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Großenhainer Unterhaltungs- & Anzeigeblatt : 29.09.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-09-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id38343789X-188709292
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id38343789X-18870929
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-38343789X-18870929
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Großenhainer Unterhaltungs- & Anzeigeblatt
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-09
- Tag 1887-09-29
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Monat
1887-09
-
Jahr
1887
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Anordnungen aus Grund des 8 26 deS Gesetzes gegen die gemein gefährlichen Bestrebungen der Socialdemokratie und der mündliche Bericht des Ausschusses, betreffend Bestimmungen über die Aus führung des Branntweinsteuergesetzes, genehmigt. — Aus Paris wird der „N.-Z." gemeldet: Der unglückliche Piqueur Brignvn ist gestern in seiner Heimath Raon sur Plaine begraben worden. Der Zustand des Lieutenants von Wangen ist befriedigend. Die Aerzte hoffen bestimmt eine Amputation zu ver meiden; die Kugel ist unter dem rechten Knie durchgegangen, ohne Knochen zu verletzen. Der Vater des Verwundeten, Baron von Wangen, ist ein emigrirter Elsasser, dessen Besitzung in Molsheim liegt. Die Pariser Presse fährt theilweise fort, den Vorfall ohne Uebertreibung zu besprechen und drückt die Ueberzeugung aus, daß in Deutschland Gerechtigkeit geübt wird. Sie constatirt gleichzeitig den gefährlichen Zustand an der Grenze und hebt die Dringlichkeit hervor, Abhilfe zu schaffen. Dagegen ergeht sich die Hetzpresse in gemeinen Beschimpfungen und läppischen Drohungen, sucht auch den Vorfall gegen das Ministerium zu verwerthen. Straßburg, 27. September. In der Darstellung der „Landes zeitung für Elsaß - Lothringen" wird auf Grund der amtlichen Er mittelungen über den Zwischenfall an der Grenze bestätigt, daß die Schüsse des Soldaten Kaufmann auf deutschem Boden abge geben wurden, nachdem ein dreimaliges Haltrufen erfolglos geblieben. Nom, 27. September. Dem halbamtlichen Organ „Lserciw itulüum" zufolge ist der General San Mazzano, Commandant der Division m Alessandria, dazu ausersehcn, die weitere italienische Action in Afrika zu leiten. Paris, 27. September. Heute Vormittag sand eine Sitzung des Ministerratbes statt, in welcher der Minister des Auswärtigen, Flourens, Mittheilung machte von seiner gestrigen Unterredung mit dem Botschafter Graf Münster und von den aus Berlin über den Vorgang an der Grenze eingegangenen Nachrichten. Michelstown, 27. September. Auf der Eisenbahn zwischen Corc und Uoungham, auf welcher Polizisten und Soldaten sich in die Nähe von Noungham begeben sollten, um die gerichtlich ver fügte Entfernung einiger Pächter von ihren Grundstücken vorzu- nehmen, waren heute die Schienen losgerisscn und der Telegraphen draht zerschnitten. Locale, siichßsche rc. Nachrichten. Großenhain, 28. September 1887. — * Gestern wurde die Ueberführung der Wohnungseinrichtung Sr. königl. Hobelt Prinz Friedrich August nach Dresden, Prinzen- Palais am Taschenberg, durch das hiesige Möbelversandt- und Speditionsgeschäft von O. Rötzsch vollendet. —* Mit Stolz konnte nach beendetem Manöver der entlassene Reservist seiner Heimath zueilen, denn während seiner militärischen Dienstzeit ist er ein Anderer geworden. Nicht nnr