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ä°17« Donnerstag, den 23. Juli. Erscheint t. Freiberg jed. Wochmt. Ab. S U. für den and. Tag. Ins«, «erden bi« V. 11 U. für nächste Nr. angm. Preil vierteljihrl. 20 Ngr. Inserate LDMffLA werden die gespaltene Zeile »der denn I Mtz S Raum mit 1 Ngr. berechnet. Lt-/ G M» Freiberg, 24. Juli 1872. Augenscheinlich dürste der Kampf zwischen Staat und Kirche eine Entscheidung hervorbringen, sobald der Moment eintritt, da in Rom der neue Papst zu wählen ist. Bon beiden Seiten find die Rüstungen für diesen Fall ersichtlich; man könnte sagen, Gibellinen und Guelfen des Mittelalter- erständen dann von Neuem, um ihre Macht zu messen. In Rom ist der JesuitiSmuS mit gewohnter Schlauheit be dacht, da- Aeußerste in diesem Falle zu wagen. Der jetzige Papst ist nur noch als ein Werkzeug in seinen Händen anzusehen; er ist unfehlbar gemacht worden, damit der Jesuitengeneral durch ihn die Pläne zur höchsten Herrschaft des römischen KirchenthumS verwirk« lichen kann. Wohin diese zielen, ist kein Geheimniß. Der Papst, nun er nicht mehr weltlicher Souverän ist, soll aus dem geistlichen Oberhaupte der römischen Kirche zu einem idealen Oberherrn der gesammten Welt gemacht werden. Die Christenheit ist sein ererbtes Reich; Heiden, Muhamedaner und Juden gehören ihm auch noch von Rechtswegen zu, wenn er sie nur erst für die verschiedenen Bischöfe in partidu» bekehrt haben wird. Er soll der Herrgott auf »Erden sein, der leibhaftige Statthalter de- Schöpfer- aller Dinge. »So komisch diese Ausgeburt menschlicher Hoffahrt klingt, so ernst« Ilich hoffen die Jesuiten ihren Plan zu erreichen. Und logischer »Weise kann der Papst dann als unfehlbarer Stellvertreter Gottes Inur als der oberste Herr aller irdischen Sündhaftigkeiten, aller »Menschen, wie aller ihrer Werke, somit auch der Staaten, gedacht »werden. Staaten find ja nur vorübergehende Erscheinungen, die »Gott nicht weiter, als durch den Papst beschützt, wenn dieser sie Izusriedenen Sinnes und guter Laune segnet. Aber die römische »Kirche mit dem Papst — fie find ewig. I Entsprechend dieser naiven Auffassung, plant nun der JesuitiS- Imus, bei der neuen Papstwahl auch die letzte irdische Gemeinschaft Imit den Staatsmächten als etwas Unwürdige- abzustreisen. Er »will womöglich den Nachfolger sogleich nach dem Ableben des jetzi- Mn Papstes von dem in Rom gerade anwesenden Cardinal - Colle« mium wählen. Selbstverständlich bestände dann dasselbe zumeist nur «us Jesuiten oder ihnen ergebenen Creaturen. Ferner entfiele da« Unit den katholischen Staaten das alte Recht, ihrerseits je einen Malaien zu bezeichnen, der nicht als Papst gewählt werden darf U- ein Recht, dessen Wichtigkeit immerhin nicht gering anzu« Dchlagen ist. I Daß es also bei dieser Gelegenheit aus einen Rechtsbruch nicht Rukäme, darf man den Jesuiten schon zutraueu. Sie werden jenes Mecht der Staaten zur vorherigen Ablehnung eines Candidaten vom Kollegium ebensowenig noch gelten lassen wollen, wie fie sich um I die etwaigen Proteste von Cardinälen kümmern werden, die bei der »schnellen Papstwahl, wie ihnen zusteht, nicht zugegen sein konnten. »Wer sich nicht fügt, wird excommunicirt. .Der neue Papst ist ja -unfehlbar und was er für Recht erklärt, muß der bockbeinigste Car« Idinal glauben. Die Staatsmächte aber haben sich nicht mehr da« »rum zu kümmern, wie der Herrgott auf Erden eingesetzt wird; fie Isind ja in allen Fäyen nur Unterthanen desselben. I Diesem Plan gegenüber ist, so scheint eS, Seiten- de- Fürsten BiSmarck bereits Vorsorge getroffen worden, um