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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 07.12.1883
- Erscheinungsdatum
- 1883-12-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188312079
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18831207
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18831207
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote
-
Jahr
1883
-
Monat
1883-12
- Tag 1883-12-07
-
Monat
1883-12
-
Jahr
1883
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 07.12.1883
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WW »MW «l,e«»1Ae» Nnzeiger «i»d Stadtbocke. Nv. 117 Freitag, 7. De««b«. Sekte 2. ,«d Ta> auf eine Zerstörung deutscher Cultur, auf einen Vernichtungs krieg gegen Deutschland gerichtet ist, der aber zugleich in seinem Innern massenhafte Spuren des Verfalls zeigt. Wir haben vielmehr allen Anlaß, jede weitere finanzielle Verbindung mit einem Staate abzulehnen, der seiner eigenen Regierungsorgane so wenig sicher ist, daß selbst Mitglieder seines Osfizierflandes, aus der Marine und der Garde, sich au nihilistischen Verschwörungen bethciligeu! Dom sächsischen Landtage. In der Mittwochssitzung bewilligte die Zweite Kammer größere Summen behufs Erweiterungen von Bahnhossanlagen im Erzgebirge, wobei es sich die Vertreter der betr. Bezirke nicht ent gehen ließen, ihre betr. Wünsche zu verlautbaren. Abg. Speck rügte bei der Forderung von 122 600 M zur Vergrößerung des Bahnhofs <ne die sehr gefährlichen Berkehrsverhältnisse daselbst, worauf Geh Kinanzrath H offm ann erwiderte, daß eine gründliche Beseitigung der Uebelstände, die sich infolge der sogenannten Jnsellage eines Bahnhofs herausstellten, nur durch Untertunnelung erreicht werden könnten, wie die- bezüglich de- Bahnhofs Gößnitz jetzt beantragt ist Bei dem Bahnhofe in Aue sei diese sehr kostspielige Anlage wegen des erst geringen Verkehrs zunächst noch nicht in Aussicht genommen. — Für GeleiSanlagen auf dem Bahnhofe in Zö blitz wurden weiterhin 37,000 M., und für verschiedene Erweiterungsbauten auf Bahnhof Wilkau 71,860 M. bewilligt, für Herstellungen auf der Gülerstation Jägers- grü» 52,970 M. gefordert. Man will daselbst ein Anheizhaus für 2 Locomotiven erbauen und es ermöglichen, daß der Fahrplan auf der Linie Chcmnitz-Aue-Adorf so eingerichtet wird, daß man mit dem Abendzuge nach Schönhaide und Eibenstock kommen kann, statt jetzt i» Aue übernachten zu müssen. Eine Petition aus Schöneck, welche Verlangt, daß das Heizhaus dahin und nicht nach Jägersgrün gebaut Wird, ist erst heute bei der Kammer eingelaufen, als daß sie noch geprüft werden könnte. Der Minister von Könneritz entgegnet, daß der Willfahrung dieses Gesuches der Umstand entgegenstehe, daß der Abendzug, der künftig von Aue abgelasien werden soll, so spät nach Schöneck käme, daß er nicht benutzt würde. Auch jetzt werde der Nachtzug erst nach 1 Uhr in Jägersgrün eintreffen. Auf Antrag des Abg. Grahl, der sich der Schöneckcr Petition annimmt, wurde die An gelegenheit mit 36 gegen 33 Stimmen nochmals an die Deputation zvrückverwiesen. Schließlich wurde noch die Wahl deS Abg. Fränzel für Rillig erklärt, obwohl auch hier Unregelmäßigkeiten vorgekommen sind: « einem Dorfe hatte die Wahl statt von 9—2 Uhr von 2—8 Uhr gedauert. — Abg. Bebel hatte einen Antrag auf Abschaffung der Schlachtsteuer eingebracht. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Für die fortschreitende Besserung in den kirchenpolitischen Verhältnissen liegt in der Wiederherstellung des OSuabrücker Domcapitels ein neuer Beweis vor. Zu Domherren find ernannt worden Dechant Landwehr, Consistorialrath Thiele, Negens Kohnes, Or. Meurer, Pastor Koffe und v. Euch. Der Kaiser hat, wie bereits gemeldet, das Abschiedsgesuch deS kommandirenden Generals des 6. Armeekorps (Schlesien), v. Tümp ling, in einer Kabinetsordre genehmigt, welche die Verdienste des Ge- »orals in seiner 17 jährigen Kommandoführung speciell um das schlesische Armeekorps in herzlichen Worten anerkennt; als Ausdruck de» kaiserlichen Dankes ist Herrn v. Tümpling der schwarze Adler- Orde» mit Brillanten verliehen worden. Zu seinem Nachfolger im Kommando des 6. Armeekorps ist Generallieutenant v. Wichmann «rnannt worden, Kommandeur der 16. Division. Im preußischen Abgeordnetenhause ries der Antrag des Or. Stern «ud der Fortschrittspartei auf Einführung der geheimen Abstimmung bei Landtags- und Communalwahlen eine lange und lebhafte Debatte hervor. Or. Stern begründete seinen Antrag mit Wahlbeeinflussungen seitens der Regierung, des Großgrundbesitzes, der Großindustrie u s.w Minister des Innern, v. Pvttkamm er, erklärte, die Regierung setze diesem Anträge entschiedenen Widerstand entgegen. Er legte ausführ- kch dar, daß die geheime Abstimmung bei den Reichstagswahlen zur Hebung der öffentlichen politischen Moral nicht bcigetragen habe, und daß die preußische Regierung ernstlich erwäge, ob sie ihren Einstuß im Bundesrath nicht dazu benutzen solle, an Stelle der geheimen die öffentliche Abstimmung für Reichstagswahlen zu setzen. Diese letztere Erklärung rief große Bewegung hervor. Virchow meinte, damit werde eine der Grundsäulen des Reichsbaues gestürzt, was der Minister Bestritt. Für den Antrag des Or. Stern sprach sich auch Windthorst aus, welcher erklärte, den letzten Finger für die Beibehaltung der tzeheimen Abstimmung bei den Reichstagswahlen einsctzen zu wollen. Die Berathung über diesen Punkt wurde schließlich vertagt. Oesterreich-Ungarn. Das parlamentarische Leben im »isleithanischen Oesterreich hat durch den am DicnStag erfolgten Zu sammentritt des Reichsrathes einen neuen Aufschwung erhalten. Die Session wurde durch ein kxposü des Finanzministers v. Dunajewski Die Nihilisten. Historische Novelle nach JuleS Lavigne »»» S. With (Fortsetzung.» >r sagte: „Behalten Sie Ihre Brille bis auf die Festung, dort werde ich sie Ahne» abverlangen, damit wir dem Gesetze Genüge leisten. Sie übergeben mir «esclbe und mit der Erlaubniß des Gouverneurs erstatte ich sic Ihnen zurück." Serge konnte diesem edetmüthigen Osficier nur dankbar sein, aber zu frühe; denn aus der Festung angekommen, verlief die Sache, wie man ihm gesagt hatte, ausgenommen, daß die Erlaubniß des Gouverneurs nicht ein traf. Serge lebte somit in einem Halbdunkel; den» das heißt nicht sehen, wenn man die Details nicht unterscheiden kann. Aber was lag daran? Er war erschöpft von all' den gehabten Gemüths- Vewegungen, niedergeschlagen über die doppelte Vcrurtheilung, von Stasia »»d der Lehrerin, selbst so erschreckt über die Arbeit, zu der er in den Berg werken würde gezwungen werden, daß er sich aus das Lager in seiner Zelle warf und in einen erquickenden Schlummer verfiel. Er träumte nicht, sein Schlaf