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WM M WelhEmN- M HMM. Donnerstag, den LO Juni L887 Nr. 7« 7». Jahrgang. Die Klostergräfin. Original«Roman von Mathilde Wagener. (43. Fortsetzung.) Plötzlich wurde die Thüre ziemlich geräuschvoll geöffnet und die Riedbäuerin erschien auf der Schwelle. Todtenbleich, mit starren Augen sah sie auf Wendel, ja, sie schien nur ihn zu sehen, denn ohne auf die anderen zu achten, trat sie langsam, zögernd ein paar Schritte näher. Kaum wurde Wendel ihrer ansichtig, als er, seine letzten Kräfte zusammen raffend, sich ein Wenig emporrichtete und die Riedbäurin mit grünlich funkelnden Augen ansah. „Bist auch g'kommen, Riedbäu'rin?" rief er mit heiserer Stimme. ,,Willst seh'n, ob's mich auch ordentlich g'packt hat? Na, sei nur still, ich steh' nit wieder auf, aber wenigstens will ich nit allein die Sünd' ins Jenseit mitschlcppen. — Du sollst auch Da Theil davon haben, und deshalb ist's gut, daß Du hier bist, kannst mich gleich Lügen strafen, wenn ich a Wort z' viel sag'. Da, Vater", fuhr er fort, auf die Niedbäuerin deutend, „die dort ist's g'wcsen, die mich eigentlich soweit g'bracht hat und die Schuld d'ran ist, daß ich jetzt so elend sterben muß, denn sie hat mich b'red't, den Kreuzbrunner.Vincenz aufz'lauern und ihn zu ermorden, wann und wo ich ihn immer finden könnt'!" „Was — den Kreuzbrunner-Vincenz?" riefen Vast'l und der Wolfenwirth wie aus einem Munde. Wende! aber fuhr, Athem schöpfend, fort: „Za, den Vincenz, weil sie g'fürcht't hat, er wüßt' um die G'schicht' mit ihrem Mann und könnt' sie irgend, wie anklagen, denn sie ist's g'wesen, die an dem Tod des Ried« bauern die muste Schuld trägt. Damals vor zwei Jahren, kurz eh' der Riedbauer starb, bin ich heimlich hier g'wesen und hab' mich droben im Gebirg' versteckt g'halten. Ka Menschenserl' hat drum gewußt, als die Riedbäu'rin, die mich ertappt hat, wie ich Nachts ihrem Mann a paar lumpige Gulden aus dem Schrank holen wollt'. Sie hat mir den Schlupf im G'birg' ge. zeigt und mich auch mit Essen und Trinken versorgt, weil sie schon damals g'wußt hat, daß sie mich zu ihrem Kram brauchen könnt'. Sie ist oft bei mir oben g'wesen und hat mir ihre Noth g'klagt, daß sie ihrem Mann nimmer leiden könnt' und schließ lich ist's rausg'kommen, daß ihr der Vincenz in die Augen stach und daß sie den Burschen heirathen wollt', wenn der Riedbaucr nit mehr wär'. So ist's denn von selbst g'kommen, daß wir Zwa den G'danken g'faßt haben, den Riedbauer fort z'schaffen und ich hab' der Monika selbst die Hand dazu g'boten — nit wahr, Büu'rin, daran ist nix g'logen?" Wendel sah die Riedbäuerin, welche wie erstarrt seinen Worten gefolgt war, höhnisch an, Rupert aber stöhnte laut auf und drückte die Hände vors G'sicht. „Damit aber die Schuld nit auf uns fallen könnt'", fuhr Wendel nach kurzer Pause fort, „hat die Riedbäu'rin ihren Hund, den Tiras, mit nausg'bracht, und ich hab' ang'fangen, das Thier auf den Mann z' Hetzen. Der Hund hat dazumal fest an mir g'hangen, mehr .fast als an seinem Herrn, und damit er nit etwa sich vom G'ruch zurückhaltcn lassen sollt', da hab' ich von Stroh a Figur z'sammcn g'dreht und ihr Sachen von dem Ried, bauer umg'hängt und den Hund solang d'rauf los g'hetzt, bis er, blind vor Wuth, ang'packt hat. So war Alles vorb'reitet, und eines Nachts, als der Riedbauer spät vom Wolfenwirth heimkam, und, wie er immer that, übers Geröll ging, bin ich ihm mit dem Hunde aufg'lauert. Wie er so a Wen'g benebelt vom Bier, auf dem schmalen Weg herkam, rief ich dem Hund zu: Hetz, Tiras, hetz — und das Thier hat sich auf sa cig'nen Herrn g'stürzt und ihn nunter in den brausenden Wildbach g'zerrt!" Wendel schwieg und lehnte den Kopf, wie ermüdet, zurück, keiner der Anwesenden wagte eine Silbe zu sprechen, denn das Furchtbare von Wendels Geständniß lastete auf Allen wie ein Alp. Wendel raffte sich noch einmal auf und seinen Blick fest auf die wie erstarrt dastehende Riedbäuerin heftend, fuhr er mit matter Stimme fort: „So ist's g'wesen — hier ist die Ried- bäu'rin selbst — sie soll sagen, wenn ich g'logen hab'! Nachher hat sie die Schuld an dem Mord dem Vincenz aufg'bürdet, weil er ihr nit z' Willen war, das hab' ich jetzt vom Band'l-Sepp erfahren. Die Riedbäu'rin ist's auch g'wesen, die mich b'red't hat, damals im Wolfenwirtbshaus gegen meinen Vater aufzu treten und im Verein mit ihr hab' ich den Damm unterwühlt und wieder so g'stützt, daß er beim ersten Wasseranprall z'sammenstürzcn muß! Ntt wahr, Bäu'rin, wir Zwa haben a großmächtig's Sündenregister!" Er sank völlig erschöpft zurück, seine Augen schlossen sich und ein gurgelndes Stöhnen rang sich aus seiner Brust. Der Arzt beugte sich erschrocken über ihn, Rupert aber rief mit erstickter Stimme, indem er gebieterisch nach der Thüre zeigte: „Geh', elendes Weib! Der hier ist voll Sünd' und Verbrechen, Du aber bist Ler Satan selbst, denn in Deinem nichtswürdigen Hirn hast all' Lie Schänd' und die Anschläg' ersonnen, die der Bursch' ausg'führt hat. Geh', und was Dir für Da Schuld an all' Dem g'hört, das wirst' ausg'zahlt kriegen, auch ohne menschliches Dazuthun!" Die Niedbäuerin sah ihn wie geistesabwesend an, dann brach sie plötzlich in ein Helles Gelächter aus und stürzte, ohne ein Wort zu sprechen, zur Kammer hinaus. Rupert waudte sich wieder zu Wendel, der, in den Armen des Doctors lehnend, sich ein Wenig emporrichtete. „Vater", sagte er dann verständlich, „nit wahr, 's liegt viel Sünd' auf ma G'wisseu — aber sich', wie elend mich's g'packt hat. Ich weiß, verzeih'« kannst' mir nimmer, so gicb mir wenigstens Da Hand zum Zeichen, daß Du mir nit fluchst!" Er Vvb mit Anstrenung die Rechte und streckte sie em Wenig zu Rupert hinüber. Dieser zögerte einen Augenblick, dann trat er rasch zu dem Lager und faßte Wendels Hand fest zwischen die Seinen. „Gott allein steht die Verzeihung zu", flüsterte er be wegt, „und wenn ich Dir all' das, was Du g'than hast, auch nit vergeben kann, denn Da Sünd' kann Dir nit von Menschen vergeben werden — so will will ich doch beten, daß unser Herr, gott Dir gnädig ist und nit zu schwer mit Dir ins G'richt geht." Er legte seine Rechte einige Secunden auf Wendels Haupt und dieser schloß unter dem leisem Druck müde die Augen. „O wie gut das ist, Vater", sagte er leise, „so wohl war mir's lang nit! Vater, hinter mir liegt a elendes Leben, das Keinem g'nützt hat, — was gäb' ich drum, könnt' ich nur mit einer guten That vor unsern Herrgott hintretcn, damit er ma Sünd' nit z' groß ansieht! Aber die Sünd' und das Verbrechen haben in mir g'legen von Jugend auf, und wann ich mir auch tausend Mal zug'schworen hab', gegen die bösen G'danken z' kämpfen und sie zu unterdrücken — immer sind sie wieder an mir nauf g'- klettert —", er hielt einen Moment inne und sah schaudernd vor sich hin, während es in seinen Augen unstätt und unheim lich glühte, „ja — fest krallt haben sich die bösen G'danken in ma Hirn wie der Tiras gestern in ma Fleisch. Der hat den Sprung nit vergessen — hab's ihm ja auch gut eing'lernt und der Riedbauer", er fuhr mit wildem Schrei in die