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2252 wrnn er in Mar! rechnet und dann diese Umrechnung der Gold münzen in ein anderes Münzsystem nicht mehr nothwendig ist. Ich glaube zuversichtlich, daß die Durchführung des Systems unseres MünzgeietzeS, vorausgesetzt, daß die zur Münzreform nothwendigen ergänzenden Gesetzt zum Vollzüge gelangen, sich durch die Schwierig keiten mit Erfolg durchkämpfen wird. TageSgeschichte. Ein Augenzeuge berichtet jetzt über den Tod des Hauptmann Schmidt, unseres unglücklichen Landsmannes durch die Carlisten, Folgendes: „Der Kapitän Schmidt besah bei seiner Gefangennahme weder Waffen noch Legitimationspapiere. Man fand in seiner Tasche den Entwurf eines in keiner Weise gravirenden Correspon- denz-Berichtes. Sein Uebertritt zum Katholizismus wurde durch ein Falmm erschwindelt, indem ihm in einer mit singirten Unter schriften versehenen Ordre im Falle der Konversion die Begnadigung zuqesichert und seine Detention im Fort von Estella bis zur Be endigung des Krieges verheißen war Schmidt ist, wie von einem demschen Soldaten zu erwarten, mit Todesmuth gestorben. Er ließ das Verbinden der Augen nicht zu, legte ruhig seinen Rock ab und empfing stehend in die entblößte Brust drei feindliche Kugeln. Der brave O'fizier endete mit den Worten: „Hoch lebe mein Kaiser!" Dem Opfer der Barbarei wurde auch die Hinrich tung verbittert. Zum Ablegen des Rockes, in dessen Knopfloch das Eiserne Kreuz und eine Norddeutsche (Oldenburger oder Mecklen burger) Dekoration befestigt waren, fand Schmidt sich durch den Befehl veranlaßt: „Sie müssen das Eiserne Kreuz abnehmen!" Auf die Frage: „Warum?" erfolgte die Entgegnung: „Weil jedem Soldaten des Königs Carlos die Preußischen Farben verhaßt (oäioso, hassenswerty) find." Schmidt verweigerte die Abnahme des Oroens und entkleidete sich, um jeder weiteren Vexation vor- zubeuzen. Durch diese authentische Darstellung wird völlig festge- stellt, daß es sich hier um nichts Anderes handelt, als um einen in brutalster Weise vorgenommenen Mord, der den Abscheu der civilisirten Welt vor den Mordbrennerbanden des Don Carlos nur noch vermehren kann. Die „Republique francaise" meldet: die Antwort des Her zogs von Decazrs auf die letzte spanische Beschwerdenote werde dem spanischen Gesandten am Montag oder Dienstag zuge- stellt werden. Die Antwort erörtert jede Beschwerde einzeln, widerlegt jede derselben mit Beweisstücken und bemerkt im klebrigen: die französische Regierung muffe es ablehnen, über eine bewaffnete Ueberwachung der französischen Grenze und über die Abberufung französischer Beamten in Verhandlungen einzutreten, da diese Fragen rein innere Angelegenheiten Frankreichs beträfen. Diese Erwide rung wird den übrige« Mächten nicht mitgetheilt werden, da be kanntlich Spanien wegen dieses Schrittes der Vorwurf gemacht worden ist, seiner Beschwerde einen internationalen Charakter ge geben zu haben. — Wie das „Journal offic." vernimmt, hätte der Gffcndtr Frankreichs, Graf Chaudordy, nach Madrid bereits eine mündliche Erwiderung überbracht. Luch in England tritt jetzt der Streit zwischen den Alt- und Neukatholiken mehr und mehr in den Vordergrund. So empfing in London Erzbischof Manning eine Anzahl katholischer Würdenträger und bemerkte ihnen: er sei vor wenigen Stunden benachrichtigt worden, daß die katholische Welt von einem Streite bedroht sei, welcher alle Beschlüsse des vatikanischen Konzils umfasse. Es werde deshalb ein internationaler Katholikenkongreß in London zusammentreten, der die Jnfallibilität des Papstes gutheißen, sein Recht auf die geistliche und weltliche Macht unterstützen und es für Pflicht aller Christen erklären solle, zum Gehorsam gegen den Papst zurückzukehren Die Direktiven für den Kongreß gingen direkt vom Vatikan aus und sei zu hoffen, daß alle katholischen Würdenträger den Versammlungen beiwohnen würden. Dem ent gegen steht in London demnächst die Bildung einer altkatholi schen Kongregation zu erwarten. Die einleitenden Schritte zur Konstituirung derselben sind bereits erfolgt. Das zu Grunde ge legte Glaubensbekenntniß soll dasjenige sein, auf welchem die ersten ökumenischen Konzilien standen, d. h. der Glaube an ein ungethetl- tes Christenthum. Das englische Kabinet hat die Aufmerksamkeit der Pforte aus das Ueberhandnehmen des Sklavenhandels zwischen Bengazi und Egypten gerichtet- Die Pforte hat bereitwilligst Ab hilfe versprochen. In Madrid etngetroffenen amtlichen Meldungen zufolge haben die Carlisten das Bombardement auf Jrun fortgesetzt, aber ohne erheblichen Schaden anzurichten. Die Belagerer sollen dagegen bedeutende Verluste erlitten haben. — Am 4. Novbr. haben die Regierungstruppen die Carlisten in einem Gefechte bei Castellon de AmpurigS (Provinz