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Amtsblatt des Kgl. B^irkSgerichtS zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der Stadträthe zu Freiberg u. Brand. ^?14 Sonntag, 18. Januar »er. Nat An, s An- kirchenratheS ein Kirchenrechtslehrer, Professor Herrmann, berufen, und dieser ließ es sich angelegen sein, mit den kirchlichen Verfassung--- fragen Ernst zu machen Es erfolgten demnach die königlichen Er lasse vom 10. Sept. v. I. und der nächste Schritt zu deren Aus führung sind die jetzt stattgefundenen Wahlen der Kirchenältesten und der Gemeindevertretung. Jede Gemeinde erhält einen Ge- meinde-Kirchenrath, der aus dem Pfarrer resp. den Pfarrern und 4 bis 12 Aeltesten besteht; und wenn sie mehr als 500 Geelen zählt, noch eine kirchliche Gemeinde-Vertretung, welche dreimal so zahlreich ist als die normale Zahl der Aeltesten. Der Gemeinde- kirchenrath hat den Beruf, in Unterstützung der pfarramütchen Thätigkeit nach bestem Vermögen zum religiösen und sittlichen Auf bau der Gemeinde zu helfen, die christlichen Gemeindethätigkeiten zu fördern und die Kirchengemeinde in ihren inneren und äußeren Angelegenheiten zu vertreten. Er hat insbesondere die religiöse Erziehung der Jugend zu beachten, die kirchlichen Einrichtungen für Pflege der Armen, Kranken und Verwahrlosten zu leiten und die Gemeinde in vermögensrechtlicher Beziehung zu vertreten. An die Mitwirkung der Gemeindevertretung ist er namentlich in Vermögens- Angelegenheiten und Bewilligungen aus der Kirchenkasse, in der Beschaffung der zu kirchlichen Bedürfnissen erforderlichen Geld mittel und Leistungen rc. gebunden. Mit der Gemeinde-Vertretung zusammen übt er in gewissen Fällen Befugnisse bei der Pfarrer wahl aus. Sobald die Neugestaltung der Kirchenräthe durchgeführt ist, soll ohne Verzug zur Wahl für die Kreissynode geschritten werden. Von jeder Gemeinde werden zur Kreissynode so viel weltliche Mit glieder abgeordnet, als stimmberechtigte Geistliche aus derselben zu erscheinen befugt sind. Die Kreissynode soll regelmäßig einmal im Jahre zusammentreten und in zwei Tagen ihre Geschäfte erledigen. Diese Formation und weiter die Provinzial-Synode, die schon einige wichtige Geschäfte dem Konsistorium abnimmt, sind die nächst nothwendigen Schritte. Dann wird in diesem Jahre auch noch eine außerordentliche General-Synode zusammentreten. Bei vielen Punkten dieser Kirchenverfassung hat der Landtag noch ein Wort mitzusprechen, aber das Gebäude findet er bereits im Wesentlichen fertig vor. So wird also versucht, mit der Verfassungsforderung einer selbstständigen Kirchenordnung Ernst zu machen, doch wird eS noch Jahre dauern, ehe der Aufbau eines selbstständigen Leben- der evangelischen Kirche den vollständigen Abbruch der äußeren Stützen möglich macht, die bisher die staatliche Verwaltung hergeliehen hat. »ttunß. ndm gute , di. »«I. 'N' dem >bk-' nitz sagt ern dü ,hiesig« mich bei so that- daß A ! -röst« siegreich gliche» ?gestrevü Lammte« -4. Kreiders, den 17. Januar 1874. Nm 4. Januar fanden die Wahlen zur kirchlichen Gemeinde vertretung Preußens in den evangelischen Parochien der Provinzen Sachsen, Brandenburg, Pommern, Posen und Schlesien statt. ES ist dies ein nothwendiger Schritt zur allmäligen Vollendung der evangelischen Kirchenverfaffung in Preußen und handelt es sich zu nächst darum, unleugbare und bedeutende Lücken auszufüllen. Mehrere deutsche Staaten sind auf diesem Gebiet Preußen voran