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und Tageblatt Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zu Freiberg und Brand. 1875. 82. Sonntag, den l1. April. Shens zu blätter sich y« MH- r, sowie «Ml, begeht nach Ansicht seiner Gegner einen unverzeihlichen Mißbrauch seiner Gewalt, wenn es darauf dringen will, daß ein Nachbarstaat nicht zur Enklave unablässiger Wühlereien gegen seine neue Weltstelluug sich hergebe. Das ist der Kernpunkt der Differenzen zwischen Deutschland und deutschsei,idlichen Stimmen zu einem Welt- sondern eine aus sich gestellte Republik wäre, dann hätten die Jesuiten dies Land schon lange erobert, so gut wie sie heute manche kleine und große Republik beherrschen. Wie die Wahlen zur Abgeordnetenkammer, welche im Herbste b-vorstch-n, anssallen werden, darüber sind die Ansichten der sachkundigsten Männer in Baiern gelheilt. Gewiß ist, daß die Mach! der Klerikalen im Laufe der gegenwärtigen Wahlperiode nicht abgcnommsn bat. Vielleicht wäre es besser gewesen, unter dem Eindruck, welche» der große Krieg und dis Wiederaufrichluug des deutschen Reichs hinter ließ, die Abgeordnetenkammer 187! anfzulösen und Neu wahlen auszuschreiben: diese hätten damals wahrscheinlich eine liberale Majorität geliefert. Mit einer solchen Ma- joriiät hätte die Regierung populäre Reformen durchsübren lr. c Abend- Her kauj- md bltttl 8 - 1». Tagesschau. Freiberg, den 10. April. Ohne ängstliche Gemülher beunruhigen zu wollen, müssen wir dennoch die gegenwärtige politische Situation erhalte»! lasse 152. t zu ver- Gelreide- wtr uMer j letenBer- »»cimonatl. t Nik. öo PH und ein- «Uwall. 7L Pj. H»M»«W»n be- find«! sich Rinmn- g-ß« SS^. II. Inserat« werden bi« An. wÜIag« It Uhr siir nächste Nr. ang«. noncmeu u. die «e- spalten« geile «der deren Raum mit 10 Pf berechne« Inler«,« sind siet» an die Erpeln Non, grolscher'iche Buch. Handlung, zu sende». »Er Hal in seiner Anttspci Ifroudirenden Diplomaten zu machen Gelegenheit gehabt, um ffsu wissen, daß sür gewiße Dinge schriftliche Korrektive von - teinenc Belang sind und daß es bei Weitem schwerer ist, Wellung den, AuSlande gegenüber schädlich sei; allein hier- bet darf des Umstandes nicht vergeßen werden daß Belgien ein neutraler Staat ist und unter vertragsmäßiger Garantie der europäische» Großmächte steht. Allerdings , ist diese Garantie lediglich für einen Kriegsfall gegeben, jedoch folgt hieraus andererseits, wenn auch kein Recht zur Elnmhchunq eines fremden Staates in belgische Angelsgen- H^Nn, so doch zum miudesleii di- Besugmß, die belgische Rasterung aus die unvermeidlichen UnzMräglichkeitett ans- »»asam zu machen, die nothwendig entstehe» müßen, so- tald sie selbst ruhig diesem mit dem Wejeu eines neutrale!, unvereinbaren Treibe» zusiehl Es ist gar nicht tveshalb Belgien nicht die Pflicht haben soll, derartige wie sie die betreffende Note auszählt, seinen zu verbieten um das gute Einvernehmen init Nachbarstaaten aufrecht zu erhalten. Sehr treffend die Wiener „Deutsche Zeitung": „Das deutsche Reick Mliißverständniße und unliebsame Situationen zu beseitigen, Ml« dieselben im Boraus nicht aufkommen zu laßen. Wir Rechnen ferner unter die Zahl der beachtenswerthen Er- Meinungen mehrfache, seht stattgehabte Umerredungeu des Mronprinzen mit dem Fürsten Bismarck, die um so größeres iHntereße gewinne», als die Abreise des Kronprinzen nach Mtalicn bevorsteht. Endlich zählen wi» auch das gestern Mreil« erwähnte Intermezzo mit Belgien zu diese» An- Die in Bezug auf die künftigen bairischen Wahlen gestern von uns ausgesprochene Besorgniß findet zum Theil ihre Rechtiertigung durch eine Korrespondenz der National