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Heilage zum Freiberger Anzeiger und Tageblatt. j ,1? 183. Dienstag, den 1V. Augiist. - 1875.1 (Fortsetzung auS dem Hauptblatt.) Gut, wie ich sehe, denn Du bist ja frisch und kräftig, ob schon Du der Aeltere bist." „Du siehst allerdings viel älter aus, als ich, Viktor, ich hätte Dich munterer zu sehen gehofft. Leider ist meine Wally auch nicht.wohlauf. Soeben fuhr der Arzt davon." Während dieses Gespräches waren die Brüder in das Herrenhaus eingetreten und bald saßen sie mit einander an Wally's Bett, welche sich auch des Onkels freuen sollte. Sie that es, wohl,' aber es war eine unsägliche Mattigkeit auch in dieser. Freude. Bald erzählte der Onkel von seinem Abenteuer kurz vor Blendlingen auf der Landstraße, und wie gern er seinen Lebensretter mitgebracht hätte, aber derselbe sei hierzu einmal nicht zu bewegen gewesen. Habe er es doch sogar verweigert, seinen Namen zu nennen. Da gewannen Wally's Mienen plötzlich wieder Leb haftigkeit und Ausdruck zurück. „Wie sah Dein Lebensretter aus? Beschreibe ihn, Onkel; wenn er hier aus der Gegend ist, so glaube ich doch an die Möglichkeit, seine Person feststelleu zu können." Der Onkel gab eine so genaue Schilderung, als er konnte — und mit jedem Worte, das er sprach, wuchs Wally's Aufregung? Sie fragte nach diesen und jenen Merkmalen, der Onkel gab Bescheid, so gut er konnte, und endlich sank sie mit einem schweren Seufzer zurück in die Kissen und bedeckte das Angesicht mit den Händen. „Aber Wally, Kind, was ist Dir nur?" fragte beinahe erschrocken der Onkel. (Fortsetzung folgt.) Lokales und Sächsisches. Freiberg, den 9. August. — Se. Majestät König Albert passirte mittelst Ertrazuges gestern Nachmittag 5z Uhr auf der Tour nach Plauen den hiesigen Bahnhof, woselbst er etwa 5 Minuten verweilte und von den Spitzen der Militärbehörden empfangen wurde. — Uebcr die auch von uns erwähnten Artikel der „Post'' bezüglich des Hauses Schönburg sagt das letzte „Dresd. Jour." an hcrvortretender Stelle: Die „Post" hat vor einigen Tagen eine Reihe Artikel gebracht, welche sich mit den Jurisdikti ons- rcchten des Hauses Schönburg beschäftigen und darzulegen versuchen, daß diesen Jurisdiktionsrechten die Natur einer Staats gerichtsbarkeit beizulegen sei. Am Schlüsse des letzten dieser Artikel ist erwähnt, es sei den Fürsten und Grafen von Schönburg amtlich eröffnet worden, „daß die sächsische Regierung die Ansrechthaltung der rezcßmähigen Jurisdiktionsrechte des Hauses Schönburg inner halb der Grenzen der ihr verfassungsmäßig zustehcnden Mitwirkung bei Ler Reichsgesetzgebung seiner Zeit im Bundesrathe zu vertreten nicht unterlassen werde", und diese Thatsache ist mit dem Voran gehenden in eine solche Verbindung gebracht, daß es den Anschein gewinnen kann, als habe behauptet werden sollen, daß jene Er öffnung auf einer Anerkennung der in den Artikeln vertretenen Anschauungen beruhe. Sichern: Vernehmen nach ist dem nicht so. Die Deduktion des Verfassers der Artikel in der „Post" geht dahin aus, daß dem Hause Schönburg früherhin die Landes hoheit über das Gebiet der sogenannten Rczchhcrrschaften zu gestanden habe, daß diese Landeshoheit durch den Rezeß von 1740 in gewissen Punkten zu Gunsten Sachsens beschränkt worden sei und daß die im Rezeß nicht abgetretenen landeshoheitlichen Be- fngniffe dem Hause Schönburg verblieben seien. Die Regierung Hal diese, schon bei andern Gelegenheiten neue dings geltend ge machte Anschauung nie gethcilt. Die Unhaltbarkeit derselben erhellt ohne Weiteres aus dem Inhalte des Rezesses von 