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IreBerger und O MM Tageblatt. Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der StadtrSthe zu Freiberg u. Brand. ^-228. Erscheint i. Freiberg jed. Wochen!. Ab. KU. kür den and.Tag. Jnser.werden bi« V. i I U. für nächste Nr. angen. Donnerstag, 1. October. Pret« vierteljährl. 20 Ngr. Inserate werden die gespaltene Zeile oder derm Raum mit I Ngr. berechne». 1874. -i-Freiberg, den 30. September 1874. Wenn wir im letzten Leitartikel den Blick der Lesers nach dem fernen Osten richteten, so möge er uns heute in entgegengesetzter Richtung nach jenen Gefilden folgen, wo durch einen länger als vierjährigen Bürgerkrieg die Emancipation der Sklaven blutig besiegelt wurde. Lett jenem furchtbaren Kampfe sind die Schwarzen Nordamerikas frei und genießen mit den Weißen gleicht Rechte als Bürger der Union. Da in den sieben Südstaaten die Anzahl Beider sich die Waage hält, so macht sich das neue Verhältniß auch politisch sehr Mbar. Die Schwarzen geben bei verschiedenen Wahlen oft den LuSschlag und kommen dadurch nicht selten zu hohen Aemtern. Luch sonst ist der Einfluß der ehemaligen Sklaven infolge ihrer großen Anzahl auf alle Lebensverhältnisse des Südens ein sehr empfindlicher. Man kann die Verhältnisse, welche sich hieraus ergeben, sehr leicht ermessen. In dem Bewußtsein, einst Herren über Leben und Tod der Schwarzen gewesen zu sein, sehen die Weißen die Herr schaft ihrer neuen Mitbürger, wo immer sie Platz greift, nur mit dem äußersten Widerwillen. Dazu kommt noch, daß die Bildung der Weißen eine weit höhere ist, als die ihrer ehemaligen Sklaven. Sei eS nun, daß die Schwarzen wirklich, wie manche Naturforscher behaupten, einer der Entwickelung weniger fähige Raye sind, oder daß die wenigen Jahre der Emancipation ihnen noch nicht genügen konnten, um dasjenige nachzuholen, was früher durch Jahrhunderte versäumt wurde; genug Thatsache ist, daß die Neger noch immer auf einer sehr tiefen Stufe der Kultur stehen, ja daß dasjenige, was sie selbst für ihre Gesittung halten, nichts anders ist als »in tragikomisches Zerrbild der Civilisation. UeberdieS ist bekanntlich die Sklaverei keine Tugendschule, sie weckt im Gegentheil die schlechtesten Triebe des Menschen und da diese sich nun bei den Regem frei entfalten können, so ists nicht schwer, sich ein ungefähres Bild von den Zuständen im nordamerikanischen Süden zu entwerfen. Die Schwarzen machen von der ihnen zugefallenen Hälfte der politischen und sozialen Macht dummen oder schlechten Gebrauch; die Weißen wiederum find intoleranter als jemals. Die Brutalität ist ihr Erbstück von den Sklavenbaronen her und statt mit ihren schwarzen Mitbürgern Geduld zu haben, greifen sie zu schmäligen Sewaltthätigkeiten. Schlechtes vagabondirendes Gesindel, welches überall vorkommt, aber im Süden der Union besonders üppig wuchert, benutzt diese Wirren zu den schändlichsten Unthaten. Diese traurigen Verhältnisse arteten in letzter Zett zu einer förmlichen Revolution aus. In New Orleans, der Hauptstadt von Louisiana, war ein Neger zum Gouverneur gewählt worden. Die Müßen erhoben sich gegen ihn und errichteten Barrikaden; es kam zum Kampfe zwischen den Aufständischen und der Polizei. Die Weißen siegten und setzten einen Gegen-Gouverneur ein Der schwarze Gouverneur wendete sich nun an die Unionsregierung zu Washington und Präsident Grant entschied dem Rechte gemäß, daß der Segen-Gouverneur