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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 07.12.1883
- Erscheinungsdatum
- 1883-12-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188312079
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18831207
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18831207
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote
-
Jahr
1883
-
Monat
1883-12
- Tag 1883-12-07
-
Monat
1883-12
-
Jahr
1883
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 07.12.1883
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Cd-mnitzer A«r»eiqer ,e,d Gkadkboke. Dki'. 117. Freitag, 7. December. Seite S. —* Ein an der Fricdrichstraße hier wohnhafter Dütenfabrikant beauftragte gestern Nachmittag seinen Laufburschen zwei Posten Düten auszutragen und dar Veld dafür zu kassiren Der Bursche übernahm die Tüten und quittirten Rechnungen behufs Ausführung des Auf trag«, kam aber nicht wieder zurück. Auf erstattete Anzeige wurde der Verdächtige heute Vormittag fcstgenommen. Er war geständig, de« Auftrag zwar ausgeführt, die kassirten Beträge in Höhe von 7 M. 10 Pf. jedoch unterschlagen und größtentheils schon in seinem Nutzen verwendet zu haben. Unter Anderem hatte er sich ein Paar Stiefel für 4 M. gekauft. Gäebgttb-S. — Dresden. Aktien-Bierbrauerei zum Feldschlsßchen. Wie aus einer Bekanntmachung des Verwaltungsraths hervorgeht, bildet einen Theil des von den Herren Gebrüder Arnhold eingereichten ReconstructionsplanS die Emission von 400,000 Mark 5 proc. hinter 800,000 Mark sammt Anhang auf dem gesellschaftlichen Grundstück hypothekarisch sicher zu stellenden Prioritäten, von welcher Summe genanntes Bankhaus den Betrag von 375,000 Mark fest übernehmen will. Aus Veranlassung des Berwaltungsrathes haben die Herren Gebrüder Arnhold demselben indessen die Gewährung deS Beitritts der Gläubiger, Prioritätendesitzer und Aktionäre zu dem von ersteren gebildeten Kon sortium bis zur Hälfte obigen Betrages zugesichert, und ladet der VerwaltungSrath diejenigen, welche von dieser Zusicherung Gebrauch machen wolle« ein, ihre eventuellen Zeichnungen bis zum II. December bei den Herren Gebrüder Arnhold zu bewirken. Was de» Accordvarschlag, welchen die Gemeinschulderin zu machen deabsich- ligt, anbetrifft, so hören wir, daß die Grundzüge desselben sind, daß de» absonderungsberechtigten Gläubigern im Nominal-Betrage ihrer Forderung Stamm-Prioritäts-Wien Lit A. der Gesellschaft „Consali- dirtes Feldschlößchen* ausgeliefert werden, daß ferner die nicht bevor» rechtigten Kankursgläubiger 50 Procent in Stamm-Prioritäts-Actien Lit. B. erhalten, und daß schließlich die Gemeinschuldnerin die Aktien der Gesellschaft: .Consolidirtes Feldschlößchen* erhält, um je eine für L Prioritäts-Stamm-Aktien bez. 8 Stamm-Aktien gegen Rückgabe der letzteren ihren Aktionären zuzutheilen. — Grimma. In dem am »ergangenen Freitag stattgefundenen Lbonnementconcert des Hrn. Musikdir. W»lschke wurde der Zuhörerschaft ein besonderer Genuß zu Theil. indem außer der ansprechenden !