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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 24.01.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-01-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188401243
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18840124
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18840124
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote
-
Jahr
1884
-
Monat
1884-01
- Tag 1884-01-24
-
Monat
1884-01
-
Jahr
1884
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 24.01.1884
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Ehe«»i-e« Anzeiger «nd Stadtbote. Nr. SV. Donnerstag. 24. Jamrar. Seite 2. bischöflichen Stuhl von BreSlau hinzustellen. »Unser Artikel vom 29. November 1881, in welchem wir in der Lage waren, jene Kan didatur als eine für die preußische Regierung unmögliche zu bezeichnen, machte damals der Erörterung dieser Kandidatur ein schnelles Ende. Wir wüßten nicht, was sich seit jener Zeit in Beurtheilung der Personen und Verhältnisse geändert hätte, und möchten daher meinen, daß jede Kandidatur des Prinzen Edmund Radziwill auf einen Bischofssitz ein- für allemal abgethan sei, sügtjdas gen. Blatt hinzu * — Seitens einer Anzahl von Handelskammern ist der Wunsch ausgesprochen, daß der Maximalsatz bei Einzahlungen auf Post anweisungen erhöht werden möge und die Breslauer Handels kammer hatte kürzlich einen bestimmten Antrag in dieser Richtung an das Reichs-Postamt gerichtet. Nach der ihr ertheilten Antwort hat das Reichspostamt bei der gegenwärtigen Lage der Verhältnisse ein Bedürfniß zur Erhöhung der zugelassenen Meistbeträge nicht aner kannt, jedoch die Zusicherung ertheilt, daß es der angeregten Frage dauernd seine Aufmerksamkeit zuwenden werde. — Die Untersuchung, welche anläßlich des Unglücks auf dem Bahnhofe in Steglitz eingeleitet worden ist, hat nach einer Mittheilung des preußischen Staatsanzeigers ergeben, daß den dienst habenden Stationsvorsteher, gegen welchen der Vorwurf einer Ver nachlässigung der ihm obliegenden Pflichten erhoben worden war, kein Verschulden trifft, daß vielmehr der bedauernswerthe Unfall lediglich auf das eigenmächtige Verhalten des Publikums zurückzuführen ist. — Der deutsche Offizierverein ist vor wenigen Tagen konstituirt worden und wird seine Geschäftstätigkeit am 1 April d. I. «öffnen. Wie die letzte Nummer der „Allg. illustr. Militär-Ztg." mittheilt, zählt der Verein bereits 16,180 Mitglieder, darunter 182 Generale, 1638 Stabsoffiziere, 12,412 Hauptleute und Subaltern offiziere und 1948 Sanitäts-Offiziere und Beamte der Militär- Verwaltung. — In der bairischen Abgeordnetenkammer istgestern der Militäretat veltheilt worden, und zwar beträgt derselbe für das kommende Jahr 43,490,595 Mark Von den 427,274 Mann des Reichsheeres entfallen auf Baiern 56,224 Mann. — Wie »us Nürnberg berichtet wird, soll im nächsten Jahre Lei Eröffnung des neuen Ausstellungsgebäudes des bairischen Ge werbemuseums zugleich eine internationale kunstgewerbliche Ausstellung stattfinden. — Der „Hamburgische Korrespondent" erfährt, daß außer dem in Mannheim verhafteten Vergolder Karl Mildenberger noch eine zweite Person in Kopenhagen wegen Verdachts der Mitschuld an dem Dynamit-Attentat im Polizeigebäude zu Frankfurt a. M. ver haftet worden ist. — Die Gesammtsumme der im Jahre 1883 aus Deutsch land Ausgewanderten hat 166,119 Personen betragen, wogegen im Jahre 1882 193,687 und 1881 210,547 Personen ausgewandert waren. Wenn auch die vorjährige Ziffer noch immer eine bedeutende Höhe erreicht hat, so ist doch die Abnahme gegen die Vorjahre erheblich. Oesterreich-Ungarn. Herr v. Giers ist, wie vorher be stimmt, gestern Vormittag von Wien nach Petersburg abgcreist, nachdem er