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GiHenlMM WchMMMllMM Lmtgökatt für die königUm und städtPlenLeliördm zu Kroßen^ain. Für die Redaction verantwortlich: Herrmann Richard Starke. Druck und Verlag von Herrmann Starke (Plasnick L Starke) in Großenhain. 75. Jahrgang Donnerstag, den 16. Juni 1887 Rr. 76 Er<ä)twtn: Ditn-rag, DonnrrSlaß. Sonnabend. VttnehädrigtS Monurmenl: am Schalter l M. durch den Boten ins HauS 1 M 2b Ps., durch dtt Pok l M. 2L Pf„ durch die Po6 Ker in* HauS ! M. 5V Ps. Inserate vär die am Abend vorder auinugebende wer werden dis früh 9 Udr angenommen und E.kübren iür solche von auswärts, wenn die- der 'Linsender nicht anders bestimmt, durch Post« Nachnahme erhoben. Bekanntmachung. Am heutigen Tage ist der Gemeindeälteste Herr Karl Wilhelm Kmetsch zu Ponikau als stellvertretender Standesbeamter für den Zusammengesetzten StandesamtSbezm Pomkau an Stelle des von dort verzogenen früheren Gemeindeältesten Bewilogua in Pflicht ge nommen worden. Großenhain, den 11. Juni 1887. Die Königliche Amtshauptmannschaft. von Weissenbach. Erlaß, den Verkehr aus den Dämmen und dem Leinpfade des Grödel- Elsterwerdaer Kanals betr. Auf Anordnung des Königlichen Finanzministeriums wird alles Gehen, Fahren, Reiten und Viehtreiben sowie überhaupt jeder Verkehr auf den Dämmen und dem Leinpfade des Grödel-Elsterwerdaer Kanales, soweit nicht solcher im Interesse der Schifffahrt daselbst ftatt- zufinden hat, beziehentlich den Adjazenten für ihre wirthschaftlichen Bedürfnisse gestattet worden ist, hierdurch ausdrücklich untersagt. Meißen, am 13. Juni 1887. Königliche Amtshauptmannschast als Elbstromamt. 4887 .4. v. Kirchbach. Konkursverfahren. In dem Konkursverfahren über das Vermögen des Rittergutsbesitzers Gustav Oskar Schweinitz in Kösslitz ist zur Prüfung der nachträglich angemcldeten Forderungen Termin auf den 24. Juni 1887 Vormittags 11 Uhr vor dem Königlichen Amtsgerichte hierselbst anberaumt. Großenhain, am 14. Juni 1887. Der Kerichtsschreiöer des Königlichen Amtsgerichts. Heinrich. Aichig Iahrr Königin! In den ersten Tagen der kommenden Woche begeht Eng lands Volk ein Ereigniß, wie es in der Geschichte der Völker und Staaten nur selten wiederkehrt — das 50 jährige Re- gierungsjubiläum seiner Königin. Fünfzig Jahre auf dem Throne, noch dazu eines Riesenreiches, wie eS das englische ist, das will eine Gunst des Himmels bedeuten, wie sie nur wenigen gekrönten Häuptern beschieden ist, und frohbewegt schauen darum die weitesten Bevölkerungekreise nicht nur Englands selbst, sondern auch seiner den ganzen Erdball um spannenden Colonien diesem festlichen Ereignisse entgegen. Es war am 20. Juni 1837, als der kinderlose König Wilhelm IV. plötzlich verschied und somit seine 18jährige Nichte Victoria, das einzige hinterlassene Kind des im Jahre 1820 verstorbenen Bruders Wilhelms IV., des Herzog von Kent, die Erbin des britischen Thrones wurde. Die jugendliche Prinzessin gelangte zu einem Zeitpunkte zur Regierung, wo die alten erbitterten Parteikämpfe zwischen Tories und Whigt jenseits des Canals ihren Höhepunkt erreichten und schon diese ernsten Partei zwistigkeiten schienen der Regierung der kaum dem kindlichen Alter entwachsenen Monarchin ein bedenkliches Horoscop stellen zu wollen. Außerdem waren aber durch die nach mehr als einer Richtung hin sich offenbarende Mißwirtschaft ihrer Vorgänger, besonders der George, die Wurzeln des monarchi stischen PrincipS gelockert worden und gerade nach dieser Seite hin hatte die jugendliche Herrscherin vielleicht die größten Hindernisse zu überwinden. Nun, die Geschichte ihrer fünfzigjährigen Regentenlauf bahn hat gezeigt, wie es Victoria I. verstand, sowohl ver mittelnd und ausgleichend in die innerpolitischen Kämpfe ihres Landes einzugreifen, als auch die Beziehungen zwischen der Nation und dem Herrscherhause wieder fester und inniger zu gestalten. Dies Verdienst muß der Königin um so höher an gerechnet werden, als ja in England dem Träger der Krone durch die bestehende Verfassung äußerlich wenigstens ein ver- hältnißmäßig