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und Tageblatt. Amtsblatt de» Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter und der Gtadträthe zu Freiberg u. Brand. 112. Erscheint i. Freiberg jed. Wochmt. Ab. 6 U. für den and. Tag. Jnser. werden bi« V. 11 U. für nächste Nr. angen. Freitag, den 17. Mai Prei« vierteljährl. 20 Ngr. Inserate werden die gespaltene Zeile oder deren Raum mit 8 Pf. berechnet. 1872. Tagesgeschichte. Berlin, 15. Mai. Die neueste „Provinzial--Correspondenz" bespricht daS Verhalten des Bischofs von Ermland betreffs der durch ihn erfolgten Excommunicationen gegenüber den Staatsge. setzen und weist nach, daß derselbe in seinem Schreiben vom 30. März die kirchlichen Vorschriften über die Staatsgesetze gestellt, sich selbst mit seinem, dem König geleisteten BischofSeide in Widerspruch gesetzt und seiner grundsätzlichen Auffassung durch sein seitheriges Verhalten tatsächlichen Ausdruck gegeben habe. Die Regierung, sagt das halbamtliche Organ, werde hierdurch dringend veranlaßt, die SouveränerätSrechte des StaateS energisch zu wahren. — Aus dem Militäretat ist noch nachzutragen, daß derselbe mehr fache Besoldungs' und Gehaltsaufbesserungen zeigt und zwar in sämmtlichen deutschen Bundescontingenten. Neu dürfte sein, daß diesmal die Kriegsminister Sachsens und Württembergs als solche im Etat erscheinen. Der Gehalt deS sächsischen Kriegsministers zeigt eine Aufbesserung von 500 Thlr., wodurch von Seiten deS Reichs dessen Bezüge auf dieselbe Höhe gebracht werden, auf welche der sächsische Landtag die Bezüge der College» des Kriegsministers gebracht hatte. Als einmalige Ausgaben werden 50,000 Thlr. zum Neubau von Casernen in Dresden und Leipzig aufgesührt; als jährliche Ausgaben werden 2000 Thlr. als Dotirung zur laufenden Unterhaltung der Festungswerke von Dresden und Königstein, wie bereits in den früheren Etats, namhaft gemacht. Dem Militär- budget ist eine Uebersicht der EtatSstärke des deutschen HeereS für 1873 beigefügt. — Der Petitionsausschuß des Reichstages bericth am 13. Mai daS Gesuch der ostpreußischen Synagogengemeinde um Schutz deS deutschen Reiches gegen die Grausamkeit der rumänischen Juden verfolgungen. Der BundeScommissär, Geheimer Rath Abeken, theilte mit, wie der Reichskanzler dreimal eine Vorstellung über die Angelegenheit an die rumänische Regierung gerichtet. Der Ausschuß beschloß, in Anerkennung der getroffenen Maßregeln deS Reichskanzlers über die Petition zur Tagesordnung überzugehen. Im BundeSrathe wurde das Landesbudget von Elsaß-Lothringen vorgelegt. Die Einnahmen und Ausgaben balancircn für 1872 mit 37,701,924 Frcs. 88 Cent.; davon sind 33,668,983 FrcS. 66 Cent, dauernde, 4,032,941 FrcS. außerordentliche Ausgaben. Zahlreiche bisherige Steuern in Elsaß-Lothringen werden aufgehoben. — Für den Bau des definitiven ParlamentSgebäudeS wird die aus Reichsmitteln zu verwendende Summe auf circa 5 Mill. Thaler veranschlagt, mit Inbegriff einer Million für Beschaffung des Bauplatzes. — Die „S. Z." bringt die Nachricht, daß der Kaiser der Straßburger Bibliothek den ganzen circa 14,000 Bände umfassenden Doublettenbestand der königl. Hausbibliothek zur Auswahl der ihr erwünschten Werke zur Verfügung gestellt hat. Nachdem die Aus wahl dort getroffen, werden in den nächsten Tagen zwanzig große Kisten mit circa 4000 Bänden von hier nach Straßburg gehen. Es befinden sich darunter namentlich eine ganze Anzahl kostbarer Kupferwerke aus dem Gebiet der Kunstwissenschaft, wie sie so leicht keine andere Universitätsbibliothek aufzuweisen haben dürste. Straßburg, 12. Mai. Wie die „Straßb. Ztg." hört, wächst die Schülerzahl des kaiserlichen LyceumS täglich. Auch daS prote stantische Gymnasium soll so zahlreich besucht sein, wie es noch nie gewesen. DaS Streben nach Bildung wird durch die neuen Ver hältnisse und namentlich durch das Einjährigsreiwilligen-Examen angefeuert. Possenhofen, 15. Mai. Ihre