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Rr. 46. — 3. Jahrgang. k k f Freuag, I «/<., j Freitag, 14. Septeviüer 1883. und KtMbole. Unparteiisches Tageblatt filr Ehemnlh und die Vororte: Mchemmtz, Altcndorf, Nemsdorf, Fnrth, Gablenz, Glösa, Helbersdorf, Hilbersdorf, Kappel, Neustadt, Schön« Abonnements: vicrteljährl. 1 Mk. 25 Pf. (Zutragen 4(1 Pf.), sowie monatlich 45 Pf. (Zutragen 15 Pf.)! Jnsertionspreis: die schmale (6gespaltene) Corpuszeile oder deren Raum 10 Pf. — Die 3gespaltene nehmen entgegen die Verlagsexpedition und die Ausgabestellen des Chemnitzer Anzeigers in Chemnitz und I (auf Textbreite) unter Eingesandt 30 Vf. — Auf große Annoncen und Wiederholungen Rabatt. — obigen Vororten, sowie sämmtliche Postanstalten. (Postzeitungs-Preisverzeichniß: Nr. 1036. 13. Nachtrag.) > Annoncen - Annahme für die nächste Nummer bis Mittag. — Ausgabe jeden Wochentag Nachmittag. Verlags-Expedition: Alexander Wiede, Buchdruckerei, Chemnitz, Theaterstraße 48 (ehemaliges Bezirksgericht, gegenüber dem Casino). 8 iNtellivrlnx« ^ k- Lstovolsösn-, 2uoIcvrvLsrvn- unä Wslköl-ksbrlli von WlU L M öMi!. keviirr-VkovolLäeo, kLCLv's, Ledert- vllä kdMLKe-LttvLokä«», 4iirapeo. licicdv linveiil io ksllboaiiiirell uack OsNomisxell, üoelliumdsllz. F. C. I-eisriner, MM von MWMk«. MkMck. MMMil 8le. Küolisn unä VVii'1k8e!iaft8-Hni'ioti1ui,gvn kür Hotels, Restaurants, Oonäitorsien unä Rrivatbausbattungsn in jeäer beliebigen Lusamoaenstellnng. Lomplvtls Is/IublsklrüLtis in äon I. klag». voll 8ovLrvil8- llllä kelexeulleik-k^vdellkoll. kkiLmmtr, brsudkU!88tl'. 6. kleetr. l-ielitüiiIüM», lelvN'üpIien- iint! Ieleplianleitii»8«l. ^rsküriilirk. MMIsilkr. Bekanntmachung. Der Fleischermeister und Hausbesitzer Herr Franz Emil Keil, Brühl Nr. 18, ist am heutigen Tage als Unterarmenpfleger für den 3b. Armenbezirk in Pflicht genommen worden. Chemnitz, den 1l. September 1883- Der Rath der Stadt Chemnitz. Andre, Oberbürgermeister. Namen „Herold" versehen, verdachtslos gestohlen worden, was zur Ermittelung des Diebes bez. Wiedererlangung der Dicbstahlsobjekte hierdurch bekannt gemacht wird. Chemnitz, den 8. September 1883. Der Königliche Staatsanwalt daselbst. Schwabe. Nicht. 8t. ä. Har. 25/83. I. 387. zu 3 den Handarbeiter Carl Ernst Frey, zuletzt in Chemnitz, jetzt unbekannten Aufenthalts, - zu 4 den Handarbeiter Franz Bruno Baldauf, zu letzt in Zschopau, jetzt unbekannten Aufenthalts, zu 1 wegen lebensgefährlicher Mißhandlung, zu 2 wegen Trunksucht des Ehemannes, zu 3 und 4 wegen böslicher Verlassung, mit dem Anträge auf zu 1 Ehescheidung, zu 2 temporäre Sonderung, zu 3 und 4 Verurtheilung zur Herstellung des ehelichen Lebens, event. Scheidung der Ehe vom Bande, und laden die Beklagten zur mündlichen Verhandlung des Rechts streits vor die dritte Civilkammcr des Königlichen Landgerichts zu Chemnitz auf de» 48. December 4883 Vormittags 8 Uhr mit der Ausförderung, einen bei dem gedachten Gerichte zugelassenen Anwalt zu bestellen. Zum Zwecke der vom Gericht bewilligten öffentlichen Zustellung wird dieser Auszug der Klage bekannt gemacht Chemnitz, den 10. September 1883. Der Gerichtsschreiber des Kgl. Landgerichts daselbst. Act. Fischer. Die am 5. Juli d. I. an den Handarbeiter Gustav Adolf Krnmmbiegel, früher in Reichenbrand, erlassene Vorladung hat sich erledigt. Chemnitz, lO. September 1883. Der König!. Staatsanwalt. I. A.: Schier. ä. .4. X>. 