Volltext Seite (XML)
stätigt, daß die Anordnungen zur Durchführung des Jesuitenge setzes in Nahem demnächst veröffentlicht werden und zum sofortigen Vollzüge gelangen. In den letzten Tagen war der Regierungs präsident der Oberpfalz, v. Pracher, in der Angelegenheit des Voll zugs des Jesuitengesetzes bemfen, hier anwesend. Pesth, 7. September. Lebhafte Bewegung herrscht auf Grund der Nachricht, daß eine Einigung zwischen der Deak-Partei und der Linken bevorstehe. Ghyza, der Führer der letzteren, erklärte in der Fraction, er wolle sich der Deak-Partei anschließen, wenn die letz tere in ihr Programm die Errichtung einer selbstständigen ungari schen National-Ärmee, selbstständiges Bankwesen und entschieden li berales Vorgehen in allen Reformfragen aufnehme. Diese Punkte (so wird der „Deutschen Ztg." unterm 6. d. M. gemeldet) nahmen sofort 16 der bedeutendsten Mitglieder der Linken an, und Baron Simonyi und Emerich Huszar gingen zu Deal, um mit ihm hierüber zu conferiren. — Ein Telegramm vom 8. September lautet: In der gestem Abend stattgehabten Conferenz der Linken wurde die Beschlußfassung über die Anträge Ghyzy's bezüglich einer Annä herung an die Deak-Partei vertagt; von maßgebender Sette wird das Zustandekommen einer Fusion beider Parteien bezweifelt. Paris, 7. September. Die „Republique Francaise", Gam- betta's Organ, richtet heute einen langen Artikel an Thiers, um denselben aufzufordem, die der Republik feindlichen Elemente aus der Armee, der Verwaltung und der Diplomatie anszumerzen. Thiers scheint aber hierzu keine Lust zu haben und dürfte dieser halb über kurz oder lang schlimme Erfahrungen machen. — Die hiesigen Blätter sind mit Berichten über die Zusammenkunft in Berlin angefüllt; selbstverständlich giebt sich in allen betreffenden Korrespondenzen ein ziemlich gereizter Ton kund. So behauptet „Avenir National", in Berlin seien alle zusammengekommen, die Frankreich „bestohlen" hatten, und die offiziöse „Opinion Nationale" sucht ihren Lesern weis zu machen, Gontaut Biron habe große Hoffnung, Frankreich die Sympathie der Kaiser von Oesterreich und Rußland zu erwerben, und diese beiden Monarchen hätten Preußen bereits zu wißen gethan, daß es jetzt groß genug sei und seine Grenzen nicht mehr erweitern dürfe. Haag, 6. September. Die heute Abend stattgehabte Sitzung des Kongresses der „Internationalen" trug einen sehr stürmischen Charakter. Die Discussion über die Befugnisse des Generalraths wurde nicht fortgesetzt, nachdem in der vorangegangenen geheimen Sitzung bereits zwei Artikel der betreffenden Vorlage votirt waren. Die beiden in Rede stehenden Artikel waren: „Art. 2. Der Gene- ralrath ist gehalten, die Resolutionen des Kongresses zur Ausfüh rung zu bringen und darüber zu wachen, daß in allen Ländern die Principien der Statuten zur Anwendung gelangen. — Art. 6. Der Generalrath ist ermächtigt, Zweigvereine, Sectionen und sonstige Vereinigungen bis zum nächsten Kongreß zu suspendiren" — Die Discussion in der öffentlichen Sitzung drehte sich um den Antrag: „Es ist nothwendig, daß sich das Proletariat gegenüber der Bour geoisie als politische klaffe constituire, und zwar ist diese politische Constituirung des Proletariats zum Siege der socialen Umwälzung, deren Zweck die Abschaffung des Klassenunterschiedes ist, nothwen dig." Vaillant, Hepner, Guillaume und Longuet betheiligten sich in ausführlichen Reden an der Discussion. Dieselbe verlief ohne Resultat, da die Sitzung allmählig einen so tumultuarischen Cha rakter annahm, daß eine Fortsetzung der Debatte unmöglich wurde. — 7. September. Hente schon fand die letzte Sitzung der „Internationale" statt, die Abends 9 Uhr geschloffen wurde. Es bestätigt sich, daß der Sitz des Generalraths von London nach New- Dork verlegt ist. Karl Marx hat die Meinung ausgesprochen, nicht wieder zum Mitglied des Generalraths ernannt zu werden. Der nächste Kongreß soll in der Schweiz abgehalten werden. — Mor gen soll noch eine Volksversammlung in Amsterdam stattfinden. Amsterdam, 8. September. Die von der Amsterdamer Sec- tion hierher eingeladenen Delegirten der Internationalen hielten um 1 Uhr Mittags ein Meeting ab. Das Publikum zeigte nur wenig Interesse. Etwa 150 Personen waren erschienen. George (New-Jork), Marx, Longuet, Dupont, Lafargue, Duval, Becker und einige andere Mitglieder der Internationalen sprachen über den Zweck der Organisation der Internationalen. Der Schluß des Meetings erfolgte gegen '/^4 Uhr. Gens, 6. September. Den „Hamb. Nachr." und der „Schief. Ztg." wird übereinstimmend gemeldet: Die Alabama-Angelegenheit ist im Wesentlichen geregelt, vorbehältlich einiger Formalitäten. Amerika erhält etwas über 3 Millionen Pfund Sterling oder 17^ Millionen Dollars. Madrid, 8. September. Soweit das Ergebniß der Senator- Iwahlen vorltegt, gehören von den Gewählten 144 der radicalen Partei, 38 verschiedenen