>)»-,)» c-Symphonie von Mozart und anderen Tonstücken für Orchester auch das Klavierconcert 6-moIl von Beethoven z» Gehör gebracht wurde. Die Klavierpartie hatte die Wohl vielen Concert- besuchern von ihrem früheren hiesigen Aufenthalte her bekannte Frau Professor Therese Frohberger, z. Z. in Chemnitz, in uneigennützigster Weise übernommen, und dieselbe wurde von ihr so durchgeführt, daß «an der strebsamen, talenwollen Dame die vollste Anerkennung zollen «ußte. Sowohl die technische Ausführung, dere» Wirkung anfangs durch etwas zu häufigen Pedalpebrauch beeinträchtigt wurde, als auch die von Hingabe an das großartige Tonwerk und von selbstständiger Auffassung zeugende Wiedergabe der einzelnen Concertsätze, nament lich des zweiten, bewiesen zur Genüge, daß angestrengtester Fleiß, treueste Benutzung des vortrefflichen Unterrichts bei Kapellmeister Reinecke in Leipzig Frau Professor Frohberger seit ihrem letzten Auf treten hier dem Ziele künstlerischer Vollendung ein gutes Stück näher gebracht hat. Die sorgfältige Wiedergabe der eingelegten Rcinecke'schen Cadenz in» Klavier-Concert und der treffliche Bortrag der mit duftige« und abgerundetem Anschlag ge,hielten Chopin'schen Klavier stücke, Nocturne in b'io-äur und Walzer in äs-äur, trugen zur Be stätigung des oben gefällten UrtheilS wesentlich mit bei. L. MervsifHte». — Vielleicht kein anderes Gewerbe ist mit Arbeitskräfte« so überladen wie die Buchdruckerei. Nach der kürzlich ausge gebenen Statistik vom 1. October 1882 bis 30. September 1883 befinden sich über 1500 vuchdruckergehilfen außer Stellung. Man schreibt dies hauptsächlich dem Umstande zu, daß eine verhältnißmäßig zu große Anzahl von Lehrlingen als Ersatz für Gehilfen von den Druckereien angenommen werden. Bei einer Zahl von etwa 16 000 Gehilfen soll es etwa 7000 Lehrlinge geben. — Auf Veranlassung des Reichspostamtes werden gegenwärtig in Berlin Unterrichtskurse im Samariterdienste für die Beamten und Unterbeamten von 5 Bahnpostämtern durch einige Aerzte der Berliner Zweigstelle des deutschen Samaritervereins abgebalten, um die Betreffenden zu befähigen bei vorkommenden Verletzungen in Folge von Eisenbahnunfällen eine vorläufige Hilfeleistung eintreten zu lasten. Durch Vermittelung des deutschen Samaritervereins und nach Angaben des Prof. vc. ESmarch in Kiel ist zu diesem Zwecke eine Anzahl von Verbandmitteln und Stoffen auSgewählt und in Eschen holzkästchen übersichtlich zusammengestellt und mit Gebrauchsanweisung versehen worden. Diese Zusammenstellung umfaßt folgeude Mittel und Geräthschaften: ein Fläschchen mit 200 Gr. 3proc. Carbollösung, ein Fläschchen mit 10 Gr. reiner Carbolsäure, ein Fläschchen mit 100 Gr. Leinöl-Kalkwaster mit 1 Proc. Tymol, ein Fläschchen mit 10 Gr. Ammoniak-Flüssigkeit, ein Fläschchen mit 10 Gr. HoffmannS- tropfev, ein Fläschchen mit 50 Gr. Opiumtropfen, ein Stück Sublimat watte,, ein Stück i, Meter Borliut, ein Stück entfettete Watte, eine Blechdose mit Zucker, fünf Tupfer aus Sublimatwatte, fünf große „dreieckige Tücher", vier Holzschieneu, fünf Binden zum Umwickeln, eine» elastischen Gurt mit Bändern, ein Waschbecken, eine Scheere zu» Ausschneiden von Kleidern und Schuhwerk, ein Stück (500 Qcm.) englischen Heftpflasters und einen Katechismus für Samartterschulen. — Wer ein Sclave werdou will, trete in einen Ge- heimbund. Ein Geheimbuud ist lOOmal schlimmer als der tollste Tyrann. So bei den russischen Nihilisten, so bei den irischen Feniers. Ein „Officier* bei den Feniers in Nordamerika schwatzt aus der Schule. Ich gäbe Welten drum, sagt er, wenn ich dem Bunde nicht beigetreten wäre. Einer überwacht de» anderen und über jedem schwebt die Gefahr, jeden Augenblick ermordet zu werden oder zum Mörder werden zu