dm Kampf im rechten Momente auszunehmen. Denn allerdings ist die Sache sehr ernst aufzufassen, da mit dem bloßen Protestiren und selbst einer etwaigen, eigentlich gar nicht zulässigen Nichtanerkennung de- neuen Papstes in der Hauptsache so wenig erreicht würde, wie in früherer Zeit durch die Wahl von Gegeupäpsten. Das Papstthum blieb trotz dem. ES wird deshalb keinen anderen Ausweg geben, al- daß die Staatsmacht sich völlig von der Kirche lo-sagt, die sich al- eine gefährliche Nebenregierung herausbilden will. Wie weit man nach dieser Richtung vorgehen wird, muß die Zukunft lehren; nur so viel scheint gewiß, daß wir erst am Anfang heilloser, religiöser Wirren stehen und dem Volke deshalb nicht genug gesunder Men schenverstand gepredigt werden kann. Lagesgeschichte. Berlin, 22. Juli. Bekanntlich hat der Buvde-rath die Ein« setzuvg einer Commission beschlossen, welche Vorschläge über dm Ersatz der etwa 12 Millionen Thaler machen soll, die mit der Auf hebung der Salzsteuer ausfallen würden. Ja der Commisfioo find Preußen, Bayern, Württemberg, Baden und Bremen vertreten; fie wird ihre Arbeit mit dem Wiederbeginn der Thätigkeit de- Bunde-- raths anfangen. Bekanntlich sollte in erster Linie der versuch ge macht werden, den Ausfall der Salzsteuer durch eine erhöhte Ta bakssteuer zu ersetzen. Man dachte dabei nicht an ein Monopol, welches auch von der preußischen Regierung verworfen wird, sondern nur an eine starke Erhöhung der Steuer. Nach einem übrigen- gut unterrichteten Correspondenten der „A. A. Z." wäre an eine so große Steigerung der Steuer, daß 12 Millionen dadurch gedeckt würden, nicht zu denken, weil der einheimische Tabakbau dadurch ruinirt würde. Man würde anderweitige Aequivaleate suchen, z. B. die Börsensteuer. Die „Spen. Ztg." glaubt nicht, daß die Frage schon abgeschlossen ist und ist der Ansicht, daß der Tabak uns sehr wohl 12 Millionen eintragen kann, vorausgesetzt, daß wir diese Einnahmen auS einer Luxussteuer dazu benutzen, um die Be- dürsnißsteuern zu verringern. — Der „D. R. A." veröffentlicht eine Instruction des Reichs kanzlers, welche die Vorschrift feststellt, nach welcher die kaiserlich deutschen Consularbehörden im türkischen Reiche mit Einschluß von Egypten, Rumänien und Serbien, sowie in China und Japan dm dortigen Angehörigen des deutschen Reichs oder denjenigen Per sonen, welche aus ihren Antrag in den deutschen Schutz ausgenom men sind, diesen Schutz zu gewähren haben. — Noch immer forschen Truppentheile nach vermißten Mann schaften, über welche seit den Schlachten von 1870 jede Spur ver loren ist. So sucht das 1. Bataillon des Ostfriefischen Infanterie- Regiments Nr. 78 noch 14, das Grenadier-Regiment Prinz Karl von Preußen Nr. 12 gar noch 55, das Colbergsche Grenadier-Re giment Nr. 9 noch 4, das Thüringische Regiment Nr. 31 noch 28, das Hessische Jnfanterie'Regiment Nr. 83 noch 16, da- Nieder schlesische Infanterie-Regiment Nr. 50 noch 11 Mann. Man schreibt der „KarlSr. Ztg." aus Stratzbma: Ei» uv- heimliches Flüstern läuft die ganze lauggedehnte Grenze von Elsaß- Lothringen entlang. Bei Basel beginnt e-, fetzt sich über Belfort, St. Die. Luueville nach Nancy fort, von wo e- feine Schwingung« uach Pans abgiebt, um endlich entlang der luxemburgischen Grenze allmählig zu ersterben. „Es wird gerüstet", da-ist die Schreckens botschaft, welche mitten hinein in die Sänger« und Schützenfeste, fn dir Badekuren erlaubter und alltäglicher Herrschaften ertäut, Merger Anzeiger Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter und der Stadträthe zu Freiberg u. Brand.