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Merger Anzeiger und Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der Stadträthe zu Freiberg u. Brand. 241 Erscheint i. Freiberg jed. Wochen«. Ab. 6U. für den an». Tag. Jnser. werden bi» V. 11 U. für nächste Nr. angm. Mittwoch, 16. Octover. Prei» vierteljthrl. 2Ü Ngr. Inserate «erden die gespqliene, Zeile oder beim Raum mit 1 Ngr. berechnet. 1872. Tagesgeschichte. Berti«, 14. October. Nach dem heutigen Bulletin zeigt sich eine Zunahme der Bedenklichkeit im Kranheitszustande des Prinzen Albrecht durch Steigerung aller Erscheinungen. Die Lebenskraft ist sehr geschwächt. — Dem Bundesrath ist der Entwurf eines Gesetzes vorgelegt worden, betreffend die Einführung des Reichsgesetzes über die Ver bindlichkeit zum Schadenersatz für die bei dem Betriebe von Eisen bahnen, Bergwerken rc. herbeigeführten Tödtungen und Körperver letzungen in Elsaß-Lothringen. — Zu den Vorlagen, welche aus dem Justizministerium dem Landtage zugehen sollen, wird eine neue Vormundschafts-Ordnung gehören. Durch den Entwurf beabsichtigt man in ähnlicher Weise eine Vereinfachung des Vormundschaftswesens, wie man dies für den Hypothekenverkehr durch die Grundbuchämter angestrebt hat. Es soll zunächst auf dem'Gebiete des Vormundschaftswesens das kollegiale Verfahren aufgehoben und die gerichtliche Vormundschaft einzelnen Richtern selbstständig überlasten werden, ferner soll die Deposital-Verwaltung in Fortfall kommen, dem Vormunde auch die Vermögensverwaltung der Mündel anheimfallen und der Staat durch den Richter nur eine Controle darüber üben. Bei größeren und complicirteren Vermögensobjecten soll ein Gegenvormund ge wählt und den Wünschen und Anträgen der Familie die größt mögliche Berücksichtigung zu Theil werden. So viel über die all gemeinen Züge des Entwurfs, besten Einzelheiten erst durch die Berathung im Ministerium festgestellt werden sollen. Die übrigen Entwürfe des Justizministees werden meist die Rechtsverhältnisse einzelner Provinzen betreffen. Auch die Angabe über einen zu erwartenden Entwurf, betreffend die Feststellung einer allgemeinen Eidesformel, bedarf der Bestätigung. Nach unseren Nachrichten wäre diese Angelegenheit erst durch die Civilproceßordnung end- giltig zu lösen, also einer späteren Zeit Vorbehalten. — Der geh. Oberregierungsrath Wagener ist nach dem „B. Tgbl." für die Stelle des wirkt, geh. Oberregierungsraths Wehrmann als Cabinetsrath des Kaisers designirt. — Ueber die Besetzung der durch den Tod des Grafen Stolberg erledigten Stelle eines Ober präsidenten von Schlesien verlautet, daß ein Mitglied der hohen Aristokratie der Provinz zum Nachfolger ausersehen sei. — Infolge der günstigen Finanzverhältniste kann die Regierung in dem nächsten preußischen Staatshaushaltsetat Petitionen berücksichtigen, welche bis dahin vertagt werden mußten. Hierher gehört u. A. der Wieder aufbau des alten Kaiserhauses zu Goslar in seiner früheren Herr lichkeit. Eine bezügliche Petition an den Reichstag war, wie erinner lich sein wird, mit einem Hinweise auf die zu erhoffende Unter stützung der preußischen Regierung beantwortet worden. Die Mittel zur Ausführung des Erneuerungsbaues sind bereits angewiesen. — Es steht nun fest, daß zu dem Ehejubiläum des sächsischen Königspaares sowohl der Kaiser und die Kaiserin als auch der Kronprinz sich nach Dresden begeben werden. (Diese Meldung stimmt überein mit uns aus Dresden zugegangenen Nachrichten, nach welchen auch sämmtliche Fürsten der Sachsen-Ernestinischen Linie zu den bevorstehenden Hoffestlichkeiten daselbst erwartet werden; eigentliche Einladungen seien übrigens weder an diese noch an andere deutsche Fürsten ergangen.) — Die „Kreuzztg." erfährt, daß die Conferenzen mit Oester reich betreffs der internationalen Frage in Kurzem, wahrscheinlich