zeitung, in der eS u. A. beißt: I» der That, wenn Baiern keinen König hätte und kein Stück vom deutschen Reiche, üchlu. Man könnte nun srellich «etuen, «ine derartig» um durch Nicht» überrascht zu werde» » ote (vergl. gestrige Nr.) invvlvire ein« Einmischung in - . - le Angelegenheiten eines anderen Staates, die unserer und dadurch di« Mehrheit der Wähler für sich gewinnen können Mit der jetzigen Abgeordnetenkammer, in welcher eine zuverlässige Maiorität nicht existirt, war so etwas nicht auSzusühren. Daß die Klerikalen den „letzte» Hauch von Roß und Mann" daran setzen werden, um in de» nächsten Wahlen die Majorität zu gewinnen — daran zweifeln, hieß« ihnen Unrecht thun. Der Kongreß ö st erreich ij-her VolkSwirthe hat vom schutzzöllnerischen Standpunkte aus die Kündigung der Handelsverträge mit Deutschland und Frankreich virlangt. ES ist traurig, daß die schutzzöllnerischen Anschauungen dort so sehr überwuchert haben Neben der praktischen Geschäst»- krisis ist also auch eine thevretisch-volkswirthschastliche Krisis im Anzüge. — Der Direktor der ungarischen StaatS- bahnen hat an die lhm untergebenen Beamten ein Cirkular erlassen, in welchem den fremden Eisenbahn-Beamten zur Erlernung der ungarischen Sprache eine Frist bis End« Juli laufenden Jahre» gesetzt wird. Nach Verlaut dicser Frist haben sie sich einer Prüfung im Ungarischen zu unter ziehen; fällt diese ungenügend aus, dann sollen die „streb samen, vaterländischen Kräfte" zur Verwendung kommen. Man darf sich also aus eine Deutichenhetz« gefaßt machen. Zum Glück erhebe» sich selbst ungarische Stimmen gegen die Maßregel. Der „Magyar Politica" nennt sie eine Gewaltthätigkeit, welche jeden anständigen und selbst bewußten Mann in Ungarn erschrecken müße. Inder Schweiz ist nunmehr die Volksabstimmung über die neue» Bundesgesetze, die Eheschließung und die politisch« Slimniberechtigung betreffend, auf de» 23. Mai anberaumt worden. Auch die französische Preße beschäftigt sich selbst verständlich lebhaft mit dec Zusammenkunft in Venedig. Di« Urthtile, die man da zg hören b-kyiumt, sind natürlich echt französisch. Am weiteste» geht die „Repnblique Franoaise", die schon die Spitze der neuen Union gegen Deutschland gekehrt sieht. Dagegen ist die gemäßigte Hal tung demerkenswerth, welche „La Preße" beobachtet. Ein Artikel dieses Blattes schließt mit den Worten: „In der einfachen Begegnung Franz Josef's und Victor Emanuelas den Keim einer Allianz gegen Deutschland zu erblicken, heißt allzu schnell seine Besorgnisse oder seine Hoffnungen sür Wirklichkeit nehmen. Wir glauben, daß die Entrevue von Venedig nichts Anderes ist, als ein Beweis der guten Beziehungen, welche gegenwärtig zwischen Italien und Oesterceich-Ungarn bestehe». Noch viel we»iger glauben wir mit gewißen monarchische» Blättern bedauern zu sollen, daß Frankreich nicht an seiner Spitze einen König hat, der es bei diesen fürstliche» Begegnungen vertreten konnte. Der Souveräne sind in unsern Mauern genug erschienen; Paris jauchzte ihnen zu, wie diesmal Venedig dem Kaiser Franz Joses zujauchzte, und in unserm Unglücke konnten wir dann sehen, wie ganz unsruchtbar alle diese königlichen Besuche sind." Knavpt iben fort :e Kennt- ofortigea d'« I «iner Besprechung unterziehe». Mancherlei Anzeichen deuten: Belgien, die von deutschseindlichen Stimmen zu einem WeU- > daraus hin, daß irgend etwas im Werden begriffen ist. t ereigniß emporgeschraubt werden möchten. Man meint naiv »Wir rechnen dahin die kürzliche Anwesenheit dreier deutscher genug, daß das neue Weltreich seine dominirend« Stellung W-otschast-r in Berlin und zwar der Vertreter Deutschlands. nicht behaupten