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Amtsblatt deS Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter und der Stadträche zu Freiberg u. Brand. 4. Erscheint i. Freiberg jed. Wochent. Ab. 6 U. für de» and. Tag. Jnser. werden bi» V. 11 II. für nächste Nr. angen. Sonnabend, den 6. Januar Prei» vierteljährl. 20 Ngr. Inserate werden die gespaltene Zeile »der deren Raum mit 8 Pf. berechnet. 1872. Freiberg, 5. Januar 1872. In einem Staate, wo alle Jahre ein oder ein paar Mal eine Krisis über die Frage der Verfassung und Gestaltung der inneren Verhältnisse stattfindet, ist es schließlich sehr schwer, noch Vertrauen auf den Bestand der Dinge auch bei den schönsten Aussichten zu fassen. Denn was heute in Gnaden steht, kann ja morgen ver- fehmt sein. Und so ist es in Oesterreich der Fall. Der Regent dieses Reiches entbehrt der festen Ueberzeugung von dem, was für seinen Staat nothwendig ist, deshalb experimentirt er bald so, bald anders. Nachdem den Lzechen unter dem Ministerium Hohenwart eine Zeit lang die Sonne gelächelt, scheint sie augenblicklich wieder warm für die Deutschen. Ob's nicht bloS Aprilwetter sein mag? Wer weiß eS! Ein lebensfähiges Staatswesen ist nicht nur Leib, ist auch Seele. Wenn die berufenen Baumeister und Wächter des StaatsbaueS den letzteren niederzureißen versuchen, dann muß die Menge irre werden an dem von den Vätern ererbten Patriotis mus — der Seele jedes StaateS. Unter ihren Füßen bricht der Boden in Stücke, in welchen die Wurzeln ihrer politischen Kraft geschlagen sind, und dem öffentlichen Leben wird der Raum zum Athmen derartig verengt, daß der Volksgeist nur zum TodeSröcheln noch fähig ist. In dieser Entseelung deS österreichischen StaatS- leibeS, der zuletzt in Staub und Moder zerfallen mußte, lag die Gefahr, von der das Reich durch Hohenwart bedroht wurde. Man kann eS der Wiener Presse nicht verdenken, wenn sie das neue Jahr hoffnungsfreudig begrüßt und sagt: „Wir dürfen wieder Muth fassen, indem wir das seit zwei Jahren unterbrochene Werk der Gesetzgebung wieder aufnehmen ; aber wir bedürfen der verdoppelten Anstrengung, um die Schäden des letzten Jahres auS- zugleichen. Auf keinem einzigen Gebiet deS öffentlichen Lebens ist auch nur eine Spur der Entwickelung vollbracht, keine Reform ist geschehen oder auch nur verbreitet worden. Statt, daß wir Ernten in die Scheuern fahren könnten, müssen wir das hochaufgeschossene Unkraut ausjäten. Die StaatSidee sitzt nicht mehr fest in dem aufgewühlten Volksboden und grünt nicht mehr in alter Frische, nachdem aus den Bleikammern deS Ministeriums Hohenwart ein Gifthauch über die VolkSgemüther geweht hat. Aber dennoch! Ja dennoch! das läßt sich leichter sagen, als thun. Wir fragen einfach: was ist denn geschehen, neuen Hoffnungen weiten Raum zu geben? die Einsetzung des deutschen Ministeriums Auersperg sowie die Thronrede, mit welcher der schnell berufene Reichstag eröffnet wurde, bezeugen doch nichts weiter, als daß unter dem ungarischen Ministerpräsidenten Andrassh auf den Versuch zurückgegriffen werden soll, den das frühere Bürgerministerium Giskra-Hasner machte und der so wenig glücklich auSfiel. Von sonderlichem Vertrauen zu der neuen Wandlung kann also unter solchen Umständen füglich nicht die Rede sein. Und was auch geschehen wird, dürfte in der Hauptsache wenig ändern, nämlich in der Zerfahrenheit des ganzen Staatswesen- und in der Unversöhn lichkeit der nationalen Ansprüche. Die Czechen, die man durch