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Sonntag Todtensonntagsfeien Ein scharfer Osttvind treibt das Laub von einer Straßenfeite nanderen. Daß er der Frau, die vor dem Kirchhofseingange Blumen feil »Str, nur nicht die armseligen Kränze und streuze vertveht. Daå wiire ein Jammer. Ihr ganzes- Bermiigeu steckt darin. Sie zählt ja zu den Speku nscn die Alles auf eine Karte setzen- Aber nicht die Gewinnsucht hat sie dazu getrieben, sondern ixxlioth Daheiiu liegt der Mann lrank, hoffnungslos trank. sen der Fabrik, in der er früher arbeitete, ist ihm ein schwere-J siiinstün auf die Brust gefallen. Dadurch wurde die Lunge verletzt. nscerht der Mann unter Kummer und Hunger dem Ende entgegen. Der Hunger macht ihm am meisten zu schaffen- Solange die Krankenkasse noch zahlre, ging’s; die gesetzliche Zeit xtoch ist um nnd iiber dieselbe hinaus wagt sich die Humanität nicht, eint zu viel Kassen zu berücksichtigen . Als die Frau fiir den kranken Mann kein Kassengeld holen, ihm nStärkungsniittel reichen konnte, suchte sie, trotz der vier kleinen, Ickl nicht einmal schulvflichtigen Kinder, Arbeit. Man beschäftigte sie auch, man ließ sie scheitern und waschen und senkte nach Feierabend als besonderes Zeichen der Anerkennung! teuenüberrefte, vertrocknetes Brod usw. mit. Die Kinder warteten ten Immer mit offen-ein Mäulchen darauf. · Da stellte sieh Plötzlich in Folge von Ueberanstrengung ein Unter ttsleidcn ein, die Kräfte schwanden zusehends und die Frau war lzcklt mehr im Stande, täglich elf Stunden an der Waschwanne zu schen sie mußte zuweilen ausruheiu Das hielten die Leute fiir Uebermuth, fiir Trägheit. »Es ist ihr zu gut ergangen«, sagten sie, »man niusz sie liirzer ZkTUL sie eine Weile garnicht arbeiten lassen, dann wird sie alle zehn Mger darnach lecken!« So ward die Frau, weil sie krank war, crtverbslos. Auf Ansuchen trat die Arnienbehörde ein ·« . " ’clt u, die Kinder entwickeltey einen zu gebracht Wäælkägfgzrmklthnlx zVäter verlangte Wein, weil der Docfor ch- LM Wein verordnet hatte- Was sollte die Frau thun? Brod stehlen? « » » th, der Diebstahl führt mö Gefaugmsz. l Brod betteln? Damit der Gent-arm sie anzeith Sie wird sich hüten, lieber springt sie ins Wasser. Aber davon VM die Kinder, hat der Mann keinen Nutzen. »Nein, sie springt nicht ins Wasser, sie bettelt nicht, sie stiehlt nicht, Muth einen Handel an. , Zwei Mark sind noch vorhanden, bon diesem Capital kauft sie die Winken zu Tobtenkränzen· s Der Todtensonntag steht vor der"Thiir, schaarenweise werden die lUljchen zn den Gräbern Pilgerin sie werden Blumen kaufen nnd Abs-l nicht etwa marlten. Gewiß nicht, wie könnte denn die Liebe, von der man erzählt, lß sit Ohne Maß und ohne Ende sei, feilschen wie ein altes Weib. . EMstesjlkänneemitthränenmnslortemßlick, mild nnd gütig darein ttueudc Frauen werden der Blumenbändlerin geben, was sie ver- Haus nnd HEFT Reduktion von Silvia Brand, Drcs d e n Hangt, dreißig, vierzig, fünfzig, vielleicht sogar sechzig Pfennige für einen Kranz oder für ein Kreuz. Die Papierrosen mit dem leichten Wachgiibcrzug sehen doch gar zu natürlich aus. Am Nachmittag, spätestens gkgen Abend können sich die zwei Mark mindestens ver vierfacht haben. Und davon lebt man wieder eine Woche. Eitle Hoffnung, Du trägst. Schon ist’s Mittag und die Frau in dem dünnen ålleide harrt vergeblich auf Läusen sie harrt ver geblich auf die Liebe, die nicht feilscht, nicht marttct. Drei Blumen geoinde hat sie erst verkauft Und mit welcher Mühe. Wie geringschätzend blicken die Vorüberpilgernden auf den ge fliekten Korb und seinen Inhalt. Wie tadelnd bot eine schwarzgekleidele seine Dame siir den» Ischönsten der eKränze fiinsundnvanzia Pfennige-. « l Der Handel Init Indientriinzen hat doch seine Schattenseitein be sonders wenn eine arme Frau nnd Mutter großen Verdienst erwartet- Wer weiß, ob sie nicht now Einbuße anstatt Gewinn hat, wer weiß, ol) sie dem tranken Mann mehr als die zwei Mart Anlaneeapital auf den Tisch legen kann. Hü, cisig pfeift der Wind. fahl schaut die Sonne hinxer stahl- UramnjA Wolken hervor. f Warum ifti der Todtenfonniag in den Herbst hineingeschoben warum feiert man ihn nicht im Frühjahr, itn Mai. ! Im ;Fi«üi)jal)ls, wenn ringsum Alles sprießt und knospei, schlagen ’die IJicnfchenhcrzen wärmet als im November; im Mai, inmitten der bräntliclken Herrlichkeit der Natur, giebt sich die Liebe inniger kund· Die Liel«e! : Redet nnd prahlt