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Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zu Freiberg und Brand. 1875 157 Sonnabend, den 1V. Jnli. gesetzt bemüht gewesen ist, die insolge einer langen Reihe großer Ereignisse erschütterten und umgestalteten Verhält nisse Europas zu lonsolidiren und demgemäß allen auf Störung des Weltfriedens abzielenden Bestrebungen einen starken Damm entgegen zu setzen. Der erste Schritt auf diesem Wege, die aufrichtige Aussöhnung mit Oesterreich, gehörte im gewissen Sinne zu den unmittelbaren Ergeb nissen der deutschen Siege. In der eifrigen Pflege des ge wonnenen Einverständnisses bewährte Graf Andrassy eben sowohl seine Willenskraft wie feine Einsicht. Oesterreich Der Kronprinz des deutschen Reiches traf gestern mit einstündiger Verspätung wohlbehalten in München ein. Der Grund dieser Verspätung war ein leichter Zusammen stoß mit einem Güterznge bei der Station Haag unweit St. Valentin (kurz vor Linz). Kaiser Franz Josef wurde sofort von dem Unfall benachrichtigt und sendete au telegraphischem Wege den Ausdruck des wärmsten Bedauerns an den Kronprinzen mit dem herzlichsten Glückwunsch über seine Rettung aus Lebensgefahr. Nach Mittheilung der Direktion der Westbahn trifft die Schuld des Unfalls den Wächter und den dienstthuenden Beamten, der nach einer erst jüngst wieder eingeschärsten Vorschrift vor dem Ein fahren des Personenzugö die Weichenstellung überwachen sollte. Der österreichische Handelsminister hat den General direktor der Westbahn zu sich berufen und die strengste Untersuchung und Ahndung ungeordnet. Wir waren schon früher in der Lage zu konstatiren, daß die Mehreinnahme aus den Zöllen in den ersten fünf Monaten dieses Jahres die Hoffnung auf ein Schwinden des Defizits ini Reichsetat rechtfertigen. Es liegen uns jetzt die Nachweisungen über den Handel Deutsch lands im ersten Quartal 1875 vor, aus welchen eine sehr Wie man aus Oe st erreich meldet, ist das Testament des verstorbenen Kaisers Ferdinand vor einigen Tagen in der Wiener Hofburg eröffnet worden. Nach demfelben geht äst das ganze Gesammtvermögen in das Eigenthum des Kaifers Franz Josef über. Das Vermögen beziffert sich auf ungefähr >50 Millionen Gulden. (Siehe Näheres unter Oesterreich-Ungarn.) , > , Tagesschau. Freiberg, den 9. Juli. Bei der augenblicklichen politischen Stille empfiehlt es sich, einmal Rast zu machen und rückblickend eilt Bild der deutschen Politik vor Augen zu führen. Man kann die Richtung, welche diese Politik seit dem deutsch-französischen Kriege eingeschlagen, dahin charakterifiren, daß sie unaus- „Herr Verwalter l" rief ihm der Geiger nach, der nicht fo schnell wie der rüstige junge Diann bergan konnte. „Herr Verwalter!" „Ich habe keine Zeit, Meister Erler!" rief ihm Ludwig zurück. „Ein ander Mal!" „Aber Sie haben Zeit, Herr Verwalter, mehr Zeit als Ihnen lieb sein mag! So warten Sie doch, ich habe Ihnen etwas . . ." „Jetzt nicht! Jetzt nicht!" beharrte Ludwig und winkte ihm abwehrend mit der Hand. „Zum Kukuk, muß ich's denn schreien, damit Sie hören? Sie kommt nicht, Herr Steinbach, sie hat mich ja geschickt!" Ludwig blieb wie mit den Boden verwachsen stehen. Hatte er denn auch wirklich recht gehört? Sie kam nicht? Keuchend arbeitete sich der Geiger zu ihm hinauf. — Er lächelte — nein, nicht doch — er grinste dämonisch, teuflisch. „'s ist schon einmal so wie ich sagte, Herr Stein- ! bach, und Sie machen sich und mir unnütze Mühe. Sie , kommt