Volltext Seite (XML)
Die Gerathuug und Beschlußfassung hierüber wurde in die geheime Sitzung verwiesen, in welcher unter dem Vorsitz de« Herrn Bicedirector Tränkner die gestellten Anträge einstimmig angenommen worden find. — DaS „CH. T." schreibt: Herr vr. Hering, Oberlehrer an der Realschule zu Chemnitz, hat einen Ruf an daS königl. Ghm- nasium zu Freiberg erhalten und dem Vernehmen nach angenommen. -s- Dresden, 4. Januar. Wie bereits erwähnt, find dem Landtage die Gesetzentwürfe einer revidirten Städteordnung, einer Städteordnung für mittlere und kleine Städte und eine revidirte Landgemeindeordnung zugegangen. Der erstere Entwurf umfaßt allein 135 Paragraphen. Schon daraus ergiebt sich, daß wir un sere Mittheilungen nur auf die wesentlichsten Punkte des Entwurfs zu beschränken haben. Die bisherige Gesetzgebung stellte den klei neren Städten die Wahl zwischen der allgemeinen Städteordnung und die Annahme einer nach der Landgemeindeordnung geregelten Verfassung anheim. Sie enthielt aber keine stricten Normen über die Vorbedingungen für die Einführung der Städteordnung. Da der Unterschied zwischen der auf letzterer basirten und einer sich an die Landgemeindeordnung anschließenden Verfassung hauptsächlich in der Stellung der Stadträthe sich zeigt, so glaubte die Regierung konsequent zu handeln, die für diese Stellung zu erfordernde Be fähigung der Magistratsmitglieder auch als erstes und unerläßliche« Erforderniß für die Annahme der Städte-Ordnung hinzustellcn. Dies geschieht durch den ersten Absatz in 8 1: Gegenwärtiges Ge setz leidet auf alle Städte Anwendung, deren Stadtrath den Vor schriften in 88 86 und 87 entsprechend zusammengesetzt ist. Die Verhältnisse derjenigen mittleren und kleinen «Städte, welche diesem Erfordernisse nicht entsprechen, werden durch ein besonderes Gesetz geregelt. Im 2. und 3. Absätze wird eine Unterscheidung zwischen größeren und kleineren Städten nach der Einwohnerzahl gemacht, die jedoch keineswegs eine absolute Classification der Städte be gründen soll. Jede Stadt, ohne Unterschied ihrer Bevölkerungs- zahl, kann, wenn sie sonst den gesetzlichen Voraussetzungen entspricht, die Städteordnung wählen oder nicht. Nur soll von Städten mit wenigstens 6000 Einwohnern im Mangel einer ausdrücklichen Er klärung angenommen werden, daß sie sich unter die revidirte Städtordnung stellen, während von kleineren Städten eine aus drückliche Erklärung über die Wahl zwischen beiden Städteord nungen verlangt wird. Als Endtermin für Abgabe dieser Erklä rung ist vorläufig seitens der Regierung der 1. October 1872 in'S Auge gefaßt. Die betreffenden beiden Absätze in § 1 lauten: Jede Stadt, deren Einwohnerzahl bei der letzten Volkszählung nicht 6000 betragen hat, hat sich durch ihre gesetzlichen Vertreter bis zum zu erklären, ob sie sich unter gegenwärtiges Gesetz stellen oder ihre Verfassung nach der Städteordnung für mittlere und kleine Städte ordnen will. Von Städten mit 6000 oder mehr Einwohnern wird im Mangel einer Erklärung angenommen, daß auf sie das gegenwärtige Gesetz Anwendung leide. Die folgenden beiden Paragraphen bestimmen: 8 2. In jeder Stadt sind OrtS- statuten zu errichten, welche außer denjenigen Bestimmungen, die daS Gesetz ausdrücklich dem Ortsstatut überweist, auch andere, die Gemeindeverhältnisse betreffende Normen enthalten können, aber mit den Vorschriften der Städteordnung nicht im Widerspruch stehen dürfen. 