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-—— * * - mWjM AMger und —— — - --7 v '«.- Amtsblatt de« Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter und der StadträHe zu Freiberg u. Brand. F88. Erscheint I. Kretbrrg jed. Wochen«. W. 6 U. für dm and. Tag. Jnser. werden bi« B. 11 U. für nächste Nr. angm. Donnerstag, den 18. April Preis vierteljährl. LÜ Ngr. Inserat« werden die gespaltene Zeile oder derm Raum mit 8 Pf. berechnet. 187L. 4- Freiberg, 17. April 1872. i. Die Thronrede, mit welcher der diesmalige Reichstag eröffnet worden ist, verweiset durch ihren streng geschäftlichen Inhalt nüch tern aus die Arbeiten des Friedens. Man kann den moralischen Werth unserer politischen Lage aus dieser GemüthSruhe so recht schätzen, mit welcher sich die Vertreter der deutschen Nation an den Ausbau deS neuen Reichs begeben, wenn man dagegen die Ruhm redigkeiten deS Herrn Thiers und die phrasenhafte ewige Session der französischen Deputirten-Kammer vergleicht. Im Allgemeinen befriedigt von dem Stande der Dinge und der Richtung, in welcher mittelst des Parlaments unsere ReichS- gesetzgebung fortgesührt werden soll, wird man doch bei der Prü fung der verheißenen Vorlagen für den Reichstag im Besonderen mancherlei berechtigte Wünsche sich erheben sehen. Unter den wichtigsten Vorlagen ist zunächst das neue Militär- strasgesetzbuch zu nennen, sodann aber find es die Etatsvor lagen. Wie bereits bekannt geworden, befinden sich auch die Finanzen deS deutsche» Reichs, wie dies nicht anders möglich sein kann, im besten Zustande. CS find Ueberschüsse in den Einnahmen da und die nöthigen Mehrausgaben werden dieselben nicht verzehren. Um so mehr muß man sich wundern, daß die Reichsregierung doch wie der mit einigen neuen Steuern und Steuerzuschlägen kommt, wie wenn das Wort wirklich wahr sei, man wisse mit dem Parlamen tarismus nichts weiter anzufangen, als ihm zum Steuererheber zu gebrauchen. ES ist eine üble Gewohnheit, die sich von der preu ßischen Finanzpolitik auf die deS Reichskanzleramtes übertragen hat, nicht nur regelmäßig die Voranschläge der Steuereinnahmen viel niedriger anzugeben, wie sie nachher in Wirklichkeit find, sondern bei dieser Speculation auf Ueberschüsse auch grundsätzlich gegen eine daraus fich doch völlig rechtfertigende Herabsetzung oder Ab schaffung bestehender Steuern zu eifern. ES liegt darin etwas Unfreundliches gegen das Volk, dem man «ine Erleichterung seiner Lasten nicht gönnt, und etwas Miß trauisches gegen die Volksvertretung, von der man fich durch die bestehenden Steuern möglichst unabhängig erhalten will. So beabsichtigt denn die Reichsregierung diesmal die Dividende aus den Ueberschüsse« der Einnahmen den einzelnen Regierungen zükommen zu lassen, deren Matricularbeiträge vermindert werden sollen; aber das deutsche Volk soll zum Dank u. A. auch eine Ver- theuerung deS Bieres durch die Braumalz- und Surrogatsteuern erhalten. Gewiß eine seltsame Abficht, wenn man bedenkt, daß das Bier bei unS geradezu den nöthigsten Lebensbedürfnissen zuzu zählen ist, und ferner, daß eine solche Steuer auf die Surrogate für Malz nicht so sehr der leider um sich greifenden Verschlechterung deS heimischen BiergebräuS entgegen getreten wird, als vielmehr die einfachen, sogenannten Halbbtere, die der arme Mann sich kauft, vertheuern muß- ES kann nicht Aufgabe deS Parlaments sein, einer solchen Richtung der Reichsfinanzpolitik