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— D« Dittwe des verstorbenen Geh. LegationSraths Abeken hat der deutsche Kaiser nachstehendes Telegramm gesandt: „Einer Meiner bewährtesten Rathgeber, stand er Mir in den entscheidungs reichsten Augenblicken zur Seite; sein Verlust ist Mir unersetzlich ; in ihm hat das Vaterland einen seiner edelsten und treuesten Men schen und Beamten verloren." Danzig, 10. August. Die Arbeitseinstellungen auf den hie sigen Schiffswersten nehmen immer größere Ausdehnung an. Wie die „Danz. Z." hört, ist eine Wiederaufnahme auf der kaiserlichen Werst sobald nicht in Aussicht. Ein Uebelstand und eine Er schwerung für die Verhandlungen mit den Arbeitern ist, daß die hiesigen Werstbehörden nicht ausgedehntere Befugnisse haben Die Verhandlungen schweben, wie dies auch bei den Erörterungen im Reichstage cvnstatirt wurde, schon seit Monaten und man konnte zu keiner definitiven Entscheidung kommen. * Altona, 10. August. Zum ersten Male, so viel wir wissen, schreibt man von hier der „Flensb. Nord. Z.," sinken die See leute. Die Vollmatrosen verlangen eine Lohnerhöhung von 2, re- spective 4 Thaler Court, pro Monat. Dem entsprechend wird natürlich eine Lohnerhöhung für die Leichtmatrosen und Schiffs jungen beansprucht. Metz, 10. August. Noch wenige Tage, — und Tausende von deutschen Heizen werden in ernster, stiller Feier den zweiten Jahrestag der mörderischen Schlacht bei St. Privat begehen, in welcher auch von unsern sächsischen Brüdern für Deutschlands Recht, Macht und Größe so viele den Heldentod starben. Wir kommen soeben von einem Besuche des Schlachtfeldes und der Gräber der bei dem furchtbaren Sturme auf das langgestreckte Dorf St. Privat gefallenen Sachsen zurück. Einige dieser Gräber befinden sich auf dem von Mauern umschlossenen, übrigens aber völlig öden Kirch hofe dicht am nördlichen Eingänge in das Dorf. Sollte es ein bloser Zufall gewesen sein, daß vor der einzigen Thure zu dem selben ein Dornenhaufen aufgeschichtet war, über welchen die ge rade in diesen Wochen doppelt zahlreichen fremden Besucher mühsam hinwegsteigen mußten? Die übrigen Gräber liegen hier und da zerstreut mitten in den Getreidefeldern zwischen dem nördlichen Roncourt und St. Privat. Es sind sämmtlich Massengräber. Nur ein einziges Einzelgrab, das des Lieutenants v. Götz, ist mit einem von seiner Familie gesetzten Denkmal geziert. Auf allen übrigen steht nur ein einfaches, weißes Holzkreuz mit der Aufschrift: „Den 18. August 1870". Eine blaffe, halb schon verwischte Bleistiftnotiz auf demselben besagt, wie viele Sach'en zum Theil auch Franzosen unter jedem einzelnen der langgestreckten Hügel ruhen Auf eins dieser Kreuze hat die Land eines Besuchers des Simonides bekannte, auch hier zutreffende Grabschrift auf die bei Thermopylä gefallenen Spartaner ebenfalls mit Bleistift in griechischer Sprache geschrieben: „Wanderer, geh' und melde den Lakedämoniern, daß wir liegen erschlagen dahier, ihren Gesetzen getreu!" — Alle diese Grabhügel sind jetzt überwuchert mit dichtem, hohem Gestrüpp von Unkraut. Natürlich findet sich unter den finsterblickenden Bewohnern des völlig französischen Dorfes auch nicht eine liebende Hand, welche die Gräber der fremden Eroberer von Disteln und Dornen säuberte. ->7- Nicht weit südlich von St. Privat liegen die Gräber der bei