müssen. Einjversiegrltes Schreiben bringt ihm den Befehl, sich da- und dorthin zu begeben, und das und da zu thun, und wer einen solchen Befehl erhält, muß sofort, ohne Ab schied vou seiner Familie und seinen Freunden zu nehmen, abreisen. Er wird dadei auf Schritt und Tritt überwacht und selbst seine Briefe werdcn gelesen, da iw-Postamt« Mitglied» de- Bunde- sind, welche die a«S- und eiulaufeuden Lorrespoudenzen du ihnen nam haft gemachten Persönlichkeiten zu prüfen hoch». Wird ein Mitglied als unzuverlässig oder al» Verräther befunden, so ist sein Schicksal besiegelt, er wird ermordet. Die Zahl der Mitglieder in der Stadt, wo der Berichterstatter lebt («nsch.ineud New-Uork) beziffert er auf 12,000. Gerichtshalle. —tr. Strafkammer I. vom 4. December. Der Handarbeiter Ernst Robert Simon aus Dorfsch ellenberg (1853 geboren »nd bereits mehrfach vorbestraft) war de- versuchten und vollendeten Betrugs, sowie deS Diebstahls «»geklagt. Der zuletzt In Euba wohnhaft gewesene Angeklagte war der ihm beigemessencn Strafthatcn geständig und wurde unter Annahme mildernder Umstände, sowie unter Anrechnung von 1 Monat Untersuchungshaft zu 10 Monate» Gefängnis) »nd 2 Jahren Ver lust der bürgerliche» Ehrenrechte vernrthcilt. Der Tischler Friedrich Gustav Schilling aus Tanna b. Schlciz, jetzt in Chemnitz wohnhaft (1835 geboren »nd bisher noch unbescholten) war des Betruges angeklagt. Der Angeklagte, welcher am 26. Septbr. d I. seine» Coueurs angezcigt hat, war im Juli d. I. in Geldverlegenheiten gerathcn und deshalb ging er de» Nohprodilctciihäudler Emil Rnlon Stein i» Kappel um ein Darlehn von 250 Mk. a». Stein gewährte dem Schilling auch diesen Credit, indem er ihm das ausgestellte Accept discontirte Nach Ausbruch des Concurses aber zeigte Stein bei der Behörde an, daß Schilling ihn unter Vorspiegelung falscher Thatsachen über seine Vermögensverhältnisse zur Ge währung des betreffenden CreditS bewogen habe. Schilling widerlegte dies »nd die heutige Beweisausnahme war für den Angeklagte» überaus günstig Der Gerichtshof vermochte infolgedessen nicht zu der Ueberzeugung zu gelange», daß Schilling sich eines Betrugs schuldig gemacht habe und deshalb sprach er ihn gemäß des Antrags des Bertheidigers, Herrn Rechtsanwalt Bauer 11 hier, kostenlos frei. Die »och jugendlichen Handarbeiter Friedrich Eduard Schnarschmidt und Hermann Adolph M. Frenzcl genannt Müller aus Scheibenberg waren deS schweren Diebstahls und der Beihilfe dazu, bez. der Begünstigung angeklagt. Schaarschmidt hat seinem Großvater ein Sparkassenbuch aus eurem verschlossenen Koffer gestohlen, während Frenzel aus dos Buch Geld erhoben hat, um Schaarschmidt und sich einen rechtswidrigen Vermögensvortheil zu sichern. Die beiden Burschen haben die Bahn des Verbrechen) betreten, um sich die Mittel zur Auswanderung nach Amerika zu verschaffen. Schaarschmidt wurde wegen schweren Diebstahls zu 6 Monaten, Frenzel wegen Diebstahls begünstigung zu b Monaten Gefängniß verurtheilt. Jeder »er Angeklagten erhielt 1 Monat Untersuchungshaft auf die Strafe angerechnet. Strafkammer II vom 5. Decbr. Der Schneider Johann August Carl Kühn aus Leipzig, jetzt in Chemnitz aufhältlich (1829 geboren und noch unbestraff) war eines Vergehens gegen 8 t31 des Reichsstrafgesetzbri! der Strumpfwirker Carl Ernst Schletter aus Thalheim (1Ä0 geboren und gleichfalls noch unbestraft)- des gleichen Vergehens