war zu schwer, zu fest. Sin schreckliche- Erwachen wartet« seiner. „Auf, aufl" sagte der Wächter. „kann ich mir nicht Gesicht und Hände wasche»?" „Aus! und keine Widerrede! Vorwärts! Hins«-!" „Wohin?" „Zu dem Depot!" Alle die für Sibirien bestimmten Gefangenen find in einem Baume ein- jeschlossen. Mörder, Diebe, Leute aller Klassen, die schlimmsten Bagabonden do» Petersburg und Moskau. Mit diesen sollte Serge vermischt werden Die Idee an diese Gemeinschaft, diese Berührung machte ihn schaudern, denn nicht allein sein Körper, auch seine Seele muhte darunter leiden. Man setzte Ihn der Ansteckung gemeiner Gewohnheiten aus; nun wohl, es sei, aber ihn zwingen, die Gespräche dieser Bande, dieses Gesindels anhören zu müssen, das war zu viel. Der Zweck der Polizei, der er nun angehörte, die nun über ihn zu ver fügen hatte, war nicht so grausam als unser Freund denken mußte; man wollte ihn einfach dahin bringen, nach Milderung zu verlange» und »venu er Linderungen begehren würde, von ihm als Ausgleich Euthüllunge» über die Eecte und über die geheime Druckerei, wo das Ritual gedruckt worden war, verlangen. Aber dieses hieß Serge schlecht kennen; nachdem der erste Moment der Bestürzung vorüber war, begriff er, daß es eine neue Prüfung sei und schickte sich an, sic zu bestehen. Sonnt wurden die Hoffnungen der Polizei getauscht. über das Budget pro 1884 eröffnet, welches den österreichischen Steuerzahlern das wenig erfreuliche Geständniß «acht, daß ein Deficit von 38.700,000 Fl. vorhanden sei, wobei aber Dunajewski tröstend ansührte, daß daS Deficit von 1884 demjenigen von 1883 um 4.700000 Fl. nochstehe. Nach seinen Ausführungen ist das Deficit durch außerordentliche Ausgaben produktiver Natur, durch die Mehrkosten beim Ban der Arlbergbahn und der galizischen TranS- versalbahn u. s. w. hervorgerusen worden und hofft der Finanz- minister das bedenkliche Manco durch die strengste Sparsamkeit, sowie durch die Mehrerträgniffe der Zölle und Steuern größtrntheils zu decken. Die aus Czrchen, Polen, Slovenen, Clericalen und Feudalen bunt genug zusammengesetzte Majorität nahm das Expos« Dunajewski's mit lebhaftem veisall auf, während die Linke ihre Meinung über die österreichische Finanzlage durch Schweigen kundgab. Unter den zahl reich eingcgangenen Vorlagen befindet sich auch ein Gesetzentwurf über die Unfallversicherung der Arbeiter. Frankreich- Mit Spannung sieht alle Welt dem endlichen Ausgange des französisch-chinesischen Couflictes entgegen, da in der That das Zünglein der Waage sich mehr nach der Kriegs- als nach der Friedensschale zuueigt. Die französische Regierung ist, wie bekannt, im Begriff, sich von der Deputirtenkammer neun Milli onen für Tonkin bewilligen zu lassen und daß die Kammer Majorität sich in der für diesen Freitag angesetzten Tonkin-Credit-Dedatte im Sinne der Regierung entscheiden wird, bezweifelt Niemand. Daneben gehen die militärischen Vorkehrungen in Frankreich ihren Gang weiter und sind alle Anstalten getroffen, um binnen kürzester Frist weitere 6000 Mann nach Tonkin absenden zu können. Die chinesische Re gierung ihrerseits ist auch nicht müßig, sie concentrirt in und um Canton ein starkes Armeecorp» und sind erst in diesen Tagen in Canton 1100 Man» chinesische Truppen von Schanghai eingetroffe», denen andere Truppensendungen folgen sollen. Trotz dieser Rüstungen scheint aber