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und Tageblatt. Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter und der Stadträche zu Freiberg u. Brand. ^-37. Erscheint i. Freiberg jcd. Wochen I. Ab. k U. für dm and. Tag. Jnser. werden bi« V. 1l U. für nächste Nr. angen. Donnerstag, den 1s. Februar Preis vierteljährl. 20 Rgr. Inserat« weiden di« gespaltene Zell« »der der« Raum mit 8 Pf. berechnet. 187L. Freiberg, 14. Februar 1872 Anknüpfend a» das im vorigen Artikel über die Nlabamafrage bereits Gesagte, kommen wir heute aus die Thatsache selbst zurück. Als der Bürgerkrieg in Nordamerika zu Sude war, nahmen sich die Staatsmänner in Washington daS perfide Albion vor, um eS wegen der Ausrüstung rebellischer Kaperschiffe in englischen Häfen und deren geduldetem Auslaufen iu die See zur Rede zu stellen. In erster Reihe handelte eS sich hierbei um daS Kaperschiff „Ala bama/' Lauge Zeit sträubte sich das englische Eabioet, mit Amerika darüber in Unterhandlung zu treten, indem cs that, als sei eS sich dabei keines Unrechts bewußt und als könne eS nicht dafür, daß die „Alabama" ein Rebellevkaper gewesen, der den nordamerikavischen Schiffen so vielen Schaden zugefügt. Als aber die Amerikaner nicht uachließen, bequemte sich England schließlich dazu, sich mit einer Geldsumme aus dem schlimmen Handel zu ziehen. SS ging ans einen Vertrag ein, wonach durch ein Schiedsgericht iu Genf die amerikanischen Beschwerden untersucht, bezüglich deren Schaden ersatz, den England leisten müsse, festgestellt werde. Darob glaubte da« englische Cabioet schon ein so gute- Ge schäft gemacht zu haben, daß es triumphirend sich darüber belobte, wie man doch den Krieg so leicht vermeiden, alle solche bösen Staatenstreitereieu so gut schlichten könne, wenn mau Schiedsge richte erwähle. Alle Welt wurde ermahnt, dem Beispiele Englands zu folgen, welches wahrhaft der Aufgabe unserer Civilisation ge recht zu werden wisse. Die Amerikaner sagten NichtS; aber sie schickten statt dessen eine Rechnung nach Geof, über deren furchtbare Höhe den ge schwollensten Engländern denn doch Hören uod Sehen verging. Bruder Jonathan wollte dem schlauen John Bull den schlechten Spaß, bei Anderen zu stänkern, gründlich verleideu. Er faßte also den Washingtoner Vertrag, mit dem er England ins Garn gelockt hatte, so auf, daß er nicht nur den dirccteu Schaden berechnete, welchen die von England heimlich protegirten Rebellen-Kaperschiffe avgerichtet, sondern auch den ivdirect dadurch anzuoehmeudeo HaudelSverlust. Roch mehr! Hätten die Engländer nicht die Rebellen unterstützt, so würde ihr Widerstand früher gebrochen worden sein. Da die Unterdrückung der Rebellion der Union über 4 Milliarden Dollars gekostet, so müsse England nun billiger Weise die Halste davon zahlen. Genug, Alle- in Allem ist es ein artig größeres Sümmchen, wie Frankreich es an Deutschland infolge seiner Besiegung zu zahlen hat, welches jetzt Amerika dem entsetzten John Bull abverlaogt Man kann sich denken, wie das sonst so unverschämte Albion über diese Zumuthung des stammverwandten Jonathan aufgeregt ist. DaS Schlimmste dabei, daß der Washingtoner Vertrag diese Tupirong England« in Form Rechtens gestattet. Die brittische Diplomatie weiß aus dieser Blamage keinen anderen LuSweg, al« daß sie nun erklärt, so hätte sie eS nicht gemeint und sie könne um Forderungen über den direct nachweisbaren Schaden