sind seine Kräfte gestählt, seine Bewegungen, sein ganzes Auftreten ein strammes, vor Allem ist ihm aber der gute militärische Geist ein- aeimpft worden, welcher unsere deutsche Armee beseelt. Während der Dienstzeit im stehenden Heere werden dem jungen Soldaten „Gehorsam, Tapferkeil, Ehrenhaftigkeit und kameradschaftliche Liebe" eingeimpft und diese Tugenden soll er weiter hegen und pflegen, auch wenn er heimgekehrt ist zu seinem bürgerlichen Berufe. Da zu bieten ihm die heimathlicben Militärvereine die beste Gelegen heit, denn sie bilden Pflegstäitcn dieser militärischen Tugenden. Die Reservisten des stehenden Heeres sind nach ihrer Rückkehr in die Heimath die Rekruten der heimathlichen Militärvereine. Freu dig werden sie in diesen von den älteren Kameraden begrüßt unter denen sie sich auch bald heimisch fühlen und mit denen sie vereint die treue Wacht des Vaterlandes bilden, die da, zusammengesetzt aus den alten Soldaten im Bürgerkleide, in Treue feststeht zu König und Reich. Die Militär- und Kriegervereine, sind eine Schutzwehr gegen alle Einflüsse vaterlandsloser, alle bestehende Weltordnung unterminirende Elemente. Wie leicht treten an den jungen Reservisten, der kaum seine Dienstzeit im stehenden Heere vollendet hat, die Versuchungen heran, die ihn in das Treiben der Parteien hineinziehen; es fehlt nicht an Agitatoren, welche bestrebt sind, den guten Soldatengeist in ihm zu ersticken und das Gift socialdemokratischer Lehre rhm einzuträufeln. Der brave, gediente Soldat wird und muß solchen Versuchungen widerstehen und das wird ihm leicht, wenn er ein treues Mitglied eines heimathlichen Militärvereins wird. — * Wir theilten unsern Lesern vor einiger Zeit eine uns von der Handels- und Gewerbe-Kammer Dresden unterm 24. Juni d. I. zugegangene Notiz mit, wonach, um mehrfachen in den Kreisen des Handelsstandcs laut gewordenen Wünschen zu ent sprechen, Herr Robert Fickert, in Firma P. Stankiewicz, Buch druckerei, Berlin, im Auftrage des Reichsamts des Innern die Herausgabe eines Sammelwerkes, die sämmtlichen auf Grund des Gesetzes über den Markenschutz vom 30. November 1874 geschützten Waarenzcichen enthaltend, übernommen hat. Herr Fickert hat sich von Neuem an die Handels- nnd Gewerbe Kammer mit dem Er suchen gewandt, die Inhaber bereits veröffentlichter Waarenzcichen, welche der ersten diesbezüglichen Aufforderung noch nicht entsprochen haben, zu veranlassen, ihm ihre Oriainal-Clichäs auf seine Gefahr und Kosten möglichst bald für kurze Zeit zur Verfügung zu stellen, um die rasche und vollständige Herausgabe des Werkes, von dem ein bereits fertig gestellter Theil im Bureau der Handels- und Gewerbe-Kammer, Ostra-Allee Nr. 9, parterre, zur Einsicht aus- liegt, ermöglichen zu können. — * In den ersten acht Monaten des laufenden Jahres sind der königlichen Altersreutenbank in Dresden (in Großenhain ver treten durch Lottericcollccteur Richard Weber am Hauptmarkt) 4545 Einlagen mit einem Gesammtbetrage von 1751024 M. zu- geführt worden: von diesen Einlagen erfolgten 1326 unter Capital- verzicht und 3219 unter Capitalvorbebalt (oder procental 29 V» mit Verzicht und 71 V» mit Vorbehalt). Das Ueberwiegen der Vor behaltseinlagen ist erst seit dem Jahre 1884 eingetreten, während früher im Gegentheil die meisten Einlagen mit Capitalverzicht ge macht wurden und bis zum Jahre 1881 sogar das Verhältnitz der beiden Einzahlungsarten fast genau umgekehrt wie jetzt war: auf je 