2/83. II. 207. Hpl. Oeffentliche Zustellung. Die zum Armenrechte zugelassenen Ehefrauen: 1. Bertha Clara Binczik, geb. Bauch, in Chemnitz, 2. Anna Therese Vogel, geb. Po fern, ebenda, 3. Caroline Wilhelmine Frey, geb Böhme, ebenda, 4. Christiane Caroline Baldauf, geb. Beier, ebenda, zu 1 vertreten durch Rechtsanwalt Hösel in Chemnitz, zu 2, 3 und 4 vertreten durch Rechtsanwalt Th. Müller daselbst, klagen gegen ihre Ehemänner: zu 1 den Tischler Eduard Dskar Dinczyk, bisher in Chemnitz, jetzt unbekannten Aufenthalts, zu 2 den Handarbeiter Gustav Adolf Vogel aus Callenberg, bisher in Chemnitz, jetzt unbekannten Auf enthalts, Bekanntmachung. In der Nacht vom .5. zum 6. dieses Monats ist aus einer Wohnung in Grüna bei Chemnitz mittels Eindrückens einer Fenster scheibe und Einsteigens eine lange, schwache Haarkette, geflochten, mit Schieber (letzterer eine Hand darstellend), 1 kurze Halskette von kleinen bunten Steinen, mit gelbem Kreuz, 1 goldener Ring mit 3 Steinen, in welchen „Glaube, Liebe, Hoffnung" eingravirt ist, 1 Taschenmesser mit Federmesser und Korkzieher und weißer Hornschale, 1 dergleichen mit schwarzer Hornschale und 1 Rasirmesser mit dem Tageschronik. 14. September. 1321. Dante gest. 1583. Wollenstem geb. 1769. Alex. Humboldt geb. 1812. Einzug Napoleons in Moskau. 1851. Looper gest. 1852. Wellington gest. 1854. Landung bei Eupatoria 1870. Steinbeil, Astronom, gest. 1870 Orla Lehmann gest. 1877. Oberst Mainoni, italienischer Militär-Attachöe in Wien, verläßt das kaiserliche Hoflagcr wegen plötzlichen Unwohlseins. 1880. Einweihung des Spinoza-Denkmals in Haag- Nus I>r. L. Dossier's Wetterprognose. Nachdruck verboten. 14. September. Freitag. Morgens bedeckt, aus Mittag zu zerstreut wolkig, nachmittags bis abends aufgebcssert bis herbstlich gut. 1». September. Sonnabend. Morgens bedeckt bis regnerisch, auf Mittag zu aufgebcssert bis zerstreut wolkig, nachmittags ausgchcitcrt bis herbst- ilch angenehm, abends bedeckt mit Niederschlägen in der sNacht, zumal im Süden. 16. September. Sonntag. Frühmorgens wohl sonnig und ruhig, morgens heraufzichcnde Ballen, die mittags zur Bedeckung führen, mittags und nachts windig, an den Küsten bis zu Sturm; nachmittags besser, örtlich anfgehcitcrt zu schönem Abend, nachts Niederschläge Telegramms des Chemnitzer Anzeigers. Weitere Depeschen s. 4. Seite. Agram, 12. September. Starke Militärabthcilungcn sind in die Gegend von Glina und Petrinia abgesandt worden, um die Ruhe in den Ortschaften, wo dieselbe gestört ist, wieder herzustellen. Wie». Außer dem König von Spanien weilen der Fürst Kara- gcorgicwich und der Herzog von Edinburgh hier, deren Anwesenheit sich besonders durch den Verkehr mit den russischen Kreisen bemerkbar macht Der Herzog von Edinburgh ist im strengsten Jncognito in der russischen Botschaft abgestiegen. Paris Der spanische Botschafter, Herzog von Fernan-Nnnez erhielt seine Demission, angeblich weil derselbe seiner Zeit von den Umtrieben Zorillas in Kenntniß gesetzt worden, gleichwohl es aber unterlassen habe, die spanische Regierung davon zu benachrichtigen. — Trotz der osficiöscn Ablcugnung bedeutet die Wiedcrabreise des Marquis Tseng eine schlechte Wendung in den Verhandlungen. Einem Besucher erklärte Tseng, wenn die französische Regierung darauf be stehe, weitere Verstärkungen nach Tongking zu schicken, so könne China nicht glauben, daß Frankreich ernstlich zu einer friedlichen Verstän digung zu gelangen wünsche. Sollte den abgesandten Truppen gestattet Werden, ihre Reise über Port-Said hinaus fortzusetzen, so werde die chinesische Armee unverzüglich in Tongking einmarschiren. — Zn den bisherigen speciellen Hetzblättern gegen Deutschland hat sich ein neues, der „Dcuische Polyp", gesellt, der