nicht." erstarkte sichtlich und die Stimme der öffentlichen Dieinung auf beiden Seiten der Leitha zollte der Politik des ungari schen Staatsmannes lebhaften Beifall. — Der zweite Schritt war die durch die Vermittlung der deutschen Staatskunst erfolgte Aussöhnung Oesterreichs und Rußlands, die in der Zusammenkunft der drei Kaifer in Berlin und in dem daraus sich ergebenden Drei-Kaiser Bündniß ihre Bestätigung und ihren Abschluß fand. Diefes Bündniß verfolgte von Anfang an die Aufrechterhaltung des Weltfriedens; alle kriegerischen Absichten waren ebenso ausgeschloffen, wie die gegenseitige Einmischung in die inneren Verhältnisse der drei Mächte. Es war der Kern eines Friedensbundes gewonnen, zu dem jedem Staate der Zutritt offen stand, der, selbst von Friedensbedürfniffen erfüllt, in dem Anschluß an den Bund die Interessen des europäischen Friedens am sichersten glaubte wahren zu können. Selbstverständlich setzte der Anschluß eine gewiffe Beschränkung der Politik der freien Hand voraus; die Staaten, die auf diese das größte Gewicht legten, mußten sich daher von dem Bünd nisse, wie sehr sie auch mit seinen Tendenzen übereinstimmen mochten, doch fern halten. Daß dieses Bündniß den Ultra montanen und den Franzosen große Sorgen bereitete, war erklärlich, und die Versuche, den Bund zu lockern und wo möglich zu sprengen, sind denn auch so alt wie der Bund selbst. Im Wesentlichen liefen diese Bemühungen darauf hinaus, Deutschland sowohl mit Oesterreich wie mit Rußland zu ver feinden und auf diese Art zu isoliren. Die Mittel zu diesem Zwecke waren sehr verschieden. Bald sollte die Zusammenkunft Franz Josef's mit Victor Emanuel in Venedig, bald eine Allianz zwischen Rußland und England das Sprengmittel des Drei-Kaiser-Bündniffes fein. Neuerdings versuchte man der deutschen Regierungen unter sich ein durchaus be- ' riedigendes. Ein einziger Bundesfürst — der König von ' Baiern — galt Vielen noch immer für kein recht zuver- ässiges Glied des neuen deutschen Reiches Auch dies hat sich längst als thöricht erwiesen. König Ludwig war bekanntlich im vorigen Juli von seinem Bergschloffe nach München geeilt, um ganz aus privatem Antrieb den durch reisenden Kaiser Wilhelm in der bairischen Hauptstadt zu bewillkommnen, ein Akt, der wie erinnerlich, durch das während der gemeinsamen Tafel einlaufende Telegramm von dem Attentat auf den Fürsten Bismarck einen trüben Schatten erhielt. In diesem Jahre wird die Begegnung der beiden verbündeten Fürsten äußerlich noch mehr hervor- treten, insofern König Ludwig den Wunsch nach Ems hin kundgegeben hat, den Kaiser eine Strecke durch bairisches Gebiet zu geleiten und in München das Diener mit ihm einzunehmen Auch diesmal sollen wie im vorigen Jahre sämmtliche bairische Prinzen bei der Begrüßung zugegen sein. In politischen Kreisen ist man über diese Kund gebung des Königs um so mehr erfreut, als Angesichts der gegenwärtigen Wahlbewcgung in Baiern über die Tendenz und Bedeutung derselben kein Zweifel sein kann. Die gesuchte Aufmerksamkeit, die der bairische König demOber- haupte des Reiches angedeihen läßt, illustrirt bester als alles Andere die Gattung von „Patriotismus" mit der in den klerikalen Wahlaufrufen und Hirtenbriefen in den letzten Wochen Mißbrauch getrieben wurde und giebt den unwiderleglichsten Beweis von der Reichsfreundlichkeit und Reichstreue des bairischen Königs. selben noch mehr als seine Pflicht thun — — und wenn nicht eher, so setzte sein Trotz