72 Verzichtseinlagen kamen bis dahin 28 dergleichen mit Vor behalt. Der Grund für diese Aenderung liegt jedenfalls darin, daß das Publikum über die Bortheile, die ihm eine Versicherung mit Capitalvorbehalt gewährt, in neuerer Zeit besser unterrichtet worden ist: Der Vorbehalt bei der Altersrentenbank ist ein un bedingter, d. h. die gemachten Einlagen werden nach dem Tode des Versicherten völlig unverkürzt zurückgezahlt, gleichviel ob und wie viel der Versicherte bis zu seinen! Tode Renten bezogen hat. Das ist ein Vortheil, den nicht jede Rentenversicherungsanstalt bietet, der aber, wie man sieht, vom Publikum sehr hoch geschätzt wird, zumal noch andere mit demselben verbunden sind. Denn wer mit Vorbehalt einzahlt, dem bleibt bis zum Beginn des Nentenlauis das Recht, seine Einlagen völlig oder theilwene zurück ziehen zu können, wie es ihm auch freisteht, zur Erlangung höherer Renten nachträglich auf die gemachten Einlagen Verzicht zu leisten. Elsterwerda, 24. September. Gestern wurde in der Turn halle des hiesigen Seminars die Confcrenz der Lehrer und Schul- inspectvren aus den zum hiesigen Seminarbezirke gehörigen land- räthli-hen Kreisen Liebenwerda, Schweinitz, Torgau und Wittenberg unter Vorsitz des Herrn Scminardirectvrs tw. Thiemann abgehalten. Die Versammlung mochte aus 250 bis 3M Kopsen bestehen. Nachdem die Eonferenz durch Gesang und Gebet eröffnet worden war und der Vorsitzende die Erschienenen mit herzlichen Worten begrüßt hatte, hielt Herr Rector Rmdtorff aus Mühlberg einen interessanten Vortrag über das Thema: „Die Zucht und die Züchtigung in der Volksschule nach ihrer pädagogischen und recht lichen Sette". Da der Vortrag einen Gegenstand behandelte, der gleich tief in das praktische Schullebcn, wie in das sociale Leben des Volkes einschneidet, so knüpfte sich an denselben eine sehr leb hafte und interessante Debatte, die ost durch drastische Beispiele aus dem Schullebcn illustrirt wurde, und die in der vom Herrn Superintendent Trümvelmann aus Torgau formulirten und von der Versammlung einstimmig angenommenen Resolution gipfelte: Nr. 115. Oesterreich-Ungar». In Wien wurde am Montag der hygienische Congreß unter großen Feierlichkeiten vom Kron prinzen Rudolf in Gegenwart des Wiener Erzbischofs, fast sämmtlicher Minister, des diplomatischen Corps rc. eröffnet. Die amtliche „Wien. Ztg" meldet, daß der Kaiser die Enthebung des Feldmarschalllieutenants Erzherzogs Johann vom Commando der dritten Jnfanterietruppendivision auf Ansuchen desselben angeordnet hat. Italien. Die Regierung ist energisch bemüht, gewissen Bestrebungen, welche sich mit dem bevorstehenden Priester- Jubiläum des Papstes zu verbinden scheinen, von vornherein die Spitze abzubrechen. Eine hierauf bezügliche Erklärung besagt, daß in keiner Weise geduldet werden könne, die Feier im Batican zum Vorwande antinationaler Demonstrationen zu gestalten. Die Regierung rechne daher auf die Weisheit des Papstes, der es vermöge, den betreffenden Strömungen rechtzeitig einen Damm entgegenzusetzen. Frankreich. Die Regierung hat beschlossen, gegen die Bürgermeister, welche die Verbreitung des Manifestes des Grafen von Paris befördern, streng vorzugehen. Dagegen sind die Mitglieder des Cabinets über die gegen die Prinzen Orleans und Bonaparte zu ergreifenden Maßregeln noch nicht einig: die einen verlangen Vorgehen gegen die Prinzen, die anderen wollen den Kammern den Vortritt in dieser An gelegenheit