sich als Organ der Reven- dicalions-Patriotiques bezeichnet. London. Die Asfairc in Kanton war nichts weiter als ein ge wöhnlicher Pöbelkrawall, bei dem geplündert, aber kein Europäer ver letzt wurde. Die englischen Blätter schlagen Kapital daraus, um zn beweisen, daß der französisch-chinesische Streit eigentlich eine englische Frage sei, über die England entscheiden müsse. Eine der Admiralität aus Hongkong zugcgangene Depesche besagt, in Kanton befänden sich zwei englische Kriegsschiffe, die Entsendung weiterer Kriegsschiffe sei nicht nöthig. Die staatliche Fürsorge für die industriellen Arbeiter. Die Socialpolitik weist dem Staate die Pflicht zu, in ungesunde sociale Bildungen, deren Heilung nicht durch den gesellschaftlichen Organismus selbst zu erwarten ist, verbessernd einzugrcifen. Daß in letzten Jahrzehnten derartige ungesunde Bildungen, besonders auf dem Gebiete der industriellen Produktion hervorgetretcn sind, darf als fest stehend gelten. Es liegt daher in der Natur der Sache, daß sich die sogenannte Bismarck'sche Socialpolitik zunächst ganz überwiegend diesem Fllde zugewendct hat. Der Hauptübelstand auf demselben ist die unbefriedigende Lage der Fabrikarbeiter. Selbstverständlich kann der Staat nicht das Phantasiegebilde des SocialismuS verwirklichen, nach welchem allen Menschen das gleiche Maß irdischer Güter zusallcn würde. Gegen die große Verschiedenheit der menschlichen Individuen nach ihrer natür lichen Veranlagung und die daraus mit Nothwendigkeit folgenden socialen Abstufungen würde selbst die stärkste Staatsgewalt nichts ver mögen. Der Staat ist auch nicht in der Lage, dem Fabrikarbeiter zn garantiren, daß er jederzeit Arbeit und für dieselbe einen stets aus kömmlichen Lohn finden werde. Das Universalmittel gegen alle wirth- schaftlichen Krisen ist wiedemm ausschließlich das Geheimniß der socialistischen Phantasien. Aber wenn sich hcrausstcllt, daß auch in dem normalen Stande der industriellen Produktion das Arbeitsein kommen nicht ausreicht, um die wirthschaftliche Existenz des soliden Arbeiters gegen offenbare Noth sicherzustcllen, so liegt darin ein Konstitutionsfchlcr, der mit einer vernünftigen Gesellschaftsordnung unvereinbar ist, den jedenfalls der Staat, da er eine unversicchliche Quelle tiefgreifender Unzufriedenheit sein würde, schon im Interesse deS inneren Friedens zu beseitigen suchen muß. Und thatsächlich hat sich ein solcher Mißstand herausgestellt. Die Erfahrung lehrt, daß der durchschnittliche Arbeitslohn unserer Industrie allerdings genügt zur Befriedigung der vernünftigerweise an das täg liche Leben zn stellenden Anforderungen, daß er aber unzulänglich ist, um die wirthschaftliche Existenz des Arbeiters im Falle der Erwerbs unfähigkeit sicherzustellen. Die Versuche, die nüthige Sicherstellung durch freiwillige Vereinigungen der Arbeiter zu erreichen — ein Weg, der in England zu bedeutenden Erfolgen geführt hat, — sind bei uns von geringer Wirkung gewesen, aber weniger infolge der mangelnden Einsicht und Energie der Arbeiter, als infolge der Niedrig keit ihres Einkommens. Die Hilfe des Staates kann nun nicht darin bestehen, daß er der Industrie etwa eine Minimalgrenze des Arbeits lohn« s setzte, welche den Arbeiter unter allen Umständen befähigen würde, für alle Unglücksfälle Vorsorge zu treffen; denn einerseits würde er dadurch einen unmöglichen Eingriff in ein seiner Michtsphärc zum Thcil völlig entrücktes Gebiet unternehmen, anderseits wäre er ohne jede Garaniie, daß der mit seinem Einkommen frei schaltende Arbeiter den entsprechenden