geringer Einfluß auf die Politik des Landes eingeräumt wird, gerade aber der Umstand, daß die Monarchin ihre persönlichen Neigungen den constitutionellen Formen williger als irgend ein anderer englischer Herrscher unlerzu ordnen wußte, trug mit zu den Erfolgen ihrer Regierung das meiste bei. Dabei verstand sie dennoch einen äußerlich zwar nicht erkennbaren, aber doch existirenden Einfluß in den verschiedensten Fragen der inneren wie äußeren englischen Politik auszuüben und ihre klugen Rathschläge haben sich in mehr als einer Krisis, welche unter ihrer Regierung das Reich berührte, bewährt. Unter Königin Vicioria haben vor nehmlich Hanoel und Industrie des britischen Weltreiches einen mächtigen Aufschwung genommen und wenn heute das meerbeherrschende Albion nicht mehr einen so tiefgreifenden Einfluß auf die Hohr Politik ausübt, wie sonst, so muß dies auf Rechnung der total veränderten europäischen Constellation gesetzt werden, die sich in den letzten Jahrzehnten vollzogen hat. Niemand wird indessen leugnen, daß England trotz schwerer innerer Wunden auch jetzt noch ein Großmachtstellung behauptet und ebenso sicher ist, daß es in einem eventuellen Weltkriege diese seine Stellung gewichtig genug in die Wag schals werfen könnte, und man wird der Königin Victoria die Anerkennung nicht versagen dürfen, durch die kluge und loyale Erfüllung ihrer Herrscherpflichten das ihrige, zur Er haltung der Weltstellung Englands beigetragen zu haben. Es ist der erlauchten Jubilarin vergönnt, ihren seltenen Ehrentag im Kreise einer zahlreichen Schaar von Kindern und Enkeln zu begehen und nur ein dunkler Schatten fällt auf dieses erhebende Bild fürstlichen Familienlebens: Die Erinnerung an den Tod des Prinz-Gemahls Albert. Seit dem 10. Februar 1840 mit dem Prinzen Albert von Sachsen- Coburg vermählt, hat Königin Victoria mit dem Mann ihrer Wahl bis zu dem am 14. December 1861 erfolgten Tod d-sselben das denkbar glücklichste Familienleben geführt und wie tief der Schmerz der hohen Frau über den Verlust des heißgeliebten Gatten war, läßt fick daraus ermessen, daß sie jahrelang die Oeffentlichkeit fast gänzlich mied und erst in den letzten Jahren trat die Königin aus ihrer Zurückgezogenheit wieder mehr hervor. Neun Kinder sind aus dieser glücklichen Ehe entsprossen, von denen das älteste, Princeß Victoria, mit dem deutschen Thronfolger vermählt ist, dann folgen im Alter nach Albert, Prinz von Wales; Alice, die verstorbene Großherzogin von Hessen; Alfred, Herzog von Edinburg; Helene, vermählt mit dem Prinzen von Schleswig Holstein; Luise, vermählt mit dem Marquis of Lorne; Arthur, Herzog von Connaught; Leopold und Beatrice. Den eigentlichen Mittel- und Höhepunkt der Jubiläums festlichkeiten wird die Feier in der weltberühmten Londoner Westminster-Abtei bilden. Hier wird die greise englische Monarchin inmitten ihrer Familie und eines außerordentlich glänzenden Kreises von fremden Fürstlichkeiten erscheinen und umgeben von sämmtlichen Würdenträgern des Landes, den Parlamentsmitgliedern u. s. w. Auf dieser illustren Festver sammlung werden am 2l. Juni die Augen der gejammten englischen Nation ruhen und kräftig wird an diesem Tage das weite Reich von den Kreideklippen des Mutterlandes an bis zu dem Ufer des Ganges und den Küsten Australiens er klingen von dem alten loyalen Wunsche: „Gott segne die Königin!" Lagesmchrkhtrn. Deutsches Reich. In dem Befinden des Kaisers trat eine constante Besserung hervor und konnte sich Se. Majestät bereits am Sonntag Nachmittag zum ersten Male wieder am historischen Eckfenster seines Palais dem Publikum zeigen, wel ches den greisen Monarchen mit stürmischen Jubelrufen begrüßte. Dec Kronprinz ist als Vertreter seines kaiserlichen Vaters am Montag Abend nebst Familie von Spandau aus zur Theilnahme an den Londoner Jubiläums-Festlichkeiten nach England abgereist. Am Dienrtag Mittag trafen die hohen Reisenden in Vliessingen ein, um von hier aus auf der kgl. englischen Dacht „Victoria and Albert" die Ueberfahrt nach Queenborough zu machen. Von diesem Hafenorte aus