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Fmbcrgcr AnMn md Tageblatt. Beilage zu Nr. 123. Freitag, den Zi. Mai 1872. Die Berliner „Volkszeitung" enthält unter der Ueberschrist Die Krieg- Milliarden folgenden bemerkenSwerthen Artikel: „Das Gesetz, betreffend die französische Kriegsentschädigung ist jetzt an den Reichstag gelangt. Aus den Motiven zu demselben entnehmen wir zunächst folgende Zahlenangabe von allgemeinstem Interesse: Die Kriegs-Entschädigung selbst betrögt 5 Milliarden Francs oder Die am 3 März dieses Jahres darauf fällig gewordenen Zinsen belaufen sich auf 150 Millionen Francs oder Die Contribution der Stadt Paris betrug 200 Millionen Francs oder . . . Die in Frankreich erhobenen Steuern und nicht für besondere militärische Zwecke verwendeten örtlichen Contributionen haben nach Abzug der Berwaltungskoften bis zum Finalabschluß sür 1871 ergeben . . . . 1,333,300,000 Thlr. 40,000,000 „ 53,500,000 „ 14,688,961 macht zusammen 1,441,487,961 Thlr. Hierzu werden noch 5 pCt. Zinsen für drei Milliarden Franks vom 2. März d. I. ab bis zum Zeitpunkt der Zahlung dieser Summen, event. bis zum 2. März 1874 treten, vor dem März 1873 dürfte die Zahlung wohl kaum erfolgen, eS werden also noch hinzutreten Zinsen von drei Mil liarden Francs für 1 Jahr — 150,000,000 Francs — 40 000000 ,, zusammen also 1,481,487,961 Thlr. Das wäre also so ziemlich im Maximum was wir von Frank reich in dem Falle, daß es seinen Verpflichtungen reell nachkommt, zu empsangen haben würden: sehen wir nun zu, wieviel davon bereits durch die bisherigen Gesetze zur Verwendung angewiesen und was jetzt davon auszugeben, Lem Reichstage angesonnen wird: 1) Durch daS Gesetz vom 14. Juni 1871 find angewiesen: für Kriegsschäden und Leistungen zu veranschlagen auf. . . 36,700,000 Thlr. 2) durch Gesetz vom selben Tage: Ent schädigungen für Beschädigungen der Schifffahrt und Rhederei, ungefähr . 6,000,000 „ 3) Gesetz vom gleichen Tage: Beihilfen an die aus Frankreich vertriebenen Deutschen 2,000,000 „ 4) Gesetz vom 22. Juni 1871: Summe von 4 Millionen zur Gewährung von Beihilfen an Reserve und Landwehr . 4,000,000 „ 5) Gesetz vom selben Datum: vier Mill. zu Dotationen an Generäle u. s. w. . 4,000,000 „ 6) Gesetz vom 11. November 1871 zur Bildung eines Reichskriegsschatzes. . 40,000,000 „ 7) Gesetz vom 22. November 1871 für Ausrüstung und Instandsetzung der ReichSeisenbahnen 11,440,000 „ 8) durch den ReichshauShaltetat für 1872 vom 4. December vorigen Jahres ») die im laufenden Jahre an Invali den sowie an Hinterbliebene in Folge des Krieges zu zahlenden Pensionen rc. unv daS bereits im Jahre 1871 dar auf Gezahlte 14,700,000 „ b) die Mindereinnahme auS der Ab- bürdung deS Zoll- u. Steuercredits 19,792,719 „ c) endlich lt. ReichshauShaltetat f. 1872 für den Betriebsfonds der Reichskasse . . 2,000,000 f. AuSgab. der Marine 1,222,000 und eisernen Vorschuß für die Verwaltung des ReichSheereS. . 