Theil desselben wirklich zu jener Sicherstellung ver wenden würde. Mit Gewißheit kann der Staat den in Rede stehen den Zweck nur erreichen, wenn er die Sicherstellung unmittelbar in die eigene Hand nimmt. Darnach könnte es scheinen, als handelte es sich lediglich um die Erweiterung eines im modernen Staate längst eingebürgerten Zweiges der Socialpolitik: der öffentlichen Armenpflege. In der That ist ja der Grundgedanke der letztem kein anderer, als denjenigen, welche aus eigener Kraft ihr Leben zu erhalten nicht im Stande sind, durch die Hilfe des Staates die Mittel dazu zu verschaffen. Dennoch liegt zwischen der öffentlichen Armenpflege und jener Fürsorge für die Arbeiter ein tiefer grundsätzlicher Unterschied. Das Heer der Armen ist eine bunt zusammengewürfelte Masse, hervorgegangen aus den verschiedensten Lebensstellungen, und aus den verschiedensten Ursachen bis auf die unterste Stufe der Gesellschaft gesunken. So verschieden aber diese Elemente auch sind, die Behandlung ist für alle die gleiche. Wer Hab und Gut verpraßte, und wer durch edlen Opfermuth inS Unglück gerieth, wer faul das Land durchstreifend moralischem und körperlichem Sicchthum verfiel und wer unter der Last der harten Arbeit zusammenbrach — sie alle erhalten den gleichen kargen Unter halt. Die „Gemischtheit" des Armenthums ist es, was ihm im ür- theile des Volkes einen sittlichen Makel anheftet, die Armen im allgemeinen genommen thatsächlich zu einer verachteten Classe macht. Gewiß ist die Aufnahme der Fürsorge für die Armen unter die staatlichen Aufgaben den Wirkungen der christlichen Weltanschauung zu verdanken; aber weder von der rührenden Liebe noch von der hohen Achtung, welche der Stifter der christlichen Religion den Armen jederzeit erweist, ist in nnserm öffentliche» Leben eine Spur zu finden. In scharfem Gegensätze zu der Verschicdcnartigkeit der Bestand- theilc des großen Armcnheeres handelt es sich bei der Arbeiterfrage um eine im wesentlichen gleichartige sociale Schicht, deren Angehörige in ehrlicher Arbeit und durch dieselbe hilfsbedürftig geworden sind. Kein Gedanke ist ihnen bitterer, empörender als der, gleich allen andern gescheiterten Existenzen ihr Dasein durch „um Gottes Barm herzigkeit willen" gegebenes Almosen fristen zu sollen, während sie doch von der Uebcrzcugung durchdrungen sind, gegenüber der In dustrie, welche vermöge ihrer besonder» Gefährlichkeit ihnen die Leistungsfähigkeit ganz oder theilweise vernichtet hat, einen Rechts anspruch auf Entschädigung für die verlorene Möglichkeit der Selbst- erhaltnng zu haben. Und mit richtigem Instinkt trifft diese Uebcrzcugung den Punkt, auf welchen es eigentlich recht ankommt. Jede wirthschaftliche Pro duktion muß ersetzen, was sie verbraucht. Arbeiter ausnutzen, so lange sie gesund und rüstig sind, um sie nachher durch die öffentliche Armen pflege versorgen zu lassen, wäre gleichbedeutend mit der Unterhaltung eines einzelnen Produktionszweiges auf Kosten der Gesannntheit. Dann» kann man in der That von einem Rechtsansprüche reden. Und wenn das bestehende geschriebene Recht für einen solchen An spruch keinen Anhalt bietet, so muß es erweitert, muß neues Recht geschaffen werden. Dies aber ist der Zweck der fortschreitenden socialpolitischen Gesetzgebung; darin, in der Feststellung der hier ent sprechenden Rechtsnormen und in der Durchfuhr» ig derselben, besteht die wahre „Staatshilfe" auf diesem Gebiete. Freilich ist dir gesetzgeberische Aufgabe nicht leicht zu lösen. Ein Rechtsanspruch auf Entschädigung kann dem Arbeiter vernünftige^