verbunden mit 88 38 und 34 des Vereinsgesetzcs angeklagt. Am 9. Septor. d. I. fand im Gasthof ^zum deutschen Haus" in Burkhardtsdors eine von socialtzemocratischer «eite einberufene öffentliche Versammlung für die Wähler des 36. ländlichen Landlagswahlkreises statt. Als Candidat der Socialdemocrate» war der Gast- wirth Stolle aus Gesau aufgestellt. Dieser sollte in der hetr. Versammlung über das Krankenkassengesetz und über die Landtagswahl sprechen. Er erkrankte aber einige Tage vor der Versammlung und deshalb sprach für ihn Kühn über die angezogencn Gegenstände. Kühn zog dabei über die gegnerischen Parteien tüchtig los, sagte, daß namentlich die Conservativcn nur für sich sorgten, und dabei ließ er die Worte fallen, daß die gesetzgebenden Gewalten ihre Aufgaben bisher nicht »erstanden hätten. Schletter, welcher in dieser ersammlrrng den Vorsitz führte, ließ Kühn ruhig sprechen und entzog ihm das Wort nicht. Der in der Versammlung anwesende Gemeindevorstand einhold und der mitanwesende Gendarmeriebrigadier machten sich über den Bortrag Kühn's oberflächliche Notizen, und aus Grund derselben erstattete Weinhold gegen Kühn und Schletter Anzeige, welche die heutige Anklage zur Folge hatte. Kühn bestritt, mit den Worten: „Die Gesetzgeber hätten bisher ihre Ausgabe nicht verstanden, sie sorgten nur für ihr eigenes Interesse", keines wegs die Absicht verbunden zu haben, die Staatseinrichiuiigen verächtlich zu machen, am allerwenigste» habe er dabei daran gedacht, die Regierung irgend wie aiizugreifen. Ihm habe nur daran gelegen, den gegnerischen Landidaten zu bekämpfen und deshalb habe er die Parteien als solche angegriffen. Die sel der Leitfaden seines Vortrages gewesen, wenn er dabei von den gesetz gebenden Gewalten gesprochen, so habe er auch nur die im Reichstage maßgebenden Parteien imAuge gehabt, die erals diegesetzgebenden Gewalten ansehe. Jhmgelte aber die Zusammensetzung des Reichstags nicht als ein« staatliche Einrichtung, denn dieselbe sei wandelbar und deshalb keine feste Institution- Gemeinde- vorstan» Weinhold sagte heute übrigen» «uS, daß Kühn gesagt, die Parteien sorgten stets für ihr eigenes Interesse ». s. w. Auf den Vorhalt seiner An zeige, welche mit seiner heutigen Aussage nicht völlig harmonirte, gab-der "euge an, daß das, was er angezeigt habe, sicher der Wahrheit entspreche. >er adgehörte Brigadier machte ähnliche Depositionen. Der kgl. Staatsau walt, Herr Böhme, beantragte die Bestrafung der Angeklagten mit Gesäng- niß. Der Gerichtshof sprach aber Kühn sowohl al- Schletter von der An klage kostenlos frei. In den Entscheidungsgründen wurde zw«r anerkannt, daß die in dem Anklagcbeschluffe bezeichnten Aeußerungen von Kühne ge- than worden seien, dieselben charakterisirten sich aber lediglich al« eine allge mein gehaltene und straflose Kritik der politischen Parteien und gewisser Ge setze. Im Weitere» könne unter dem Ausdruck gesetzgeberische Gewalten nicht die Staatsregierung verstanden »erden. Der Handarbeiter Carl August Helbig aus Tannenberg (1827 geb. und nicht weniger als 30 Mal vorbestraft) war des im Rückfalle verübten Diebstahls und des Bettelns angeklagt und geständig. Er wurde zu l Jahr "uchthauS, 2 Wochen Haft, 2 Jahren Ehrverlust und Ü berweisung an die andespolizeibehörde nach verbüßter Straszeit verurtheilt. Der Cigarrenorbeiter Franz Lorenz Kutschera auS Zscheikowitz in Polen (1847 