1740 selbst, in dessen Z 1 es heißt, daß nach vergleichsweiser Be seitigung aller entstandenen Differenzen den Grafen und Herren von Schönburg feiten Sr. königlichen Majestät, d. i. feiten des Kurfürsten, damaligen Königs von Polen, alle landesväterlich e Huld wiederum zu Theil werden solle, während in H 3 ausdrücklich gesagt ist, daß das Haus Schönburg das jus ter»itarinlo über die fraglichen Herrschaften dem Kurhause Sachsen zu be streiten nicht gemeint sei, wie denn auch die Vorbehalte zur Wahrung der Landeshoheit in verschiedenen Stellen des Rezesses, wo von den dem Hause'Schönburg zugestandenen Rechten die Rede ist, außer Zweifel stellen, daß man diese Rechte als Ausfluß landeshoheitlicher Befugnisse nicht betrachtet hat und nicht hat betrachtet wissen wollen. Darin hat der Verfasser jener Artikel Recht, daß die Schönburg'sche Gerichtsbarkeit der standesherrlichen an und für sich nicht gleichzustellcn sein würde; dies folgt eben daraus, daß die Rezcßherrschaften, unbeschadet der persönlichen Reichsstandschast ihrer Besitzer, niemals als reichsuninittelbares Gebiet gegolten haben. Sind aber die standesherrlichen Gerichts barkeiten, soweit sie noch bestehen, jetzt reine Privatgerichtsbarkeitcn, so kann dies nach Vorstehendem umsoweniger in Betreff der Schönburg'fchcn Gerichtsbarkeit einem Zweifel unterliegen Wenn also die Regierung sich nicht in der Lage befunden hat, einer die Beseitigung dieser Gerichtsbarkeit bedingenden Bestimmung in dem Entwürfe eines Reichsgesctzes zuzustimmen, so hat der Grund dazu ausschließlich darin gelegen, daß sie bei der ihr verfassungs mäßig zustehendcn Mitwirkung bei der Rcichsgesetzgebung dem Um stande Rechnung zu tragen hatte, daß die fraglichen Jurisdiktions- rcchtc zu den dem Haufe Schönburg von der sächsischen Regierung vertragsmäßig gewährleisteten Rechten gehören. — Geheime Hauptverhandlung Dienstag den 10. August Vormittags 9 Uhr in der Untersuchung wider Friedrich Ernst Gclsert aus Erbisdorf wegen des in 8 177 des RcichS-Stras- Gesetzbnchs gedachten Verbrechens. — Unsere Artillerie hat am Sonnabend ihre Uebungen auf dem Schicßplan bei Zeithain beendigt nnd rückte heute früh wieder ein. — Bei der Sektion deS Schädels des BcrgakadcmikcrS Latinack sand man entsprechend der äußeren Stirnwunde einen circa zweigroschengrohen Knochendefekt. Nach Wegnahme deS Schädeldachs ergab sich bei genauer Untersuchung der Hirnsubstanz, daß die Kugel die ganze rechte Großhirnhälfte in schräger Richtung von vorn nach hinten und außen durchlaufen hatte. In dem breiten Schußkanal fand man den fehlenden Theil des Stirnbeins in vielen kleinen Spllttern zerstreut liegen. Die Kugel selbst lag nicht mehr im Schußkanal, sic hatte sich an: Ende desselben, dem Gesetze der Schwere folgend, ca. 3 Ctm. nach Unten gesenkt. Ihre Form hatte sich vollkommen verändert; ihr vordere? Ende war platt gedrückt, so daß sie einem Manchcttenkopf ähnlich sah An der Basis des Hirns zeigte sich eine beginnende Hirnhaut entzündung, welche mit der in den letzten Tagen zunehmenden Bewußtlosigkeit in Verbindung steht. Die Beerdigung der Leiche indet morgen Abend 10 Uhr bei Fackelbegleitung von der Todtenhalle aus statt. — Es ist höchst unvorsichtig von Seiten deS Besitzers der Kähne auf hiesigem Kreuzteiche, wenn er gestattet, daß die Kähne von Kindern benutzt werden, die durchaus nicht fähig sind, solche selbst zu regieren. Am Sonntage in der vierten Stunde des Nachmittags hörte Einsender dieses, als er in die Nähe des untern Krcuzteiches kam, ein ängstliches Rufen und Schreien nichrerer Kinder, vom