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Tageblatt. Amtsblatt de« Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter und der Stadträthe zu Freiberg u. Brand, H72. Sischeint i. 8«tberg jed. Wochmt. Ab. 8 U. für den and. Tag. Jnser. werden bi« V. 11 U. für nächste Nr. angen. Sonnabend, den 27. Juli. Preis vierteljährl. SV Ngr. Inserat« werden die gespalten« Zeil« oder d«rm Raum mit 1 Ngr. b«r«chntt. 1878 4- Freiberg, 26. Juli 1872. II. „ES leuchtet ein," sagt daS Memoire deS Grafen Moltke weiter, „wie wichtig es ist, die Ueberlegenheit auszunutzen, welche wir gleich anfangs, allein schon in den norddeutschen Kräften be sitzen. Diese wird am entscheidenden Punkte noch wesentlich ge steigert werden, wenn die Franzosen sich auf Expeditionen gegen die Nordsee-Küste oder nach Süddeutschland einlafsen. Zur Abwehr der ersteren find die ausreichenden Mittel im Lande verblieben." In Betreff der letzteren Operationen hatten bereits früher Be sprechungen zu Berlin mit den Vertretern der süddeutschen Con- tingente stattgefunden. Ma» hatte sich überzeugt, daß bei direkter Bertheidiguug des oberen Rheines und des Schwarzwaldes Nord- dentschland eine wirksame, unmittelbare Hilfe im ersten Augenblick, schon der Entfernung nach, nicht zu leisten in der Lage sei, daß eine weit größere Sicherung des deutschen Südens aus der Bereini gung aller Streitkräfte am mittleren Rhein erwachse, welche von dort, sei es auf dem rechten oder dem linken Ufer, offensiv in di« Flanke der feindlichen Invasion vorgingen und diese nothwendig sehr bald zum Stehen oder zur Umkehr zwingen mußten. CS ver dient ausdrücklich hervorgehoben zu werden, daß die süddeutschen Fürsten, diese» Ansichten beipflichtend, in Hingebung an die gemein same Sache und im Vertrauen auf die obere Heeresleitung nicht zögerten, das eigene Landesgebiet von ihrer activen Militärmacht zu entblößen, um sie dem norddeutschen Heere unmittelbar anzu- reihen. Um so schwerer wog dabei die Verpflichtung, welche der Norden übernahm. „Die Neutralität Belgiens, Hollands und der Schweiz beschränkt das Kriegstheater auf den Raum zwischen Luxem burg und Basel. Wir dürfen daher mit Wahrscheinlichkeit an nehmen," heißt eS im Memoire weiter, „daß die Franzosen ihre erste Versammlung auf der Linie Metz-Straßburg bewirken werden, um mit Umgehung unserer starken Rheinfront gegen den Main vorzudringen, Nord- und Süddeutschland zu trennen, mit Letzterem ein Abkommen zu treffen und basirt auf dasselbe gegen die Elbe vorzuschreiten. Auch dann ergiebt sich eine Versammlung südlich der Mosel und zwar aller verfügbaren Streitkräfte der bayerischen Pfalz als das geeignetste Mittel, solchen Plänen entgegenzutreten. Die Aussicht auf leichte Erfolge könnte wohl die Franzosen bestim men, mit einem Theile ihrer Streitmacht von Straßburg auS gegen Süddeutschlaud vorzugehen. Eine Operation rheinaufwärtS iu die Flanke dieses Marsches wird indeß jedes weitere Vordringen über den Schwarzwald hinaus verhindern und den Gegner zwinge», sich erst gegen Norden Luft zu machen. Hat daS badisch-württem- iergische LorpS sich unserm linken Flügel angeschloffen, so sind wir i» der Lage, von der Pfalz aus dasselbe so zu verstärken, daß eine nahe Entscheidung schon in der Höhe von Rastatt gesucht werden darf, bei deren glücklichem AuSgang der Rückzug dem Gegner ver derblich werden muß. Zur Erreichung eines solchen Zweckes können wir unbedenklich von unserer Hauptmacht detachiren, da ja auch