überlassen. Die Orleans fühlen sich durch die Drohungen der Radicalen, auf das Manifest des Grafen von Paris durch Ausweisung des Restes der Familie und durch Confiecation des in Frankreich befindlichen Vermögens zu antworten, keineswegs behaglich berührt. Dem „Gaulois" zufolge ist die Gruft Napoleons I. im Jnvalidenhotel zu Paris bei amtlicher Besichtigung leer ge funden worden und weiß Niemand etwas über den Verbleib der Gebeine des Kaisers anzugeben. (?) Die Verwaltung der bürgerlichen Staatsgebäuds beantragt auf Grund dieser That- sache, die Ausgabe für die Bewachung des Denkmals fortan zu streichen. Belgien. Es gilt für sicher, daß die Regierung die Initiative für eine Gesetzvorlage ergreifen werde, durch welche die Einführung der persönlichen Dienstpflicht und dis Errichtung von zwei weiteren Artillerieregimentern beantragt wird. Spanien. Nach in Madrid eingegangenen Nachrichten bestätigt es sich, daß auf der zu den Karolinen-Inseln ge hörigen Insel Ponape ein Aufstand der Eingeborenen gegen die Spanier ausgebrochen ist. Die Besatzung der Insel besteht aus 50 Mann. Die Eingeborenen ermordeten den Gouverneur und verwundeten einen anderen Offizier. Ueber das Schicksal der übrigen Mannschaften ist noch nichts bekannt. Zwei Sol daten retteten sich an Bord eines englischen Schoners. England. Lord Churchill hielt am 22. Septbr. in Whitby unter freiem Himmel eine Ansprache an 7000 Personen, worin er die Festigkeit und Entschlossenheit der Negierung pries, mit welcher sie der irischen Nationalliga gegenübertrete, und die Hoffnung ausdrückte, daß, da eine Einigung über das Princip, wonach die irische Bodenfrage gelöst werden solle, nicht erzielt werden konnte, die nächstjährige Session der Aufräumung der Rückstände der englischen und schottischen Gesetzgebung gewidmet werden würde. Wie O'Brien zu drei Monaten Gefängniß, wurde sein Mitangeklagter Mandeville vom Gerichtshof in Mitchelstown zu zwei Monaten Gefängniß verurtheilt. Beide hat man bis zur Entscheidung über die Berufung gegen Caution aus der Haft entlassen. O'Brien reiste darauf nach Limerick, wo er die Nacht zubrachte, kehrte aber am Sonntag auf einem un gewohnten Wege nach Mitchelstown zurück, um der Polizei auszuweichen. In dem verbotenen Meeting der Nationalliga, welches nahe bei der Stadt in dem seit längerer Zeit gegen das Eindringen von Gerichtsboten verbarrikadirten Hause eines Pächters abgehalten wurde, hielt nun O'Brien eine Rede, in welcher er sagte, die Versammlung sei zusammenberufen, um die Unmöglichkeit darzuthun, die Liga zu unterdrücken, ohne die ganze irische Nation ins Gefängniß zu stecken. O'Brien schmähte Richter und Polizei, rieth aber zur Mäßigung, um keine Gelegenheit zu einem Angriff der Polizei zu liefern; er sprach sein Vertrauen zu Gladstone und dem englischen Volke aus, das ihm während seiner Haft unglaubliche Beweise des Wohlwollens gegeben habe, sagte, nichts könne der steigenden Fluth der englischen Sympathie für Irland widerstehen, und rieth, trotz Militär und Polizei weiters Meetings abzuhalten. In Fermoh, Grafschaft Cork, kam es am Sonnabend Abend zu einem ernsten Zusammenstöße zwischen der Polizei und einer Volksmenge, vor welcher der Deputirte Tanner eine Rede hielt. Die Polizei schritt mit Stöcken ein, wobei 14 Personen verwundet, auch mehrere Polizeiagcnten durch Steinwürfe verletzt wurden. Am Sonntag Abend machte die zahlreich versammelte Volksmenge wiederum einen