6,270,000 zusammen 9,492,000 „ Vorweg ist aber noch von der Kriegsent schädigung selbst durch den Friedensvertrag vom 10. Mai in Abzug gebracht als Kauf preis sür die Elsaß-Lothringischen Eisenbahnen 86,666,666 „ 234,791,385 Thlr. Ueber diese Summen, also fast über 234,800,000 Thlr., ist gegenwärtig bereits gesetzlich verfügt, diese Summen sind also be reits verausgabt, theils in der Verausgabung begriffen. Durch daS gegenwärtig vorliegende Gesetz wird nun zur Verausgabung der folgenden Summen die Zustimmung des Reichstags gefordert: 1) Zur Wiederherstellung, Vervollständigung und Ausrüstung der Festungen u. s. w. in Elsaß-Lothringen 39,250,950 Thlr. 2) Zur Erweiterung der Dienstgebäude des Kriegsministeriums, sowie deS General- stabeS in Berlin, ferner zur Erweiterung der Kriegsakademie, der Artillerie- und In genieurschule, sowie zur Errichtung und Erweiterung der Cadettenhäuser . . . 3,500,000 „ Ferner sollen folgende gemeinsame Ausgaben, die der Krieg selbst veranlaßt hat, jetzt liquidirt und auf die Kriegskosten-Entschädigung ange wiesen werden: 1) Kosten für Armirung und DeSarmirung 1ver Festungen 9,928,369 „ 2) Aufwand für das Belagerungsmaterial . 7,945,836 „ 3) die außeretatsmäßigen Ausgaben der Ma ¬ rine incl. 1,375,000 Thlr. für Herstellung eines neuen Schießplatzes bei Berlin ' . 9,119,148 „ 4) Kosten der Küstenvertheidigung und der Stromsperren 1,011,122 „ 5) Eisenbahnkoften im Interesse der Krieg führung . 6,335,959 „ 6) Telegraphenkosten außerhalb der eigent lichen Feldtelegraphen 685,727 „ 7) Eivilverwaltung in Frankreich, sowie bi- Ende 1871 Betrieb der Eisenbahnen in Elsaß-Lothringen, soweit solche nicht durch Contributionen und Steuern gedeckt . . 4,645,747 „ 8) die Kosten des großen Hauptquartiers Sr. Maj. des Kaisers 1,006,012 „ 9) für von der ReickShauptcasse 1870—71 gemeinsam bestrittenen Kostenaufwand . 206,339 „ 10) Kosten der vom 1. Juli 1871 an erfolgten gemeinschaftlichen militärischen Leistungen in Frankreich und Mehraufwand solcher in Elsaß-Lothringen 16,779,475 „ 11) Kosten deS Invaliden- und PenfionSwesenS, soweit eS durch den Krieg 1870—71 ent standen, sür 1873 12,313,981 „ auch für die folgenden Jahre sollen diese Kosten vorab aus der Kriegsentschädigung entnommen werden; — zusammen also . . . 112,728,665 Thlr. Bis jetzt find nach unserer obigen Ueberficht angewiesen 234,791,385 „ Durch daS neue Gesetz sollen angewiesen werde» 112,728,665 „ zusammen also . . . 347,520,050 Thlr. also bereits über eine drittel Milliarde von Thalern. Sollen nun die Pensionen und Jnvalidengelder voll, wie auch richtig, aus der Kriegsentschädigung gezahlt werden: so müßte ein entsprechendes Kapital aus derselben reservirt werden, da die Pensionen jetzt über 12,000,000 Thlr. jährlich betragen, und eS würde dazu mindestens ein Kapital von 240,000,000 Thlr. zu reserviren sein, — es wäre» dann mithin von der Kriegsentschädigung bereits 587,523,050 Thlr. in Anspruch genommen, und erst der Ueberrest von 1,481,487,961 Thlr. —587,523,050 „ also 893,964,911 DHK. könnte zur Vertheilung an den ehemaligen norddeutschen Bruch einerseits und die süddeutschen Staaten andererseits gelangen zik Deckung der eigentlichen Kriegslasten, denn diese find in alle» bisherigen Aufstellungen noch nrcht berücksichtigt, und sür die so genannten RetablissementSgelder d. h. zur Wiederherstellung der Bewaffnung und Bekleidung der Armee. Dieser Rest dürste daher aber wohl kaum hinreichen — spricht man doch bereits in Lb- geordnetenkreisen davon, daß die RetablissementSgelder sür den nord deutschen Bund allein 187,000,000 Thaler betragen würden. Ehe der Reichstag zu der in diesem neuesten Gesetz ihm angesonnenen Bewilligung schreitet, wird er sich daher mindestens doch darüber Klarheit verschaffen müssen, wie hoch sich die eigentlichen Kriegs-