Teiche her. Auf einem Kahne befanden sich 7 Kinder, im Alter von 8—10 Jahren. Sie hatten die Länge des Teiches durchrudert, und konnten durch falsche Stellung des Steuerruders nicht wieder rückwärts, sondern fuhren im Kreise umher. Leicht konnte das Fahrzeug durch die mehr und mehr sich steigernde Unruhe der Insassen Umschlägen, und cs wäre ein Unglück unvermeidlich gewesen, wenn nicht ein Mühlbursche, durch das Schreien der Kinder aufmerksam gemacht, in einem Kahne zu den Bedrängten hingerudert und dieselben nach dem Landungsplätze gebracht .hätte. Am Ufer des Teiches hatte sich eine bedeutende Menschenmenge angesammelt, die in banger Er wartung des Ausgangs harrcten. Wir verfehlen nicht, Aeltern dies zur Warnung mitzntheilen. — Zu der auf den 7. und 8. August in Dresden an beraumten Generalversammlung der sächsischen Gemcindebeamten fanden sich die Lheilnehmer in einer Stärke von circa 300 Mann ein. Die am Sonnabend Angekommenen vereinigten sich im blauen Saale der Helbig'schen Restauration zu einer Versamm lung. Nach einer herzlichen Begrüßung Seiten deS Herrn Vor sitzenden, Kranlcnhausinspektor Friedrich aus Leipzig, gelangten einige Anträge zweier Obmänner aus Plauen und Glauchau auf Abänderung des tz 4 der Vereinsstatuten, Wahlmodus betreffend, weiter bezüglich der ferneren Theilnahme der emeritirten, sowie der in den Staatsdienst übergetretenen Kommunalbcamten als Vereinsmitglieder. Wegen der beiden letzteren Fragen wurde die Theilnahme der ersteren als selbstverständlich zugelasscn, die der letzteren abgclehnt. Der Antrag wegen Einsetzung einer Prüfungs kommission für Gemcindebeamten Wurde vor jetzt zurückgcstellt. Nach erfolgtem Zusammentritte der Obmänner zu einer Spezial- berathuiig wegen Neuwahl des Direktoriums ging die Versamm lung auseinander. Ani darauffolgenden Sonntage nun wurde die Generalversammlung in den dekorirten Räumen de? Lussert'schcn Etablissements an der Königsstraße Nr. 8 abgehalten. Die Versammlung währte 2 Stunden, die Erschienenen wurden aber mals in einer sehr herzlichen Weise Seiten des Herrn Vorsitzenden begrüßt. Man genehmigte dann nach vorhergcgangener Diskussion zu Punkt 1 der Tagesordnung die schon hier erwähnte Petition an Stände und Regierung, bctr. die Pcnstonirung rc. der Ge meindebeamten und Gewährung eines Disziplinargcsetzes rc. Auch mit Gründung eines Vereins - Prcßorgans trotz mancher dagegen erhobenen Bedenken will man es versuchen. Die übrigen Punkte der Tagesordnung, betreffend Rechnungsjustifikation, Direktorial wahl, ebenso Vorortswahl für die nächste Generalversammlung wurden sehr schnell erledigt. Vorort für nächstes Jahr ist Leipzig. Den Freiberger Lokalverband vertraten 20 Mitglieder. An diese Versammlung schloß sich ein gemeinschaftliches, einfaches Mittagsmahl in demselben Etablissement an, dein später eine Dampfschiffausfahrt folgte. An geistigen Genüssen neben den leiblichen fehlte cs während der Tafel wahrlich nicht. Stach den offiziellen Toasten auf König, Obrigkeiten und Vorort Dresden folgte Toast auf Toast, untermischt mit Vortrag einiger wacker vorgetragenen und mit großem Beifall aufgenommenen Quartett gesänge Seiten Dresdner Lokalverbandsmitglieder, sowie mit Ab singen eines heiteren Tafelliedcs. Die meisten der Vereins mitglieder gingen noch am selbigen Abende nach der Heimath zurück, um am Montag Morgen ihrem Berufe obliegen zu können, Andere, die so glücklich waren, mit Urlaub versehen zu sein, be nutzten diese Gelegenheit zur Besichtigung der Sehenswürdigkeiten der Residenz beziehentlich zu einer kleinen Lustreise. Herr