im Laufe des October, hier eröffnet werden. Die „Nordd. Allg. Ztg." dementirt die Zeitungsnachricht , daß Fürst Bismarck wegen angegriffener Gesundheit seinen Urlaub noch über ein Vierteljahr verlängern ließ. Die Zeitung fügt hinzu, Fürst Bismarck nahm einen unbestimmten Urlaub zur Wiederherstellung seiner Gesundheit, wann dieser Zweck erreicht wird, ist zur Zeit noch unbekannt, jeden falls wird so lange seine Abwesenheit von den Aerzten nicht wahr scheinlich betrachtet. Pose«, 11. October. Die Schulschwestern in Fraustadt, die sich schon seit 12 Jahren mit dem Jugendunlerricht beschäftigen, haben, dem „Dz. pozn." zufolge, von der königlichen Regierung den Befehl erhalten, die Stadt bis zum 1. Januar k. I. zu verlaffen. Dieser Befehl soll durch die Verwandtschaft der Congregatton der Gchulschwestern mit dem Jesuitenorden motivirt sein. Ostrowo, 12. Octbr. In der hiesigen Synagoge hat gestern Abend während des Versöhnungsgottesdienstes ein erschütternde- Ereigniß stattgefunden. In der Mitte des Gottesdienstes erklangen plötzlich Feuerrufe und das Gedränge in der Synagoge, namentlich im Frauenchor, wurde so groß, daß mehrere Frauen erdrückt wur den und andere schwere Beschädigungen erlitten haben. Nach einer Depesche der „Posener Zeitung" sind acht Frauen umS Leben ge kommen. Feuer war nicht ausgebrochen. Gumbinnen, 12. October. In dem unweit der Grenze de- Kreises Lyck gelegenen Orte Polnisch-Grajewo sind mehrere Eholera- fälle vorgekommen. Paderborn. Einer Privatmittheilung aus Paderborn ent nimmt die „Montag-Ztg." folgendes anmuthige Jesuiten-Histörchen. In P. besitzen die Gesellschafter Jesu — außer verschiedenen an deren Kleinigkeiten — an liegenden Gründen eine gegenwärtig noch im Bau begriffene Kirche, beiläufig der Anlage nach eine der prachtvollsten in Paderborn, und einen unter dem Namen „West fälischer Hof" bekannten Gebäude-Complex, welcher in seinen Mauern u. A. auch die Jesuitenschule beherbergt und der allein einen Werth von 50,000 Thalern repräsentirt. Kirchen-Torso und Westfälischer Hof nun sind zusammen für 850 Thlr. durch notariellen Kauf- Contract an einen in der Nähe von Paderborn ansässigen Herm von Ketteler (Bruder des bekannten Erzbischofs von Mainz) über gegangen — gewiß in unserer Zeit der Boden- und Häuser-Hauffe ein recht christlicher Preis. Jener Contract aber enthält noch ein ganz prächtiges kleines Klauselchen, laut.welchem sich Herr v. Kette ler verpflichtet, vier in dem Schriftstück namhaft gemachten Jesuiten bis an ihr seliges Ende auf seinen Gütern freie Kost und LogiS zu gewähren — natürlich unter dem unschuldigen Titel von Haus lehrern, Jnspectoren oder dergl. Der Zweck derartiger Maßregeln liegt wohl klar genug auf der Hand; es wird durch dieselben die Möglichkeit angebahnt, trotz der Austreibung jener schwarzen Herren, sich hier und da und dort einen kleinen Stamm zu erhalten, der im Stillen rüstig weiter arbeitet am großen Werke und gleich hübsch bei der Hand ist im Moment einer etwaigen Drehung des Windes. Darmstadt, 14. October. In der heutigen Sitzung der Ab geordnetenkammer verliest der Ministerpräsident die vom Groß- Herzog ausdrücklich gutgeheißenen Grundsätze für die Landesver waltung. Ueber die Stellung zum Reiche sagt die Erklärung: Die großen, Deutschlands Machtstellung wtederherstellenden KnegSer-- eigniffe hätten den durch die Mainlinie gespalten gewesenen Zu stand beseitigt, der absolut unaufhaltbar gewesen. Die hessische Regierung weiß, daß sie zugleich die Interessen des großherzvgsichen Hauses und des Landes am Besten wahrnimmt, wenn sie ihre Pflichten gegen däs Reich mit voller freudiger Hingebung an vir großen nationalen Aufgaben erfüllt. Nürnberg, 13. October. Die Cvnserenz her Justizminister von Württemberg und Bayern, v. Mittnacht und vr. v. JMle,