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reMM AiWM und Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der Stadträthe zu Freiberg u. Brand. Mittwoch, 11. September 1872 Preis vierteljLhrl. 2V Ngr. Inserate «erd«, die gespaltene Zeile »der deren Raum mit I Ngr. berechnet. - - , » ! Ericheint i.Freiberg jcd.Wochent.Ab. >^11 k u. für dm and. Tag. Jnscr. werden r/I- n » bi« V. ll u. für nächste Nr. angen. Tagesgeschichte. Berlin, 8. Sept. Kaiser Wilhelm hat an den Reichskanzler folgenden Erlaß gerichtet: „Aus Anlaß des Jahrestages von Sedan und bei Gelegenheit der Festlichkeiten zur Erinnerung an das welt geschichtlich bedeutsame Ereigniß jenes 2. September sind Mir, gleichwie am Jahrestage von Gravelotte, von Festversammlungen, Corporationen, Vereinen, Schulen und einzelnen Patrioten zahl reiche Telegramme und Schriftstücke beglückwünschenden Inhalts zugesandt worden. Hocherfreut über so viele Beweise von Auf merksamkeit und Anhänglichkeit, veranlasse Ich Sie, allen Den jenigen, welche Mir diese aus treuen deutschen Herzen kommenden Zurufe gewidmet haben, durch Veröffentlichung des gegenwärtigen Erlasses Meinen innigsten Dank kund zu geben." — Eine Anzahl hochgeachteter Männer ladet zu einer Con- serenz über die sociale Frage ein, welche am 6. und 7. October in Eisenach abgehalten werden soll. Die Einladung lautet: „Durch drungen von der Ueberzeugung, daß die Zukunft des deutschen Reiches wie die Zukunft unserer Cultur überhaupt, wesentlich da von beeinflußt sein wird, wie unsere socialen Zustände in aller nächster Zeit sich gestalten, durchdrungen von der Ueberzeugung, - daß diese Gestaltung wiederum ganz wesentlich davon abhängen wird, wie die Gebildeten und Besitzenden, wie die öffentliche Mei nung, die Presse und die Regierungen sich zu der socialen Frage stellen, haben die Unterzeichneten, Männer aller politischen Parteien, von denen sie annehmen zu können glaubten, daß sie Interesse und sittliches Pathos für die Frage haben und daß sie das absolute liNMr snire 6t laioser in der socialen Frage nicht für das Richtige halten, zu der Besprechung aufgefordert. Sie geben jedem der Ein geladenen anheim, noch ein oder zwei gleichgesinnte Männer aus dem Kreise seiner Bekannten und Gesinnungsgenoffen zu der Besprechung aufzufordern Was die Unterzeichneten bei der Besprechung erhoffen, ist eine Annäherung auseinandergehender Meinungen, eine Verständigung wenigstens in den brennendsten Punkten der socialen Frage. Und da sie glaubten, dieses Ziel um so eher zu erreichen, je concreter die Fragen behandelt würden, so haben sie in Aussicht genommen, daß die Besprechung sich zunächst auf fol ende Punkte concentriren solle, welche die nachstehenden Herren kurz einzuleitenübernommenhaben: 1) Arbeitseinstellungen und Gewerkvereine: Prof. >>r. G. Schmöller. 2) Die deutsche Fabrikgesetzgebung, in ihrer Ausführung und Weiterbildung: Prof. Or. L. Brentano. 3) Die Wohnungsfrage: Geh. Ober-Regierungs- rath »r. E. Enget." — Die Wiener „Neue fr. Pr." schreibt: Gute Berliner Privat nachrichten gestatten uns die Annahme, daß nach vorgängiger Uebereinkunft zwischen den leitenden Staatsmännern Oesterreichs, Rußlands und Deutschlands während der Tage der Kaiser-Begeg nung ein Programm positiver Politik nicht zur Behandlung ge langen wird. Ueber eine gegenseitige Pulsfühlung und die Fest stellung der Thatsache, daß für die nächste Zeit die Interessen der drei Großmächte nicht wesentlich collidiren, dürfte man schwerlich hinausgehen wollen; aber auch diese Constatirung genügt, um die v. Daxenberger, und mit Staatsminister v. Lutz längere Zelt cvn- ferirt. Derselbe dürfte nicht vor Mitte October auf seinen Grsandt- schaftsposten in Rom zurückkehren. — Der „Bayer. Cour." ver- . ,n- sichert wiederholt, daß Herr v. Lutz dermalen daran sei, die Aus- den soll. Diese Frage betrifft die Lage der arbeitenden Classen, die wach- sührung des Jesuitengesetzes in Bayern vorzunehmen. Dem „N. sende Macht der Londoner Internationale und die