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FMergerA^eiger und Tageblatt AmtMatt für die königliche» und städtischen Behörden z« Freiberg «nd Brand. H177. Dienstag, dm 3. August. 1875. zveunonatl. 1 Us. bv Ps. und ein. «anatl. 7S Pf. Die Redaktion be findet sich Rinnen» g^e 96^ ll. «. Inserate werden bi- vor» mittag» 11 Uhr für nächste Nr. ange nommen u. dir ae- spaltene Zelle »der. deren Raum mit- 10 Pf. berechn . Inserate sind WM an die ExpeditiM Frotscher'sche Buch handlung, zu senden. aus Gastein einen denn dieser in den Dvrfbach lief, rettungslos verloren. Das war eine grobe Nachlässigkeit des Aufsehers Böhm, und wenn der Hahn, welchen Werdenberg natürlich rasch um drehte, nur seit einer Stunde in der Stellung gewesen, in welcher er von dem Besitzer gefunden wurde — dann betrug der hierdurch verursachte Schaden einige hundert Thaler. War dergleichen schon öfter vorgekommen, so verdiente Böhm einfach aus dem Dienste entlassen zu werden. Der alte Herr besann sich einen Augenblick, was nun zu thun sei. Endlich verließ er den Naum und fragte den Mann, welcher bei einer dicht an der Filtrationsthür auf ¬ gestellten Wasserpumpmaschine thätig war, seit wann Böhm sich entfernt habe. „Seit dem letzten Schichtwechsel habe ich ihn nicht mehr gesehen, gnädiger Herr", antwortete der Mann. Der Fabrikbesitzer sah nach der Uhr. Seit dem letzten Schichtwechsel waren fast zwei Stunden vergangen. „Habt Ihr eine Ahnung, wohin Böhm gegangen sein mag?" fragte der Herr den Arbeiter. „Er ist oft in der Schlosserei, wie ich gehört habe, gnädiger Herr." Werdenberg fragte nicht weiter, sondern ging nach der Schlosserei. Böhm stand an einem Schraubstock und feilte eifrig. Daß Jemand eingetreten, hatte er nicht gehört. Erst als sein Brotherr ihm die Hand auf die Schulter legte, blickte er auf, und Schrecken malte sich auf seinem Angesicht. Zu dieser Stunde hatte er die Kontrole des Fabrikherru nicht erwartet gehabt, sonst wäre er sicherlich, geschmeidig wie immer, auf seinem Posten gewesen. „Was macht Ihr hier, Böhm?" fragte der alte Herr mit bedenklichem Ernste. „Gnädiger Herr", stotterte Böhm in unverkennbarer Verlegenheit — „ich bin eben erst -7 ich wollte^. . „WaS macht Ihr hier, Böhm?"-.wiederholte Werden- berg seine anfängliche Frage. öffnung des neuen Landtags ist gutem Bernehmen nach der 27. September d. I. in Aussicht genommen. Für den deutschen Leser wird es von Interesse sein, zu erfahren, weshalb das Fürstenthum Liechtenstein noch als souveräner Staat existirt. Ein Pariser Blatt, der Neuem los. — Aus Rom liegt der Abwechslung halber ' wieder einmal die abenteuerliche Meldung vor, die Jesuiten- »artei des Vatikans suche die Kardinäle zu bestimmen, beini hieben des Papstes das Konklave im — Fürstenthuni - „ Monaco abzuhalten. Inzwischen hat Pio Nono zur Er-- leichterung wieder ordentlich fluchen dürfen; auf Sizilien will ein gewisser Panelli eine „national-italienisch-katholische . Kirche" gründen und diesen Ketzer hat Se. Unfehlbarkeit in einem Briefe an den Erzbischof von Neapel, Niariü Sforza, nach allen Regeln der Kunst verdammt. Monsignore Guarini, der Erzbischof von Siracuta, der neulich mit An- * Wendung von Gewalt aus seinem Palaste spedirt wurde, will der Regierung deshalb einen Prozeß anhängen. Die von der französischen National-Versammlung zur Prüfung des Wahlgesetzeutwurfes niedergesetzte Kom- „Die Thürschlösser in meinem Hause sind schlecht ge worden, gnädiger Herr — und ich wollte die Ausgabe sparen — und ich habe mich selber daran gemacht und feile