gegangen. Nur vier westliche Provinzen, Rheinland und West phalen, erfreuen sich einer seit etwa vier Jahrzehnten in erfolg reicher Wirksamkeit bestehenden PreSbyterial- und Synodal-Ord- nung und in den neuen Provinzen sind wenige Jahre nach der preußischen Besitzergreifung ähnliche kirchliche Ordnungen eingesührt worden, z. B- in Hessen und Schleswig Holstein, oder es fanden sich, wie in Hannover, solche bereits von der früheren Regierung her in voller Wirksamkeit vor. Schwieriger war die Einführung solcher Institutionen in den östlichen und ältesten Provinzen. Schon nach den Befreiungskriegen machte man Entwürfe, noch mehr seit der Emanation d:r Verfassung von 1850, deren Artikel 15 die selbstständige Ordnung und Verwaltung der evangelischen Kirche ausdrücklich vorschrieb. Was aber von diesen Entwürfen durch königliche Erlasse wirklich ins Leben trat, waren nur geringe Anfänge und Stückwerke. Seit 1860 wurde wenigstens die Mehr zahl der Gemeinden mit einem Kirchenräthe ausgerüstet, der aber aus einer Vorschlagsliste der Geistlichen gewählt wurde und sehr begrenzte Befugnisse hatte. Ebenso kamen die Kreis-Synoden zu keinem rechten Ansehen und machten höchstens von sich reden, wenn eS da und dort zu einem grellen Konflikt zwischen der so genannten rechtgläubigen und freisinnigen Richtung gekommen war. Im Jahre 1869 wurden auch einmal außerordentliche Provinzial- Synoden zusammenberufen, die mit verschiedenen Anträgen des Oberkirchenrathes befaßt wurden, um dem Prrsbyterial- und Sy- nodalwesen neuen Schwung zu geben. Außer den Pastoren der Schleiermacherschen Richtung war bei der Geistlichkeit in den östlichen Provinzen wenig Sinn für- diese Institutionen vorhanden; aber die Bevölkerung verhielt sich fast ganz indifferent, die konservative Partei durchweg abgeneigt. Nur das preußische Abgeordnetenhaus ließ die Frage nicht ruhen und drang fort und fort auf die Ausführung des erwähnten Ver fassungs-Artikels. Die Kultusminister v. Raumer und v. Mühler behandelten die Sache jedoch dilatorisch. : Die Lage mußte sich ändern, als die kirchlichen Fragen in den Vordergrund traten und der Streit mit derjenigen Partei an-brach, die in der katholischen Kirche immer mehr das Regiment an sich riß. Jetzt war es klar, daß die rechtlichen Verhältnisse de- Staates zur Kirche zu größerer Deutlichkeit und Bestimmtheit gebracht werden mußten und daß also auch die Verhältnisse der evangelischen Kirche nicht in der bisherigen patriarchalischen Un klarheit bleiben konnten. Fast zu derselben Zeit, da an die Spitze des Kultusministeriums ein erfahrener Jurist, vr. Falk, trat, wurde an die Spitze des Ober- ErschUnt i. Artiittg jtb. Wochen». Ab. 6 U. für dm and. Lag. Jnser.werdm , bi« V. 11 U. für nächste Nr. angm. mein« Ick«», lunzz« Nmk- thab«. iacoml > - INK" -P- l schänd» ; ver- unst, imtdr iemit t». Tagesgeschichte. Der Berliner Korrespondent des „Daily Telegraph" schreibt über die kirchlichen Wirren in Deutschland: „Der Kampf zwischen Staat und Kirche wird binnen Kurzem in ein neue- und höchst interessantes Stadium treten. Sobald ein halbe- Dutzend Bischöfe (oder vielleicht nur ein einziger) sicher hinter Schloß und Riegel sitzen wird — was, wie ich glaube, zu Anfang des nächsten MonatS eintreten dürfte - und sobald die untergeordnete römische Geist lichkeit dadurch die Ueberzeugung gewinnt, daß die Regierung ernstlich und fest entschlossen ist, die Kirche dec weltlichen Gewalt möerger Weiger