geb. und schon »ielsach Vorbestrast) wurde wegen RückfallS- diebstahls und Bettelns zu 2 Jahren Zuchthaus, 4 Wochen Hast, 5 Jahren Ehrverlust und Stellung unter Polizeiaufsicht verurtheilt. Stadttheater. Schauspiel. Mittwoch, den 5. December- Zweites Gastspiel der kgl- württembergischen Hosschauspielerin Frau Wahlmann-Witlführ aus Stuttgart: „Die Jungfrau von Orleans," Tragödie von Schiller. Das zweite Gastspiel der Stuttgarter Darstellerin war minder gut be sucht, als das erste. Die Schuld mag daran liegen daß die Schiller'sche Tragödie erst vor Kurzem einige Male über unsere Bretter gegangen ist und daß die Aufführung des personenreichen und ausstattungsbedürftigen Stückes für eine Provinzialbühne mit großen, ja zum Theil unüberwindlichen Schwierig keiten verbunden ist. Uebrigens war auch die Gesammtdarstcllung desselben wesentlich mangelhafter und unzureichender, als die früher von uns besprochene Man hatte weder die Sorgfalt, »och den äußeren Prunk und Reichthum darauf verwendet, wie damals; wir erinnern nur an die Schlachtenscenen, an den Krönungszug u. s. w. — Ferner war der Lärm, der in den Pausen zuweilen hinter dem geschlossenen Vorhang hervordrang, geradezu polizeiwidrig. Wir dächten doch, daß man dem Publikum etwas mehr Rücksicht schuldig wäre! Was nun die Leistung der Frau W ahlman n-W i l lsühr als Jung frau anlangt, so war dieselbe zunächst durchdrungen von Kraft und Größe, von Berständniß und rhetorischem Schwung, weniger aber von jenem Impuls frischer Unmittelbarkeit und ursprünglicher Innerlichkeit, wie er nothwcndig ist, um die gottbegeisterte Seherin und Heldin »ns menschlich näher zu bringen. Der wundervolle Strom glänzender Lyrik, der breit und gesättigt durch die ganze Diktion Schillers fluchet, erstarrte ineist in kaltem, herbem deklamatvrischen Pathos; es fehlte dieser Ausdruck-weise die Sonnenwärme der Empfindung. Ran staunte die Gewalt und die hinreißende Mache des Spieles an; aber man wurde nicht erwärmt von der Sprache, mochte sie sich auch zu ganz wuchtiger und 'zum Theil überwältigender Höhe des Affektes erheben; man wurde nur selten überzeugt von der Macht einer unwider stehlichen inner» Wahrheit, mochten auch alle äußerlich aufgewendeten Mittel uns diese Ueberzeugung beibringen wolle». Höchstens in der Thurmsccne im letzten Act lernte man vall und ganz an das Spiel der Darstellerin glauben. In diesem Verzweifluntzsgebet lag wirkliche Herzensangst und erschütternde, aus tiefeui Innern hervorbrcchcnde Krast, und nirgends war stürmischer Beifall so verdient, als in dieser Scene. Der Monolog im Vorspiel „Lebt wohl, ihr Berge u. s. w." war ver- stiindvißvoll gegliedert, aber dennoch kam der Wechsel zwischen dem elegischen Ton der Hirtin und dem begeisterten der Heldin nicht rein und bestimmt genug zur Geltung; eben weil zu wenig warmer Herzschlag darin war. Aus demselben Grunde wollte dem Hörer in dem gr»ßen Monolog vor der Krtnungsscene (Act IV.) das zermalmende Schuldbewußtscin der Jungfrau nicht glaubhaft genug Vorkommen, abgesehen davon, daß ihr das Organ fehlte für die herrliche Lyrik dieses Monologe-. Kurz, wir möchten fast be haupten, daß trotz hervorragender und glanzvoller Momente die Künstlerin für die Darstellung dieser Schiller'sche» Heldin nicht jene Qualitäten besitzt, die zu völliger Beherrschung der Rolle erforderlich sind. Die düstere, rauhe, herb-leidenschastliche „Medea" will ihr weit besser gelingen, als die gotter- süllte, reine Jungfrau, die schließlich in seliger Verklärung gleichsam gen Himmel entschwebt. Hoffen wir, daß sie für die gluthvoll-wilde weibliche Reckcnnatur der „Brunhilde" wieder den rechten Ton und dramatischen Ausdruck findet, damit wir mit unfern Lobspenden weniger zurückhaltend zu sein brauchen, als heute. vr. Li PPS. Oper. Dienstag, den 4. Decbr.: „Der Waffenschmied." Lortzing'S „Waffenschmied" gilt zwar als die schwächste seiner Opern, sie ist und bleibt aber eine echtes und unverfälschte VolkSoper, welche behag liche Heiterkeit genug besitzt, um ein paar Stunden gut zu unterhalten. Die Anhänglichkeit unseres deutschen Volkes an die Tonschöpsungen dieses so Humor- und gemüthvollen Componlsten verdanken dieselben besonders zwei Eigenschaften, nämlich der grundehrliche» deutschen Natur, die sich darin offenbart »nb der unendlichen Anspruchslosigkeit, mit welcher Lortzing seine Gaben darbietet Wie viel auch in Lortzing'S Tonsprache enthalten sein mag, was einem geläuterten Knnstgeschmack nicht entspricht, so geben wir seinen „komischen Opern" doch bei Weitem den Vorzug vor den »ach Pariser Mustern gefertigte» Fabrikaten - item Operetten — der »euer» Zeit, die es zumeist trotz alles Scheines einer guten Laune und trotz alles deshalb angeweudeten Raffinements doch selten weiter als zu einer Grimasse bringen. War aber den deutschen Lortzing vor den meisten Operncoinponisten der neuer» Zeit vortheilhast auSzeichnet, das ist der Reichthnm an größeren und wirksame» Enseinblestücke» und insbesondere „das Lied", welches er so o!t in seine Opern ausgenommen und dadurch die Wirkung derselben ganz bedeutend erhöht hat. Diese Lieder sind zum Theil Gemeingut des Volkes geworden und verdienen es auch zn bleiben, denn sic sind durch Besseres gerade ihrer Art bis jetzt immerhin nur selten etwas zur Seite gedrängt worden, Lortzing hat niemals auf die Sinnlichkeit der Menge sveculirt und steht uns schon darum viel höher als die Mehrzahl der französischen »nd deutschen Operette»« componisten der neuern Zeit. Seine Schöpfungen tragen stets das Gepräge einfacher Fröhlichkeit und Sittlichkeit und fallen nirgends ins Possenhafte, falls die Darsteller cs nicht etwa übertreibe» und das muß auch nicht sei«. Zwischen Kunst und Publikum muß eine gewisse Schranke erhalte» bleiben, wenn »ie Bühne nicht z» einem Heerde frivolen Unsinns werden soll. lieber die Gesammt-Aufführung und bie Leistungen der Einzeldarsteller können wir uns diesmal kürzer fassen; Lortzing stellt ja nie zu hohe An forderungen an seine Sänger, seine» melodischen Gebilden ist die Energie der Leidenschaft fremd und ein besonder- tiefes Studium erfordert keine einzige der von ihm geschriebenen Rollen. Al« „Graf Liebenau und Pseud,-Schmiedegeselle Lonrad" war Herr eck wacker am Platze wie immer. Er gab die Rolle mit der ihm eigene« nergie des Ausdrucks sowohl gesanglich wie schauspielerisch, welche ihu immer auszeichnct. Als jederzeit sicherer, in iedem Sattel fester und ob seiner um fangreichen und kräftig ausgcbcnden Stimme mehr als gewöhnlich verwend barer Baritonist, der sich zugleich als ein umsichtiger und vcrständnißvoller Regisseur erwiesen hat, ist Herr Heck bisher zumeist an großen Bühnen mit vielem Erfolg thätig gewesen, wie solches vielfach bezeugt worden ist, und wenn es anfangs scheinen mochte, als