und sich jede Demüthigung, jede Schädigung kHn London, Wien und Paris. Haben auch die Regierung»-! gefallen laßen soll ; man ist eS eben schon gar so lange blätter sich mit den dürftigste» Anzeigen über »nkunst und her gewohnt, daß Deutschland zu jedem Fußtritte geduldig Abreise der betreffenden Botschafter begnügt, so ist doch schwieg. Heute plötzlich gelangt man zu der Ansicht, der soviel bereits in die öffentliche Meinung hindurchgesickert, Koloß könne ruhig au seinen Füßen nagen laßen, ohne sich daß die römische Frage Gegenstand der Besprechung darum zu bekümmern — eine recht schmeichelhafte, aber zwischen dem Reichskanzler unr den Botschaftern gewesen! grundfalsche Meinung. Gerade ein so kürzlich erst zur sein dürste. Fürst Bismarck liebt eS bekanntlich, in einem teilenden Stellung berufene« Reich, wie das deutsche, muß regen persönlichen Verkehr mit den an auswärtigen Höfen-eifersüchtig über seine Würde wachen und jeden Versuch, akkreditirten Staatsmännern zu bleiben. Sehr natürlich, ! sie anzntästen, aus das nachdrücklichste zurückweisen, aus daß denn wer, wie er, auf die strikte Einheitlichkeit im diplv-! die Herren Nachbarn endlich einmal einsehen, mit wem sie malischen Handeln so aroßeS Gewicht legt, der muß das-es zu thun haben. Ein „neutraler" Staat aber, wie Belgien, Verlangen haben, von Zeit zu Zeil mit seinen vorzüglichsten! muß zuerst seinen Neutralitätsp f lichten nackkommen, ehe Agenten einen unmittelbaren Meinungsaustausch zu pflegen, er aus seine Neutralität« r e ch t e pochen darf." Unserer »Er Hal in seiner Auitsperiode hinreichende Erfahrungen mit Ansicht nach scheint jedoch diese ganze Angelegenheit mit I«——-- —----- ------—----- ------ t Belgien nur die Handhabe zu einer großen diplomatischen Aktion zu sein, deren Spitze gegen den Vatikan gerichtet ist. Ein anscheinend an« diplomatischen Kreisen stammender Artikel der „Kölnischen Zeitung" macht ausdrücklich ausmerkjam, daß die europäische Lage durchaus nicht so vollkommen gesichert sei, als Viele glauben. Das rheinisch« Organ hat nicht die Gewohnheit, derartigeAeuherungen ohne Grund in dlt Welt zu posaunen Dürsen wir vorläufig auch keine katholisch« Liga, gestützt auf die Armes Frankreichs, fürchten, so spukt doch ihre Idee in vielen Köpfen. Darum tst e« gut und nothwendig, aus alle Zeichen der Zeit gehörig zu achten, Feuilleton. Rosa Lichtwart. Novell« von C. Wichert. -Forts,hung.j iE« wurden die Essen aus dem Wagen de« Fürsten pcigcholt und ihm unter das Kreuz und den Kops gc- iben. Der Arzt hatte eben die Wunde sondirt, aber Kugel nickst finden können nnd traf nun Vorkchnmgcn, ch einen vorläufigen Verband die Gefahr der Vcrblu- m zu beseitigen. Der Fürst schien große Schmerzen zu vsindcu; denn er hatte die Zähne fest auf einander gc- mt und zog von Zeit zu Zeit krampfhaft die Lippen, k geöffneten Augen sagte», daß er bei Besinnung war. Freiherr von Diestclhorst trat an, Arnie seines Sekun den nahe an ihn heran und reichte ihm seine Hand t indem er sich über ihn beugte. „Wir sind Beide ver ödet", sprach er ihn an, „und haben unserer Ehren- Aht genug gethan. Ich biete Ihnen Versöhnung an, Ast Scrgeskoi!" IDcr Fürst blieb unbeweglich. Nur seine Augen roll- l »nd ein Blick tödtliche» Hasse« richtete sich ans den pner. „Noch nicht!" stöhnte er. »„Sie können nicht wissen, welche ernstliche Folgen re Verwundung hat", nahm der Freiherr nochmals das trl, und ich selbst werde sobald nicht wieder im Stande Sic an Ihren, Krankenbette aufznsuchcn. Vielleicht M» wir uns zum letzten Mal« gesehen reichen Sic Idic Hand!" IScrgcSkoi schüttcltc dcn Kops. „Ncin — wir trcffon > noch!" R.E« ist nicht meine Schickd, daß wir so schcidcn", M»c Diestclhorst sich an die anderen Herren- „Oberst MS, ,st da« Duell beendet?" - — meinetwegen diese Gcsahr! O, der Grausame, Entsetz liche !" Der Freiherr wurde zu Bett gebracht ; ein Arzt war bald zur Stelle Er erklärte das Schlüsselbein sür ge brochen, die Verletzung im Uebrigsn aber für nicht gefähr lich, wenn schon die Heilung nur langsam vorschreiten könne. Da« Ausziehen der Kugel war eine sehr schmerz liche Operation »nd die Beseitigung der Knochensplitter erschwerte sie noch erheblich.