am Montag Nachmittag noch eine Unterredung mit dem russischen Botschafter Fürsten Lobanow und darauf mit dem gemein samen Minister des Aeußeren Grafen Kalnoky gehabt hatte. — Aus Wien wird berichtet, der Mädchenmörder Hugo Schenk habe gestanden, daß er mehrere neue Morde geplant und vorbereitet hätte, als er verhaftet wurde. — Wie wir bereits gestern mitgetheilt haben, ist der kroatische Landtag auf unbestimmte Zeit vertagt worden, da die Regierung die Vertagung für ein zweckmäßigeres Mittel, der peinlichen Situation in Agram ein Ende zu machen, gehalten hat, als sofortige Auflösung. Die Mandatsdauer des gegenwärtigen Landtags erstreckt sich noch bis August und bis dahin hofft die ungarische Regierung dem Chaos nnd der Verwilderung so weit beizukommen, daß die Herstellung normaler verfassungsmäßiger Zustände und nach Ablauf der gegen wärtigen Landtagsperiode der ruhige Vollzug der Neuwahlen möglich sein wird. Frankreich. Die Presse beschäftigt sich noch. immer lebhaft mit der „Frage der Lumpensammler". Kein Blatt'wagt die „Reform" des Seinepräfekten zu vertheidigen. Letzterer empfing Montag eine Deputation der Chiffonniers,- Herr Poubelle gab derselben seine „Sympathie" kund und versprach, dafür zu sorgen, daß die Lumpen sammler noch „eine Zeit lang" in den reglementären Gesäßen „ope- riren" dürften; sie sollen den Inhalt derselben auf dem Trottoir, womöglich auf einen leeren Sack, ausbreiten und dann auswählen, was sie brauchen. Nun befinden sich unter diesen Industriellen zahl reiche alte Leute, Verkrüppelte und Kinder, die nicht stark genug sind, die gefüllten Blechgefäße umzustürzen, und da sie die Gefäße nach Durchstöberung wieder füllen sollen, wird ihnen die versprochene Gunst des Präfekten wenig nützen. Miß Hkympia Aadriski. Eine platonische Klub- und Liebesgeschichte. - Bon I. P iorlowSka. Man pflegt im Allgemeinen mit einem gewissen boshaften Achsel zucken das Schwatzen als unantastbares Erbtheil der Frauen hinzu stellen — eine Ungerechtigkeit, der nicht ernstlich genug entgegcngetreten werden kann! — Diese Sünde, wenn anders es überhaupt eine ist, eignet dem sogenannten starken Geschlecht nicht weniger als dem schönen. Ja, der Schreiber dieses darf, auf lange und eingehende Er fahrungen gestützt, mit Dreistigkeit behaupten, daß in Bezug auf die Intensität des „Klatschens" uns Männern sogar die Palme gebührt. Welcher Frauen-Verein könnte sich z. B. in Bezug auf Zungen- Sport mit unserem Klub messen?! Wenn dort im Rauch zimmer ein Kollegium von vier bis fünf jungen Elegants beisammen fitzt, auf den bequemen Armstühlen hingeräkelt, vom Dampf der Havanna in olympische Molken gehüllt, und wenn sie dann von Zeit zu Zeit ihre Köpfe über den kleinen Ebenholztisch hin zusammenstccken, so kann man sicher sein, daß da die vl,ro»iqu« «ennänlens«! der Stadt: die zurückgcganqe, e Verlobung A.'s, die Verschwendungssucht von B.'s Gattin, das Verschwinden des C.'schcn Pensions-Töchterleins mit einem Zirkushelden, und die hoffnungslose Leidenschaft D.'s für E.'s kokette Schwester — noch bedeutend ausgiebiger abgehandelt wird als bei dem redegewaltigsten Damenkaffee! Hier im Klub ist's, wo dem Baron F. wegen eines Bonmots, Las fast eine halbe Saison hindurch sein Leben fristete, die Unfehl barkeit zuerkannt wird; hier ist es, wo die Königin des letzten Künstler- Lalles, Frau G., ihrer Privilegien beraubt und der gesellschaftlichen Guillotine überliefert wird: hier wird der Ruin des Kommerzienraths H. bereits ein Jahr vor seinem Eintritt eskomptirt — kurz, wo die Gesellschaft sich selbst vivisezirt, und wo alles bekannt ist, was im öffentlichen Leben geschieht; fast alles, was nicht geschieht, und sehr vieles, was überhaupt niemals geschehen kann. In diesem Klub erfuhr