wolle es dem Sänger nicht gelinge», sich auch die Gunst unseres Theaterpublikums zu erwerben, so ist doch j« letzter Zeit dem äußerst strebsamen und durchaus tüchtigen Künstler wiederholt sehr warmer und reicher Beifall für verschiedene Leistungen zu Theil ge worden, so namentlich auch am vorigen Freitag bei Aufführung der „Weiße» Dame", als derselbe, »m die Aufführung überhaupt zu ermöglichen, sofort in liebenswürdigster Weise die Rolle als „Oaveston" für den Bassisten Herr» Braun übernommen hatte und mit der exacten Durchführung dieser Pärtte die volle Sympathie des Publikums zu erwerben wußte Hoffentlich wirb das Publikum hierfür die Leistungen dieses Künstlers besser lohnen, als es bisher der Fall war und mag man dabei bedenken, daß doch selten mit dem künstlerischen Können eines Darstellers auch eine nach allen Seiten hin be friedigende und vortreffliche äußere Erscheinung verbunden ist, selbst an Hof« ihcatern nicht und durchweg Aphrodite und Adonisgestalten als Darsteller zu finden und zu gewinnen, das war bisher noch keinem Theaterdircctor der Erde beschieden. Die übrigen Rollen waren zumeist ebenfalls in guten Hände». Al» „Stadinger" erwarb Herr Schweckendiek mit seinem Liede „Bon der köstlichen Zeit" den lebhaftesten Beifall- Herr Zieseniß stattete seine» schwäbischen Ritter mit guter Komik aus. Herr Kellerer wußte seinem „Georg" viel Liebenswürdigkeit beizumischen und erntete mit seinem Liede „Man wird ja einmal nur geboren re." reichen Applaus und Hervorruf. Auch Herr Roch hielt sich als „Gastwirth Brenner" ganz trefflich. Fräul. Trousil gefiel als „Jrmentraut" durchweg und wußte durch so manche feine Nüance und liebenswürdige Schalkhastigkeit im Spiel in besonderer Weise für ihre Rolle einzunehmen. Fräul. Elchen führte ihre Partie als „Marie" über Erwartung durch und wird sich des gespendete» und auch nicht unverdienten Beifalls gewiß gern erinnern, wenngleich ihr gesanglicher Vortrag sich über das Niveau des Anfangs im Operngesang noch nicht erhoben hat. Der Besuch deS Hauses war leider ein recht schwacher und die nach theilige Einwirkung des nahenden Weihnachtsfestes auf die Theilnahme deS Publikums an den Theatervorstellungen eine unverkennbare- — l. Verantwortlicher Redacteur: vr. xtttl. O- Müller in Chemnitz. Bitte. Schnee bedeckt weit und breit die Fluren. Unsere gefiederte« Lieblinge finden draußen, auf freiem Felde keine Nahrung mehr und suchen daher die Nähe der menschlichen Wohnungen auf. weil ihnen hier öfters einmal ein Körnlein zufällt. Emsig suchen sie nach -ine« verlorenen Blöckchen. Bei dem regen Verkehr jedoch in unsere« Straßen ist es ganz natürlich, daß jede« verstreute Körnchen in de« Straßenschmutz getreten oder zerfahren wird, so daß unsere Lieblinge nur wenig finden können. Von unseren Tischen aber fällt so manche Brodkrume ab, streut sie ihnen hinaus, helft ihnen über die Sorge« des rauhen Winters hinweg! Oder noch bester, scheut die geringe« Kosten nicht, liebe Leser, kaust in einem hiesigen Getreidegeschäst für wenig Pfennige „Kehrfutter" für die armen Vögel, die euch di« geringe Mühe durch ihre Zutraulichleit und vor allen Dingen auch im Sommer durch ihren Besang sicherlich genugsam danken werde«. Abfahrt and Ankunft -er Eisenbahnzüge auf dem Hauptbahnhof in Chemnitz vom 15. Octbr. 