Höh'. — „Jeffus, Vater, der Riedbaucr! Siehst nit das gelbe ver- fall'ne Gesicht mit der klaffenden Wund' über den Augen? — und der rasende Hund — wann er mich nur losließ — er drängt mich nach den Abgrund nunter — horch nur, wie sa Zähn' in meinem Fleisch knirschen — da — da — jetzt packt er mich an der Gurgel und hier im G'nick — die eiskalte Faust des Riedbauern — halt' mich, um Jesu Willen — halt mich — ach — nunter, nunter!" Er faßte mit beiden Händen in die Luft, bewegte noch einige Male die Lippen, ohne einen anderen Laut, als schreckliches Gurgeln und Stöhnen hervorzubringen und sank dann schwer in die Kiffen zurück. Der Doctor beugte sich über ihn. „Er ist todt", sagte er nach einer Pause ernst, „das innerlich aufquellende Blut hat ihn erstickt — Gott sei seiner Seele gnädig!" Er drückte ihm die furchtbar hcrvorgetrctenen blutunterlaufenen Augen zu und wandte sich zu Rupert. „Es ist am Besten, Ihr laßt ihn gleich nach dem Klosterhof schaffen, so ruht er doch noch unter väterlichem Dach und über morgen ", der Arzt verstummte plötzlich und horchte ge ¬ spannt nach der Thür. Von draußen klang es wie immer heftiger anschwellendes Stimmengewirr, einzelne Rufe wurden laut und gleichzeitig erfolgte, wie aus weiter Ferne, ein dumpfes, donner ähnliches Krachen. Der Wolfenwirth sprang entsetzt empor. „Jeffus — das Wasser", schrie er und stürzte nach der Thüre. Doch bevor er dieselbe erreicht hatte, wurde sie von draußen aufgerissen und Franz, der Knecht des Wolfenwirths, erschien mit verstörtem Gesicht auf der Schwelle. „Um Gotteswillcn — helft — das Wasser hat den Damm eing'rissen und schon das halbe Unterthal überschwemmt", schrie er in die Kammer hinein. Rupert raffte sich auf, einen letzten Blick warf er noch auf Wendels Leiche, dann stürzte er hinaus, der Erste vor Allen, die Dorfstraße hinunter. „Unten die Thalmühl' ist schon halb fortg'risscn — nit a Mal die Menschen sind z' retten", riefen ihm einige Bauern, die eben falls das Dorf hinunter eilten, entgegen. Rupert hörte sie kaum — so schnell ihn seine Füße tragen konnten, stürzte er vorwärts und langte früher noch als Vast'l und der Wolfenwirth auf dem Schreckensorte an. Hier bot sich dem Auge ein schreckliches Bild der Ver nichtung dar — gleich riesigen Schaumlawinen stürzte das ent« fesselte Element von den Bergen, wüthend gepeitscht von dem plötzlich hervorgebrochenen Sturme; der Wildbach glich einem wild empörten Meere, das, weit über seine Ufer gedrängt, Alles in seinen brausenden Strudel mit Hineinriß und immer neue, verderbenbringende Wasscrmassen ins Thal hinunter wälzte Aus ihren Wurzeln gerissene riesige Bäume, Felsstücke, Balken u. s. w. kamen zeitweise aus dem wilden Chaos zum Vorschein und gleich sam als Hohn für die verzweifelten Unterthaler wurden einzelne Trümmer des eingerissenen Dammes weit hinein ans Ufer ge schleudert. Rupert übersah mit einem Blick das furchtbare Bild — hier war nichts mehr zu retten, aber dort, die Thalmühle stand, schon ihrer Holztheile beraubt, bis ans Dach unter Wasser, und oben, auf einem kleinen, glatten Mauervorsprung am Schornstein, klammerte sich des Thalmüllers Weib mit seinen drei Kindern in furchtbarster Todesangst an das glatte Gestein. Der Thal- müllcr stand verzweiflungsvoll am Ufer — er fuhr sich, dem furchtbar nahenden Verderben gegenüber seine Ohnmacht begreifend, in das graue, flatternde Haar, und fluchte und betete zu Gott in einem Athemzuge. Ruperts Auge überflog das Ganze wie ein Blitz — eine Rettung der Unglücklichen war möglich, nur einiger entschlossener