Majestäten der König und die Königin von Sachsen haben heute Morgen 6 Uhr Possenhofen verlaffen, um Sich nach Jahnishausen (bei Riesa) zu begeben, wo die Ankunft heute Abend 10 Uhr erfolgen wird. Wien, 14. Mai. Die Grazer „Tagespost" ist in der Lage, einen vom 10. April datirten Erlaß des CultuSministers an sämmtliche Länderchefs, welcher sich zunächst gegen den Mißbrauch der Kanzel richtet, mitzutheilen. Der Erlaß lautet: „In einer Reihe von Eingaben und Petitionen, welche der Regierung zugekommen find, wird dem lebhaften Wunsche der Bevöl kerung Ausdruck gegeben, daß die Staatsgewalt jenen Ausschreitungen mit Nachdruck begegne, welche sich ein Theil des CleruS insbesondere durch den Mißbrauch der Kanzel zu politischen Jnspeetiven in ost maßloser, das Ansehen der Gesetze verletzender, ja mitunter sogar die öffentliche Ruhe gefährdender Weise beigehen läßt. Bei wiederholten Anlässen schon hat die Regierung ihren festen Entschluß und die Nothwendigkeit betont, den Gesetzen de« Staate» die gebührende Achtung und pünktliche Befolgung zu sichern und jeden in dieser Beziehung zu Tage tretenden Uebergriff mit den zu Gebote stehenden gesetzlichen Mitteln zurückzuweisen. Al» das geeignetste und wirsamste dieser Mittel muß bei der Allgemeingiltigkeit des Strafgesetzes die Ahndung solcher Ausschreitungen auf strafgerichtlichem Wege angesehen werden, bei dessen Verfolgung zwar allerdings die directe Einflußnahme der politischen Landesstellt ausgeschlossen ist, dessen Beschreitung jedoch auch von den Verwaltungs behörden im Sinne de« Gesetze« insoweit gefördert werden kann, al« eS der § 71 der Strafproceßordnung vom 29. Juli 1858 allen öffent lichen Behörden und Aemtern zur Pflicht macht, die entweder von ihnen selbst wahrgenommenen oder sonst zu ihrer Kenntniß gelangten strafbaren Handlungen, welche nicht blo« auf Verlangen der Betheiligten zu untersuchen find, ohne Verzug zur Kenntniß de« Strafgerichte« zu bringen, in dessen Sprengel sie sich befinden." Paris, 13. Mai. Thiers ist (wie sein Organ erklärt) keines wegs krank, sondern nur von den vielen Arbeiten etwas angegriffen. Uhrich, der Vertheidiger von Straßburg, hat nun ebenfalls an Thiers geschrieben, man möge ihn vor ein Kriegsgericht stellen. — Von den wegen Betheiligung an der Pariser Commune Verhafteten sind höchstens noch einige Hundert in Zweifel üher ihr Schicksal. Man denkt, daß die KriegSräthe gegen Anfang Juni ihre ungeheuere Arbeit hinter sich haben werden. Die vollständige Ziffer der Ver« urtheilungen ist gegenwärtig 9358. Wenn Alles fertig ist, wird sie größer sein als 10 000. Wie viele grobe Jrrthümer und Un richtigkeiten werden sich unter dieser Ziffer bergen, grade wie unter den 21,312 freigesprochenen Individuen sich eine erkleckliche Anzahl von Banditen der schlimmsten Art befindet! — Vorgestern ist in Bordeaux ein asrikanischer König gelandet. Derselbe nennt sich Ranalalalulu und will Paris und London besuchen. Der Haupt zweck seiner Reise soll der sein, der englischen und französischen Regierung Aufklärungen über die schlechte Behandlung zu gebe«, deren Opfer einige Missionäre in seinem Reiche waren. Der afrikanische König ist von einem zahlreichen Gefolge begleitet. In demselben befindet sich sein erster Minister, ein Eunuch, um sestie Frauen zu überwachen, mehrere Großwürdenträger und ein Koch, der zugleich Opferpriester ist. Wie eS heißt, wird Ranalalalulu von ThierS empfangen werden. Versailles, 14. Mai. Nationalversammlung. HaeutjenS brachte einen Antrag ein, wodurch die mit der Untersuchung über die Tapi- tulationen beschäftigte Commission beaustragt wird, auch auf die Capitulation von Parts einzugehen. Die Versammlung beschloß über den Antrag mit großer Majorität die Dringlichkeit. Brüssel, 14. Mai. Kaiserin Augusta ist heute Abend 5 Uhr in Laeken ««gekommen und wird daselbst mit der Königin das Diner einnehmen. Dm Ahend wird die Kaiserin bei.dem Grafen von