- Der starke Mann ertrug sie standhaft und ohne zu klagen. Rosa kniete neben seinem Bette, hielt seine Hand und küßte sic, wenn der Arzt wieder da« Instrument an die Schulter setzte, als ob sie so den erwarteten Schmerz lindern könnte. Er bat sie wiederholt, sich die Ausregung dieser Leidensstunde zu ersparen, aber sie war nicht zu bewegen, ihn zu verlassen. „Daß ich Ihren schmerz aus mich nehmen könnte!" sagte sie mit innigster Betonung. „Ach! wie wollte ich dem Himmel danken, wem^ ich's könnte. Aber er nimmt keine Stellvertretung an. Soll ich nun nicht einmal mit leiden dürft», da Sie doch allein meinetwegen leiden? Und glauben Sie nur, es thut auch mir wehe, rätst wehe, wenn die Sonde die Wunde durchsucht — nur daß e« mir ein Stich ins Herz ist. O! laße» Sie mich bleiben!" - Tag- vergingen und Wochen. Der Kranke hatte ein heftiges Wnndsiebcr durchzumachen, und als dasselbe über standen war, verlangte doch die Heilung des Knochelchruches, der die Wunde nicht schnell zu schließen gestattete, gebieterisch, daß er noch längere Zeit sein Lager hütete. Diese unfrei willige M»ße hätte ihn untcr anderen Verhältnissen aus'« Lästigst- gepeinigt; jetzt gab sie ihm die gewünschte Gelegen heit, mit Rosa in de» engsten Verkehr zu trete,> Für sie - verstand es sich yon selbst, daß sie da« Amt der Kranken pflegerin im weitesten Umfange zu übernehmen habe, und sie unterzog sich allen Mühen nnd Beschwerlichkeiten desselben „Es ist bccndct" „So cnlschnldigcn Sie mich, wenn ich nicht länger hicr verweile; ich habe auch Pflichte,, gegen mich. Leben Sic wohl!" Er schob sei» Taschen»,ch untcr den Rock nnd knöpfte denselben sest darüber zu. Dn,„, ging er »ach seinem Wagen, der so nahe herangcbrachl war, als da» Gchölz cs erlaubte, ließ da« Vcrdcck ansschlagcn und sticg cin. Dem Kutscher wurde tiefste« Schweigen über den Vorfall «„besohlen. Rosa Halle mit sich steigernder Unaednld die Rückkehr der Equipage crwarlct. Zuletzt war sie fast von Minute zu Minute nn's Fenster getreten und hatte die Straßc entlang geschaut. Wie schlug ihr das Herz, als sic end lich den Wagen — aber jetzt verdeckt — im schärfste» Trabe hcranrolle» sah! Und als nun der Fremde zuerst anssticg nnd den Freiherr», der so auffallend bleich war und zu schwanken schien, mit Vorsicht stützte und langsam znr Thür leitete, da ließ ihre Beängstigung sie nicht länger oben weilen. Sic eilte durchs die Zimmer, stürzte dir Treppe hinab nnd dcn beiden Herren ciitgcgcn. „Un, GottcSwillcn, was ist geschehen?" ries sic schon von Wcitcm. Nvrbcrt sah ans, bezwang seine,, Schmerz und nickte ihr lächelnd zn. „Ich lcbe", sagte er bernhigcnd und faßte ihre beide» Hände. „Aber Sie blicken -" deinen ihre Lippen. „Gütiger Himmel! was haben Sie gethan?" „Der Vorschnng anhcimgcstcllt, wa« sic über ans bc- stimmc", antwortete er ernst. „Daß ich lebe, soll mir cin Zcichc» sci», daß ich glücklich sein darj." ,-,Scrgeskoi zitterte Rofa. „Er wird Ihren Friede» jo bald nicht wieder stören - vielleicht nie mehr." . ..- Sic stützte sich aus das Treppengeländer und drückte schaud«iMv die Halid aus die Angen. „Und meinetwegen