China noch immer keine Neigung zu haben, ernstlich den Waffentanz mit Frankreich zu wagen, da die chinesischen Truppen Sontay und Bacninh geräumt haben sollen, während es doch hieß, daß sie diese Positionen aufs Aeußerste vertheidigen wollten. — In Anbetracht der Gefahren, welche den in China wohnenden Auslän dern im Falle eines französisch-chinesischen Krieges drohen, wollen England, Deutschland, Frankreich, Rußland und Nordamerika eine gemeinsame Flottille von Kanonenboote» nach den chinesischen Ge wässern entsenden und dieselbe bei Canton stationiren. Den Oberbe fehl über das Geschwader soll diejenige Macht erhalten, welche über die meisten Seestreitkrätte in den chinesischen Gewässern verfügt. Da gegen werden die Zeitungsnachrichten über eine Collectiv-Vermittel»ng in der Tonkin-Angelegenheit sowohl von Berlin wie von Petersburg aus für durchaus unbegründet erklärt. Rußland. Die in zahlreiche Blätter des Auslandes von einem Petersburger Blatte übergegangcne Mittheilung von bevor stehenden Reformen in Rußland ist nur ein schöner Traum gewesen. Das officröse „Journal de St. Pötersbvurg" versichert, wie gestern gemeldet, auf das Bestimmteste, daß das Projekt einer politischen Reorganisation Rußlands ebensowenig existire, als die angeblich zu seiner Prüfung eingesetzte Commission. Schweiz Die zwischen der Schweiz und Frankreich spielende nordsavoyische Neutralitätsfrage hat jetzt ihre befriedigende Lösung gr ünden. Fraukreich verzichtet auf die Befestigung des Mont Vuache und läßt die schon angelegten Befestigungen wieder schleifen, womit diese Frage in einfacher Weise gelöst worden ist. Eflypten. Ueber das Schicksal der egyptischen Armee unter Hicks Pascha im Sudan kreuzen sich wunderliche Nachrichten. Jetzt heißt es Plötzlich, der größere Theil des Expeditionscorps sei dem Gemetzel bei El Obeid entronnen und lagere bei Rahad, um Ver stärkungen zu erhalten. Eine officielle Bestätigung dieser für die Regierung des Khedive etwas tröstlicher klingenden Mittheilung ist aber in Kairo noch nicht eingetroffen, dieselbe ist nur dem dortigen österreichischen diplomatischen Agenten privatim zugegangen. Ost-Indien. Die Weltausstellung in Calcutta, der politischen Hauptstadt Indiens, ist am Dienstag vom Vicekönig von Indien, Lord Lytton, feierlich eröffnet worden. Nord-Amerika. In dieser Woche, und zwar am Montag, ist auch der amerikanische Congreß zu seiner Wintersession in Washington zusammengetreten. Die ursprünglich vom Telegraphen ge brachte Nachricht, der Congreß sei ohne die übliche Botschaft des Präsidenten eröffnet worden, hat sich nicht bestätigt, da dem Congreß eine längere Botschaft von Mr. Arthur zugegangen ist. Dieselbe be zeichnet die Beziehungen der Union zu den auswärtigen Mächten als durchaus freundschaftliche und hofft auch, daß die Schwierigkeiten mit Spanien wegen Cuba und Portorico eine günstige Lösung erfahren würden. Die Botschaft verbreitet sich dann über die finanziellen und handelspolitischen Fragen, welche die Union bewegen und deutet dann auf die Nothwcndigkeit hin, die Flotte zu reorganisiren. Die Union beabsichtige keine Eroberungen im Auslande, müsse aber eine Flotte haben, welche zur Vertheidiguug der Häfen, zum Schutz des Handels und der nationalen Ehre fähig sei. Als politischer Gefangener hatte er Anrechte auf gewisse Rücksichten, welche die Verwaltung ihm zu