manchmal ein Bischen." „Hm, dabei wäre weiter nichts Besonderes, und wenn Ihr zu mir gekommen wäret und mir die Sache vorgestellt hättet, so würde ich nicht einen Augenblick gezögert haben, Euch zur Benutzung meines Werkzeuges die Erlaubniß zu ertheilen — natürlich für Eure Freistunden. Denn während der Arbeitszeit gehört Ihr in die Filtration. Wie lange seid Ihr hier?" „Nicht gar lange, gnädiger Herr — gar naht lange — es ist ungefähr " > « „Seit wie lange ist Böhm in der Schlosserei?" wandte sich Werdenberg kurz entschlossen an die beiden außer den Schuldigen noch in der Werkstatt anwesenden Schlosser. „Seit dem letzten Schichtwechsel!" lautete die überein stimmende Antwort. „Und der Hahn am Hintern Dictsastsilter stand offen, und der Saft läuft in's Torf hinab, Böhm", sagte Wer denberg, zwar ohne Heftigkeit, aber mit ernstem Vorwurf. Der Aufseher, dessen Blicke unruhig umherschossen, wollte noch immer sich reinzuwaschen versuchen. Aber Werdenberg schnitt ihm das Wort kurz ab und sagte, so daß auch die Schlosser es hörten: „Ihr seht gewiß ein, Böhm, daß ich einen so unzuver lässigen Mann, wie Ihr es nun doch seid, nicht auf einem Posten belassen kann, welcher mit einer so großen Verant wortlichkeit verknüpft ist. Was sott ich denn mit Euch an fangen ? Ani besten wär's, ich jagte Euch fort. Denn aus einem andern Platze könnt Ihr eben auch schaden." Aergerlich mehr darüber, daß er in der Verläßlichkeit dieses Mannes sich getäuscht, als über den erlittenen Ver lust, ging Werdenberg hinaus — und der Getadelte sah ihm mit einem boshaften Blicke nach. Der österreichische Reichskanzler, Graf Andraffy, traf am Sonntage von seinem Landsitze Terebes in Ungarn wieder in Wien ein. Zu den kampflustigen Elementen der italienischen Hauptstadt gehören im Gegensätze zu andern Städten die im Ghetto wohnenden Juden; fast täglich hat die Munizipalgarde daselbst heftige Kämpfe zu bestehen. Be kanntlich ist das Ghetto erst nach Einnahme Rom's durch die italienischen Truppen geöffnet worden. Unter der päpst lichen Herrschaft waren die Juden noch ebenso abgeschloffen, wie anderwärts im Mittelalter; die Behörden kümmerten sich nicht um das Judenquartier und dasselbe sowie seine Bewohner befanden sich in einem unbeschreiblich schlechten Zustande. Die armen und intellektuell sehr tief stehenden Juden, welche das Ghetto bewohnen, haben sich deshalb daran gewöhnt, in ihrem Stadtviertel zu thun, was ihnen beliebt und sich gleichsam als unter sich zu betrachten. Heute noch sehen sie das Ghetto als eine ihnen gehörende Stadt an und weisen jede Einmischung der Behörde energisch zurück. Die Juden, welche in den lüft- und lichtlosen Häusern des Ghetto wohnen, können nicht davon überzeugt werden, daß die Straße keine Fortsetzung ihrer Wohnungen ist. Sie essen, arbeiten, entkleiden und benehmen sich über haupt auf öffentlicher Straße mit der Ungeuirtheit kleiner Kinder. Wenn sich die Sicherheitswächter dem widersetzen, Feuilleton. Am Abgründe. Rcman von Er. Werner (Fortsetzung ) Wie Werdenberg als umsichtiger Geschäftsmann oft that, durchwanderte er auch am Diorgen des Tages, wo Nordheim mit Kottwitz zusammentraf, prüfend und zum Rechten sehend alle Räume seiner Zuckerfabrik, in welcher Hunderte von fleißigen Händen an der Arbeit waren, hier eine Aenderung befehlend, da eine Abhilfe anordnend, bis weilen freilich auch tadelnd, wenn er auf Nachlässigkeit und Unachtsamkeit stieß. Jetzt kam er heut zufällig um Stunden früher, als sonst in denjenigen Raum, welcher „die Filtration" heißt, wo der