durch die betreffenden Kaperschiffe beim Schiedsgericht in Genf zulasten - widrigenfalls werde sie den ganzen Washmgtouer Vertrag ver werfen. DaS wäre auch echt eufl"4 - Erst .in« Vertrag äbschließen, darüber vor aller Welt groß thun und daun, nachdem man sich überlistet sieht, die eigene Unterschrift verleugnen. Verständiger Weise sollte England nun doch den Ausspruch deS Genfer Schieds gerichts abwarten; eS kann ja dort seine Vorstellungen aber die maßlosen amerikanischen Forderungen aabriogea. Aber, da eS eia schlechtes Gewissen hat und merkt, wie Amerika ihm einmal mit gleicher Münze zahlt, hat es plötzlich gar kein Verlangen mehr- fich auf den Ausweg mit dem Schiedsgericht in Genf etwas einzubilden. In jedem Falle steht nun die englische Politik traurig geang da. Sie ist von den Ameritaueru so gründlich blamirt, daß jeder Ausweg, den sie sucht, uur eine arge Demüthiguug für sie sein kaum Und ergriffe sie den de- Kriege-, wa» nicht so leicht a»- zunehmrn ist, so gewönne sie moralisch nichts iu der öffentliche» Meinung. Nicht England ist gereizt oder betrog« worden, sondern Amerika hat eS sich zur gerechte» Abrechnung beim Schöps ge nommen und eS ist die- auch der einzige Staat, der iu» Starke ist, der brittischen Unverschämtheit und Perfidie einmal die ge bührende Züchtigung zu ertheilen. So kommt an Jeden die Reihe. rageSgeschichte. Berlin, 13. Februar. Im Abgeordnetenhaus« fand heute die Schlußberathung über daS SchulauffichtSgesetz statt. Der LultuS- minister vr Falk erklärte, die Regierung habe allerdings die Ab- ficht, die evangelischen Geistlichen iu ihren Schulinspectorstellea zu lasten, weil dieselben sich bisher keine Uebergriffe herau-genommea; sollt« im Gebiete der evangelischen Kirche ähnliche Eonflicte au«- brechen, wie im katholischen Lager, so werde die Regierung ohne Bedenken die Spitze de- Gesetze« auch gegen evangelische Geistliche kehren. — Die „Germania" bringt heute auS Paderborn — von einer auserlesenen Schaar der Schwarzen — eine ZostimmoogS- adresse an Herrn Wivdthorst, io welcher dem Fürsten Bismarck in sehr grober Weise der Text gelesen wird. Wahrscheinlich wird dieser Adresse bald eine Fluth anderer folgen, da eS Leute giebt, die gern ihren Namen unter einem hübschen Schriftstück les«. Die „Germania" druckt sie alle ab! — Gestern Nachmittag fand im Restaurant „Zum Leipziger Garten" ein großes Diaer statt, welche« die Fraction deS LevtrumS zu Ehren des Herrn vr. Wiudthorst veranstaltete. Such Abgeordnete der conservativeu Fraktion war« hierzu erschienen. — Die „Ostd. Ztg." berichtet au- Pos«: „Wie wir hör«, wird in hiesigen deutschen Bürgerkeis« eine Austimmung-adreffe an veu Fürst« Bismarck für seine zur recht« Zeit zn Gunst« deS Deutschthum, speciell io unserer Provinz, gesprochen« Worte vorbereitet." — Die Vertheiluug des neu« Gewehre« an die deutsche Armee soll bereit« in einig« Woche» beginn«. Die Kost« für die Beschaffaog einer doppelte», »ach aaderen dreifach« Garuitnr de« Jvsaoteriegewehre« soll« au« der französisch« KriegSent- schädigung gedeckt wrrd«. Mau berech»rt, daß die dadurch ent stehende Ausgabe 40 bi« 45 Mill. Thlr. in Anspruch nehm« werde. Iu den Tag« vom 20. bis 23. Februar wird iu Arnim« Hotel (unter den Lind« 47) der I. Eongreß deutscher Laadwirthe gehalten werd«. Auf der Tage«ord«uog wird steh«: ä Jahresbericht de« Ausschusses, v Wahl dr«vüreau-, e Berathung