einfach zu folge«. ES wird viel mehr in den Äügen des Volkes hem Reichstage bedeutend nütze«, wenn er volkSthümlich zu Werke geht und an Stelle der zu ver ringernden Matricularbeiträge eine Herabsetzung der 10z Millionen Thaler eintragenden Salz st euer durchzusetzen versucht, die ohnehin nicht zu den populärsten und volkswirthschaftlich richtigen Abgaben gehört. Andererseits wird es sich empfehlen, daß der Reichstag die - Initiative zu solchen Gesetzen ergreift, deren Vorlage von der Re gierung wohl erwartet werden konnte, wenn nicht der schwerfällige und im Geheimen arbeitende Apparat deS BundeSratheS für die Wünsche der Nation ziemlich unempfänglich fich zeigte. Ein R eich S« Münzgesetz, nicht angekündigt, ist durchaus nothwendig und die Umstände, welche die Einführung der Goldwährung zur Zeit so vortheilhaft machen würden, müssen im Interesse deS Volkswohl standes ausgenutzt werden. Ebenso bedarf es bei der Ueberfülle der Banken und Jndustrie-Actien einer endlichen Bestimmung über das im Reiche giltige Papiergeld und eines Gesetzes über die Banknoten. Tagesgeschichte. Berlin. Die hiesige Hochschule für Wissenschaft deS Juden- thumS wird am 6. Mai ihre Vorlesungen eröffnen und am 15. Aug. das erste Semester beenden. Das Curatorium nimmt in seiner Ankündigung ausdrücklich die LonfesfionSlofigkeit der Hochschule in Anspruch und läßt nicht undeutlich merken, daß es als Ziel die Aufnahme und Einreihung in der Universität anstrebt, der das neue Institut sich „geistig anschließt". Deshalb find als Zuhörer die wirklich immatrikulirten Studirenden aller Facultäten, ohne jeden Unterschied, in Aussicht genommen. In Danzig wird zuerst der neue Strafgesetzparagraph 130» zur Anwendung kommen, da nach der „D. Z." gegen einen hiesigen katholischen Geistlichen wegen einer vor Kurzem in der Nicolai- kirche gehaltenen Predigt ein gerichtliches Verfahren eingeleitet worden ist. München, 15. April. I» der heutigen Sitzung der Kammer der Abgeordneten wurde zunächst der Ausschußantrag auf Umge staltung des StaatsratHS gegen .den Widerspruch des MinisterS v. Pfeufer und trotz seiner Erklärung, daß die StaatSregierung auf diesen Antrag nicht eingehen werde, angenommen. Hierauf gelangte der Etat des Ministeriums deS Auswärtigen zur Be- rathung. Abg. Freytag befürwortete seinen (vom Finanzausschuß angenommenen) Antrag auf Einziehung aller außerdeutschtn Ge sandtschaften Mit Ausnahme derjenigen in Wien, während der Abg. Herz auch die Gesandtschaft in Wien aufgehoben wissen wollte. Der Ministerpräsident Graf Hegnenberg-Dux erklärt, daß er in der Ausschußsitzung nicht geäußert Hube, die bahersche Diplomatie sei jetzt bedeutungslos; er habe nur gesagt, daß infolge der Um gestaltung der deutschen Verhältnisse europäische Fragen nicht mehr Gegenstand der bayerschen Diplomatie sein könnten. Der Antrag Freytag wolle die bayerschen Reservatrechte im Parteiinteresse preisgeben, und dagegen spreche schon die Rückficht aus Bayern- Würde und Ehre. Beide Anträge wurden darauf, und zwar der Herz'sche mit großer, der Frehtag'sche mit geringer Majorität abgelehnt. — Dem „Franks. Journal" schreibt man: Vor einiger Zeit stellte ein Fräulein aus Augsburg an den Dekan der medicinischen Facultät an der hiesigen Universität die Bitte, ein zahnärztliche« Examen vor der Facultät machen zu dürfen. Dieser lehnte in Anbettacht de- Umstände-, daß eine solche Neuerung in Bayern,