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möerger Anzeiger und T agebla t t. Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter und der Stadträcht zu Freiberg u. Brand. ^°L6. Erscheint i. Freiberg jed. Wochent. Ab. 6 U. für den and. Tag. Jnscr. werden bis V. 11 N. für nächste Nr. angen. Freitag, den 3. Februar Preis vierteljährl. SV Ngr. Inserate werden die gespaltene Zeile oder deren Rauin mit 8 Pf. berechnet. ML. TagesgeschtchLe. Berlin. Nachträglich hört man von vielen Zeichen besonderer Verehrung der gesammten königl. Familie für den verstorbenen General v. Hinderfin. Der Kaiser ließ eS sich nicht nehmen, nach beendeter Trauerseierlichkeit den Moment abzuwarten, in welchem der Sarg in den Leichenwagen gehoben wurde, und entblöste da- Haupt, als der Sarg erschien. Die Kaiserin, die kronprinzlichea Herrschaften und die Frau Prinzessin Carl ließen Lorbeerkränze auf den Sarg niederlegea. — Wie die „Ztg. f. Nordd." mittheilt, beabsichtigen oie Zünd- waaren-Fabrikanten Deutschlands und Oesterreich-UngarnS im Fe« bruar zu Dresden einen Congreß abzuhalten, um sich zu einem Verein zu constituiren, durch welchen die Interessen dieser Industrie in einer der Jetztzeit entsprechenden Weise gleichmäßig vertreten werden sollen. Fulda, 30. Januar. Der Aberglaube ist noch lange kein über« wundener Standpunkt, wenigstens bei unS nicht! Gegenwärtig er« zählen Eltern ihren Kindern, Lehrer und Lehrerinnen ihren Zög lingen, ja die Spatzen auf dem Dache ihren Collegen von einer dreitägigen ägyptischen Finsterniß, welche nach einer höchst glaub würdigen Prophezeiung demnächst als Strafe für die Sünden der Gegenwart eintreten soll. Kein Licht wird dann brennen können, nur geweihte Wachskerzen vermögen einzelne Räume frommer Be wohner zu erleuchten. Auf dem Lande will man sogar den Tag dieser furchtbaren Erscheinung (21. Juni d. I.) wissen und versieht sich bereits mit dem nöthigen Vorrathe geweihter Wachskerzen, worüber die Wachshändler gar nicht böse sind, sondern die Richtig keit der Prophezeiung constatiren zu müssen glauben. Und dies Alles im Jahre 1872! München. Die Vermuthung, daß infolge des Kammerbeschlusses am Sonnabend eine Anzahl Mitglieder der patriotischen Fraction auS der Kammer auStreten werde, hat sich, wenigstens bis jetzt, nicht bestätigt. Indessen ertheilt heute selbst das „Vaterland" den Mitgliedern der patriotischen Fraction den Rath: „Meine Herren, gehen sie sobald als möglich nach Hause! ES ist nicht-angenehmes, einer Partei anzugehören, welche dazu verurthetlt zu sein scheint, einiger Leute wegen, bei lebendigem Leibe verfaulen und verwesen zu müssen." — Der König, welcher seit der Rückkehr aus Hohen schwangau gestern Abend zum erstenmal im Hoftheater erschien, wurde von dem sehr zahlreichen Publikum mit den herzlichsten und freudigsten Zurufen begrüßt. — Allmählich werden die Stimmen laut in der „patriotischen" Presse über den Kammerbeschluß vom Sonnabend. Nachdem die erste Verblüffung in diesem Lager über daS unerwartete Resultat vorüber ist, kehrt sich der volle Zorn gegen die „Fahnenflüchtigen", d. h. gegen Diejenigen, welche noch im letz« ten Augenblick ihrer besseren Ueberzeugung gefolgt sind, und als wirkliche „Patrioten" gegen ihre bisherigen Parteigenossen gestimmt haben. „Bitter getäuscht", schreibt der „Bayer. Cur.", hat sich vor Allem daS katholische Volk, welches von seinen Vertretern end lich eine That erwartete und statt dessen neue Beweise der Schwäche und Unzuverlässigkeit erhielt. Wenn unter solchen Verhältnisse« die Regierung fortsährt, die Wünsche und Beschwerden der Kammer mehrheit unbeachtet zu lassen, so ist das nur allzu begreiflich, und begreiflich wäre es auch, wenn eS Männer der katholischen Partei endlich entleidete, Zeit und Kraft in Kämpfen zu vergeuden, die durch Fahnenflucht in den eigenen Reihen stets mit Niederlagen enden!" Anderer Ansicht ist die „Pfälzer Ztg.", welche eS durch aus nicht billigen könnte, „wenn gerade die besten und tapfersten Streiter jetzt ihre