ich denn auch die Details über den Fall .Lorenz von Sturmhose. Lorenz von Sturmhose's Geschichte machte nicht nur im Klub, sondern in der ganzen Stadt von sich reden, und sie war in der That Ler Rede werth, obwohl für den Betheiligten selbst nicht eben mit »ielen Annehmlichkeiten verknüpft. , — Die „Liberi,!" hält einen Strike der Pariser Polizeimänner für möglich, wenn die Kammern das Projekt der Einverleibung der Polizeipräfektur in das Ressort des Innern genehmigen, weil durch diese Reform ungefähr 4000 Ourckisas 6s In prüx eine Verminde rung ihrer Pensionsansprüche erleiden würden. Rußland. Dem Reichsrathe liegt gegenwärtig ein Plan vor, welcher Anordnungen in dem Reglement über die Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht bezweckt. Es handelt sich darin um einige Begünstigungen des Bauernstandes in Rücksicht auf seine wirthschaft- lichen Verhältnisse. Namentlich sollen verschiedene Kategorieen von jungen Leuten, welche in der Wirthschaft unentbehrlich sind, vom Dienst befreit werden. — Das russische Zolldepartement hat durch Cirkulare vom 25. No vember, 3. und 12 Dezember 1883 die Zollämter angewiesen, die nachstehend benannten Handelsartikel bei der Erhebung der Zollgebühren wie folgt nach dem Tarif zu klassifiziren. 1) Die als S.ielzeug für Kinder bestimmten Musikinstrumente, welche unter dem Namen „Mund-Harmonien" bekannt sind — gleich andere« Kinderspielzeug unter Art. 228 (37 Kopeken vom Pfund); 2) Feldspath, in Stücken sowohl als pulverisirt — unter Art. 8 Punkt 1 (zollfrei); 3) Weinflaschen, aus farbigem, in der Masse gefärbtem Glas angefertigt, von anderer als der gewöhnlichen grünen Flaschenfarbe — unter Art. 157 Punkt 3 (2 Rubel 20 Kopeken vom Pud), wenn sie ihrer Ausstattung nach nicht einem höheren Zoll unterworfen werden können; 4) messingene Pressen, welche einen Siegel oder einen Stempel ersetzen — unter Art. 229 (33 Kopeken vom Pfund) gleich nicht besonders benannten Schreibutensilien. — Der „Pos. Ztg." wird aus Warschau bezüglich der neuen Wechselordnung in Rußland geschrieben: Im Jahre 1882 wurde in Petersburg eine Kommission eingesetzt, der die Ausarbeitung eines neuen den Erfordernissen des modernen wirthschaftlichcn Leben- ent sprechenden Wechselgesetzes zur Aufgabe gemacht wurde. Die unter dem Vorsitz des Senators Frisch arbeitende Kommission setzte sich so wohl mit den inländischen Fachkorporationen, sowie mit den juridischen Autoritäten des Auslandes in Verbindung, um ein möglichst reich haltiges Material zusammenzubringen. Auf Grund desselben hat auch die Kommission ein sehr fleißig und gewissenhaft gearbeitetes Projekt verfaßt, welches jedoch in Folge der weiteren nach dieser Richtung hin gemachten Erfahrungen, und mit besonderer Berücksichtigung der inzwischen in Kraft getretenen englischen und holländischen Wechsel- gesetzgebung einer nochmaligen genauen Prüfung unterzogen werden mußte. Das neue Projekt lehnt sich an die einschlägigen deutschen Gesctzvorschriften an, enthält aber auch viele Aehnlichkeiten mit der englischen und holländischen Wechselordnung. Die so sehnlichst er wartete Reform des gegenwärtigen russischen Wechselgesetzes wird da her schon in nächster Zeit in Erfüllung gehen, da dem Projekt nur noch die allerhöchste Sanktion mangelt. Von speziellem Interesse ist es, daß die polnischen Gouvernements, in denen das sranzösische Han delsgesetz von 1808 obligatorisch ist, auch der neuen russischen Wechsel ordnung unterworfen werden sollen. Nachdem hier bereits das russische Strafgesetz von 1864 eingeführt ist, behält Polen von seiner früheren juristischen Autonomie nur seinen Civilkodex von 1826 und einen Theil des Ooäs Llapols»». Doch geht man damit um, auch diese Ueberbleibsel zu beseitigen und somit die