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^-7" —— 7 " reiberger Inniger und Tageblatt Amtsblatt deS Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter und der Stadträthe zu Freiberg u. Brand. Prei» vttrttljährl. S0 Ngr. Inserat« -ß werden die gespaltene Zeile oder der« I ML - Raum mit 8 Pf. berechnet. RO I FlW Donnerstag, den 2. Mai Erscheint i. 8reib«rg jed. Wochmt. Ab. 8 U. für dm and. Tag. Jnser. werdm bi» V. 11 U. für nächste Nr. angm. 4- Freiberg, 1. Mai 1872. i. Nicht verhehlen kann man sich, daß der deutsche Reichstag einem Zuge practischen Wirkens folgt, auf den man nur mit Ge- nugthuuug blicken kann. Getragen von dem Bewußtsein, frei au« dem Schooße einer großen und um ihren Erfolg verdienten Nation hervorgegangen zu sein, haftet selbst den einzelnen Parteien de« Reichstages nicht jene Kleinlichkeit an, welche gemeinhin den klein« staatlichen Parlamenten ein freudiges Eingreifen in die Gesetz gebung verleidet. Die Debatte über das vom BundeSrathe vorgelegte Gesetz, die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten betreffend, wird der Leser nicht ohne besondere Genugthuung verfolgt haben. Sie beweiset, daß im Reichstage ein reformatorischer Geist lebt, der in Bezug auf die innere Gesetzgebung energisch den Forderungen der Zeit Rechnung zu tragen begehrt und dem gegenüber die Regierung sich nicht im Geringsten so spröde und empfindlich verhält, wie es ja gewöhnlich in den einzelnen deutschen Landtagen, auch in dem preußischen, geschieht. Die Erklärung davon liegt in der höheren und freieren Auffassung der Dinge, wie fie der Hinblick auf das deutsche Reich von selbst hervorruft und gegen welche die herge brachten particularistischen Anschauungen sich gleichsam schamhaft zu verbergen suchen. Wie das erwähnte Gesetz berathen und im Schooße des Reichs tages weniger durch parteiliche Abstimmungen als durch die auS ernsten Verträgen erhaltenen Ueberzeugungen verbessert worden ist, hat man ersehen können, daß es sich hier um eine wohlverstandene Wichtigkeit nicht blos für die Beamten selbst, sondern auch für das öffentliche Rechtsleben in Deutschland handelt. ES ist das erste Mal seit vielen Jahren, daß durch die Vorlage dieses nothwendigen Gesetzes die Bureaukratie ihre zartesten Angelegenheiten öffentlich erörtert und kritisirt sehen muß, wozu sich ihr partikularistischer Stolz den Landtagen gegenüber gewiß nicht mit solcher Gelassen heit verstanden hätte. Und was hierbei zur Sprache kam, belehrte wieder, daß der Reichstag nicht solche klägliche Scheu hat, in diese Verhältnisse einzugreifen, wie die Landtage gewöhnlich solchen heiklen Fragen aus dem Wege gehen. Einer der wichtigsten Artikel deS Gesetzes ist der über die Verantwortlichkeit der Beamten. Er berührt eine der empfindlichsten Wunden des bürgerlichen Lebens, weil die moderne Bureaukratie ihre Mitglieder, bis zum Nachtwächter hinunter, durch Diensteid und Unverletzlichkeit, namentlich jedoch durch Erschwerung der Klage gegen ihre Uebergriffe und Eigenmächtigkeiten, zu einer geschlossenen Kaste oberhalb des BürgerthumS ausbildete. Es ist aber keine andere Ausfassung zulässig, als daß der Beamte sich im Dienst deS Publikums fühlen und dafür verantwortlich sein muß, wenn er das Gesetz selber hochmüthigen Geistes verletzt. So war es früher, als Friedrich der Große sich nur den ersten Beamten des StaateS nannte und Joseph II. von Oesterreich seine Edicte gegen die Willkür der Beamten erließ. Als ein Denkmal des auf geklärten Despotismus, der eine wirkliche Gleichheit deS Gesetzes qnstrebte, ist unter Anderem das allgemeine preußische Landrecht auf uns gekommen. Daraus kann man so recht ersehen, wie mehr und mehr der Beamte in falscher Auffassung der StaatSautorttät über einen Theil der bürgerlichen Gesetzgebung gestellt worden ist. Die Regierung wollte diese wichtige Frage dem Reichstag da-! durch wegnehmen, daß fie den davon handelnden §. 