produktions bedingungen von Industriezweigen nehmen, über welche der Staat durch den Zolltarif verfügt hat, sind die tiefer liegenden Gründe, welche in dem Beschluße des volks- wirthschaftlichen Kongreßes einen von freihändlerischer Seite freilich stark bekämpften Ausdruck gefunden haben. Wir können allenfalls den ersten Satz der angenommenen Resolution selbst von unserem freihändlerischen Standpunkte noch gelten laßen. Dagegen enthält der letzte Satz, welcher verlangt, daß die Tarifsätze mehr als bisher dem Werthe der auf die Waaren verwendeten Arbeit entsprechen, und welcher eine danach vorgenommene Klassifizirung eine „rationellere" nennt, einen Grundsatz vom reinsten schutz- zöllnerischen Wasser. Durch die Annahme dieses Satzes hat sich der diesjährige Kongreß um allen Wissenschaftlichei» und um allen staatsmännischen Kredit gebracht. herzig -erarbeitet, ist ein Gutsbesitzer aus der Nachbarschaft, Herr von Gelten, der groß in der Züchtung edler Pferde und edlen Rindvieh's ist; ihn werden Sie öfter hier sehen, denn er besitzt eine Eigenschaft, die in Adelen's Äugen ihm einen Vortheil vor allen übrigen Anbetern verleiht; er reitet mit ihr die wildesten Pferde." Auf die Frage, ob sie seine Plauderei interessire, bat Hedwig, weiter zu erzählen, da ihr daran gelegen sei, über die Menschen etwas zu erfahren, mit denen sie fortan vielleicht viel in Berührung komme; so fuhr Walter denn fort: den größten und alleinigen Vortheil ziehen würde, so ist das doch etwas fantastisch gedacht, ein mathematisches Wolkengebilde ohne irdische Realität. Es ist gerade der Grundsatz der Gegenseitigkeit, welcher die arbeitenden Völker erst zu einer Arbeitsfamilie verbinden kann. Bei voller und allseitiger Freiheit ist die Gegenseitigkeit allerdings vor handen, und sie stufenweise herbeizuführen ist die Aufgabe einer verständigen Staatswirthschaft. Das lehrt die Wissen schaft, aber auch nichts mehr. Ein allmäliges Herabsetzen oder Fallenlaßen der Einfuhrzölle ist ohne Zweifel der richtige Weg dazu, unter der Voraussetzung, daß es der Staatsregierung gelingt, das Ausland zu der gleichen Maß regel oder zu Aequivalenten zu bewegen. Wir fürchten, daß unsere deutsche Reichsregierung in Bezug auf das Tarifshstem doch ein wenig zu trocken theoretisch, und darum mitunter rücksichtlos gedacht hat, schon darum, weil man die Zollfrage allzu isolirt betrachtet. »weimonatl. 1 Mk'. bv Pf. und ein- mvnatl. 7b Pf. Die Redaktion be» findet sich Rinnen» gaste 96^ II. Et. ^,/bfomteße Adele ist sehr gütig und freundlich gegen ^gte drcse ernst, „und ich werde mich bemühen, mir ihre Freundschaft zu erhalten." wi^"l1"thusiastisches Wort, kein begeisterter Blick — dem^us Anerkennung ihrer Güte — das war ^emandü^ vorgekommen, wenn er mit dermal 2?ele sprach; er war erstaunt, überrascht, ennoch gefiel ihm Hedwig und ihr gemeßenes Wesen. welL» Gr!^ wie sie umflattert wird, und mit er nach eine? klonen aufnimmt," sagte jetzt Zu m ibrs?^ /'d« junge Herr dort, der MN lhr spncht und semen blonden Bart unbarm- Der volkswirUchaftliche Kongreß. , Es erregt allgemeines Befremden, daß diesmal der m München stattgehabte volkswirthfchaftliche Kongreß einen m.käNik fallen konnte, der mit der ganzen Vergangenheit kalben in Widerspruch steht und einen eklatanten Beweis Ei Anträge lagen dem Kongreße vor. 1 „Es liegt in der augenblicklichen und vorübergehenden wirthschaftlichen Krisis lein zureichender Grund, von dem bis her befolgten Systeme der internationalen Handelspolitik und von dem der bestehenden Zollverträge abzuweichen." 