vollständige Gleichstellung Polens mit dem übrigen Rußland durchzuführen. Italien. Graf Greppi, der neu ernannte italienische Bot schafter für Petersburg, hat in Wien, das er auf seiner Reiseroute berührte, einem Korrespondenten des „Pester Lloyd" interessante Mit theilungen über die derzeitige Politik Italiens nnd speziell dessen innige Beziehungen zu Oesterreich gemacht und dabei u. A. auch den Niedergang der Jrredenta und den erfreulichen Umschwung in der Stimmung des italienischen Volkes gegenüber Oesterreich betont. Die „Nat. Ztg." bringt diese Aeußerungen ausführlich und schreibt: Graf Greppi erklärte, daß er nunmehr vierzig Jahre im diplo matischen Dienste stehe, sich aber keiner Zeit erinnere, welche fried lichere Aussichten für die Zukunft darbietet, als die jetzige. Italien als ein junges Staatswesen hat ein spezielles Interesse an der Auf rechterhaltung eines langen Friedens; das führt es mit Deutschland und Oesterreich zusammen. Italien kennt jetzt keinen anderen Ehr geiz. als ein Element der Ordnung und eine Bürgschaft für Europa zu sein; von Zeit zu Zeit tauchen irredentistische und republikanische Versuche auf, aber sie bleiben ergebnißlos und lassen die Bevölkerung gleichgültig. Es ist das Hauptverdienst des Ministerpräsidenten Depretis, daß er den Jrredentismus entlarvte und ih» als eine bedeutungslose Angelegenheit klar stellte. Jeder verständige Italiener ist sich klar darüber, daß nur lärmende Minderheiten im Trentino und in Triest für die Annexion an Italien sind; die Mehrheit folgt bestimmt vorgezeichneten materiellen Interessen. Der Jrredentismus steht auf dem Aussterbeetat. Um dem Leser die Umstände vollständig klar und begreiflich er scheinen zu lassen, muß ich vorausschicken, daß Lorenz v. Sturmhose einer der stolzesten und empfindsamsten Männer unter der Sonne — wenigstens unter derjenigen seiner engeren Heimath — war. Seine Vorfahren nahmen stets bevorzugte Stellungen im Staat und in der Gesellschaft ein, und seine Mutter Eglantine — damit ist sür den einigermaßen Eingeweihten Alles gesagt — war eine Geborene v. Nickelpilz-Knierutsch. Lorenz v. Sturmhose ist etwa fünfundzwanzig Jahre alt. Seine Geburt machte ihn zum Gentleman und seine Erziehung zum Milli onär; außerdem war auch noch der Zufall bei seiner Menschwerdung betheiligt, und dieser machte ihn zu einem sogenannten „guten Kerl". Ich bin der Ueberzeugung, daß Fortuna in ihrer fröhlichsten Laune war, als sie ihre begchrenswerthen Gaben in solcher Fülle über Lorenz v. Sturmhose ausschüttete, der vor dem Eintritt jener Katastrophe der „Stern" unseres Klubs war, und demselben vielleicht auch später einmal wieder „aufgehen" wird. Ungefähr ein Jahr mag es her sein, als sich im „Allerheiligsten" des Klubs ein „gezüngeltes" Rauschen vernehmbar machte wenn das Wort „Rauschen" nicht schon zu energisch für ein Etwas ist, das ge wissermaßen nur als ein zarter Hauch die Atmosphäre des Billard zimmers zu durchdringcn schien. — Dieses Etwas gewann nach und nach greif- oder besser hörbare Gestalt, und gipfelte in dem Bewußt sein, daß Lorenz v. Sturmhose irgend ein geheimer Kummer bedrücke. Wie es plötzlich Jemand einfällt, seine Stiefel mit chinesisch zu- gespihten Kappen zu tragen, oder seine Kravatte durch einen Ring zu ziehen, so wurde es— „ohne Mechanismus und doppelten Boden" — plötzlich Mode. Lorenz v. Sturmhose für einen Manu anzusehen, der von einer großen Sorge gequält sei Welcher Gattung diese Sorge angehöre, welchem Umstand dieselbe ihre Entstehung verdanke, warum er sie nicht so schnell als irgend möglich wieder abwälze und vom Halse schaffe: die Beantwortung dieser und aller ins gleiche Fach schlagenden Fragen war natürlich eine durchaus problematische. Es befand sich Niemand im