Zuckersaft, um gereinigt zu werden, durch mächtige, mit Kohle angefüllte, eiserne Zylinder läuft. Die Aufsicht in der Filtration führte, seit die Arbeit in der Zucker fabrik mit der Rübeuernte begonnen, kein Anderer als Martin Böhm. Aber Werdenberg fand diesen Mann, welchem er ein besonderes Vertrauen schenkte, beim Eintrit in die Filtration nicht auf seinem Posten. Er dachte sic dabei nichts Besonderes. Böhm konnte gerade in diesem Augenblick einmal hinausgegangen sein, und er durfte es ja thun, wenn Alles in Ordnung war. Langsam schritt der Herr der Fabrik an den eingemauerten Eisenzylindern dahin, das Auge auf die allein aus der Mauer hervor tretenden Hähne und auf die darunter sich hinziehende Ab flußrinne für Nachspülwasser gerichtet. Aus einem Hahn war solches Wasser, hell und klar, abgelaufen. Aber dort hinten, bei dem letzten Zylinder, rauschte es auch, als liefe Wasser ab. War denn das möglich? Werdenberg kam näher — und erschrak. Das war kein Wasser, das war eine dicke, gelbe Flüssigkeit — Zucker saft, ein dicker Strahl, welcher in die Abflußrinne und aus Die Hoffnung der Ultramontanen in Baiern ihre Majorität im bairischen Landtage dadurch zu vergrößern, daß sie das gesammte Büreau aus ihren Parteigenossen zusammenzusstzen und einige der liberalen Wahlen zu kassiren versuchen, wird unter der Herrschaft der neuen Landtags- qeschästsordnung sich schwerlich realisiren lasten. Während bisher die formelle Eröffnung der Kammer erst nach Prüfung der Abgeordnetenlegitimationen durch die Einweisungskom- missivn vorgenommen werden konnte, erfolgt dieselbe, nach der am 19. Januar 1872 erlassenen Verordnung nunmehr ohne Rücksicht darauf an dem Tage der Einberufung. Dieselbe Verordnung bestimmt auch, daß die Abtheilungen durch das Loos sofort nach dem Zusammentritt gewählt werden und daß alle Wahlen der Kammer in öffentlicher Sitzung vorzunehmen seien. Irr Münchener unterrichteten Kreisen will man übrigens von einem schon jetzt unter den ultramontanen Abgeordneten ausgebrochenen Streite wissen, welcher nichts Geringeres als die Verdrängung des l)r. Iörg von der Parteiführerschaft bezweckt. Als Gegenkandidat desselben ist, wie verlautet, von den Extremen Pfarrer Molitor aufgestellt worden. Zur Einberufung und Er- „Figaro" tischt seinen Lesern darüber folgende nette Ente aus: „Paris erhielt — so schreibt da- genannte Blatt — 0 eben den Besuch eines deutschen Fürsten, der sich seine Staaten (wörtlich!) in Mitte der großen Annexionen Preußens zu erhalten wußte. Es ist die- der Fürst von Liechtenstein. Der Grund, warum fein Staat seitens des Herrn von Bismarck respektirt wurde, ist sehr merkwürdig. Die mediatisirten Fürsten mußten in der deutschen Armee als Kompensation einen Grad erhalten, der der Truppen zahl entsprach, welche sie dem Bunde stellten. Da jedoch die Liechtenstein'sche Armee nur aus 45 Mann besteht, hätte man denk Fürsten nur den Grad eines Feldwebels anbieten können, was nicht angängig war. Das ist die Ursache, weshalb er Souverain geblieben ist." Es geht doch nichts über französische Erfindungskunst. Schade, daß „Figaro" den «Lchönburg'schen Souveränen seine Aufmerksamkeit noch nicht zugewendet, vielleicht würde dieselbe dann auch zu ähnlichen Enten verwerthet. In Metz fand am 1. d. die Fahnenweihe des dortigen Kriegervereins statt. Bei derselben waren die Spitzen der Militär- und Zivilbehörden, sowie gegen 1500 Mitglieder der Kriegervereine der Rheinprovinz und der Pfalz anwesend. DytsfchaT Freiberg, den 2. August. Die Engherzigkeit der Berliner