verweigern schien; er beschwerte sich- All' seine Gesuche blieben ohne Berücksichtigung. Alles was Serge erfahren hatte, w«r, daß er einem Gefangenentransport eingereiht werde, der Petersburg in den ersten Tagen des Juni verlassen sollte. Seine Gedanken weilten mit Entsetzen bei Stasia; er stellte sich die kleine Gräfin unglücklich, verfolgt, getrennt von Allem, was ihr lieb, von Allem, was ihr bis jetzt zu ihrem Leben gehört hatte, vor. Ueberreizt durch die schreckliche Existenz, die er selbst zu ertragen gezwungen wurde, bildete er sich die fürchterlichste» Ereignisse, schauderhaftes Unglück ein, er sah Alles unter dem Eindruck trüber Vorahnungen Treu seinem gegebenen Worte, handelte unterdessen Fritschen. Immer vorsichtig — und es wäre unrecht, ihm diese Eigenschaft vor- zuwerfe», weil sie ihm half, Gutes zu vollbringen — war Fritschen gegangen, den Polizeipräsidenten auszusuchen, der ihn ganz artig empfing. Die Unterredung verlief nach russischer Art mit großer Höflichkeit. „Was steht dem reichen Herrn Baron zu Diensten?" hatte General Trepoff gefragt. „Vor Allem," hatte Fritschen geantwortet, „erlauben Sie mir, Eure Ex- cellenz mir geneigt zu machen, indem ich dieses für die Armen in Ihre Hände lege." Und Fritschen legte ein Eouvert, i» welchem einige tausend Rubel ent halten waren, aus den Tisch. General Treposf war der unbestechlichste, ehrlichste Mann von der Welt, auch handelte Fritschen nicht in der Absicht, zu bestechen. Aber der General, der auch nicht einmal im Verdacht stehen wollte, gab da- Couvert zurück. „Morgen werde ich die Zeitung lesen, es genügt, wenn ich dann Ihren Namen als Almosen-Spender verzeichnet finde. Aber um was handelt es sich?" „Ich habe einen Freund, den Nihilisten Serge, der nach Sibirien tranS- portirt wird. Ich möchte etwas für ihn thun." „Die Sache ist ernst; dieser Serge ist schlecht aiigeschrieben, sehr schlecht. Ich werde Sr. Majestät den Fall vortragen." „Kann ich ihm etwas Geld zukommcn lassen?" „Ja, aber nur wenig und nur durch die Vermittelung des Polizci- directirs." „Darf ich ihn sprechen?" „Potz tausend! Sie werden anspruchsvoll." Und wirklich, als Fritschen sah, daß der Polizeipräsident die Sache iiaiür- lich nahm, wurde er kühner. „Bedenken Eure Excellenz, daß ich ihn nie mehr Wiedersehen werde." „Das ist wahr!" „Nun wohl, ich gehe jetzt nach der Citadclle, kommen Sie mit »rr" Nachrichten au- Chemnitz und Umgegend. Chemnitz, S Lecember 18SS. — Der heftige Sch nee sturm, welcher in der DienstagSnacht und in den ersten Morgenstunden des Mittwoch herrschte, hat viel fache Betriebsstörungen auf der Bahn verursacht. Der früh gege» 7 Uhr hier ankommende Eilzug von Dresden hatte 15 Minuten Verspätung, und gegen Uhr früh blieb zwischen den Stationen Frankenstein und Oederan ein Gülerzug längere Zeit im Schnee stecken und hielt dadurch den um 0 Uhr von Dresden hier ein- treffenden Personenzug eine halbe Stunde auf. Der Courierzug Nr. 32 von Reichenbach traf eine halbe Stunde und der Personeu- zug Nr. 31 25 Minuten zu spät hier ein, wodurch letzterer den An schluß nach der Riesaer Linie verlor. Auf der Strecke Reitzenhain- Pockau-Lengefeld mußte wegen Schneeverwehungen der Verkehr Vor mittags ganz eingestellt werden, während der Verkehr ab Pockau- Lengefeld durch eingelegte Extrazüge unterhalten wurde. Der Ver kehr bis Reitzenhain wurde Nachmittags