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canonen" einen längeren, sehr interessanten Aufsatz, in welchem der vom Münchener Erzbischof excommumcirte Professor Frohschammer nachweist, daß der gesammte EpiScopat und Clerus der Excommuni- cation verfallen sei, insofern derselbe da- Kopernikanische Weltsystem annehme und daS Zinsennehmen ausübe, zwei „Ketzereien", als welche diese Gegenstände von Päpsten und Concilicn ausdrücklich und wiederholt verdammt worden seien. Ganz an der Tages ordnung ist insbesondere auch am Schlüsse der Hinweis auf daS von den Llericalen augenblicklich so viel mißbrauchte: „Man muß Gott mehr gehorchen, als den Menschen." Professor Frohschammer sagt nämlich: „Nicht der weltlichen Regierung, wie man dem Volke unwahrer Weise einredet, sondern dem Hohenpriester und seinem Rathe hat der Apostel PetruS dieses Wort entgegengehalten, um der Priesterherrschaft gegenüber das Recht der eigenen Ueber- zeugupg zu wahren." Linz. 1. Januar. Di« Beichtstuhl-Astaire im hiesigen Car- meliterkloster bildet noch immer daS Hauptthema des Tagesgespräches. Die Stachricht, daß die Staatsbehörde die strafgerichtliche Unter suchung bereits eiageleitet habe, bestätigt sich. Die Mutter der unglücklichen Anna Dunziger wurde schon zweimal verhört. DaS erstemal stimmte ihre Aussage mit den vou den Journalen gebrachten Daten in allen wesentlichen Punkten vollkommen überein, daS zweite Verhör lieferte aber schon den Beweis, daß von gewisser Seite tüchtig gearbeitet wurde, um die alte, ungebildete Frau einzuschüchtern und umzustimmen; sie deponirte mit großer Befangenheit, wider sprach sich öfters und zeigte da- Bestreben, den gräßlichen Fall in einem milderen Lichte darzustellen. Dieses Benehmen der alten Dunziger ist ganz begreiflich, denn eS wurden alle Betschwestern von Linz aufgeboten, um der alten Frau die Hölle recht heiß zu machen. Vorgestern besuchte ein Herr die Dunziger, um den ge nauen Sachverhalt von ihr selbst zu erfahren. Kaum hatte er die Wohnung betreten, liefen die vielen im Hause und in der Nach barschaft wohnenden „frommen" Weiber, die ihn für eine GerichlS- person hielten, zusammen, drangen in daS Wohnzimmer der Dun ziger und wollten die Unterredung des Fremden mit der Alten verhindern mit den Worten: „Sie dürfen nut ihr nicht allein reden, denn sie ist schon ein halbes Jahr nicht recht bei Sinnen, fragen Sie unS, wir wissen es besser. Der Pater Gabriel ist un schuldig u. s. w." Unter solchen Umständen wird es dem Unter suchungsrichter schwerlich gelingen, sichere Anhaltspunkte zur Ein leitung deS Strafversahrens zu gewmnea. Das bischöfliche „VolkS- blatt" schnaubt Wuth und bezeichnet die Veröffentlichung dieser Schandthat als eine gemeine Büberei, bestimmt, einen achtbaren Priester, „der als schneidiger Prediger gegen den Liberalismus be kannt ist", um seine Priesterehre zu brmgen. Um der Welt zu zeigen, daß an der ganzen Sache kein wahres Wort sei, mußte Pater Gabriel gestern beim Hauptgottesdienst die Predigt halten. Mit dieser Demonstration hat man das gerade Gegentheil von dem erreicht, was mau beabsichtigte. Paris, 3. Januar. Das „Journal ofstciel" berichtet von einem Schreiben, welches Graf v. Arnim dem Präsidenten der Republik am NeujahrSlage während des Empfanges des diploma tischen CorpS zusandte, Folgendes: Gras v. Arnim erklärt, er müsse, da er noch nicht die Ehre habe, dem diplomatischen Corps in Paris anzugshören, aus das Vergnügen verzichten, sich den heule von dem selben dargebrachten Glückwünschen anzuschließen. „Es hindert mich dies jedoch nicht", so sährt daS Schreiben fort, „Ew. Execllen; meine achtungsvollste Begrüßung zu übermitteln und Sie zu ver sichern, daß ich nur dem Gedanken meiner Regierung Ausdruck gebe, wenn ich Ihnen bei Erfüllung Ihrer schwierigen und patrio tischen Ausgabe all' den Erfolg wünsche, den Sie selbst zu wünschen vermögen." — Aeußeruogen Pouyer - QuerticrS lassen befürchten, daß das Deficit des Budgets weit bedeutender ist, als man bisher vermuthete. Die Majorität beabsichtigt, das Kriegsbudget um 100 Millionen zu reduciren. — Der Jahresbericht der französischen Ge sellschaft zur Hilfeleistung an Verwundete weist nach an Einnahmen während des Krieges 16 Millionen Francs, an Ausgaben 44 Mill. — Der Kricgsminister überreichte Thiers ein Project zur Errich tung eines LehrcurseS der deutschen Sprache für die Unterosficiere der französischen Armee. Rom, 3. Januar. Der Papst nahm die Meldung deS Car dinals Antonelli über die Beglückwünschung seitens deS Königs von Italien ohne jede Erwiderung hin. — ES wird versichert, daß der Cardinal Bonaparte dem Papste ein Beglückwünschungsschreiben deS Kaisers Napoleon überreicht habe. Bukarest, 3. Januar. Sämmtliche Sektionen des Senats haben die Eisenbahnconvention einstimmig genehmigt. — 4. Januar. Der Senat