ganzen Klub, dessen Einbildung eine so starke Flugkraft besessen hätte, um sich etwa zu dem Gedanken auf zuschwingen, Lorenz v. Sturmhose lönneIsich in Geldverlegenheit be finden Also war er verliebt?! Graf Greppi sprach sich über seine Petersburger Mission sehr befriedigt aus. Sein Vorgänger, der Ritter de Nigra, habe dort einen trefflichen Ruf hinterlassen. Graf Greppi's Ehrgeiz wird sein, in dessen Fußtapfen zu treten. Die Unterredung, die er mit Herrn Mancini hatte, bevor er Rom verließ, um seinen Petersburger Posten anzutreten, dauerte keine Viertelstunde, besser kann der befriedigende Charakter der italienisch-russischen Beziehungen nicht illustrirt werden. Die Unterhaltung wandte sich darauf auf Spanien, wo Graf Greppi acht und ein halbes Jahr Gesandter war. Der deutsche Kronprinz wurde erst ziemlich kühl empfangen, aber er machte bald an den Spaniem eine große Eroberung. Die Verstimmung Castelars, der Deutschland und seinen Kaiser beleidigte, ist durchaus verfehlt. Der Republikanismus wird schnell aus Spanien verschwunden sein, denn die Spanier sind keine Republikaner und bei ihnen könnte eine Republik nur als ein kurzes Interregnum existiren. Dann würden di« Monarchien von Alfonso und Don Carlos wieder im Weltbeweib stehen. Die Perspektive der Rückkehr von Don Carlos muß für jeden liberalen Spanier etwas Erschreckendes haben; wer für den Fortschritt in Spanien ist, muß mit Alfonso gehen, der sein Volk auf diesen Weg zu führen fest entschlossen ist. Spanien. In den dem neuen Ministerium nahestehenden Kreisen wird versichert, daß das Kabinet kein Rundschreiben nach dem Auslande versenden werde, da seine Grundsätze hinsichtlich der aus wärtigen Politik hinlänglich bekannt seien. Egypten. Aus Kairo wird gemeldet, daß General Gordon dem Befehle des Generalkonsuls Baring unterstellt worden sei und somit der militärische Standpunkt dem diplomatischen untergeordnet bleibe. Ueber die zwischen dem König von Belgien und der englischen Regierung bezüglich des Generals getroffene Uebereinkunft wird der „Nat. Ztg." aus Brüssel gemeldet: „König Leopold II. und die englische Regierung haben sich über die Mission, welche General Gordon in Afrika ausiühren soll, freundschaftlich dahin verständigt, daß es dem General gestattet sein soll, sich „für einige Zeit" in den Dienst Englands zu begeben, „wenn dieses seiner Thätigkeit und seiner Fähigkeit bedürfen sollte." Auf der anderen Seite hat die Londoner Negierung den General ermächtigt sich zur Verfügung des Königs der Belgier, Präsidenten der afrikanischen Gesellschaft, welche der Dienste des Generals unmittelbar zu bedürfen glaubt, zu stellen und ihn „für: einige Monate" in den Sudan geschickt. Hat der General die dortigen Verhältnisse geordnet, so wird er nach dem Congo abgchen und während er fortgesetzt Angehöriger der englischen Armee bleibt, für die inter nationale Gesellschaft arbeiten. Ueber die Dauer der zweiten Mission ist nichts verabredet worden." — Der Khedive erhielt ein Telegramm des stellvertretenden Gouverneurs des Sudan, in welchem dieser meldet, daß durch die iu den nächsten Tagen erwartete Garnison von Sennaar die Garnison von Khartum so verstärkt werden würde, daß jeder Angriff zurückgc- wiesen werden könne. Nachrichten aus Chemnitz «nd Umgegend. Cbemnitz, den 23. Januar 1884. — Das neue Adreßbuch der Stadt Chemnitz für 1884, welches von morgen ab zur Austragung gelangt, beweist wiederum, wie Chemnitz in seiner Einwohnerzahl, seiner Industrie und seinem gesellschaftlichen Leben von Jahr zu Jahr zunimmt. Die Einwohnerzahl von 100,000 welche für eine Großstadt nothwen- dig ist, hat Chemnitz bereits im Juli des Jahres 1883 überschritten, denn nach der damaligen Auszählung zum Zwecke der Wasserver