Männer bedurfte er. Er rief dem Wolfenwirth und Vast'l, die in seiner Nähe standen, zu, und eilte weiter am Ufer hinunter, bis er gegenüber der Thalmühle Halt machte. „Schafft Stricke und Balken — rasch, rasch, ihr Männer, hier gilt's Menschen leben!" schrie er durch das Brausen Les Sturmes. Der Thal- müller begriff sofort, Laß Hülse für seine Familie geschafft werden sollte, und mit neu erwachender Hoffnung stürzte er fort, um aus dem nächsten Hause Alles, was er an Tauen habhaft werden konnte, herbcizuschaffen. Vast'l und der Wolfenwirth im Verein mit andern Bauern holten indessen einige Bretter und Balken, welche der Wildbach ans Ufer geworfen, herbei und suchten, Ruperts Beispiel folgend, die einzelnen Theile durch feste Stricke mit einander zu verbinden. Nack vieler vergebener Mühe gelang cs endlich ein, wenn auch lückenhaftes, so Loch ziemlich festes Floß herzustellcn, und nun wurde dasselbe an ein sicheres Tau befestigt. Ein anderes Tau rollte Rupert geschickt zusammen, und nachdem er der unglück lichen Frau auf dem Dache zugcrufcn, dasselbe aufzufangen, warf er das eine Ende mit wohlgezieltem Wurf über Lie brausenden Wasser hinüber. Dreimal sauste das Tau vom Ufer und immer wieder schlug es klatschend in das Wasser zurück. erst beim vierten Male gelang es der Frau des Thalmüllers, das Tau zu fassen und es nach Ruperts Weisung so fest als es ihrzmög- lich war, um den ziemlich niedrigen Schornstein zu schlingen. Das andere Ende des Strickes aber wurde an einem der am Ufer vor dem Wasser geschützt stehenden Bäume befestigt und straff angezogen. Nun beorderte Rupert einige starke Männer, das Tau welches an dem Floß angebracht war, zu halten, und je nachdem es nothwendig war, locker zu lassen. Mit einem Ruck war das Floß auf dem Wasser und schwankte, durch Nichts beschwert auf den sich überstürzenden Wogen hin und her. Jetzt schwang sich Rupert auf das unsichere Fahrzeug. Der Thalmüller drängte sich ebenfalls hinzu; doch Rupert wehrte ihn ab: „Du bleibst!" gebot er nachdrücklich. „Wenn mir was beim Ueberfahren passirt, so ist's Unglück immer noch nit so schlimm, als wenn's Dich ins Wasser niederreißt; die dort droben kann Jeder retten, aber den Vater kann Deinen Kindern Keiner wieder geben — also bleib' hier!" Der Thalmüller wollte Einwendungen machen, aber er mußte sich endlich doch zufrieden geben; statt seiner aber sprang Vast'l rasch neben Rupert auf das noch hart am Ufer schaukelnde Floß. „Nimm mich mit, Bauer", rief er, „mir schad'ts Wasser nix, ich schwimm' Dir wie a Fisch und zu alledem ist ja noch die Lein' da." Rupert nickte ihm zu und nun begannen Beide, sich mit den Händen an dem, vom Dach Ler Thalmühle Licht über ihren Häuptern hinweg am Ufer befestigten Tau festhaltend, Las Floß lang sam, vorsichtig jedem Anprall des Wassers soviel als möglich ausweichend, vorwärts zu dirigiren. Die Bauern am Ufer ließen auf Ruperts Zurufe die Leine des FlosseS je nach der Entfernung lockerer, und so gelangten die bewen Männer, wenn auch unter unsäglichen Anstrengungen und vielfach wieder zurück- geworfen von dem Wasser, glücklich bis an das Dach der Thal mühle. Hier angelangt, nahm Rupert eine noch mitgebrachte Leine und befestigte das Floß, so gut es gehen wollte, an dem Gebälk des Daches, Vast'l aber schwang sich hinauf und rief der Frau zu, ihm zwei der Kinder zu reichen. Die Unglückliche be- grüßte Lie beiden kühnen Männer mit einem wahren Aufjauchzen der Freude und bedeutete den beiden ältesten Knaben am Dach herunter zu klettern, wo sie Vast'l