Fahne verlassen würden." Im Gegentheil, heute gilt eS erst recht zu kämpfen. Wenn aber ein etwaiger Austritt patriotischer Abgeordneten wirklich beabsichtigt wäre, o hätte er nur dann einen Sinn und Zweck, wenn er massenhaft erfolgte, und wenn auch die Ersatzmänner nicht eintreten, um auf solche erlaubte Weise die Regierung zu Neuwahlen zu zwingen. Aber auch davor möchten wir dringend warnen. Der wahre Muth besteht im AuS- harreu auch bei ungünstigem Stand der Dinge und in treuer Er füllung semer Pflicht, komme dann, was da wolle." Welchen gu ten Rath daS Sigl'sche „Vaterland" seinen Parteigenossen in der Kammer giebt, ist bereits erwähnt worden. Die parlamentarische Niederlage gestehen die Clerikalen selbst zu, noch eclatanter aber ist ihre moralische, deren Folgen sich auch außerhalb de- StäodesaaleS bald zeigen werden. Klagenfurt, 20. Januar. Gegen den Caplan Polay in Ober- kärnthen wurde die strasgerichtliche Untersuchung wegen MißbrauchS der Kanzel eingeleitet. Aus Paris vom 28. Januar schreibt man der Z ": Der bekannte Financier Soubeyran hat der Unter- Budget-Commission das Project zu einer Anleihe von vier Milliarden vorgelegt, von deren Ertrag die Kriegsschuld gedeckt und SOO Millionen an die Bank zurückgezahlt werden sollen. Diese neue Anleihe soll in Obli gationen zu 100 Francs ausgegeben werden, welche keine Zinse« tragen, die aber in 60 Jahren (jede- Jahr 12 Serien zu SS,WS Obligationen) mit 200 Franc- per Obligation zurückbezahlt werde« und die an der Berloosung von Prämien, die jede- Jahr 6 Mil lionen betragen, Theil nehmen sollen. Nach dem Plane Soubev- ran's werden 720 Serien von 55,556 Obligationen errichtet, die in 60 Classen einaetheilt werden. Eine Clafle von 12 Serien wird jedes Jahr eingelöst werden. Die Berloosung der Prämie« findet alle Monate statt, und zwar unter folgenden Bedingungen: 1 Obli gation wird mit 150,000, 10 mit 10,000, 30 mit 5000 und 1000 Francs (im Ganzen 500,000) eingelöst. Zu den 12 Serien zu 55,556 Francs, welche jedes Jahr mit 200 Francs eingelöst werden, find 133,334,400 Francs nöthig, so daß die ganze Summe, die jährlich zu bezahlen wäre, 139,334,400 Francs betragen würde. Die Unter-Commission, deren Mitglied Soubeyran ist, soll dessen Project gebilligt haben und dieses nächsten Montag der General- Budget-Commission vorgelegt werden. DaS Project Goubeyran'S ist jedenfalls ausgezeichnet, falls die vier Milliarden unterzeichnet und auch eingezahlt werden. Herrn Pouher-Quertier wird da neue Lroject aber wohl nicht angenehm sein, da dessen Ausführung jede neue Steuer unnöthig machen würde. Das AuSgabe-Budget würde nämlich um die 200 Millionen, die man jedes Jahr der Bank zurückbezahlen will, und um die 150 Millionen Zinsen für die noch rückständigen drei Milliarden Kriegsschuld verringert werde«, d. h. statt der für beide Posten geforderten 350 Millionen, würde man nur 140 gebrauchen, also die 210 sparen, die man jetzt aus zufinden sich abmüht. — WaS die National-Subscription ««belangt, die vor ungefähr acht Tagen vom „Moniteur" in Anregung ge bracht wurde und betreffs welcher auch gestern der Deputirte Bouisson einen Antrag stellte, so findet dieselbe ziemlich großen An klang. Sehr beträchtliche Summen wird dieselbe aber nicht ab werfen, da die wenig bemittelten Classen nicht viel geben können und die reichen Leute suchen werden, aus so wohlfeile Weise wie nur irgend möglich davon zu kommen. Wenn diese Subserivtion auch noch so glänzend auSfällt, so wird sie doch nur einen geringe« Theil der Summe bilden, welche bi- 1874 bezahlt werden muß, und eS kann, wenn man endlich die neuen Anlühe« machen muß, ziemlich gleichgültig sei«, ob man ein- oder zwühundert Millionen mehr oder weniger auszunehmen genöthigt ist. Wen« die Sub- scriptio» eine bedeutendere Subventton abwirft, so mag dieses sehr schmeichelhaft für daS französische Nattonalgesühl sei«, de« Schwie rigkeiten der financiellen Lage wird aber «ur sehr wenig damit ge holfen, den« Svubehran haste daher wohl ganz Recht, wenn e?