Angriff auf die Polizei und zertrümmerte sodann die Fenster in dem Hotel, in welchem die Richter wohnten. Infolge dieser drohenden Haltung der Menge schritt die verstärkte Polizei zum Angriff gegen dieselbe, wobei mehrere Personen verwundet wurden. Rumänien. Erzherzog Albrecht ist, vom König bis auf den Bahnhof begleitet, am Sonntag Abend von Bukarest abgereist. Sämmtlichs Minister und das Personal der öster reichisch-ungarischen Gesandtschaft hatten sich zur Verabschiedung auf dem Bahnhofe eingefunden. Der König und der Erzherzog nahmen herzlichen Abschied, indem sie sich wiederholt umarmten. Bulgarien. Die serbisch-bulgarische Commission für die Verhandlungen, betreffend den Anschluß der serbisch-bulgarischen Eisenbahnlinien, hat ihre Arbeiten beendet, und es wurde die betreffende Convention am 25. Septbr. in Sofia unterzeichnet. In einer am Sonntag in Sofia stattgehabten Versammlung von etwa 300 Personen erklärte Stambulow, daß die nächste Nationalversammlung unter sehr kritischen Verhältnissen zu- sammentreten werde; er hoffe, die Stadt Sofia werde Depu- tirte wählen, welche die einzig patriotische Politik der Regierung vertheidigen würden, denn diese Politik kämpfe seit zwei Jahren gegen die Feinde Bulgariens an. Die Rede fand Beifall und die Menge zerstreute sich ohne Zwischenfall. Nrurße Nachrichten. Berlin, 27. September. In der heutigen unter Vorsitz deS Staatssekretärs v. Schelling abgehalteneu BundeSrathssitzung wurden die Anträge Preußens und Hamburgs wegen erneuter Grosienbainer NntervaltvuaS - «ud Auzeiaeblutt. Seite ». Die Eonferenz ist der Meinung, daß die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen über das Züchtigungsrecht der Lehrer an der Volks schule ausreichend seien, hält es jedoch für dringend nöthig, daß es dem Volke, resp. den Gemeinden mehr und mehr zum klaren Be wußtsein gebracht werde, daß dem Lehrer ein entschiedenes Züch tigungsrecht sowohl in, als auch außer der Schule zustehe, und bittet den Herrn Vorsitzenden, der königlichen Regierung den Wunsch der Eonferenz zu unterbreiten, daß Hochdieselbe dahin wirken wolle, dieses Bewußtsein im Volke zu wecken und zu för dern. — In der nun eintretenden Pause von 20 Minuten wurde den Eonferenz-Besuchern Gelegenheit geboten, sich in der vom Hotelier Herrn Schultz im Seminargarten aufgestellten fliegenden Restauraston auch leiblich zu erquicken. Nach der Pause trug der Seminar-Sängerchor unter Leitung des Musiklehrers Herrn Engel brecht vier Gesangs-Piöcen vor (Kaiserlied von Nägeli, Wald abendschein von Schmölzer, der frohe Wandersmann von Mendels sohn und „Sandmännchen", Volkslied von Fischer), welche den lauten Beifall der Zuhörer fanden. Es folgte nun der Vortrag des Herrn Seminarlehrers Nadler über Jugendschristen und Schülerbibliotheken, in welchem nachgewiesen wurde, wie schädlich die Jugendlectüre werden kann, wenn die Schriften nicht sorgfältig gewählt und sorgfältig vertheilt werden, und wenn das Lesen nicht controlirt wird; wie aber die Lectüre dem Kinde auch reichen Segen gewähren kann, wenn die Schriften nach Stoff und Form muster gültig und dem geistigen Standpunkte der Schüler angepaßt sind und wenn die Lectüre gewissenhaft controlirt wird. Von den Illustrationen der Jugendschristen verlangt der Vortragende, daß sie sparsam angewendet, charakteristisch, wahr und consequent aus- gesührt seien. Referent hält es für wünschenswerth, daß jede Schule eine kleine