wieder frei, während die Verbindung auf der Buschtchrader Bahn ab Reitzenhain bis zu» Abend noch nicht wieder hergestellt war. Auf der Strecke Annaberg- Weipert blieb, wegen der Schneeverwehungen und der Entgleisung einer Locomotive, der erste Zug in Cranzahl liegen. Zwischen den Stationen Markneukirchen und Zwickau auf der Chemnitz-Aue-Adorfer Linie blieb ein Güterzug im Schnee stecken, weshalb der stütz 3 Uhr 20 Minuten von Aue nach Adorf abgegangene Personenzug in Zwota 2', Stunde Aufen.halt hatte. Der Mittags um 1 Uhr 49 Minuten hier ankommende Personenzug traf deshalb erst um 4 Uhr 15 Minuten Nachmittags hier ein. Der Localverkehr zwischen Aue und Chemnitz wurde durch einen Extrazug, der rechtzeitig eingelegt wurde, ermöglicht. — Gelegentlich der Eröffnung des neuen Schlacht- und Vf eh Hofes fand am Dienstag früh in den Markthallen desselben der erste Viehmarkt statt, der von hiesigen und auswärtigen Händlern mit den vorzüglichsten Viehstücken beschickt war. Die hiesigen FlcisDer wetteiferten mit einander, die besten Stücke käuflich zu er weckten. Bei einem Rundzange durch die Markthallen bewunderten wjr außer dem schon öfters erwähnten Bullen des Herrn Obermeisters ickelhiyn noch 6 prächtige Ochsen des Herrn C. W. Hübler, sowie je 2 den Herren Rießlein, Buschmann und Zschetzsche »nd 1 dem Herrn Striegler gehörigen Ochsen. Zu dem Nach mittags abgehaltenen Probeschlachten hatte man die 10 besten Ochse« ausgesucht, und zwar ließen schlachten Herr Hübler 2 und die Herren Eberlein, Junghans, Köhler. Puschmau«, Striegler, Wetzel, Winkler und Zschetzsche je einen Ochse». — Gestern Mittwoch wurden die Linweihungsfestlichkeiten durch ein Frühstück im Gasthaus des Schlacht- und Viehhofes fortgesetzt, und fanden Abends 7 Uhr ihren Abschluß durch einen svlennen Festball in dem Börsensaale des Etablissements. An das Frühstück schloß sich eine Besichtigung des Schlacht- und Viehhofes an, während welcher das Bcidel'sche Musikchor einen Festmarsch spielte, den der ohne Finger geborene Musiker Herr Böhme componirt hat. — Bei der a« Dienstag abgehaltcnen Feier wurde im Namen der Innung dem Herrn Obermeister Kickelhayn, Ritter rc. seitens des Herrn Ober meister- Dietz ein werthvvller, silberner Pokal überreicht. — Heute Mittag entgleisten in der Nähe der Dammstraße von dem 12 Uhr 33 Min. eintreffenden Personenzuge die Locomotive, der Tender, der Gepäckwagen und 3 Personenwagen. Wie man hört, sol man vorher auf dem Einfahrtsgeleis einen Schienenbruch bemerkt haben und es war sofort — und zwar noch rechtzeitig — nach Sieg mar telegraphirt worden, daß der genannte Zug auf dem Ausgangs- geleis einzufahren hätte. Glücklicherweise ist bei dem Unfall weder von Passagieren noch vom Zugpersonal Jemand verletzt worden. —* In einer hiesigen Werkzeugmaschinenfabrik war ein Lehrli»- damit beschäftigt, sich einen Eimer heißen Wassers zu schöpfen aus einem Behälter, in welchem das vom Dampfkessel abgeführte Wasser angesammelt wird. Hierbei glitt der Lehrling mit dem linken Beine aus und fuhr damit bis an das Knie in das heiße Dampfwaffrr, wodurch er derartig verletzt wurde, daß er wochenlang arbeitsunfähig bleiben wird. —* Ein an der Zschopauerstraße hier wohnhafter Schlosser fand vorgestern Abend, als er von der Arbeit nach Hause zurückkehrte, seine Wohnung, dir er keim Weggehen verschlossen hatte, geöffnet