zurückzutreten habe. Bundestruppen rückten in New-OrleanS ein und der Kommandant derselben forderte die Wiederherstellung der ordentlichen Verwaltung sowie die Nieder legung der Waffen seitens der Weißen, wogegen er Amnestie zu- ficherte. Der weiße Gegen-Gouverneur fügte sich, um der UnionS- regterung nicht entgegenzutreten. So ist durch den Gerechtigkeits sinn des Präsidenten Grant die Ruhe einstweilen wieder hergtstellt. Die Unionsregierung traut jedoch dem Landfrieden nicht; fit kon- zrntrirt in New-OrleanS 5000 Mann Truppen und stellt drei Kriegsschiffe in Dienst. Man erkennt, daß die Schwierigkeiten in den Südstaaten ernsthafte find und befürchtet eine allgemeine Be wegung gegen die Neger. Auf diese Vorgänge kann der Menschenfreund nur mit tiefer Betrübniß blicken. Die edelsten Geister der alten und neuen Welt haben die Sklaverei als den häßlichsten Schandfleck der Menschheit bekämpft ; Ströme Blutes wurden vergossen ehe die Emancipation zur Thatsache wurde. Die ganze ziviltfirte Menschheit jubelte beim Siege des Nordens über den Süden dieser That zu und nun soll das Alles wieder in Frage gestellt werden! ES steht zwar fest, daß die Sklaverei in keinem Falle wieder eingesührt wird, aber wo ist der Gewinn, wenn man die Neger ihre Freiheit mit dem Leben bezahlen läßt? Nordamerika wird als das Reich des prak tischen Verstandes gerühmt und man kann daher auch wohl hoffen, daß eS gelingen werde, die Wirren im Süden, wenn auch nur langsam zu lösen Die Weißen innerhalb der Grenzen des Gesetze» halten und die Schwaben zur politischen und sozialen Reife heran- bilden — das ist das erlösende Wort, wenn zur Erlösung über haupt noch Zett übrig bleibt. Denn find die Schwarzen wirklich eine untergeordnete Race, der jede Vorbedingung zur Gleichberech tigung mit dem Weißen fehlt, dann fürchten wir, daß «S ihnen ergehen werde, wie den Indianern, die man auf den AuSsterbe- Etat gesetzt hat. Ohne arge Greuel würde sich auch dieser Prozeß nicht vollziehen lassen. Tagesgeschichte. Der Zusammentritt des Reichstags ist noch immer nicht definitiv bestimmt, doch wird derselbe wohl am 13. oder 1b. Ok tober stattfinden. Es handelt sich dabei namentlich um die Fertig stellung des Militäretats. Man hofft mit Bestimmtheit, daß der Reichskanzler Fürst Bismarck bei der Reichstags-Eröffnung zugegen sein wird. Die Berliner „Nat.-Ztg." schreibt: Wir hatten schon mehr malS Veranlassung genommen, einer innerhalb der römischen Geist lichkeit sich zeigenden friedlicheren Richtung gegenüber der Staats gewalt zu gedenken. Die auch bis jetzt noch geringe Zahl der Fälle, in welchen diese Richtung hervortrat, scheint gleichwohl zur Genüge durchbltcken zu lassen, daß ein großer Theil der niederen Geistlich keit dem Kampfe abgeneigt ist und, wo immer e» gehen möchte, KolltsionSfällen auSzuweichen bestrebt sein wird. ES scheint nun fast, als ob staatsseitig diese Auffassung getheilt und darauf auS- gegangen würde, in Fällen, in denen man jener Gesinnung glaubt, sicher sein zu können, entgegenkommend nach Möglichkeit Situationen schaffen zu helfen, welche dem Ausbruche eines Konflikte» vor beugen. ES ist dies natürlich staatsseitig kein Rückschritt, keine Schwäche ; der Staat vergiebt sich dadurch, auch wenn er nicht gleichzeitig in Fällen von Opposition strengste Unterwerfung unter seine Gesetze forderte, nicht das Geringste; es wäre vielmehr nicht staatsklug, unter gegebenen Umständen kein? Bpücken zum Rück-