13 also ab faßte: „Die Zulässigkeit der gerichtlichen Verfolgung eines Reichs beamten wegen dienstlicher Handlungen oder Unterlassungen wird durch ein ReichSqesetz geregelt." Also ein Wechsel aus die Zukunft, für dessen Einlösung die Bureaukratie sich natürlich nicht beeilen würde, da ja zunächst Alles in der schönen Ordnung bleibe« sollte, die in den einzelnen Bundesstaaten für die Unnahbarkeit der Beamten herrscht. Tagesgeschichte. Berlin, 30. April. Die Ratificationen de« deutsch-amerika^ Nischen ConsularvertrageS wurden gestern hier ausgewechselt. — Prinz Friedrich Karl ist hier wieder eingetroffen. — In der CommisfionSfitzung erwiderte aus eine Anfrage bei Berathung des Etats des auswärtigen Amtes, die dahin ging, ob feiten der Bundesregierungen bei Erwerbung des Palastes Caffa relli in Rom die Gründung einer Akademie für deutsche Künstler beabsichtigt werde? der Reichskanzler Fürst Bismarck, daß die« bis her nicht geschehen sei, daß aber, falls der Reichstag den Wunsch ausspräche, die Bundesregierungen gern die Angelegenheit einer sorgfältigen Erwägung unterziehen würden. Der Reichskanzler be merkt noch, daß feiten der preußischen Regierung die Frage wegen Errichtung einer Kunstakademie in Rom schon längere Zeit in- Auge gefaßt worden, die Verwirklichung des Planes aber an Geld mangel gescheitert sei. — Der Reichskanzler hat bei dem BundeSrath jetzt beantragt/ zu erwägen, ob nicht die Gebühr für die Correspondenzkarten vom 1. Juli d. I. ab auf '/z Silbergroschen, bez. 2 Kreuzer festzusetzen und demgemäß auch bei den jetzt schwebenden Verhandlungen auf Abschluß eines deutsch-österreichischen PostvertrageS die Zustimmung zu einem auf denselben Zweck gerichteten österreichischen Antrag aus zusprechen sein möchte. — Durch einen Erlaß des HandelSministerS an die Direc- tionen der StaatS-Eisenbahnen vom 11. März 1870 war die aus hilfsweise Verwendung von Frauen bei dem Billetverkauf unter gewissen Voraussetzungen gestattet worden. Da diese Maßregel nach den bisherigen Erfahrungen im Allgemeinen günstige Resultate er geben hat, so hat jetzt der Handelsminister die königlichen Direk tionen zu gutachtlichen Aeußerungen darüber aufgefordert, ob nach den bisherigen Erfahrungen die Zulassung von Frauen zur Be schäftigung im Eisenbahndienst in erweitertem Umfange und eventuell in selbstständiger Stellung, als dem Verwaltungsinteresse entsprechend anzusehen sein möchte. ES wird in dem Elsaß noch auf da- in Frankreich übliche und in Elsaß-Lothringen beibehaltene Bahnver- waltungs-Shstem aufmerksam gemacht, wonach die Bahn durch patrouillirende Wärter und nur die Barrieren an den frequentere« Chausseen und Vizinalstraßen durch besondere Wärter bewacht, alle übrigen Barrieren und Niveau-Uebergänge aber Von den Frauen der patrouillirenden Wärter bedient werden, welche dafür eine an die Frauen zur Auszahlung gelangende Monatsvergütung von fünf Thalern beziehen. München, 29. April. Die Landtagssesfion ist heute durch de« Prinzen Luitpold geschloffen worden. Der Landtagsabschied zählt zunächst die Beschlüsse und Bittgesuche auf, welche dem nun be endigten Landtage Vorgelege« und die Zustimmung der Regierung