begann heute die Berathung deS Eisenbahngesetzes. Dachsen. Freiberg. In der letzten im alten Jahre abgehaltene» öffentlichen Stadtverordnctensitzung verlas der Herr Vorsitzende eine Zuschrift deS StadtratHS, wonach derselbe von einer Aeußeruug des H-rrn Stadtverordneten Advocat Heim, daß sich die besoldeten Rathsmitglieder durch den die Gewährung eines Steuerrabattes betreffenden Beschluß einen Vortheil in die eigne Tasche decretirt hätten, Kenutniß erlangt zu haben und hierin eine Beleidigung deS gesammten StadtratHS erblicken zu müssen erklärt, einen Ausgleich der Sache jedoch auf parlamentarischem Wege für angczeigt erachttt hat. Das Collegium erachtete die Beschwerde für begründet und beschloß auf Vorschlag des Vorsitzenden, dem abwesenden Herrn Advocat Heim iu Form eines schriftlich mitzutheilenden Ordnungs rufes die Mißbilligung über jene Aeußerung zu erkennen zu gehen. Einem anderweit gestellten Gesuch der hiesigen Braugenossenschaft um eigenthümliche Ueberlassung deS 27 IHR. großen längs deS BrauhosarealS gelegenen LandstreifenS, unter welchem zeither die Stadtrösche lag, für einen Kaufpreis von 15 Thlrn pro OR., wurde auch diesmal die Genehmigung versagt und beschlossen, zu vörderst hierüber daS Gutachten einer aus den Herren Stadtver ordneten Müller, Schwamkrug und Weber bestehenden Deputation einzuholen. Ein Antrag deS Herrn Stadtverordneten Stecher und Genossen auf Einführung einer städtischen Bauordnung und Fest stellung deS entsprechenden Bauplanes wurde zum Beschluß erhoben, nachdem Herr Stecher auf die bereits früher hierauf bezüglichen Vorschläge und die unbedingte Nothwcndigkeit eine- Bebauungs planes hinzcwiesen, auch hervorgehoben hatte, daß man sich bei der jetzigen Leitung deS städtischen Bauwesens einer baldigen und zu friedenstellenden Ausführung deS Antrags versichert halten könne. Das Collegium nahm Keuntniß von der erfolgten Wahl deS Hrn. RealschullehrerS Pachaly zum interimistischen Oircctor der hiesigen Realschule, sowie von der Ernennung deS Herrn Hilfslehrer Dachselt zum ständigen Lehrer, erhob gegen Leben, Lehre und Wandel der Anzustellenden keinerlei Einwendungen und erklärte sich einverstanden, daß denselben die AmtSprobe erlassen werde. In Gemäßheit deS Gutachtens der Rechnungsdeputation, wonach die aus das Jahr 1870 über die MilitärleistungScasse abgelegte Rechnung für richtig befunden und bei der kalkulatorischen Prüfung ohne Erinnerung geblieben ist, wurde zur Justification derselben die Genehmigung ertheilt. Der Herr Vorsitzende gedachte sodann mit warmen Worten deS aus der Miete der Stadtverordnetenschast ausscheidenden Hrn. Rentier Schubert, anerkannte dessen langjähriges ersprießliche- Wirken für das Wohl deS städtischen Gemeinwesens und forderte daS Collegium aus, demselben den verdienten Dank zu zollen; dasselbe gab sein Einverständniß und seine Anerkennung durch Er heben von den Plätzen zu erkennen. Hieran reihte sich daS Verlesen eines Antrags der Herren Geißler, Tischer, Wagner und vr. Walther, in welchem daS Collegium ersucht wird, gegen einen in Nr. 294 dieses Blattes veröffentlichen Aufsatz deS Herrn Stadtrath Sachße Verwahrung einzulegen. Der Antrag lautet: Die Unterzeichneten ersuchen daS Stadtverordnctencollegium, folgende Erklärung zu der Seinigen zu machen: „Herr Stadtrath Sachße bat auS Anlaß eines von der Stadtverordnelenschast in deren Sitzung vom 8. d. M. einstimmig gefaßten Beschlusses in Nr. 294 des Freiberger Anzeigers und ' Tageblatts, wovon ein Exemplar beiliegt, einen Aufsatz veröffent licht, welcher in sachlicher Beziehung aus die Ablehnung einer von keiner Seite erhobenen Beschuldigung sich beschränkt, im Uebrigen aber die dem gedachten Beschlusse vorauSzegangea« Verhandlung alS ein von den Herren Blüher, Kugler undMauckisch in Scene gesetztes Spectakelstück bezeichnet, den genannten Herren einen Mißbrauch des Gewichts der Stadtverordnetenschast zur Besriedigung persönlichen Grolls vorwirst und über deren Be theiligung an der fraglichen Verhandlung in Ausdrücken sich verbreitet, von deren Wiedergabe an dieser Stelle Abstand zu nehmen ist. Die Stadtverordnetenschaft findet a) in Form und Inhalt dieses Schriftstücks eine auffällige Verletzung derjenigen Würde, welche Herr Stadtrath Sachße au sich selbst, als dem Inhaber eines städtischen Amte-, geachtet wissen will, b) in dem gegen einzelne Mitglieder des Collegiums wegea ihrer Mitwirkung bei einem von diesem gefaßten Beschlusse ge richteten beleidigenden Angriff eine Beleidigung deS Collegium- selbst, c) in der Unterstellung, daß die Stadtverordnetenschaft zu einem Spectakelstück sich mißbrauchen lasse, eine Herabwürdigung ihrer Thätizkeit, 4) in dem ganzen Vorgehen ein dem städtischen Gemeinwohl und insbesondere dem gedeihlichen Zusammenwirken der städtische« Collegien schädliches Verfahren."