Stadtverordneten in Mug auf die verweigerte Ehrengabe für da- Stuttgarter Schützenfest wird erfreulicher Weise vom Hofe nicht getheilt, solchen Ehrenpreis, deren Zahl sich bereit- über 700 beläuft, in Stuttgart anmelden lasten. Eine schärfere Verurtheilung ihre- Beschlusses konnten sich die hochwohlweisen Väter der Stadt Berlin kaum zuziehen. Vielleicht fällt ihnen nun nachträglich auch noch die Stelle der preußischen National hymne ein, an die sie etwas früher sich erinnern konnten: „Nicht Roß nicht Reissigs sichern die steile Höh', wo Fürsten steh'»; Liebe des Vaterlands, Liebe des treuen Mann's" w. Möglicherweise wäre dann die Knauseret nicht vorgekommen. Die Bestimmungen des Reichsbankgesetzes lasten das Privilegium der Notenausgabe für viele Banken als werthlvs erscheinen, so daß der von einzelnen derselben gefaßte Beschluß, das Privilegium aufzugeben, nicht Wunder nehmen kann. Wie wir vernehmen, werden die Thüringische und die Weimarische Bank in den nächsten Tagen offiziell ihre Verzichtleistung erklären, während dies bisher nur von der Geraer Bank geschehen ist. Zu denjenigen, welche dem gegebenen Beispiele folgen werden, gehört ferner die Mittel deutsche Bank in Meiningen. Dagegen vermehren sich die Gesuche um Errichtung von Filialen der Preußischen Haupt- bank resp. der deutschen Reichsbank ganz außerordentlic und hat Herr v. Dechend auf seiner jetzt beendeten Reise nach Mittel- und Süddeutschland den meisten dieser Wünsche berettwilligst entsprochen. 0 finden sie überall Widerstand und es entsteht sofort eist , hätlicher Streit. Die Söhne Israels werden sodann fest- enommen, nach dem Gefängniß gebracht und den nächsten lag, nachdem sie wieder entlasten sind, geht es von Mission hat ihre Arbeit beendet und Bericht erstattet. Das Schriftstück beginnt mit einer langen Abhandlung über das allgemeine Stimmrecht. Die Kommission schlägt nach dem vor, daß die zukünftige Deputirtenkammer aus 544 Mit gliedern bestehe, deren Mandat die Dauer von vier Jahren haben soll. Es ist dabei zu bemerken, daß sich die Kommission damit in Widerspruch mit den Beschlüssen des Hauses setzt. Nach dem Votum der Nationalversammlung soll auf je 75,000 Bewohner ein Deputirter kommen, das würde also bei der gegenwärtigen Bevölkerungszahl Fraukreich's von noch nicht ganz 37 Millionen 493 ergeben. Der Entwurf wendet sich sodann gegen das imperative Mandat und er geht sich in ausführlicher Weise über die Vortheile des ListenskruUniums, welches die Kommission für das Beste hält. Welchen Eindruck dieser Bericht in den leitenden , Kreisen und in einem großen Theile der Kammer machen ' wird, das bedarf keiner Erklärung. Nachdem aus der Annahme des Arrvndistementsskrtttiniums eine Kabinets- frage gemacht worden ist, kann es nicht zweifelhaft sein, , daß der Kommissionsenlwurf keine Gnade vor der Kammer finden wird. Aus Spanien fehlt noch die Bestätigung der zuletzt mitgetheilten karlistischen Si-gesnachrichten; auch in Paris waren weitere Mittheilnngen über die angebliche Niederlage Arrondo's nicht eingelaufen und war man demzufolge ge neigt, das Telegramm aus Bourg Madame für eine Ente zu halten. — Interessant ist es, wie die religiöse Intoleranz in Spanien immer tüchtig wächst! In Sevilla wurde ein junger Mensch von 17 Jahren, weil er im Borübergehen an einer Prozession nur einen Augenblick den Hut aufsetzte, von einigen fanatischen Betbrüdern niedergeschlagen und lebensgefährlich verletzt, ohne daß die Polizei einschritt und , ohne daß das Gericht eine Untersuchung gegen die rohen