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el»e« gering geschätzten Nachbars ward« al« edle Beleidigung em pfunden, und diese zu rScheu, zögerte der Imperator, da« Schwert zu ziehe». Schon erstarkte Rorddeutschlcwd iu sich und dehnte seinen Einfluß auch über die Maiuliuie au«. Der letzte Moment schien gekommen, wem» die vorausgesetzten Sympatbieu Süddeutsch. laudS gerettet werdm sollten. Au dem Siege der französischen Waffen — so glaubte mau — war nicht zu zweifeln, nur der Ent schluß von oben fehlte. Die Opposition erhob drohend ihr Haupt, selbst ein Theil der Armee sprach sein Mißvergnügen im PlebiScit aus. Unter solchen Umständen glaubte der Kaiser Concessionen ma chen zv müssen uud wählte die Rathgeber der Krone aus den Reiben der Opposition. Aber wie wett nach links er dabei griff die Er fahrung aller Zetten bestätigte auch hier, daß der liberalste Oppo- fitionSmann als Minister ein Reaktionär in den Augen Derjenigen ist, die noch viel weiter gehen wollen, als er. Dem unausgesetzten Andringen der Parteien im Innern wußte man zuletzt nur noch das oft versuchte Mittel einer Ablenkung nach Außen entgegen zu stellen. Kein größeres Unglück giebt e« für eia Sand, als eine schwache Regierung. Die Herrschaft deS Kaisers und seiner Dynastie schien in Frage gestellt durch daS Treiben der liberalen Parteien, welche die nationale Ehre als gefährdet darstellten. Die Minister glaubten sich nur behaupten zu können, indem sie diese Parteien noch Über bote». Jedenfalls bedurfte daS Gouvernement eines neuen und großen Erfolges, und sicher war, daß bei der herrschenden Stimmung ein Lonflict mit Preußen im Lande noch den meisten Anklang finden mußte. So suchte man denn nach dem Anlaß zu einer Verwicklung mit diesem Staate und fand ibn, in Ermangelung eine« besseren, in der spanischen Thronfolge-Angelegenheit. (SLluß folgt.) Tagesgeschichte. Berlin, 25. Juli. Die .,Söln Ztg." schreibt : Wer bätte denken sollen, daß von Berlin über Straßenunruben zu berichten sein würde? Und dock kann man mehrstündige Kämp'e zwischen der Polizei und dem Pöbel, mit zahlreichen Verwundungen und massenhaften Verhaftungen nicht anders nennen. Mit der vielbe- sprocheaen WohnungSnoth kann man diese Krawalle nickt füglick io Verbindung bringen, obsckon eS eine auf die Straße gesetzte Familie war, die am Donnerstag die erste Veranlassung zu dem Uofuge gab. Denn diese Familie war mit dem HauSeigentbümer, dem sie seit lange keine Mietbe entricktet batte, gütlich aus einan der gekommen, als fick ein Streit mit dem Buhrmann wegen der Möbel erhob. Da diesen der angeborene Fuhrlobn nickt genügte, setzte er die auf seinem Möbelwagen geladenen Möbel wieder auf die Straße und fuhr davon. Auf diese Veranlassung bin, die doch zu einer öffentlichen Entrüstung um so weniger Veranlassung gab, als die Feuerwehr den Leuten zu Hilfe kam, begann aus der Blumen straße ein Unfug, dessen eigentliche Ursache in der Lust an Scandal und in der bei unS leider vorherrschenden Neigung deS Volkes, gegen die Autorität Partei zu ergreifen, zu sucken ist. Man muß hinzufügen, daß jene Gegend stark von liederlichem Gesindel bevölkert ist. die denn freilich mit den Wächtern der öffentlichen Sitte auf gespanntem Fuße zu leben pflegt. Genug, schon am Donnerstag dauerten die Unordnungen von Vormittag an bis l Ubr in der Nacht; die berittene Schutzmannschaft mußte wiederholt dis lärmende, Thüren und Fenster zerschlagende Menge auS einander treiben und viele Verhaltungen wurden vorgenommsn. Leider wiederholte sich Freitag Nackmittag der Unfug in verstärktem Maße und dauerte bis Sonnabend Morgen drei Uhr. Man warf auS den oberen Stockwerken mit Steinen u. s. w.; in mehreren Straßen artete der Unfug fast in einen Barrikadenkampf auS. ES wurden wieder zahlreiche Verhaftungen vorgenommen, und von der Schntzmann- schast fiod 16 Manu, darunter ei» Polizei-Lieuteoaut ia der Aus übung ihres Berufes verwuodet worden. I» unsere» Volksschule» sollte mao »icht blo« ei» BiSckea Lesen und Schreibe», sondern auch Sitte» und Sia» für Gesetzlichkeit lerne». Wege» der Wobouug«»oth hat am Donnerstag im Con- fereuzsaale der Stadtverordneten eine Versammlung hervorragender Bürger unserer Stadt stattgefundea. Al« geeignete- Mittel zur Linderung der WohnungSnoth wurde da« nach den localen Ver hältnissen zu modificirende Prinsip der englischen Baugenossenschaft aaerkaoot, Läudcreie» in Erbpacht oder doch iu Pacht aus längere Zeit zu uehmea und auf demselben mit den zu verzinseuden Capi« M« -er ikMtjfima ßkkits-kr Kohmwz« zu ttbauev, dir Leu Arbeitern zu einem MiethziuS abgelafsea werde», welcher die mäßige Verzinsung und allmähliche Amortisation de« Avlagecapital« in sich schließt. — Für