1883 an. Abfahrt nach: Lnnaderg: 6.5 bt« Weip-rt — 8,52 — 2,30 bis Komotau — 4.45 — 9.1V Kne-Ädorf: 4.40 — «.15. — 8.14 — 6,15 bis Aue. Serlin via Röderau: 4,l0ab Röderau Courier,ug — 18.38 — 8. Heriin,ioGlsterwerda:4,lO -8,31 (!r ) Dresden via Freiberg: 4 55 — 7,59 Courierzug — 8,43 — 11,25 — 1,16 — 4.35 — 7.39 - 7.5 > Eilzug. Lger via P auen i/V. 4,30 — 6,59 Eil zug - 9.10 — 12,lO — 3.4 — 6.32 Courierzug — 11,43. Kobwein via Hainichen: 8,53 — 2.30 — 6,10 - V.35 bis Hainichen. Koßwein via Döbeln: 4,10 — 6,31 — 13,86 — 6. — 9.3. -of: 1,30-6.59 Etltt'g — 9.10-12.10 —3,4 — 6,32 Courrerzug — 6.40 —-10,löbisZwickau—II 43 Courier zug ab Reichendach. Zohanng-orgenstadt via Zwönitz: 4,40 — 2,14. -Zcra: 4,20 — 6 59 Etizug bis Glauchau — 9,tO - iu.10 — 3 4 — 6,40. Leipzig via Borna: 7 — 12,5 — 3,10 — 8,53. Leipzig vi» Gößnitz: 4,20 — 6,59 EUz. d. Glauchau — 9.10, — 12.10 — 3 4 — 6.40. Leipzig via Döbeln-LetSnig: 4,l0 — 8.3l—13,38— 6—9 3 b.-LeiSnig Lichtenstein-Oelsnttz via St. Egidien- 6.50 EN, b. St. Egidien—9,l0- 6.40. Limbach:7,55— 1 35 - 5.24 — 10,45. Sugau-Stsllberg: 7,5 —11,45 — 7 10 lleltzenham-O'bernbau: 6,5 b. Komotau — tl,35 — 4 45 bis Komotau Kiesa: 4,10 —8.3t — 12.38— .0- Ankuntt von: Annaberg: 8,25—11,34 von Komotau 5,6 von Wetpert— 8,4l — 1t,34 von Komotau. Aue-Adorf: 7,44 von Aue — 1l,12 — 1.49 — 7.16. Berlin.Röderau: 2,4 bis Röc-erauCou» rierzug — 6,6 — 12.1 (Nachts) bi» Röderau Courier,. Berlin-Elsterwerda: 3,4 (Nachmttgs.) — 13, l (NachtS). Dresden über Freiberg: 6 56 Etlzug — 8,59 — 11.39 2,54 - 5.48 — 6,26 Courierzug — 10,5 11.84. Sger über Plauen: 4.30—12 33 — 4.18 — 7.26 — 7,50 Etlz ig - 10.38. Roßwem über Hainichen: 8,25 von Hainichen — 11,56 — 4 54 — 8,7. Roßwein über Döbeln: 7.30 — 11,14 — 6,6 — 12.1 (NachtS). Hof: 4.30 Courierzug bt« Reichenbach — 7.56 Courierzug — 8,31 —10,23 v. Zwickau — 12.33—4.13—7.36 — 7.50 Eil, — 10,38. JohanngevrgenstadtviaZwönitz: 11,18 — 1.49 — 7,16. Gera: 7.56 Courierzug ab Glaucha« — 8,21 — 10,33 — 12,33 — 4,13 — 7,36 - 10.88. Leipzig über Borna: 8,24 — 11,18 von Cossen - 2.7 — 5,50 — 11,13. Leipz'g-Gößnttz: 7,56 Courierzug ab Giauchau — 8.31 - 10,23 — 12.38 — 4.35 — 7,26 — 10,38. Leipzig über Döbeln-LeiSnig: 7,30 von Leisnig — 1l.14 — «6 — 18,1 (NachtS. Licbtenstem-OelSnitz üb-r St Egidien 8 31 — 12.33 — 7,26. Limbach: 7.^7—13,32 -3,51-9,20. Lugau-Stollberg: 7.38—11,55—6,48. Rrrtzenhain-Olbernhau: 8,35 von Ko motau — 2,9 — 8,4t v. Komotau. - l>,14 - 2,4 — 6.6 — Riesa: 7.30 l2,1 (NachtS). Ju Nieolai-Vorstadl halten alle Züge mit ttuSaahrne der Etl- und Lo-tiu,züge und d«S 11.43 Nachts abgehenden liersonenzuge« Vergnügungs-Anzeiger. Dounerstag, den 6. und Freitag, den 7. December. «osella. Täglich Künstler-Vorstellung lastl, ' . aus zur Linde, Trjanonsaal Täglich Künstlcr-Vor^ellung. Biere, «Ich- «, G, Eckart'« (früher Hengst's) Restauration, Feldstrabe 1. haltige Speisenkarte. Angenehmer Aufenthalt. Gasthau» zur Linde. Dvuuerstaa Abendessen mit Eoncert und Ball. Gasthaus des Schlacht- und BiehhofeS. Eröffnung neuer Restau- rationS-Localitäten. Gasthaus zur Post. Freitag Abschiedsessen L Io. oarto. Gasthaus Neu-Hilbersdorf. Freitag Bockbierfest. Jahannisgarten. Helles Winterbier aus der Nürnberger Actienbier- branerei, Pilsner, Schloßlager. Restaurant Victoria-Hotel, ff. Münchener Spatenbräu von Gebrüder Scdluiayr. Schneider'« Bierstube, Ktnigstr 34. Echt Berliner Weißbier, offene rmd Stöpsel-Gose, ff. 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