dem Sturme auf den Südeingang des Dorfes gefallenen preußischen Garden. Schon jetzt erhebt sich dort inmitten der einzelnen Grab hügel ein stattlicher Steinobelisk, von dem 4. preußischen Garde regiment seinen gebliebenen Kameraden errichtet, deren Namen in langen Reihen in glänzende Marmortafeln eingegraben stehen. Ein zweites in noch viel größeren Dimensionen begonnenes Monu ment soll, wie wir erfuhren, das Andenken an die blutigen Lor beeren verewigen, welche sich das gesammte preußische Gardecorps bei jenem Sturme erwarb, und am 18. August dieses Jahres in feierlicher Weise eingeweiht werden. — Es wird dies sicher eine ähnlich würdige und ergreifende Feier werden, wie die, welche am 6. August die'es Jahres auf den Schlachtfeldern von Wörth und an den Spicheren Höhen unter allgemeinster Betheiligung von nah und fern stattfand. Auf den unter Mitrailleusenhagel und Chasse- potkugeln siegreich erstürmten Höhen prangen, weithin sichtbar, zur Zeit bereits zwei steinerne Obelisken, von den betreffenden Regi mentern ihren dort gebliebenen und in den umliegenden Massen gräbern bestatteten Kameraden gesetzt. In dem „Ehrenthal" aber, einer kleinen Thalschlucht rechts von der Straße, welche von Saar brücken nach dem Gasthof zur „goldenen Bremme" und weiter nach Forbach führt, hat sich ein freundlicher, mit eisernem Gitter einge- hegter, blumengeschmückter Friedhof gebildet mit den Denkmälern einzelner an jenem Ehrentage gefallener preußischer Offiziere. Ringsum angepflanzte Bäume und sorgfältig unterhaltene Wege tverden dieses „Ehrentbal" alsbald in einen freundlichen, kleinen Kark verwandeln, dessen Obhut einem besonderen Wächter anver- ÄWt A, welcher i» einem noch im Bau begriffenen Häuschen dabei wohnm soll. Ohnehin werden all' die zerstreuten Gräber von der dortigen durchaus deutschen Bevölkerung liebevoll gehegt und mit Kränzen, Blume» und Bändern reichlich geziert. — Und die Gräber unserer sächsischen Brüder bei St. Privat? Wird den selben am zweiten Jahrestage der Schlacht nicht wenigstens irgend welcher Schmuck von befreundeter Hand zu Theil werden? Wird, was das XU (sächsische) Armeecorps dort für die sächsische Waffen ehre und für das gesammte Deutschland ruhmreich geleistet, nicht wenigstens künftig an Ort und Stelle ein würdiges Denkmal der Mit- und Nachwelt verkünden? (Dr. I.) Wien, 12 August Kaiser Franz Joseph geht nach der Rück kehr von Ischl nach Pesth und sehr wahrscheinlich von dort auS nach Berlin. Triest, 8. August. Die Strikes nehmen immer größere Dimensionen an Vorgestern striketen mehrere hundert Holzfachtm, die Seiler und die Packträger. Neberall gab es Ansammlungen und die Polizei scheint Schlimmes befürchtet zu haben, da außer den starken Piquets der k. k. Sicberbeitswache, die überall herum standen, auch in der großen Caserne Truppen bereit gehalten worden sein sollten Es kamen aber größere Unordnungen nicht vor, und wurden blos wenige Verhaftungen von solchen Leuten vorgenommen, die sich zu Drohungen gegen arbeitende Collegen Hinreißen ließen. Einer der bösartigsten Strike, die bisher hier vorgekommen sind, ist jener der sogenannten „Sossniatte". Es sind dies die Arbei terinnen, die in dem großen Etablissement einer Frau A F. außer halb Triest das hier in enormen Quantitäten transitirende 0»mmi ai-akicum sortiren. Diese Damen inscenirten