Bibliothek besitze. Die Versammlung war mit den Ausführungen des Vortragenden einverstanden, nur wurde von einer Seite hervorgehoben, daß in vielen Orten, namentlich in den Dörfern, die localen Verhältnisse ost so ungünstig lägen, daß kaum eine Schülerbibliothck beschafft, oder wenn eine solche vorhanden, sie nur wenig oder gar nicht benutzt werden könnte. Wegen vor gerückter Zeit wurde die Debatte abgebrochen und die sehr an regende Eonferenz durch gemeinschaftlichen Gesang geschlossen. Bemerkt sei noch, daß vom Herrn Minister der geistlichen Angele genheiten 250 M. zur theilweisen Entschädigung der Reisekosten für die Eonferenz-Besucher bewilligt worden waren. »^Dresden, 27. September. Ihre Majestäten der König und die Königin weilen nun wieder in der Villa zu Strehlen. Der diesmalige Aufenthalt in Rehefeld war nicht gerade besonders vom Wetter begünstigt. — Zur Beisetzung der Leiche des Standesherrn Wirkl. Geh.-Raths Curt Heinrich Graf v. Einsiedel auf Reihers dorf-Mittel hatte der König seinen Flügeladjutanten, Major v. Malortie, entsandt. Anwesend war dabei aber auch Se. Excellenz der Staatsminister v. Nostitz-Wallwitz. — Die zu ernster Berathung hier versammelt gewesenen deutschen Gewerbeschulmänner haben ihre Congreß-Ausgabe wirklich ernst genommen, da die der gemein samen Dlscussion unterbreiteten Fragen mit größter Gründlichkeit durchgesprochcn wurden, wie ferner auch die ans Anlaß des Con- gresses arrangirte Ausstellung von Schülerarbeiten und Lehrmitteln, welche eine großartige Reichhaltigkeit auswies, vielfach neue An regung gab. Im Vordergründe der Discussion stand das sogen, gewerbstche Zeichnen, betreffs dessen der gepflogenen Berathung nun sehr dankenswerthe Vorschläge auf dem Fuße folgten. Nach der Erledigung des geschäftlichen Theiles unternahm man heute Nachmittag einen gemeinsamen Ausflug nach der Bastei, dem sich morgen eine Partie nach Meißen anschließt. Außerdem ist auch noch ein Secstons-Ausflug nach Glashütte zur Besichtigung der dortigen Uhrmacherschule geplant. — Die deutschen Schriftsteller, welche in den letzten Tagen hier ebenfalls zusammentraten, be schäftigten sich in erster Linie mit der schon lange empfohlenen Verschmelzung des deutschen Schriftsteller-„Verbandes", sowie des Schriftsteller-,,Vereins" zu einer einzigen Organisation mit dem Sitze in Berlin. Die danebenlaufenden Berathungen der Statuten rc. zogen sich sehr in die Länge, da der Ansichten und Wünsche eben zu verschiedene sind und auch die ganze geschäftliche Behand lung der Dinge eine etwas schwerfällige war. Die „Helden der Feder" erwiesen sich vielfach als rechte „Umstandskrämer", die aus dem Hundertsten ins Tausendste gcricthen. Interessant war es, die Versammlung zu beobachten, da sich manch interessanter Charakterkopf darunter befand. — Nach den Voranschlägen für das Schulwesen stellt sich der Bedarf für die Volksschulen auf die Summe von 1,104,749 M., wobei jedoch die Einnahmen anSchul- acld bereits Berücksichtigung gesunden haben. Der Bestand der Schüler und Schülerinnen betrug in sämmtlichen Bürger- und Bezirksschulen am 1. Ium d. 1.27,378. — Mit besonderem Interesse sieht man deni großen Concert entgegen, das am 21. nächsten Monats un Residenztheater zum Besten der Altersversorgungskasse des Vereins „Dresdner Presse" veranstaltet werden soll. Die ersten künstlerischen Kräfte haben ihre Unterstützung zugesagt und steht daher etwas besonders Exquisites zu