8 3. Alle statutarischen Bestimmungen bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Bestätigung durch das Ministerium des Innern. Mitglieder der Stadtgemeinde sind diejenigen Personen, welche im Stadtbezirke wesentlich wohnhaft sind, oder ein Grundstück besitzen, oder daselbst ein selbstständiges Gewerbe betreiben. Auch juristische Personen — mit Ausnahme des StaatSfiScuS, sowie gemeinnütziger Stiftungen und Vereine inSgesammt, dafern dieselben weder ein Gewerbe treiben, noch ansässig sind — sind als Gemeindemitglieder zu betrachten. Die Mitglieder des Königl. Hauses sind, so lange sie nicht mit Grundstücken im Stadtbezirke ansässig sind, nicht zu den Gemeindemitgliedern zu zählen. Ueber die Erwerbung deS Bürgerrechts bestimmt §18: Zum Erwerbe deS Bürgerrechts berechtigt und verpflichtet sind alle unbescholtene Gemeindemitglieder männlichen Geschlecht«, welche die sächsische Staatsangehörigkeit be sitzen, im Orte mit einem Wohnhause ansässig sind oder an directen StaatSsteuern mindestens 3 Thlr. jährlich entrichten. Gemeinde mitglieder, welche, ohne mit einem Wohnhause ansässig zu sein, eine dergleichen Steuer von 1 Thlr. bezahlen, find zur Bürger rechtserlangung zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet. Bei Be rechnung der Steuern sind die Ansätze der Ortscataster maßgebend. Der aus eine Mehrheit von Personen im Cataster eingetragene ge meinsame Steuersatz ist jeder derselben zu gleichem Antheile anzu- rechnen. Die Ansätze der Rentenrolle werden den Eingetragenen in ihrem Wohnorte zugerechnet. Die Motive des Entwurfs be merken hierzu: DaS Bürgerrecht soll nicht mehr daS Attribut ein zelner Berufsclassen sein, sondern die Gesammtheit aller Gemeinde- -litder umfassen, deren Verhältnisse die nöthigen Garantien dafür bieten, daß fie em bauerndes Interesse am Gemeindewoht und die Befähigung, für dasselbe zu wirken, besitzen. DaS Erfordernis der sächsischen Staatsangehörigkeit hat Man in dieser Hinsicht sestge- halten, weil e« die Voraussetzung eine« bleibenden Interesses an der Gemeinde verstärkt; die letztere auch als organische« Glied de« StaatskörperS und bei ihrem vielfachen Einwirken auf da« StaatS« ganze mittelbar und unmittelbar in die Staatsverwaltung eingreift. DaS gleiche Erforderniß findet sich daher allch in andere», z. B. der preußischen Gemetndegesetzgebung. Ein mäßiger Steuerceasu« hat auch hier, wie bei den Landtagswahlen llnd sonst, al- äußer liche Gewähr für daS Vorhandensein der oben erwähnten Be fähigung ausgestellt werden müssen. Man hat jedoch geglaubt, hierbei einen Unterschied zwischen 2- Elasten machen zu sollen, von denen die erste, weil sie neben den intellektuellen und moralischen Voraussetzungen präsumtiv auch die wirthschaftliche Kraft zur Uebernahme der besonderen bürgerlichen Verpflichtungen hat, zu Er werbung deS Bürgerrecht- verbündest sein soll, während der minder besteuerten Elaste, deren Mitglieder durch Erfüllung jener Pflichten leicht eine zu große Beeinträchtigung ihre- Erwerb« erleiden können, nur ein Recht zu diesem Erwerbe etngeräumt ist. Endlich hat man, nachdem da« Bürgerrecht nicht mehr Bedingung de« Gewerbe betrieb« ist, keine Veranlassung mehr gehabt, Frauenspersonen, welche man zur Theilnahme an den Gemeindewahleu Nach wie vor nicht berufen will, dennoch zu Erlangung de« Bürgerrecht« anzu halten. Zur Vertretung