die diesjährige Expedition der Commission zur Erfor schung der deutschen Meere ist »erselbe» vom Chef der Admiralität S. M. Aviso „Pommerania", Kommandant CapttLo-Lienteuant Hoff- mann, zur Verfügung gestellt. Gumbinnen, 29. Jnli. Durch die iu dem benachbarte» Pillkallen auSgebrochene Feuersbrunst ist der dritte Theil der Stadt in Asche gelegt, und stad ia Folge dessen 150 Familien obdachlos geworden. Da« Feuer ist gestern wieder zum Ausbruch gekommen, und ist von hier auS Militär zur Bewachung dahin abgegangen. AuS Thüringen, 25. Juli, wird berichtet: Seit einer Woche herrscht in ganz Thüringen eiae außergewöhnliche Hitze, die bis za 30 Grad im Tckatten steigt und wodurch schon wiederholt mehrere Personen. vom Sonnenstich befallen, aaf der Stelle tobt niederge- stürzt sind. Mit am meisten leiden die Soldaten darunter, die jetzt unausgesetzt, mtt vollem Gepäck belastet, ihre sehr angestrengte» Hebungen macken müssen, und eS sind in verschiedenen Garais»« schon Fälle vorgekommeu, daß Soldaten an- Erschöpfung im Gliche niederfielea. DaS ueue Exercir Reglement, nach welchem die ganze GefecktSsormation strtS im Laufschritt geschieht und wobei eia sehr häufiges Niederwerisn der Soldaten flach auf die Erde, schnelle- Aufsp-ingen und dann Borwärtseilen im Laufschritt 60 - 80 Schritte weit geschieht, was äußerst anstrengend ist, nimmt die Kräfte der Truppen ohnehin unz-mem in Anspruch. ES ist jetzt dao-r i» mehreren Garnisonen in Thüringen der Befehl errheilt woesa, daß alle Exsrcirübungen so früb beginnen müssen, daß die Maa», schäften b's spätestens um 9 Uhr MorgeaS, bevor die wahrhaft afrikanische Sonnenzluth eintritt, wieder in die Quartiere rage- rückt find. EfftN. Wie die ..Ess. Ztq." meldet, hat der hiesige Strikt die bergbaulichen Interessen im Allgemeinen und jene der Arbeiter und Arbeitgeber, trotz der kurzen Zeit seiner Dauer, dennoch we- sentlick geschädigt. Nach einer amtlichen Ersetzung betrug der tag- liche Lobnverlust der Arbeiter 20000 Thlr., während di? Besitzer täglich 300.000 Ctr. Sohlen embüßten. Wesel. 24 Ju'i. Die Baucoucesfioo für die Eisenbahn-Rhea- brücke bei Wesel ist jetzt, nach der ,.S. B. Z-", definitiv ertheilt. In weiteren 2 Jahren wird die Lc-ccmotivs ea< Riesenwerk, eie größte Brücke Deutschlands, befahren Mit Recht kann diese- Boll werk so genannt werden; d ou es wird eine Länge von etwa 6200 Fuß, also von über 0'^ Meile Hatzen. Wiesbaden, 27. Juli. Der Sasser, welcher, von der Kaiser» zum Bahabofe begleitet, um 2 Uhr von Koblenz abgereist war, ist soeben hier eiuge.rcffeo. In Eltville war demselben ein enthll- fiastischer Empfang bereitet. Von da auS wurde die Weiterreise zu Wagen nach Schwalbach fortgesetzt, wo der Kaiser der Lroa- prinzessin von Italien einen Besuch abstattete. Die hiesige Stadt war beflaggt und restlich geschmückt; eine zahlreiche Menscheamcoze bewillkommnete den Sasser mit ihren Zurufen. Officielle Empfangs feier lichkeiten waren verbeten. Im Schlöffe wurde der Sasser vo» der Generalität und den Spitzen der Bedörden empfangen. Elsaft. Welchen Eindruck dir Fortdauer der Diktatur in den Reichstalldell gemacht — sagt ein Cerrespoudent der „Bad. 8a»- desztg": Dieser Eindruck war ein doppelter: ein sehr günstiger ulld ein sehr Mißbilligender, je nachdem man auf einer Jette stalld. AlleS, waS nur ein wenig deutsch gesinnt oder liberal ist, billigte ganz und gar diese Maßregel, die den Nage: auf den Lopf getroffen. Mau bedauert nur, daß man nicht eiae längere Z-tt dazu festgesetzt hat, denn in einem Jahre hatzeu die Elsässer lauge nicht genug Fortschritte gemacht, daß man ihnen Wahlen auvertranca könnte. Für längere Zett ist auch nicht die geringste Hoffnung, daß andere gewählt würden, als die grimmigsten Franzoseuthumler und Ultra- montanen und man hat deren scholl geaug im Reichstage, Ls wäre so sehr aerathen, weau man noch einige Jahre Eliaß-Lothriuze» auf die jetzige Wesse regieren würde, denu wahrlich, eS fährt nicht übel dabei. DaS Jesuiteogesetz, das auch für Elsaß-Lothriage» gilt, macht, wie leicht zu denken, großen Rumor, weil wieder die schwarzen Hetzer hinten dran stehen und da- Fener «nblasen, in dem sie sagen, die Religion werde verfolgt, während doch der Staat sich nach hundertfältigen Angriffen seiner Haut wehrt." Wien, 26. Juli. Das Reiseprogramm des deutschen Kaisers soweit er österreichische- Gebiet berührt, ist dm hierher gemeldete» Dispositionen zufolge nachstehende-: Sonnabend am 3. August Mit tag- Ankunft in Lambach, Dejeuner daselbst; »»kauft in Salzburg um 5 Uhr Abends. Sonntag am 4. August Aufenthalt in Salz burg und Berchtesgaden. Montag am 5. August Vormittags u» S Uhr Abreise per» Salzburg zur Cur «ach Vastem. — Gras I».