2s Angesichts der gegenwärtigen Lage der deutschen In dustrie u'!d der in anderen Ländern hcrvortretenden Tendenz, ihren Markt den auswärtigen industriellen Erzeugnissen durch Zollmatzregeln zu verschlietzen, empfiehlt L-r Kongretz von emer weiteren Ermäßigung der herrschenden Zolle bis auf Werteres abrufchen. UebcrdieS erscheint es geboten, un Zolltarife cme raüonellere Klassifizirung der Industrie-Erzeugnisse m der Richtung herbeizusühren, daß die Tarifsätze mehr als bisher dem Werthe der auf die Waaren verwendeten Arbeit entsprechen.' Letzteren Antrag erhob man mit der allerdings nur sehr schwachen Majorität von zwei Stimmen zum Beschluß, womit der Antrag «ud 1. abgelehnt war. Wie gesagt, gedenkt man des Umstandes, daß der volks- wirthschaftliche Kongreß sonst immer an der Spitze der freihändlerischen Bewegung stand, so wird man den pein lichen Eindruck ermeßen können, welchen dieser mehr als schutzzöllnerisch angehauchte Beschluß in vielen industriellen Kreisen hervorbringen muß. Ein Berliner Blatt macht allerdings in formeller Beziehung auf einen Punkt auf merksam, der dies Votum weniger befremdlich erscheinen läßt. Wer nämlich als stimmberechtigtes Mitglied den Kongreß-Versammlungen beiwohnen will, hat lediglich nur eine Eintrittskarte für 9 Mark zu lösen. Nun ist Baiern Tagesschau. Freiberg, den 9. Septbr. Das Mandat der jetzt in Mostar, der Hauptstadt der Herzegowina, versammelten Konsuln geht bekanntlich dahin, die von den Insurgenten gestellten Forderungen entgegenzunehmen und dieselbe dem türkischen Kommissar Server Pascha zu unterbreiten. Die Person des Letzteren nun scheint nicht zum Mindesten ein Hinderniß für die beabsichtigte Vermittelung zu sein, denn nach einem teste zu erstürmen und es giebt nichts an ihr und uni sie, was nicht von diesem Quintett süß, entzückend und göttlich gefunden würde." „Wie ich die Komtesse beurtheile, kann Schmeichelei sie doch nicht bestechen," warf hier Hedwig ein, und blickte ihren Nachbar fragend an. „Gewiß nicht," meinte Walter, „aber trotz seiner Knaben haftigkeit hat Baron Tellmann doch eine große Chance" — und wie zu sich selbst sprechend, setzte er hinzu: „er ist reich!" Verwundert wandte sich Hedwig zu ihm um: „Ich denke, die Komtesse ist selbst " sie stockte. „Gewiß," sagte der alte Herr, ärgerlich über sich selbst, „sie ist die reichste Erbin weit und breit, aber da ich mir nun einmal den Mund verbrannt habe, will ich Ihnen auch Alles sagen; wer weiß, ob Sie uns nicht helfen können und auf die Komtesse einwirken." Gespannt hingen Hedwig's Augen an den Lippen des Justizrathes; sie glaubte, es handle sich um eine Partie, die etwa für Adele geplant sei, und war ganz Ohr. „Sehen Sie," erzählte ihr nun der alte Herr, „Adele ist groß geworden, ohne daß ihr je ein Wunsch versagt worden wäre; obgleich sie weiß, daß sie unendlich reich ist, ist sie dabei ein gutes einfaches Mädchen geblieben und Dank ihrer alten Erzieherin so bescheiden, daß sie von all' ihren Reizen und Vorzügen Nichts ahnt. Nun hat sie aber die feste Idee, daß all' diese Huldigungen und Bewerbungen nicht ihr gelten — sondern daß man nur ihres Geldes halber um sie wirbt, und wäre im Stande, eher den jungen Tellmann zu heirathen, weil er ihres Geldes nicht bedarf, als einen andern, dem sich ihr Herz zuneigt." »Zieht sie einen ihrer vielen Bewerber vor?" wagte Hedwig schüchtern zu fragen. . „Nein" — antwortete Walter, „sie hat mir alles Ernstes - einmal gesagt, daß sie ihrem Herze:: immer gebieten würde, - und nie eine Liebe bei ihr aufkommen könne. Wenn ihr Feuilleton. Zu klug. Novelle von G. v. Moser. (Fortsetzung.) Die Gräfin hieß Hedwig auf s Freundlichste willkommen, stellte ihr dann den Justizrath Walter vor, und wandte sich mit liebenswürdiger Bereitwilligkeit wieder der Konversation mit neu erschienenen Gästen zu. Walter und Hedwig traten aus dem Kreis, den die Gräfin um sich versammelt hatte, heraus und auf eine jener Nischen zu, die mehr für die zuschauende als für die aktive, das heißt die tanzende Gesellschaft geschaffen waren, und Beide setzten sich dort nieder. Ein langer Blick des alten Herrn, man hätte ihn juridisch nennen können, schien bas neue Gesellschafts-Fräulein seines Mündels bis auf's Innerste prüfen zu wollen. „Sie sind heut erst gekommen, wie ich höre," beaann M Walter das Gespräch; „natürlich kann ich da noch nicht fragen, wie es Ihnen hier gefällt; doch ich will wetten, daß unsere liebreizende kleine Komtesse Sie auch schon be- """ buck.- -- H-LLL jede» Wochentag Abends k Uhr für den andern Tag. — NtllitMrAnMgtrm Handlung, zu senden. und Tageblatt.