vor. Bei weiterer Umschau in der Wohnung bemerkte er, daß ihm aus dem Kleider-- schrank ein Stoffrock und aus der Kommode ein Umschlagetuch, sowie aus 2 Schachteln 5 M. und 1M. gestohlen worden war. Auf Nachfrage wurde ihm von einer Mitbewohnerin des Hauses erzählt, dieselbe habe gege« 2 Uhr Nachmittags einen Mann getroffen, der au der Thüre geschloffen und auf ihre Frage geantwortet habe, er sei beauftragt, von dem Stubeninhaber für letzteren Etwas zu hole». Die auf Grund der erhaltenen Personalbeschreibung sofort eingestellten Erörterungen lenkte« den Verdacht auf einen schon »ft wegen gleicher Verbreche« mit Zuchthaus bestraften Polizeiobservaten, einen hier wohnhaften Maurer; der Verdächtige wurde gestern Nachmittag fcstgenommen und war auf Vorhalt auch geständig, den Diebstahl ausgeführt und den Rock in einem Pfandleihgeschäft verpfändet zu haben. ES war die Stunde, in welcher der General täglich sich dahin verfügte. Indem er Fritschen mit sich nahm, erwies er ihm eine unvermeidliche Ge fälligkeit; denn im Grunde schlägt man einem Manne nicht leicht etwas ab, den die Regierung möglicherweise alle Tage brauchen kann. Kaum angekommen, ließ der General den von einer gewissen Aufreg«»« erfaßten Fritschen unter die Halle treten, die zu der Alexandor-NewSN« Capelle führt- „Wo gehen wir hin, Herr General?" „Nach dem Depot." Aui Ende des ersten Ganges sah man ein Gitter und hinter diesem ver sperrte ein Thor aus Eichenholz jede weitere Aussicht. „Es ist hier, Baron." Und llch zu einem Wärter, der in militärischer Haltung dastand, wendend, sagte Trepoff befehlend: „Rufe den zur Verbannung nach Sibirien verurtheilten Serge herbei. Er soll hier an das Gitter kommen " Zwei Minuten später ivurden die beiden Flügel des Eichenholzthore» i« der Fasse des Fußbodens zurllckgeschoben »nd da- ängstlich gespannte Gesicht Sergc's erschien. Der Baron kannte ihn kaum und er ihn fast nicht- Man denke sich ihr gegenseitiges Erstaunen. „Sprechen Sie zusammen, ich lasse Sic beide allein." Und der General zog sich in die Gänge zurück- „Sie sind doch gewiß Serge?" „Ja, der bi» ich. Was wollen Sie von mir?" „Gräfin Stasia hat mir aufgetragen, Sie um jeden Preis zu sehe». Sie bat mich, ihr genaue Nachrichten über Sie zu geben. Sagen Sie mir, was ich ihr mitthcilen soll Ihr Auftrag wird treulich erfüllt werden. . ." Serge verlor beinahe den Athem. Noch vor kaum zwei Minute« war er weit davon entfernt, an eine so plötzliche Beziehung mit der Welt der Lebenden zu denken. „Oh, sagen Sie mir lieber, wie es unserer geliebten Freund!» geht? Sagen Sie mir, wie sie die fürchterliche Lage erträgt, in die wir sie gebracht haben! Und wenn Sie dieselbe Wiedersehen, sagen Sie ja nicht, in welcher Erniedrigung Sie mich angetroffen haben, es würde in ihr viel zu viel Ab scheu oder Mitleid erwecken!" „Beruhigen Sie sich," sagte der Baron bewegt. „Um deS Himmels Wille«, beruhigen Sie sich. Nehmen Sic dieses Couvert, ich gebe Ihnen die» I« meinem Namen, »in Ihnen in solchem Unglück bciznstehe». Ich werde für Sie sorge». Auch Stasia wird für Sie sorgen. Armer Freund, wir be klagen Sie!" Der General kam zurück. Er zeigte stets eine barsche Miene, obschon er ein vortreffliches Herz be sag, und sagte kurz zu Serge: „Sie sind fertig, nicht wahr? Sie begehren nichts?" (Fortsetzung folgt)
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