doch nicht von einer Empfindung, die Jhr nichts kennt, nicht faßt! i T Jmpulsivc Neigung, Gefiihlsiiberrumpelung, Be( re chn un g setzt fi«r das Wort Liebe und Jhr habt das Richtigc ge troffeFL Fast glaube ich, der Schall, von dem man behauptei,·oaß er zu den Unvergiinglichen gehöre-, bat die Gedanken über die Liebe geschwind zu der Frau, zu der frierenden und zitternden Blumenverläufcrin ge tragen, sie nth ein paar Mal und seufzt dann tief auf, wie Einer, der aus schwerem Traum erwacht. , Gqu Frau, nicht seufzfeftisiiivcsht dcn Kopf hängen, es nahen Kauf luftige und die begehren selbst vor dem Kirchhofe außer der Waare ein freundliches Gesicht. Ein paar Mädchen nahen, sie bleiben vor dein gesiickten Tragkorbe stehen und stoßen einander« an. » - »Du, wir wollen der Was abkaufen." »Ach nee, die Kränze sind gar zu einfach, ich kaufe in der Blumen-I halle!« ~Jn der Blumenhalle, ihlk’ nur nicht so groß, vor der sind wir längst vorbei; Du wirst doch der todten Martha einen Kranz schenken?« . , »Ich wüßte nicht wozu, die schenkt m« auch keinen. Uebrigens »brauchc ich meine paar Groschen weiter-, hätt Abend ist in unserem Verein Theater!« l I ~Wol)lthötigkeitsvorstellung? Ja freilich, dazu brauchst Du Dein Geld; ich kaufe der Frau was ab, ’s ist unsere frühere Nachbarin, sie hat vier kleine Kinder, einen kranken Mann —« ! «Meinctwegenl« · 20. November. Das eine der Mädchen kaqu vier Kränze, es ist ein Fabrik smädchen mir weichem Herzen, eine der Vielgeschmähten und Vieh-er ikannten Schade nur, daß sie der Frau nicht das geben kann, wag dieselbe ersehnt und erhofft hat, die Kränze sind mit dreißig Pfennigen schon hoch genug bezahlt. Die Mädchen entfernen sich, die Frau zählt die Kasse. Nun hat sie doch schon etwas Verdient, es sind schon siebzig Pfennig Ueber-s fchuß und noch liegt ein Kreuz im Korbe. Jst das verkauft, dann eilt sie heim und kocht ein Pfund Knochen zu einer guten Suppe aus. Hei, die wird schmecken! Der Gedanke an die Suppe kräftigt den Muth. »Lieber Herr, wollen Sie nicht das Kreuz hier Initnehmen?« Einem Manne im stattlichen Ueberzieher und Cylinder gilt die Anrede. Er wendet den IKopf zu der Sprecherin. Schon ist er im Be griff, sie protziq abzuweisen, da fährt eine elegante Eqnipnge vorüber, eine Dame in Trauer sitzt darin, um sie her sind kostbare Palmenzweigc sund Blumenspenden gruppirt. , Hurtig greift der Mann nach dem angebotenen Kranze, mit einem seltsamen Gesichtsausdrnck wirft er der Frau ein Geldstiick zu Und verschwindet raschen Schrittes im Kirchhof. Don, wo sich die Grüste der Reichen befinden, bleibt er in ehr erbietigcr Haltung, den Cylinder in der Hand, eine kunstvolle Thränc im Auge, vor einem Marmordcnkmal stehen. Die Dame aus der Equipage ist hier beschäftigt, die Palmen zweige und Blumen anszubrciten. Jetzt gewahrt sie ihn uns winkt ihm zu. f ~Tretcn Sie doch näher, lieber Weiß, wie ich sehe, haben auch Sie meines Gemahls gedachi, ich danke Jhnen herzlich. Die Liebe. die Treue thucn unendlich wohl, sie sind der beste Trost im Schmerze!« Weiß folgt der Aufforderung, er tritt näher und legt das Kreuz unter devoten Verrenkungen auf den Erdyxigeb »Verzeihuna fiir die geringe Spende,v meine Mittel gnädige Frau, ich hab-: beut so viel Gräber zu schmücken, so viele - Wehmüthig blickt die Dame auf. , »Wirtlich, das schmerzt mich tief, Sie armer Mann, Was jedoch daH Andere, die Mittel anbelangt, bitte melden Sie sich morgen Bor- Pnittagp ich habe schon längst beschlossen, Diejenigen im Gehalt aus »zubessern, die meinen verstorbenen Gatten lieben und verehren!« ’ Wäre doch jetzt ein Photograph zur Stelle, könnte er doch Weiß photographiren. Dieses teuflische Lächeln, dieser Triumph in dem listigen Gesichtt Ja, er ist klug, sehr llug, der Herr Weiß. Kein Grab hat er heut geschmückt außer dem feines ehemaligen Chefs. Wozu auch. Können ihm die verstorbenen Eltern, die ver storbenen Freunde zu einer Zulage verhelfen? Die schlafen zu fest, die erreicht kein schlauer Schachzug; die trauernde Frau läßt sich täuschen, »sie verzinft in ihrer dankbaren Einfalt und Nobleffe das Kreuz für eine halbe Mark yundertfach. Während Weiß fchmunzelnb berechnet, wie hoch in Zukunft sein Ge halt sein wird, während er den Weg nach seinem Restaurant ein fchlägt und sich Glühwein creveazen läßt, eilt die arme Blumen händlerin nach Hause. Sie läuft die Treppe in die höhe und MA, oben lauern bereits die Kinde-. kei Ist-M ft«