Hohenwart erst groß gezogen, werden wieder feindselig auftreten und damit mindestens jede wirkliche Entwickelung de- StaatSorga« nismuS unmöglich machen. „Zur Liebe könnt Ihr sie nicht zwingen." Die Anfänger des Centrali-mu- athmen jetzt freilich desto mehr auf. Sie begrüßen in der Thronrede da- Gegentheil von dem, wa- sie im Programm de- Grafen Hohenwart ängstigte. Jetzt haben sie die Au-ficht, daß der Reich-tag von den Landtagen befreit wird und daß mit der direkten Wahl der Vertreter un mittelbar au- der Bevölkerung heraus die „Verkörperung deS ReichSgedankenS" stattfinde. Kommt hinzu auch die noch von der Thronrede in Aussicht gestellte „Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse Galiziens in Gesetzgebung und Verwaltung", so ist allerdings wohl der deutschen VerfassungS-Partei im Bunde mit den Polen die Majorität im Reichstage sicher. Aber wird denn damit in Wahrheit für die Festigung deS Ge« sammtstaateS etwa» gewonnen sein, wenn man Lzechen, Slowenen, Ty- roler und wie alle diese widerhaarigen Elemente heißen, zn majo« risiren vermag? Denn damit giebt «an keinen Frieden und inso fern erscheinen uns die neuen Aussichten nicht bester, al- die alten. TageSgeschichte. Berlin, 4. Januar. Der „Kreuzzeitung" zufolge schweben die Verhandlungen mit Frankreich über den Abschluß eine- neuen Post- vertragS noch. Der Generalpostdirektor Stephan begiebt sich bald wieder nach Pari- behufs der Förderung de- Abschlusse-. Der „Kreuzzeitung" zusolge ist man hier an betreffender Stelle weiter hin mit Anknüpfung von Verhandlungen mit Oesterreich über da- Zustandebringen eines neuen PostvertragS beschäftigt. Die Eröff nung der Verhandlungen mit der österreichischen Postverwaltuag findet statt, sobald der Abschluß des Postvertrag- mit Frankreich erfolgt ist. — Wie die „Allg. Militär-Ztg." meldet, beabsichtigt General v. Göben, einzelne Gefechte und Schlachten seiner Truppen im Norden Frankreichs durch besondere Darstellungen in ähnlicher Weise herauszugeben, wie dies derselbe General auch in Betreff der 1866 von ihm geführten Division gethan hat. — Die Beamten bei der OccupationSarmee in Frankreich sollen Weisung erhalten haben, sich auf ihr Verbleiben daselbst bis März 1874 einzurichten. München, 2. Januar. Der Ausschuß der Kammer der Ab geordneten hat heute mit 6 gegen 3 Stimmen beschlossen, daß die Beschwerde des Bischofs von Augsburg begründet sei. Die 3 Stimmen — vr. Völk, Louis, v. Dürrschmidt — werden ei» Minoritätsgutachten erstatte» und in demselben eingehend auSsühren, daß die Beschwerde nach keiner Sette begründet sei. 0r. Völk wird dieses Gutachten erstatten. — Die „Neuesten Nachrichten" schreiben: Der Erzbischof von München-Freising soll, wohl zur Belohnung sür seine großen Ueberzeugungsopfer, die er der römischen Curie gebracht, zum Cardinal befördert werden. Wir bezweifeln die Nachricht, da diese Ernennung eine große Rücksichtslosigkeit gegen den König wäre. Unter allen Umständen darf man wohl annehmen, daß eine von Bayern zu tragende Gehaltserhöhung hiermit nicht verbunden ist. — Pros. Friedrich reiste heute nach Amberg, um dort das Begräbniß eines Altkatholiken vorzunehmeu und wird morgen den Trauergottesdienst in der vom Amberger Magistrat eingeräumten dortigen Spitalkirche abhalteu. DaS katholische Stadtpfarramt Amberg protestirte, die Regierung ge nehmigte jedoch die öffentliche Feier de- altkatholischea Begräbnisse-. - Die „Aug-b. Allg. Ztg. enthält unter dem Titel „L^communi-