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MMiM Anzeiger und Tageblatt. Amtsblatt der «gl. BezirkSgerichtt zu Freiberg, sowie der «gl. Serichtsämter u. der Stadträthe zu Freiberg u. Braud. 61. Erscheda l. Jatber« j«». Vach«».«». «ll. für dm an», la,. Ins« «er»« tt» v. 11 U für nächste Nr. «ngm. Dienstag, 16. März. «er»« Ut gesp« Irene g«U« d««» N«um «tt ist Pfg. berechne«. 1875. —-W»!MS>SzW» * Kretberg, den 15. Mär, 1875 Saisrr Wilhelm hat sich in voriger Woche »inen erneuet»» Er- kültungSrück'all zugezogen; doch sind »rnstltch« Gefahren für seinen EesvndheitSzustand daraus nicht entstanden. Den Fürsten Bismarck scheint dir vor Neuem verschärfte kirchenpolitische Kampf übrr da» Erfühl seiner Nervenschmerzen mehr al» gewöhnlich hinausgehoben zu haben. Die staatStreue» Katholiken beginnen, sich in Protest- Adressen gegen di» Evcyclika zu erklären Graf Frankenberg hat «inen Aufruf in diesem Sinne erlassen. Di» Bischvf», sagt »r, haben noch soeben erst feirrltch dir Behauptung ausgesprochen, daß in der katholischen Kirche keineswegs der Befehl des Oberen un bedingt von der eigenen Verantwortlichkeit entbinde Daraus folg» ab»r, däß di« deutschen Katholiken es unter ihr» eigenen Verant Wörtlichkeit thäten, wenn sie dem Papste auch in politischen Dlnaen gehorchten und dem Kaiser den Gehorsam verweigerten. Bor anderthalb Jahren, meint Graf Frankenberg, war die Zett noch nicht reif für eine thatkrästtg« Vereinigung der gemäßigten Ele ment«, jetzt ab» hab« di« Stund« d«r Entscheidung g«schlag«n. — S«hr brm«rkrnSw«rth ist in d«m Aufruf auch di« bestimmt« Be- hauptung, daß d«r Papst allrrding» noch in jüngster Zeit die Hand zu Verhandlungen mit d,m Staat« auSg«streckt hab», daß ab»r di« ultramontant Partei unwr Führ»«« d«S D»tz«u Preußen erbitterften Bischof» (Kettäer) dies« Hand zurückgestoßen und den Papst zu feuer herau»fordtrnden Kundgebung verführt habe. Da» preußische Abgeordnetenhau» wird sich erst in dieser Woche mit dem Gesetz über Einstellung von Leistungen an di« vtschüfe und Geistlichen au» Staatsmitteln beschäftigen, hat aber den Petri'schen Entwurf, betreffend die Rechte der allkatholischen Kirchengemetnden an dem kirchlichen Vermögen, mit großer Majorität gutgehetßen und zur w«it«r«n Behandlung an eine Kommission verwiese». In Bayern brachte vorige Woche d«r Adg. Sepp in der Kammer «ine Angelegenheit zur Sprache, die auch über di« Grenzen diese» Landes hinaus Beachtung verdient. Er sei, sagte er, »ine Aufregung unter dem Landvolke in Ober Bayern, wo die jünger« G«neration darüb«r klagt, daß regelmäßig, wenn di« Eltern das Gut abtr«ten, dasselbe über Gebühr hoch eingeschätzt wird; daß der neue Besitzer, der nun noch die Geschwister zu entschädigen hat, in gedrückten Verhältnissen lebt, und daß die Alten gegen Abpfründung ihrer Person einer „frommen Anstalt" meisten» da» Geld zuwenden, während Niemand auch nur weiß, ob die Stiftungen erhalten bleiben. „Da» KultuSvermögen kür Ober-Bayern", fuhr Sepp fort, „beträgt 21 Millionen, und der jüngste Jahresnachweis zeigt einen jährlichen Zuwachs von bereit» '/« Million durch immer neue Fundattonen. Seit 1831 haben dies« Zuflüsse von jährlich 18,000 Fl. auf 2,111,219 Fl., also um 1064 Prozent sich gesteigert. Da» Verhältniß der Stiftungen zu einander stellte sich vor 40 Jahren auf 93'/. Prozent für Kultus- oder Meßdtenste, 2'/, für Schulen, '/z für öffentliche Wohlthätigkeit Nur in Städten entfällt mehr sür letztere. Ein solcher Zustand findet sich in der ganzen Christenheit nicht wieder l Die überwiegenden Stiftungen kommen einer Ungeheuern Steuer gleich. Da» Familien- und Ge- metndevermözen ist halb verzehrt, tndeß die Ausbesserung der Schulen, Versorgung der Armen, Mittwen und Waisen, überhaupt die Auslagen bald unerschwinglich erscheinen Nach römischem Grundsätze, verlautbart seit Papst Jnnocenz 1V., 1243 bis 1254, wie er auch in der Denkschrift des vom 1. bis 20. October 1650 »u Freising versammelten bayerischen EpiScopateS Ausdruck findet, ist „die «inztlne Kirchengemetnde nicht Etgen- thümertn de« KirchenvermögenS". Dasselbe kann außer Landes g«h«n und besteht «in schwunghaft»! Meßhandel Ich w»iß nicht, ob di« hohe StaatSrtgierung davon K«nntniß hat, wie schon nach d«r Erklärung drS Konzil» von Trient, worauf sich Papst B«n»dikt XIV. beruft, „die Zahl der auf ewig« Zette» g»stiftet»n Messen eine so ungeheure ist, daß «» längst unmöglich g«worden, fi« zu celebriren, ferner: daß die Verminderung dt,ser Last durch Ein ziehung einer Unzahl ein Reservatrecht de» apostolisch»» Stuhl» bildet. Durch päpstliche» Dekret vom 2. December 1850 wird di« „Urberlast" dieser Stiftungen gegeben«» Fall«» so w«it vom S««l' sorge-Kleru» abgewälzt, daß in Zukunft für d«n Bezug von j« 100 Fl. Rente (au» in« ReligionSsond») »nr 10, für je 10 K. nur eine Mess« zu periolviren ist. Da nun zu einer Rente von 100 Fl. da« 4prozentige Bermächtniß von 2500 Fl. erforderlich, so wären von dteser Summe 2250 Fl^ rein in di« Isar oder Tiber geworfen und der Stifter erlangt von seiner Intention nicht mehr, al» was er oder seine Erbe» jährlich für 6 Gulden haben können, nämlich 10 Messen. Notorisch bilden bet jeder PfarrerS-Ber- laffenschaft die rückständigen Messen Verlegenheiten, auch pflegen bei Ableben de» Stifters oder seiner Familie die Stiftungen regel mäßig einzuschlafen". Eine» besseren Beweis vom guten Magen der Kirche kann es kaum wohl geben. Da- Vermögen des Land volk»-, welches sie in Ober-Bayern schluckt, spricht allein für de» Appetit und die Verdauung. In Yak«,reich geht am 20. d. M die ReichSrathisesfiou zu End«. Der nächste Monat gehört den Landtagen, deren Ein berufung auf den 6. April festgesetzt ist. Di« Nachwirkungen der Ofenhrtm'schen Freisprechung find in Presse und Publikum noch immer sehr fühlbar; im Abgeordnetenhause wie im Lande hat «in« Kundgebung der Deputtrts», der Stadtvertretungen und Handels kammern zu Gunsten des Handel-ministerS BanhanS begonnen. In Italien erregt ein« Mitthetlunz der ,Opinton»- groß«» Aufsrhn Darnach soll Fürst Bismarck von der italienischen Re gierung »in» Modifikation de» Garanti«gesetze» im Sinn« «iner Beschränkung d»r päpstlichen Freiheit verlangt haben Zugleich aber wird anderersettS htnzugeftigt, daß man wohl alle» Grund habe, an der Echtheit dieser Mitthetlung zu zweifeln. Wt« e» heißt, wird der Papst abermals »inen Beweis von der großen Freiheit liefern, deren er sich in Rom erfreut. PtuS gedenkt näm lich Anfang dieser Woche sechs Kardinäle zu ernennen, darunter die Erzbischöfe Manning und DechampS; desgleichen sollen ver schiedene Bischöfe und Erzbischöfe präconifirt werden. Frankreich hat nun endlich nach langem Suchen sein neues Kabtnet gefunden. Herr Buffet, bisher Präsident der Rational- Versammlung, steht an der Spitze desselben, vorigen Sonnabend entwickelte er das Programm des Ministeriums. In demselben wird vorangestellt, daß das Ministerium eine sehr konservative, jedweden Zeichens übermüthiger Herausforderung wie ohnmächtiger Schwäche gltich s«hr tntbthrrnd» Politik befolgen werde. Ein« solche Erklärung sei nothwendtg, um all« Unentschlossenheit und alle Beunruhigung der öffentlichen Meinung zu beseitigen. Die bieder-ehrliche, friedliebende und arbeitsame Bevölkerung, die der Ordnung anhäng«, könne überzeugt sein, daß die Regierung sie gegen all« Anftchtungrn und subv«rstv«n Lridtnschasten in Schutz nehmen werde. Da- Programm gedrnkt mit Anrrkennung d«r Verwaltung, welch» «nt-r schwierig«» Umständen die Ordnung auf recht zu erhalten verstanden habe; »- wird hinzugefügt, dieselbe könne sich der fortgesetzten Unterstützung de- neuen Ministerium- verfichert halten. Sovann werden di« Republikaner aufgefordert, durch ihr« Billigung «tn«r Politik, die allein im Stande sei, da- Land wieder zu befestigen, den Beweis zu liefern, daß der gM»n- wärtig« Zustand der Dinge nicht unverträglich sei mit der öffent lichen Sicherheit. All« Ditjtnigtn, dir vielleicht «in« von der nunmehrigen Verfassung abweichend« Lösung der konstitutionell«»