der Feind vor unserer Front um so viel schwächer geworden ist, wie er zu seiner Unternehmung am oberen Rhein bestimmt hatte. Pollen die Franzosen ihr Eisenbahnsystem, behufs schneller Ver sammlung aller Streitkräfte, völlig ausnutzen, so find sie genöthigt, in zwei Hauptgruppea zu debarkireu, bei Straßburg und Metz, getrennt durch daS Vogesengebirge. Wird der erstere, voraussicht lich kleinere Theil nicht gegen Süddeutschland bestimmt, so kann die Heranziehung zur Hauptmacht an der oberen Mosel wesentlich nur durch Fußmärsche bewirkt werden. In der Pfalz stehen wir auf der inneren OperationSlioie zwischen beiden feindlichen Gruppen. Wir können un- gegen die eine wie die andere, oder vorausgesetzt, daß wir stark genug sind, gegen beide gleichzeitig wenden. Die Versammlung aller Kräfte in der Pfalz schützt den unteren wie den oberen Rhein, und ge stattet eine Offensive in Feindesland, welche rechtzeitig ergriffet», wahrscheinlich jedem Betreten deutschen BodenS durch die Franzosen zuvorkomme» wird. ES fragt sich also noch, ob wir ohne Gefahr, in unserer ersten Versammlung gestört zu werden, diese über den Rhein hinaus in die Pfalz und bis hart an die französische Grenze verlegen dürfen, und diese Frage ist nach meiner Ansicht mit „Ja" zu beantworten." Unsere Mobilmachung ist bis in da» letzte Detail vorbereitet. Sechs durchgehende Eisenbahnen find für den Transport nach der Gegend zwischen Mosel und Rhein verfügbar. Die Fqhrtableaux, aus welchen jeder Truppentheil Tag und Stunde de- Aufbruch» und des Eintreffen» ersieht, liegen fertig. Schon am 10. Tage können die ersten Abtheilungen unweit der franzöfischen Grenz« debarkiren und am 13. Tage die combattanten Truppe» von zwei ArmeecorpS sich dort versammeln. Am 18. Tage beläuft sich die Ziffer unserer Streitmacht auf 300,000 May» Md werde» dieselben am 20. Tage mit fast allen TraiuS versehe» sei». Wir haben durchaus keinen Grund, auzunehme», daß die Ver- sammlung der franzöfischen Armee in mobilem Zustande, für welche bis jetzt die Erfahrung fehlt, schneller bewirkt werden könnte. Seit Napoleon I. hat Frankreich nur partielle Mobilmachungen gekannt, bei welchen der ausrückende Theil deS Heere» au» dem zurück bleibende» ergänzt wurde. Allerdings könnten die Franzosen, bei der Anhäufung von Garnisonen und Lagern gerade im nordöstlichen Theil des Landes, bei der Vollständigkeit ihres Systems von Eisen bahnen und deren Reichthum an Betriebs-Material» ohne vorher die Augmentation abzuwarten, eine Armee von 150,000 M«m in sehr kurzer Zeit an der Grenze versammeln. Dies Verfahren einer raschen Initiative würde dem Nationalcharacter zusagea und ist in militärischen Kreisen besprochen worden. Gesetzt, ein« so impro- vistrte Armee, di« immerhin mit Cavallerie und Artillerie reichlich auSgestattet sein würde, befände sich bereit« am S. Tag« um Metz versammelt und überschritte am 8. Tage die Grenze bei GaarloM, so würden wir e» in der Hand haben, unsere EiszubahntraMorte rechtzeitig zu inhibiren und unsere Hauptmacht schon am Rhein auSzuschiffen. Dorthin hätte die Invasion noch 6 Märsche utzd würde am 14. Tage überlegenen Kräfte» gegenüber zuUBtehen kommen. Im Besitz der Stromübergäpge würden wir wenige Hage später schon die Offensive mit mehr al» doppelter Ueberlegenheit ergreifen. Die Nachtheile und Gefahren ei«» solchen Vorgehen» auf französischer Seite in seinem weiteren Verlaufe find f» Wgen- schMich, al» daß man sich leicht dazu entschließe» möchte,