in Empfang nahm. „Wir müssen zweimal rüber, Klosterbauer", rief er zu Rupert hinunter. „Alle tragt das Brettelg'bänd' nimmer!" Die Frau oben nickte auf einen fragenden Blick Rupcrts hin unter. „Nur erst die Kinder bring' fort, Klosterbauer", rief sie flehend, „wenn's geht, auch hier das Kleinste noch — ich bleib' schon hier!" Aber Rupert schüttelte den Kopf. „Entweder Du mit dem Kleinsten z'erst oder die beiden Bub'n — Vast'l hat Recht, Alle tragt's nit!" „Dann erst die Bub'n — Gott wird ja geben, daß sie sicher nüber kommen!" antwortete die Thalmüllcrin, und verfolgte, Todesangst im Blick, wie Rupert den haltenden Strick löste und die beiden Männer begannen, sich an dem über ihnen gespannten Tau zurückzulciten. Vast'l hatte den Knaben bedeutet, sich mit allen Kräften an ihn und Rupert anzuklammern, damit sie bei dem fortwährenden Schwanken und Drehen des FlosseS nicht etwa ins Wasser stürzten. Schwerer, wie hin, ging es zurück, da die Strömung ent gegengesetzt war, doch endlich — endlich, nach unzähligen Augen blicken der Todesangst für Len am Ufer harrenden Thalmüller, gelangten die Vier glücklich ans Ufer und Lie beiden Knaben sanken jubelnd in Lie Arme des Vaters. — „Jetzt vorwärts, Vast'l", rief Rupert, „Jetzt noch einmal nüber und glücklich z'rück, und wir haben Las unsrige gethan!'- Vast'l nickte und ohne Säumen traten Beide nochmals den gefährlichen Rettungsweg an. Wieder gelangten sie glücklich an die Thalmühle und nach einigen Augenblicken befand sich die Müllerin, ihr Kind fest mit dem linken Arm an sich pressend, während sie mit der Rechten Ruperts Nacken umklammerte, auf dem Floß. — Mühsam, beschwerlich ging es zurück, in athemloser Span nung verfolgten die am Ufer Stehenden jede Bewegung der schwankenden Bretter, der Thalmüller hatte seine beiden Knaben umschlungen und lag, inbrünstig zu dem Ewigen betend, auf den Knien. Bange, angstvolle Minuten vergingen, hin- und Herschwan, kend, sich oft vor den rollenden Wogen fast senkrecht auf die Seite legend, kam das Floß näher, jetzt nur noch einige kräftige Anstrengungen Vast'ls und Ruperts — die Bauern, welche die Zugleine des Flosses hielten, zogen rasch an — und der Thal- müüer reichte seiner Frau die Hände und hob sie ans Ufer. — Ein nicht enden wollender Jubcl erscholl von Ler versammelten Menge, alle drängten sich heran und umringten Len Thalmüller und Lie Seinen, und waren Len beiden Rettern behülflich, eben falls Las rettende Ufer zu erreichen. Vast'l, welcher vor Rupert stand, schwang sich zuerst hinüber, Rupert hielt Lie Leine über sich noch fest und schickte sich ebenfalls an, Las Ufer zu erreichen, doch in dem Augenblick, als er Lie Leine ioSließ, und Lie Hand des Thalmüllers, welche ihm dieser entgegenstrcckte, ergreifen wollte, wurde das Floß von einer mächtig daherbrausenden Wirbelwoge cmporgehobcn, Rupert verlor Las Gleichgewicht und stürzte kopfüber in die aufzischende Fluth. — Ein Schrei des Entsetzens erscholl vom Ufer her. Alles rannte wild durcheinander, Seile wurden ins Wasser geworfen, einige der Bauern versuchten, das Floß wieder zu besteigen, um bei etwaigem Emportauchen Ruperts zu seiner Rettung auf dem Wasser zu sein — doch vergebens, daß Floß wurde von den aufwirbelnden Wogen vom User gerissen, schlug, seines Halles beraubt, um, und trieb gegen Lie Thalmühle, an deren Dach es krachend zerborst. In diesem Augenblick drängte sich ein junges Weib durch die Menge, seine Züge waren verstört, händeringend stürzte es dicht ans Ufer, nicht achtend, daß die Wellen hoch aufspritzten