Generalstaatsanwalt I)r Schwarze in Dresden ist, wie dem dortigen „Anz." mitgetheilt ward, von Sr. Maj. dem Kaiser von Oesterreich in den erblichen Adelstand erhoben worden. Derselbe hat den Entwurf eines neuen österreichischen Strafgesetzbuches kommentirt und ist für diese, wie man sagt, außerordentlich scharfsinnige und gründliche Arbeit mit jener hohen Auszeichnung beehrt worden. Das Adels-Diplom soll in den schmeichelhaftesten Ausdrücken abgcfaßt und sehr reich ausgestaltet sein. — Am Sonnabend Abend s11 Uhr brach in der Entbindungs anstalt zu Dresden auf bis jetzt noch unerklärte Weise und zwar auf dem Boden des Mittelbaues, Feuer aus. Der Brand ist Dank dem unermüdlichen Eifer der Feuerwehr und dem Um stand, daß der Fußboden der Böden aus Lehmestrich bestand, aut den Dachstuhl beschränkt geblieben, nur an einigen Stellen ist die Decke der zweiten Etage durchgebrochen Die nächste Hilse galt natürlich den Wöchnerinnen und Kindern, und war Glück dabei, daß sehr schnell eine Anzahl solider Leute herbeieilte, welche in anerkennenswerthcster Weise sich an dem Rettungswerke betheiligte. Die Wöchnerinnen fanden die bereitwilligste Aufnahme in verschiedenen Gebäuden des Krankenhauses und den tröstlichen Vorstellungen und der rücksichtsvollen Behandlung bei der Rettung ist es zu danken, daß keine der Wöchnerinnen durch Schreck oder Angst in ihrem Zustand eine Verschlimmerung erfahren hat. Die Utensilien sind sämmtlich geborgen worden, nur etwas Wäsch«, I welche auf den Böden gehangen, ist mit verbrannt. Eine s Schließung der Anstalt wird nicht stattfinden, vorläufig wird ein I Nothdach hergcstellt werden, bis zu dessen Fertigstellung di« 1 Kranken ihren jetzigen Aufenthalt behalten. In der Nacht vom 4. zum 5. d, ist der in Kreinitz bei st Strehla kantonnirenden Artillerieabtheilung, trotz der Bewachung, i die Regimentskasse gestohlen und auf freiem Felde, btS l auf einige Sparkassenbücher und eine Partie Kassenscheine, auS» 1 geleert worden. Der geraubte Baarbestand soll sich auf 10,500 M. belaufen. Die denselben Abend auf Wache befindlichen Soldaten und der Besitzer des Lokals, wo sich die Kaffe befand, , ind von den zuständigen Behörden in Gewahrsam genommen vorden. . Im Oybiner Forstrevier (sogen. Dachslöcher) wurde der 79 Jahre alte Gedingeauszügler und Weber I. G. Birnbaum auS Neu-JonSdorf todt aufgefunden. Birnbaum, welcher das Schießfest n Oybin besucht und bis Abends gegen 10 Uhr in der Restaurabon zum „Heitern Blick" verkehrt hatte, ist auf dem Heimwege nach Jonsdorf oberhalb der sogen. Hölle von dem Wege abgekommen und bei den sogen. Dachslöchern von einer hohen Fclsenwand herabgestürzt. In Folge der geschäftslosen Zett nehmen die Diebstähle in Zittau und in der Umgegend mehr und mehr überhand und die nahe böhmische Grenze ist sehr geeignet, um den Raub bald- A möglichst unterzubringen, zumal sich die Diebe, soweit sie erlangt D worden sind, zum großen Theile als Böhmen erweisen. So wurden am 5. d. bei dem Gutsbesitzer A. Zachmann in Ober-' H seifersdorf mittelst Einschleichens 80 Thlr. gestohlen, davon aber 60 Thlr. wieder erlangt, die der auf der Flucht ergriffene Dieb, Carl Eiselt aus Gabel weggeworfen hatte. Der Dieb wurde an daS kgl. Bezirksgericht abgeliefert. Ebenso werden von Seif hennersdorf zwei Effektendiebstähle mittelst EinsteigenS in die Partcrrestuben bei T. Stübner und bei I. CH. Röthig in der Nacht vom 2. zum 3. d. M. gemeldet. Auch hier liegt die Vermuthung sehr nahe, daß die Diebe Böhmen und die Sachen I nach Böhmen geschafft worden find. Am Vormittage des 5. hat