der Gemeinde und Verwaltung der Ge meindeangelegenheiten bestehen s) der Stadtrath und b) die Stadt verordneten. Durch Ortsstatut kann aber bestimmt werden, daß beide Organe in Ein« verschmolzen sein sollen. Sie führen in dieser Verbindung den Namen Stadtgemeinderat h. Nach den Motiven geht die allgemeine Städteordnung vom Jahre 1832 nicht nur davon aus, daß Stadtrath und Stadtverordnete al« zwei von einander völlig getrennte Körperschaften bestehen sollen, sondern läßt auch nicht einmal gemeinsame Berathungen derselben, diel weniger gemeinsame Beschlußfassung zu. Die Frage, ob diese« ge wöhnlich alSDualiSmu« derGememdeorgane bezeichnete Berhältntß fort bestehen solle, ist in neuerer Zeit ost und lebhaft verhandelt worden, jedoch bi« jetzt in competenten Kreiseu nicht zum AuStrage gelaugt. ES scheint auch, daß dieselbe nicht wohl ganz im Allgemeinen ent schieden werben könne, daß vielmehr nach Verschiedenheit der ört lichen Verhältnisse eine verschiedene Beantwortung derselben zu rechtfertigen sei. Der Entwurf hat daher von einer generellen Vorschrift in dieser Hinsicht abgesehen. Boa der Anficht ausgehend, welche neuerlich auch in immer weiteren Kreisen zur Anerkeantniß zu gelangen scheint, daß die Beseitigung deS Dualismus zunächst für große Städte sich kaum empfehlen dürste, daß dagegest in kleinen Orten manche Gründe für die Verschmelzung von Stadt rath und Stadtverordneten sprechen, überläßt er eS für jetzt der Ent schließung der einzelnen Gemeinden, welcher von beiden Formen der Gemeindevertretung sie den Vorzug geben will. Vielleicht kann nach Ablauf eines längeren Zeiträume«, innerhalb dessen über die Anwendung Beider Erfahrungen gesammelt worden sind, der Gesetzgeber in der letzteren Veranlassung zu Erlaß einer allgemein bindenden Vorschrift über diesen Gegenstand finden. Jedenfalls ist aber die den Stadträthen beigelegte obrigkeit liche und Polizeigewalt nicht auf ein die Stadtverordneten mit umfassende« Collegium zu übertragen, da« sich weder nach seinem Umfang, noch auch zum Theil nach der Art seiner Zusammensetzung zu Ausführung der wichtigen Rechte und Pflichten eignet, welche mit Handhabung der bezeichnete» Gewalt verbunden find. - (Schluß folgt.) Kohren, 1. Januar. Vor einigen Tagen ist im Dorfe Ricken hain ein 7 Jahr alter Knabe von einer mit der Tollwuth behaf teten Katze in daS Bein gebissen worden. Da» unglückliche Kind wurde der Behandlung eines hiesigen Arzte« übergebe«. Elterlein, 2. Januar. Diesen Mittag 1 Uhr ist auf dem oberen Boden des hiesigen Rathhause« Feuer ausgebrochen und ist dasselbe bis auf die Umfassungsmauern uiedergebrannt. Gewerbeverein. Ueber die letzten Versammlungen de« Gewerbeverein« sei e« un« Umstände halber erlaubt, nur in Kürze zu berichten. Am 5. December hielt Herr Organist Reichel einen gemeinverständlichen Vortrag über daS neue metrische Maß- und Gewi.cht«- shstem, indem er nach einem geschichtlichen Rückblicke auf die Ent stehung de« Metermaßes — ein Bieter ist eia Zehnmilliontel de« durch Paris gelegten Erdquadranten — und die Schwierigketten, die seine Einsührung in Frankreich gefunden, und nachdem er die Be nennung der decimalen Theile desselben erläutert, von diesem auf die Flächenmaße und Hohlmaße — ein Cubicdecimeter — 1 Liter — und endlich auf die Gewichte — eia Liter destillirten Wasser« wiegt ein Kilogramm — überging, sodaun die Verhältnisse zu«