Besorgnisse, welche "C" Wird die- HichtiM dieser Meldung mit dem Htnzufügen be- eine etwaige Ausdehnung der Propaganda dieser Arbeitergesellschast auch auf die ländliche Bevölkerung Hervorrufen muß. Seit den Tagen der Gasteiner und Salzburger Zusammenkunft im vergan genen Jahre hätte sich namentlich die österreichische Diplomatie mit dieser Angelegenheit, allerdings auf Anregung Bismarcks und im steten Verkehre mit demselben, eifrig befaßt. Eine hierüber ausgearbeitete Denkschrift scheint denn auch bestimmt zu sein, in Berlin auszugsweise zur Mittheilung zu gelangen, um darzuthun, daß in Oesterreich-Ungarn die bestehenden Gesetze genügen, um bei nachdrücklicher Anwendung die untergrabenden Tendenzen der In ternationale" und namentlich die Anwerbung neuer Mitglieder erfolgreich zu bekämpfen. Sollte indeß — dies dürften die leiten den Gesichtspunkte sein — in dieser Richtung ohne Schaffung von Spezialgesetzen vorgegangen werden, so müßte sich ein gemeinsames Handeln der zunächst betheiligten Großstaaten auf gleicher Grund lage Herstellen lassen, da es der bestehenden staatlichen SociadiMt schon die Pflicht der Selbsterhaltuug gebiete, gemeinsam gegen den gemeinsamen Feind in Reih' und Glied zu treten. Rach dieser Richtung darf man von der Drei-Kaiser-Begegnung zunächst real greifbare Ergebnisse erwarten — alle anderen Punkte, welche den Combinations-Politikern am Herzen liegen, aber werden schwerlich eine andere als eine rein platonische Erwähnung in Berlin zu ge wärtigen haben. — 9. Sept. Das ganze Gefolge des Kaisers von Rußland verläßt Berlin übermorgen (Mittwoch) Abends. Der Kaiser von Rußland mit dem Großfürsten reist am Donnerstag ab gleichzeitig mit dem Kaiser Wilhelm, begleitet Letztem bis Marienburg und kehrt von dort direct nach Livadia zurück. Der Kaiser von Oester reich wird, soweit bis jetzt bestimmt ist, Mittwoch noch hier ver bleiben. Der Prinz Albrecht (Vater) von Preußen ist erkrankt. Die allerhöchsten und höchsten Herrschaften fuhren nach der Rück kehr vom Manöver bei Sr. königl. Hoheit vor, um sich nach dem Befinden desselben zu erkundigen. Breslau, 8. September. Die Generalversammlung der katholischen Vereine Deutschlands wird morgen früh 10 Uhr er öffnet werden. Vorher wird der Fürstbischof im Dome ein Hochamt abhalten. Bis jetzt sind etwa 400 Theilnehmer aus allen Gegen den Deutschlands angekommen, darunter der Reichstagsabgeordnete Graf Ballestrem, .Graf Henkel von Donnersmarck (katholische Linie), Graf Saurma, Legationsrath a. D. v. Kehler. Von den deutschen Bischöfen wird keiner erscheinen. Die Berichterstatter der hiesigen Zeitungen werden zu den Verhandlungen nicht zugelaffen, nur ein zelnen Mitgliedem des stenographischen Vereins ist der Zutritt ge stattet. München, 7. Sept. Der „A. Z." zufolge hat sich der König heute von Schloß Berg aus auf mehrere Tage nach Hohenschwangau begeben, um das Namensfest der Königin-Mutter mitzufeiem. — Wie dem „N C." geschrieben wird, glaubt man jetzt, daß der Finanzminister v. Pfretzschner als künftiger Minister des Aeußern in Aussicht genommen sei — wie dies auch schon früher und nament lich vor dem Eintritt des Grafen Hegnenberg in das Cabinet der Fall gewesen sein soll. Hr. v. Pfretzschner hat übrigens seine Urlaubsreise, die er von der Pfalz aus bis in die Schweiz aus gedehnt hat, abgekürzt und wird in den nächsten Tagen hier ein treffen. — Graf Tauffkirchen hat sowohl gestern als Henie mit dem interimistischen Leiter des Ministeriums des Aeußern, Herrn Interessen des Friedens zum Mindesten bis nach der Weltausstel lung (ein etwas kurzer Termin!) nach rechts und links hin voll ständig zu wahren. Dennoch giebt es eine bestimmte Frage von innereuropäischer Tragweite, welche die versammelten Staatsmänner in ganz directer Weise beschäftigt und die deshalb auch, nach eini gen bereits stattgehabten Vorbesprechungen, am nächsten Montag officiell in den Kreis der vertraulichen Berathungen der Fürsten Gortschakoff und Bismarck, sowie des Grafen Andraffy gezogen wer-