Gerona) geschlagen. Dachsen. Freiberg, 6. Novbr. Die gestern Abend im „BurM^ abgehaltene erste Versammlung des hiesigen Wahlverein-, z, welcher Einladungen an hiesige Bewohner ergangen waren, war von ca. 150 Personen besucht, von denen sich auch der größte TW als Vereins - Mitglieder einschrieben. Der Vorsitzende de- Wahl- Vereins, Herr Adv. Täschner, begrüßte die Versammlung mit de« Ausdrucke der Freude, daß dieselbe so zahlreich besucht sei, und entwickelte dann in längerer Rede die Tendenz des Vereins. Der Wahlverein müsse dahin streben, daß wir endlich bei der Reich-tagt- wahl über den von der sozialdemokratischen Partei ausgestellten Kandidat den Sieg erringen, daß Männer in den Landtag vo, uns gesendet würden, welche die Interessen Sachsens wahren, dabei aber auch die Deutschlands im Auge haben. In erster Linie sst es nöchiq, daß die Agitation, die Triebfeder zur Weckung der Ap differenten, längere Zeit vor der Wahl vorbereitet werd», dM ab-r auch die Arbeiter, bevor dieselben von ihren aus andern Städt« rekrutirten sozialdemokratischen Agitatoren bearbeitet werden, durch uns Belehrung finden, daß ihre Führer nicht ihre wahren Freunde seien. Ferner berührte der Redner die Bestrebungen der Ultra- montanen. Wenn auch für uns der wirkliche Ultramontani-W nicht gefährlich werden könnte, so gebe es doch in unserer eine orthodoxe Partei, welche die Bestrebungen ersterer begünstig, ! und auch auf uns überzutragen bemüht sei. Man habe dies beM in einzelnen in unserm Sachsen stattgefundenen Diöcesanversa«» langen bemerkt, in welchen eine ähnliche Gesinnung Vorgehens^. Daher müsse bei dem Wahlverein die freie Kirche im Auge behalt« bleiben. Verschlossen sei der Verein Denjenigen, welche Zwietracht hereinbringen wollen, die die Sozialdemokratie fördern und d« Männern, welche dem Partikularismus huldigen. Endlich hebt «och der Redner den Einfluß des Wahlvereins auf die Stadtverordnete» Wahlen hervor; dem bisherigen Modus, daß der Bürgerschaft Ur- bekannte im „Anzeiger" Kandidaten aufstellen, müffe dadurch gesteuri werden, daß der qesammte Wahlverein der Bürgerschaft Wahl vorschlägt mache. Herr Jungnickel macht darauf aufmerksn, daß, wenn Dieser oder Jener, von dem man gleiche Sesimnag voraussetzen kann, ein Einladungsschreiben nicht erhalte«, die- nicht absichtlich geschehen, sondern dem Zufall zuzuschreiben sei. Hm Kommisfionsrath Bochmann dankt dem Vereine für. dessen a- gestrebte Erweiterung, will aber im Interesse des Beteln- selbst die Bedenken nicht unerwähnt lassen, welche vielfach über 8 1L bn Statuten laut geworden seien, insofern in diesem die Möglichkeit der Ausschließung aus dem Verein, sobald von Mitgliedern geg« den Beschluß der Generalversammlung gestimmt werde, gegeben sei; in Bezug auf Reichs- und Landtagswahlen sei wohl dies im Prtmh festzuhalten, aber nicht bei den stävtischen Wahlen. Herr Advokat Blüher nimmt in längerer Rede den Paragraphen in Schuh, indem er hervor)ebt, daß zwingende Beschlüsse die Grundlage bet Vereins mitbilde, die Minorität müsse sich fügen; doch sei der Paragraph nicht so schlimm aufzufassen, da nach 8 7 die Semral- versammlung von dieser Verpflichtung dispensiren könne. Herr Faktor Müller spricht sich bezüglich der städtischen Wahlen ebenfalls ito Sinne Herm Blühers aus und Herr Roscher nennt die Grundlage des Vereins eine ganz gute und empfiehlt, dem neuen Vereine Ver trauen entgegen zu bringen. Hierauf erklärt der Vorsitzende, bah die erste Thätigkeit des Vereins sich auf die Stadtverordnetenwabl« erstrecken werde, wozu durch eine demnächst stattfindend« Ver sammlung Vorschläge gemacht werden sollen. Schließlich dankte Herr Wießner den Männern, welche die Bildung dieses Bereit angrstrebt und fordert die Anwesenden auf, diesem Danke derj Erheben von den Plätzen besonderen Ausdruck zu geben, wa- auch von Allen erfolgte. Nachdem die Beitrittserklärungen zu dm Vereine von den Anwesenden vollzogen und von dem SchriftM Herrn Jungnickel das Protokoll verlesen worden war, schloß t Vorsitzende die Versammlung mit einem Hoch auf Freiberg, Ea^ und Deutschland, in welches man begeistert einstimmte. (Fortsetzung von „Sachsen" in der Beilage.) Stadt-Theater. Freiberg, 7. Novbr. Das Schauspiel „Treue Lieb»" von Devrient am Donnerstag, führte man so gut auf, daß vn nicht umhin können, den einzelnen Darstellern hier unsern Beifall noch zuzurufen. Im Ensemble wie im Einzelspiel war die Dar stellung vorzüglich und der Hervorruf vor allem von Frl. SaroU Karichs ein verdienter. Auch Frl. Larissa Karich- Frau Leuchtmann spielten ihre Rollen recht brav. Nur schade, daß der Besuch ein schwacher war, die Leistung der Gesellschaft M die feine geschmackvolle Garderobe hätte ein volles HauS bestieM' Verantwortlicher Redacteur: E. Maucktsch in Freiberg