erwarten. — Der herbstliche Blasius macht sich immer mehr geltend. Heute hätte man den Wintcrüberzieher gebrauchen können. Ui>. Dresden, 27. September. Die Schwurgerichtssitzung gegen den berüchtigten Wilddieb, Gutsbesitzer Gottfried Böhmig aus Großdobritz, ging erst gestern Abend 6 Uhr unter sehr starkem Andrang des Publikums zu Ende. Der Angeklagte entwickelte während der Beweisaufnahme eine geradezu staunenswerthe Frech heit und Boshaftigkeit. Abgesehen davon, daß er rundweg leug nete, verweigerte er hier und da jede Antwort: andererseits be schimpfte er die Hauptzeugen in der gröblichsten Weise und kritisirte er auch in den rohesten Ausdrücken das gegen ihn eingeleitete Straf verfahren alS Chicane eines Unschuldigen. Wiederholt versuchte er ferner den Gerichtssaal unter verächtlichen Gcberden und Worten zu verlassen; namentlich rief er öfters: „Macht, was Ihr wollt!" und zu guter Letzt unterbrach er sogar den Staatsanwalt in seinem Schlußvortrage derart, daß eine ziemlich große Pause eintrat. Fast schien es, als ob der verstockte Verbrecher geistig gestört sei und uneingeweihte Personen zweifelten überhaupt nicht mehr daran, daß Böhmig den Verstand verloren habe. Das Urtheil lautete auf 7 Jahre 4 Monate Zuchthaus, 10 Jahre Ehrenrcchtsverlust und Stellung unter Polizeiaufsicht. Bemerkenswerth zur Charakteristik Böhmig's sind noch die Worte, die er, zu dem Gerichtshof ge wendet, mit verbissenem Grimm nach Verkündigung des Urtheils sprach: „Na, nu könnt Ihr Euch in meine paar Knöppe (damit meinte er sein stattliches Vermögen) theelcn!" — Gestern Abend verunglückte der hiesige Kaufmann und Seifeufabrikant Künzelmann, dessen vor einigen Jahren gestorbener Vater den nahen Lustcurort „Weißer Hirsch" gründete, infolge Durchgehens seiner Wagenpferde auf der Wasserstraße derart, daß man ihn für wdt vom Platze trug. — Gestern nahm cm Mitglied deS englischen Parlaments, Mr. Stephenson, die Fortbildungsschule für Arbeiter jeden Berufs unter der Führung des Dirigenten Schlagehan auf bas Eingehendste in Augenschein und steht demnächst die Errichtung gleichartiger In stitute in England nach der Versicherung des vorzüglich befriedigten Parlamentariers zu erwarten. —-f In dem Bezirke der Superintcndur Leisnig, welche sich mit dem Bezirke der Amtshauptmannschait Döbeln deckt, ist seit einer Anregung aus der 1885er Diöcesanversammlung die Kirchen- heizungSfrage m Fluß gekommen. Seit dieser Versammlung ist in der geräumigen Stadtkirche in Döbeln ein HeißwasserheizungS- spstem angelegt worden, wie solche von den Firmen Kelling m Dresden und Hartwig ebenda und von etlichen Chemnitzer Firmen gebaut werden. In Döbeln ist seitdem im letzten Winter die Kirche stets geradezu überfüllt gewesen, während sonst anderwärts die Kälte den Besuch zu lichten pflegt. Dabei berechnet sich der Kostenaufwand für die Heizung auf einen bis zwei Pfennige für den Kopf der Bevölkerung, eine un Vergleich zu der Wohlthat sicher höchst geringe Ausgabe. An anderen Orten, wo inan nicht, wie in Döbeln, bei einem Umbau diese Art Heizung ohne besondere Entfernung der Sitze anbringcn kann, werden am meisten die Biel dinger Coaksöfcn gerühmt. In Schellenberg-Augustusburg, das aus einem der zugigsten Bcrgkegel unseres SachienlaudeS liegt und deshalb bei einer Heizungsanlage besondere Schwierigkeiten wegen der Schornsteinanlagen zu bieten schien, ist un letzten
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