anderen Parteien an. Ans 4 Provinzen, von den canarischen Inseln und von Portorico ist das Wahlresul tat noch nicht bekannt. In Huesca und Cadix ist die Wahl ver tagt worden. Unmittelbar nach dem Zusammentreten der Cockes soll, wie verlautet, denselben eine bestimmte Vorlage wegen einer neuen großen Anleihe gemacht werden. London, 7. September. „Saturday Rewiew" führt in einem Leitartikel über die Begnung der drei Kaiser in Berlin den Ge danken aus, daß das Ausland in der deutschen, die ganze Natton umfassenden Armee nur eine besondere Garantie für Erhaltung des Friedens zu erblicken habe. Deutschland habe seine aus dem Feldzuge heimkehrenden Truppen nicht als Krieger und Helden ge feiert, sondern als rückkehrende Familienglieder willkommen geheißen; Deutschland habe erst kürzlich durch die schlichte, anspruchslose Be gehung des Jahrestages von Sedan abermals kundgethan, daß es frei sei von dem Rausche, zu welchem sonst kriegerische Erfolge und militärischer Ruhm verleiten. Die Kaiser-Zusammenkunft sei als eine öffentliche Manifestation für Erhaltung des Friedens zu be zeichnen. London, 8. September. Die „Times" läßt sich aus Paris über die Basis der Unterhandlungen mit Frankreich wegen eines neuen Handelsvertrages mittheilen, daß der Abschluß eines Han delsvertrages auf unbestimmte Zeit beabsichtigt werde, und daß, falls der eine oder der andere der Kontrahenten den Tarif für einen Artikel zu modificiren wünsche, diese Modificirung nicht eine Kündigung des Vertrags oder eine Modificirung anderer Artikel in sich schließen solle. Frankreich hatte durch seine Unterhandln ausdrücklich erklären laßen, daß die von französischer Seite vorge- schlagenen Abänderungen keinerlei schutzzöllnerische Tendenzen hätte» und daß eine weitere Modificirung der von der Nationalversamm lung für gewisse Rohprodncte votirten Zollsätze nicht beabsichtigt werde. Zugleich wurden französischerseits Kompensationszölle in genau festgestellten Proportionen zwischen Robproducten und Fabri katen in Vorschlag gebracht, wie 2 Procent für Baumwollfabrikate, 2z Procent für Seidenfabrikate 2^ und 3 Procent für Wvll- fabrikate. Konstantinopel, 7. September. Ein Telegramm der „N. fr. Pr." meldet: Vor einem außerordentlichen Regierungsrathe standen heute der Ex-Großvezir Mahmud Pascha und die Mit glieder des früheren Cabinets, uni ihr Regime zu rechtfertigen. Es geht das Gerücht, Mahmud Pascha sei zur Verbannung und zur Confiscation seines Vermögens verurtheilt Zur Drei-Kaiser-Zusammenkunft. Berlin, 7 September. Ueber die große Parade des Garde- corps auf dem Tempelhofer Felde berichten Berliner Blätter Fol gendes: Es war eins der großartigsten militärischen Schauspiele, welche Berlin seit lange gesehen hat. Es standen 25,000 Mann der auserlesensten Truppen der preußischen Armee in Front, die ganze preußische Garde. Schon vor 8 Uhr begann der Ausmarsch der Truppen im Paradeanzuge mit Feldgepäck nach dem Platze der Paradeaufstellung. Zugleich entwickelte sich ein riesiger Wagenpack von Privat-Equipagen und Geschäftsfuhrwerk jeder Art, und ein Mensckenstrom nach dem Halle'schen Thore und der Tempelhofer Chaussee, wie wir ihn noch bei keiner ähnlichen Gelegenheit gesehen haben. Die breite Belle-Alliancestraße mit ihren hohen, durch gängig mit Fahnen decorirten Gebäuden, in denen jedes Fenster mit fröhlich erregten Zuschauern besetzt war, gewährte einen überaus stattlichen.Anblick. Schon die Friedrichstraße entlang, die Belle- Alliancestraße, an der Höhe der Tivoli- und Hopf'schen Brauerei lagerten Menschenmaffen. Die rechte Seite der Chaussee war bis zur Quer-Allee nach dem Ende der Parade-Aufstellung links, dicht in drei- und vierfachen Reihen von Privatfuhrwerk und Zuschauer reihen eingenommen. Viele Hunderte von fliegenden Restauratto- nen waren etablirt. Ueberall Fahnen, die Aufschrift: Drei-Kaiser- Bier! — der Ruf: „Frisches Seidel auf Eis!" Dazu in den Equipagen splendide Dejeuners, an denen oft die vorbeirückenden Truppen Theil nahmen. Für die Equipagen waren vom königlichen Polizei-Präsidium mit großer Liberalität Passage-Karten ausgege- ben und diesen Wagen wurde am Schluß der Truppen-Aufstellung (südliches Ende) Stellung angewiesen. Die „K. Z." constatirt hier bei mit großer Befriedigung, daß noch nie in Berlin bei solcher Gelegenheit eine solche urbane und gefällige Handhabung der po lizeilichen Aufsicht erlebt worden sei, wie gerade an dem heutigen Festtage. Mit der größten Liberalität wurde alles Fuhrwerk, das ganze Publikum zugelassen, und die Tempelhofer Chaussee war in Wahrheit das Bild eines gemüthlichen Feldlagers. Auch lobnte sich dies in der besten Weise; denn überall erkannte das Publikum dies an und auf der ganzen langen Tour sei nicht eine Probe der sonst gerade in Berlin so regen Scandallust bemerkt worden, Alles war heiter und voll der besten patriotischen Stimmung.