sich der Häusler und Weber I. G. Böhmer in Burkersdorf, 51 Jahre alt, auf dem Ober boden seines Hauses durch Erhängen selbst entleibt. Schwermuth, I an der Böhmer seit einiger Zeit gelitten, mag die Ursache des Selbstmordes gewesen fein. Volkswirtschaftliches. Nach einem von dem Verwaltung«- und Ausstcht«rathe der „Teutonia", Niedererzgebirgischer Stetukohlenbau- Berein zu Gersdorf veröffentlichten Berichte betragen die Verluste, die dem Vereine durch da« Entweichen deS StadtratHS Beck ent standen sind, 6Z.843 M-, dem 61,907 M. in (zum Theil acceptirten) Anweisungen auf Herrn Beck gegenüber stehen. Die Lage der Ge sellschaft ist hierdurch zwar nicht gefährdet, jedoch macht sich zur Deckung der Passivschulden de« Verein- von 224,749 M. und zur Bestreitung der Niederbringung de- Schacht» bi« auf die Kohlen im Betrage von 412,365 M. die Einzahlung auf die Aktien de« Verein- in Höht von 10 Prozent --- 30 M. erforderlich, welche bi» zum 31. August d. I. zu leisten ist und zwar in Dresden bei Quellmalz und Adler und George Meusel u. To. In der am 29. v. M. in Zwickau abaehalteuen außerordentlichen Generalversammlung deS Stelnkohlenbauverein» OelSnitzrr Frisch Glück wurde beschlossen, durch Au-gabe bi- zu 4600 Stück neuer Aktien ä 300 M. das Aktienkapital zu erhöhen. Diese Aktien genießen eine Borzug-dividende von 5 Prozent. Die Voigtländtsche Kammgarnspinnerei (vorm. Llemen« Paul u. Co.) hat in der am 2. August ». o. abgehaltenen General versammlung mit 2364 gegen 16 Stimmen die Liquidation beschlossen. Vermischtes. * Unglückliche Redner. Auf seiner jüngsten Reise durch die von Ueberschwemmungen heimgesuchten Gegenden Frankreichs mußte der Marschall Mac Mahon natürlich auch manches Monstrum von Begrüßungsrede seitens der Herren Maires u. s. W. in den Kauf nehmen. Er soll hierbei eine wahre Lammsgeduld zur Schau getragen haben. In einer kleinen Ortschaft bei Toulouse währte die Empfangsrede über eine halbe Stunde; der Maire, welcher sie hielt, blieb drei Mal stecken, und beim dritten Male konnte er absolut nicht mehr vorwärts. Der Marschall blieb ruhig und sagte nur, gutmüthig lächelnd: „Greifen Sie doch zu Ihrem Konzept!" — Man erinnert sich dabei jenes unglück- eligen Ortsvorstandes, der einst Ludwig Xl V. begrüßen sollte. Pomphaft begann er seine Rede: „Cäsar und Alexander . . . Eäsar und Alexander . . . Cäsar . . ." Das Weitere blieb ihm im Munde stecken; Angstschweiß rieselte über seine Stirn; er hätte in die Erde versinken mögen. Ludwig aber sagte be gütigend: „Nun, lieber Freund, was ist eS denn mit Cäsar und Alexander"? — Da nahm der Bürgermeister alle Kraft zusammen und platzte kurz und gut heraus: „Sire, Cäsar und Alerander waren ein paar Lausbuben im Vergleich zu Ihnen. . . ." Noch kürzeren Prozeß machte Heinrich IV., der überhaupt von offiziellen Prunkreden kein Freund war. Einstmals übernachtete er in einem Städtchen der Normandie. Wie billig, empfing ihn der Maire an der Spitze der gesammten Bürgerschaft und holte schon auS zum pathetischen Willkommgruße: „Als Hannibal Karthago verließ und . ." Aber der König fuhr dazwischen: „Als Hannibal Karthago verließ; hatte er wahrscheinlich schon dinirt, während ich Hunger habe. Kommen Sie, Herr Bürgermeister, wir wollen zusammen speisen gehen!" — Auch von Friedrich Wilhelm IV. erzählt man eine ähnliche Geschichte. Von dem Bürgermeister einer kleinen schlesischen Stadt mit den Worten apostrophirt; „So weise, so edel, so großmüthig, so gnädig . . ." unterbrach er den Redefluß mit den Worten: „Ja, ja, lieber Bürgermeister, und so müde und hungrig."