brauchsberechnung betrug die Gesammtzahl der Einwohner >02,713. Wie früher, so enthält auch das neue Adreßbuch ein Namcns- Vcrzeichniß der Einwohner in alphabetischer Ordnung, sowie der Be wohnerschaft der Häuser in alphabetischer Reihenfolge der Straßen, und ein drittes, welches die Einwohner nach den Standesklassen ge ordnet, aufführt. Die verschiedenen Verzeichnisse, Statuten rc. sind dieses Jahr wieder bei weitem reichhaltiger als im vergangenen. — Die Chemnitzer Aktienspinnerei zahlt ihren Aktio nären auf das abgelaufene Geschäftsjahr eine Dividende von 15 Prozent. — Daß die Direktion unseres Stadt-Theaters mit der nochmaligen Aufführung des reizenden Weihnachtsmärchens „Prinzeß Amaranth" am vergangenen Sonntag den Wünschen Vieler entgegcngekommen ist, bewies so recht das dichtbesctzte Haus. Wie wir hören, hat sich Herr Direktor Schindler erfreulicher Weise ent schlossen, das Stück, welches in der That ein rechtes Zugstück genannt werden kann und muß, nächsten Sonntag noch einmal zu wieder holen, um sowohl Erwachsenen wie auch der Kinde.Welt Gelegenheit zu bieten, sich an den lieblichen Scenen, an denen „Prinzeß Ama ranth" so reich ist, zu erfreuen. —äi-, Angesichts des außerordentlich interessanten Programms (man vergl. das in der heutigen Nr enthaltene Inserat) für das morgen, Donnerstag Abend 8 Uhr, im Saale des Elysium Das erschien beinah ebenso unwahrscheinlich. Ja, diese Annahme schloß sogar eine Art von Beleidigung gegen die gute Gesellschaft von B. in sich. Wie hätte ein Mann von den Qualitäten Lorenz v. Sturmhose's sich verlieben können, ohne daß die „ganze Welt" — d. h. etwa ein halbes hundert der ersten Familien B.'s — darum gewußt hätte? ! „Und doch, und doch — ich kann mir nicht helfen." näselte Fe- dor von Schnabelweit, „etwas Achnliches muß es sein! Ich entsinne mich ganz genau, daß Freund Lümmel da —" „Fchnabelweit!" unterbrach ihn crröthend der Genannte, welcher so aussah, als ob ihn ein Kindermädchen nur für kurze Zeit zum Aufheben im Klub abgegeben habe, ich bitte Sie, jede Anspielung auf diese zarte Angelegenheit zu vermeiden!" — Die Sache blieb also im höchsten Grade unklar, und nur Folgendes ließ sich mit Sicherheit feststellen. Lorenz v. Sturmhsse war eines Abends in den Klub gekommen» hatte — ein Bild der Zerstreutheit im Lesezimmer eine Zeitung nach der anderen zur Hand genommen und war, nachdem er mit seinen Freunden und Bekannten keine zehn Worte gesprochen, ebenso plötzlich wieder verschwunden, wie er gekommen war. Auch das argloseste Gemüth würde die Veränderung bemerk haben, die mit Lorenz v Sturmhose vorgcgangen war. Und dieser Zustand erklärte sich bei ihm in Permanenz. Hin und wieder spielte er wohl mit einem oder dem andern Kludisten eine Partie Billard, oder er wechselte beim Komnien und Gehen mit Dem oder Jenem ein vaar gleichgiltige Worte — aber er war ein Anderer geworden. — Nach und nach erschien er seltener auf der Bildfläche, und ließ er sich wirklich einmal sehen, so konnte man sicher sein, daß er sich sofort in das kleine Rauchzimmer zurückzog und dort, die neueste Nummer der Provinzial-Correspondenz in der Hand, in einem natür lichen Halbschlummer befangen im bequemen Lrmstuhl saß. Besuchte man sonst, um Jemand zu sprechen drei — vier ver schiedene Lokale an einem Abend, so konnte man sicher sein, in jedem derselben mit Lorenz v. Sturmhose zusammenzutreffen. Nach jener unergründlichen Katastrophe aber war er eine gesellschaftliche Natur seltenheit geworden. Ganz allmählich tauchte nun Geflüster Nummer zwei au derOber-- släche der Tageskonversation auf — etwas entschiedener als Geflüster Nummer eins, aber doch immer noch^nicht so recht greifbar. I(Fortsetzungß,olgt.)j
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