gestern Morgen ihren Strike damit, daß sie vor die Wohnung der gedachten Frau zogen und unter Heulen und Schreien eine Lohnerhöhung und Verkürzung der Arbeitszeit begehrten. Die Frau erschien am Balcone und bat sich eine Deputation aus, mit der sie die Sache besprechen wollte, aber „da wurden Weiber zu Hyänen", und die an 150 Köpfe zählende Weiberschaar zerbrach Fenster und Thüren und drang unter Heulen und Toben in das Gebäude ein. Was nun folgt«, entzieht sich aller Beschreibung. Genug, die Weiber besudelten Gänge und Zimmer in der abscheulichsten Weise und als sie schließ lich gar in das Schlafzimmer der Eigenthümerin, die sich mittler weile geflüchtet hatte, eingedrunqen waren, beschmuzten sie bereu Bett in der unaussprechlichsten Weise. Es erschien nun eine Poli zeipatrouille, die aber mit Steinen, Pfeifen und Heulen empfangen wurde und viel zu schwach war, um etwas ausrichten zu können. Erst als Verstärkung herannahte und der intervenirende Commiffar die drei gesetzlichen Aufforderungen an die Excedentinnen zum Aus- einandergehen — jedoch fruchtlos — gerichtet hatte, gingen die Polizeiorgane mit gefälltem Bayonnete vor, worauf die Damen nach allen Seiten auseinanderstoben. Die Rädelsführerinnen wurden verhaftet und dem Landesgerichte eingeliefert, aber heute Morgen zogen die Weiber wieder unter Heulen und Toben vor das Etab lissement und mußten neuerdings mit Waffengewalt auseinander gejagt werden. Parts, 11- August. Paris ist todt, Versailles todter als je, aber in Trouville — herrscht die Langeweile. Ueber die Lebens weise und die Staffage dieses Sanssouci des Herm Thiers schreibt man: Schon kann es an Kostspieligkeit mit Brighton sich messen; aber die Wirthe sind größer im Fordem als im Leisten, und die elegante Welt macht sich das Leben dadurch noch langweiliger, daß man mit Argusaugen darauf achtet, ob eine junge Dame im Casino zum zweiten Male mit demselben Kleide erscheint; in einem solchen Falle wird sie Spießruthen unter höhnischen Blicken und boshaften Bemerkungen laufen müssen Ueber Politik spricht man unter der Republik des Herrn Thiers in guter Gesellschaft nicht, von Künsten und Wissenschaften versteht man nichts, das Theater ist klein, die Zimmer in den Hotels sind noch enger als in kleinen deutschen Bädern, und die Wirthe haben die Einrichtung getroffen, daß sie zur Bedingung der Zimmermiethe Besuch der zweimaligen Table d'hote des Hotels machen, wo man dann wie der gesalzene Häring im Faß placirt ist und eine Atmosphäre wie Salzlake athmet. Bei den mehrfach erwähnten Schießübungen mit den neuen Ge schützen hat Herr Thiers sich ganz in der Nähe der Kanonen aus gestellt, hinter ihm standen ungefähr 15 Offiziere, wobei er ein sehr zufriedenes Gesicht machte. Er trug einen braunen Ueberrock, den er bis an den Hals zugeknöpft hatte, graue Hosen mit breiten Streifen, eilten Filzhut, und hielt sich so gerade, als wenn er in der preußischen Garde gedient hätte; dabei trug er keinen Orden und es schien, als wenn er in dieser Hinsicht sich auch Napoleon l zum Muster genommen hätte. Jedes Mal, wenn ein Schuß ertönte, nahm er schnell seinen Stock unter den Arm und sein Fernrohr vor die Augen, um sich die Wirkung der Schüsse anzusehen. — Das „Journal officiel" meldet: Das Transportschiff „Ga- ronne" hat am 9. August Morgens mit 580 Deportirten an Boch