hinzu, so erreiche ich mein Ziel nach dem Tode von Wallh's Vater wenn Sie mir treu bleibt! Au diesem „Wenn" hing er lange mit einer gewissen Zaghaftigkeit, dann lauschte er wieder, ob sie nicht käme. Er sah nach der Uhr, er öffnete die Thür und legte ein dürres Stück Holz vor, um sie vor dem Zürückfallen zu bewahren. Er wollte sie ja ganz gewiß kommen hören — aber er hörte nichts und er konnte auch nichts hören, weil er viel zu früh zur Stelle war und weil er von seiner Ankunft noch lange, lange Zeit warten mußte. Doch auch der ungeduldigsten Sehnsucht und Erwartung verrinnt endlich die Zeit. Jetzt fehlte nicht eine Viertel stunde mehr zu dem festgesetzten Augenblicke — was zögerte er, ihr bis an den Rand des Waldes entgegen zu gehen? Rasch sprang er auf und hastig schritt er auf dem so Die Publizirung der österreichisch-rumänischen Zoll- und Handelskonvention hat dieser Tage stattgefunden, während diefelbe fchon am 22. Juni vom Grafen Andrassy und dem rumänischen Agenten Herrn Costaforn unter zeichnet worden war. Die endliche von der türkischen Regierung unbeanstandete Publikation wird in diplomatischen Kreisen als ein Ereigniß von nicht zu unterschätzender Bedeutung angesehen. Man erinnert sich, welche Schwierig keiten zu überwinden waren, seitdem von Seiten Rumänien's der Wunsch ausgesprochen war, mit den benachbarten Staaten selbständig Handelsverträge ab- zuschließen, von denen derjenige init Oesterreich nur den ersten in der Reihe darstellt. Die vereinten Vorstellungen der drei Kaiserreiche haben es nun bewirkt, daß die türkische Regierung sich durch die Bezeichnung „Konvention" anstatt „Handelsvertrag" zufrieden erklärt hat. Aus dem Inhalt der Konvention ist als wesentlich hervorzuheben, daß Rumänien von Seiten Oesterreich's den meistbe günstigten Staaten gleichgestellt ist, wogegen das Fürsten thum für eine Reihe von Artikeln gänzlich zollfreie Einfuhr gewährt. Getreide bleibt gegenseitig zollfrei. Aus der Schweiz meldet der Telegraph unterm 8. d.: . Ein furchtbarer Sturm hat in der vergangenen Nacht im ganzen Kanton Genf und in Savoyen gewüthet; ein den selben begleitendes Hagelwetter zerstörte im Feld und in unangenehmen Lächeln, indem er dem in seiner Er wartung so grausam Getäuschten den Weg fast vertrat. Aber Ludwig nahm sich keine Zeit, sich mit dem Fiedler zu beschäftigen. Seine Gedanken waren bei Wally und schnell sagte er sich, er habe Unrecht gethan, das Gloriett zu verlassen und ihr entgegen gehen zu wollen, indem sie, um eine etwaige Beobachtung zu täuschen, heut wohl einen anderen, wenn auch beschwerlicheren Weg genommen haben möchte. Ja ja, kein Zweifel, das war die Er klärung dafür, daß er sie noch nicht sah — und auf dem Fuße wollte er nun umdrehen. Mark. Diese Ergebnisse beweisen, daß die Konsumtions fähigkeit des Mittel- und Arbeiterstandes in der letzten Zelt zugenommen hat, also an einen eigentlichen Nothstand, wie ihn viele Pessimisten erblicken wollen, nicht zu denken ist. Die zur Einschätzung von Kriegsschäden in El saß - Lothringen eingesetzten sechs Kommissionen, von denen zwei in Metz und ze eine in Diedenhofen, Bitsch, Pfalzburg und Marsal ihren Sitz hatten (Straßburg war besonders abgeschätzt worden), haben vor einigen Tagen erst ihre . Thätigkeit beendet. Der letzte Rest der Entschädigungen ist von den Steuereinnehmern des Bezirks Lothringen den betreffenden Personen jetzt gezahlt worden. Aus einer Gejammtübersicht ergiebt sich, daß in Lothringen 64 Ge meinden mit Entschädigungen bedacht worden sind. Von den zwei in Metz thätigen Kommissionen allein sind 55 . Millionen Franken, von denen 25 Millionen auf Kriegs schäden und 30 Millionen auf Kriegsleistungen fallen, an- lewiefen worden. Alle diese Summen wurden auf Grund des Reichsgesetzes vom 14. Juni 1871 aus Reichsmitteln gezahlt, daneben aber wurden noch 200,000 Frks. an die lngehörigen solcher Personen ausgezahlt , welche in Folge der Kriegsereignisse den Tod gefunden und deren Ansprüche nicht in den Bereich des genannten Gesetzes fielen. Feuilleton. ' Am Abgrunde. Roman von Ed. Lierner. (Fortsrtzung.) Plötzlich blieb er bei einer mächtigen Eiche stehen und schrak zusammen. Das war die Stelle, wo die Leiche jenes Offiziers aufgefunden worden war, den sein Vater er chlagen haben sollte. „Ja ja," murmelte er bitter und böse — hier wurde der Grund zu meinen Unglück gelegt und der tolle Heinz hat mit seinen scheinbar sinnlosen Reden nur zu sehr Recht. Ich sollte vergessen, daß ich des Mörders Sohn bin, so wurde mir gelehrt — und der es lehrte, der vermag es selbst nicht zu vergessen! Vater, Vater, was hast Du gethan!" Da dachte er wieder an Wally und daß sie mit ihm zusammentreffen wollte — und die Verzweiflung, welche im Begriff stand, ihn zu erfassen, ward noch einmal nieder geschlagen und hastig schritt er hinweg von dem unheimlichen Orte. Bald hatte er das Gloriett erreicht. Er setzte sich ohne einen Blick in den Grund hinunter gethan zu haben, still auf die Bank, welche neben der Thür an der hölzernen Rückwand angebracht war und zog seine Uhr und Wally's Brief hervor. So saß er lange Zeit träumend und grübelnd. Die Hoffnung lebte wieder in ihm auf. Er wollte noch einmal, in einem Briefe, den Versuch wagen, des Vaters Einwil ligung zu erlangen, oder wenigstens die Aussicht auf spätere Bestimmung zu seinen Wünschen. Er wollte vorläufig nur die Erlaubntß haben, mit Wally korrespondiren zu dürfen. Dann wollte er sich eine neue Stellung suchen und in der- oft betretenen Pfade voran, durch die Föhren und durch den Laubwald dahin, zwischen den Felsen vorwärts — und jetzt trat er aus den Bäumen heraus an den mur melnden Quell und weit hinaus schaute fein Auge — und dicht vor ihm lag der nach dem Brendlinger Parke führende Weg einsam und verlaffen — — und doch nicht! doch nicht! Dort zwischen den niederen Sträuchern, ganz nahe, bewegte sich eine Gestalt. Ludwig stürzte ohne sich eine Minute zu besinnen vor wärts. „Wally! Wally!" rief er laut genug. Aber keine liebe Antwort erscholl — und jetzt stand er vor dem Wanderer, dessen Gestalt er hinter dem Busche sich hatte bewegen sehen — vor dem tollen Heinz, dem Dorfgeiger. „Guten Morgen, Herr Verwalter!" grüßte der ihn, plötzlich unheimlich erscheinende Mann mit einem verzerrten, wieder, Graf Andrassy beim Wiener Hofe damit zu ver dächtigen und mißliebig zu machen, daß man ihn als im Gefolge der deutschen Politik einherschreitend darstellte.., ...—..... —, , Aber alle diese Versuche scheiterten an der Einsicht und i beträchtliche Zunahme der Einfuhren einzelner Artikel zu Festigkeit der betreffenden Monarchen, so daß noch heute ersehen ist. Gestiegen isi besonders der Import von Kaffee, die deutsche Politik auf sicherem, festen Grunde steht. Wiel Tabak, Salz und Bier. Die Vermehrung des Zollertrüg- nach Außen hin, so ist auch im Innern das Verhältmß l niffes ans diesen Artikeln betrügt jetzt schon ca. 6 Millionen MeibergerÄMgerW und Tageblatt.