begeben sich die kronprinzlichen Herrschaften ohne weiteren Aufenthalt mittelst Extrazuges nach London und nehmen im Queenshotel zu Norwood (15 km südlich von der Hauptstadt) Wohnung. Hier wird sich der Kronprinz einer leichten Operation — Ent fernung der Warzenbildung auf dem unteren Stimmbande — durch I'r. Mackenzie unterziehen. Die Theilnahme des Kron prinzen an den Jubiläums-Feierlichkeiten wird sich darauf beschränken, daß er dem Dankgottesdienste in der Westminster« Abtei beiwohnt; an den übrigen Festlichkeiten werden nur die Frau Kronprinzessin nebst Kindern theilnehmen. Vom Reichstage wurde am 13. Juni zunächst die erste Lesung des Gesetzentwurfs, betreffend die Anwendung abgeän derter Reichsgesetze auf landeögesetzliche Angelegenheiten Elsaß- Lothringens, erledigt und sodann in die zweite Berathung der Branntweinsteuervorlage eingetreten. Nach langer DiScusfion wurde in namentlicher Abstimmung mit 212 gegen 78 Stim men 8 l^nach der Eommissionefassung angenommen. Auch bei der am ^lmstag fortgesetzten Berathung fanden die Vorschläge der Commission mit einigen Zusätzen bei einzelnen Paragraphen Annahme. Am Mittwoch wollte man nun noch die Nach steuer (8 431 und den Rest der Vorlage erledigen. — In parlamentarischen Kreisen nimmt man an, daß bei fortgesetzt reger Thätigkeit des Reichstags der Schluß der Session am Mittwoch kommender Woche erfolgen dürfte. Der der freiconservativen Partei angehörende Reichstags- Abgeordnete Schmidt-Sagan, Juftizrath a. D. und Ritterguts besitzer, geb. den 16. November 1825, ist am 12. d. gestorben. Der Verstorbene vertrat seit 1870 den zweiten Liegnitzer Wahlkreis im preußischen Abgeordnetenhause und wurde bei der letzten Wahl von demselben Kreise auch in den Reichstag gewählt, doch war hier seine Wahl von der Wahlprüfungs- commisston beanstandet worden. Oesterreich-Ungarn. In den ersten Tagen des Juli wird der Kaiser den Schlußmanövern der Kriegsmarine bei Pola und gleichzeitig dem Stapellaufe des Thurmschiffes „Kronprinz", des größten Schlachtschiffes der österreichisch ungarischen Marine, beiwohnen. Die Wahlvewegung in Ungarn treibt immer schönere Blüthen. Am Sonntag stellte sich in Czegled der Candidat der 1848 er Partei, Komiethy, den Wählern vor. Die Ver sammlung fand auf dem Marklplatze statt, der von Husaren besetzt war. Die Partei des Antisemiten Verhoway — der besonders unter den Frauen fviel Anhang zählt — ließ je doch den Redner nicht zu Worte kommen, vielmehr mußten die Husaren den Platz erst zweimal säubern, ehe er seinen Speech loslassen konnte. Viele Weiber hatten sich beim Bürgermeister um Wahlcertificate gemeldet und nach der Versammlung muß ten einige gar zu begeisterte Anhängerinnen Derhoway's durch Heiducken in ihre Wohnungen abgeführt werden. Die neueren Nachrichten aus dem Ueberschwemmungsgebiete in Ungarn lauten günstiger; die große Gefahr für die bedrohten Städte scheint adgewendet, der Wasserstand der Theiß fällt wesentlich. Italien. Die Deputirtenkammer nahm am Montag das Einnahme-Budget in geheimer Abstimmung mit 130 gegen 89 Stimmen an. Der neue deutsche Botschafter am italienischen Hofe, Graf Solms-Sonnewalde, ist in Rom eingetroffen und hat sofort die Leitung der Botschaftsgeschäfte übernommen. England. Das Oberhaus hat am Montag bei der Einzelberathung der irischen Landbill sämmtliche Artikel der Vorlage mit einigen Amendements angenommen. Das einzige wichtigere Amendement, welches mit Zustimmung der Regierung genehmigt wurde, ist die Streichung der Bestimmung, welche eine Revision und Reduction des Pachtzinses gestattet. — Im Unterhause wurde mit 229 gegen 117 Stimmen der Artikel 5 der irischen Strafrechtsnovelle, wonach das Gesetz nur in den Districten zur Anwendung gelangt, für welche es vom Vice könig proclamirt worden, mit einigen Amendements genehmigt. Um den Wünschen der Bevölkerung nachzukommen, hat die Königin beschlossen, bei dem Gottesdienste in der West minster-Abtei am 21. d. M. alle königl. Insignien anzulegen. Rustland. Ein Gesetz verkündet einen Einfuhrzoll auf Näh- und Strickzwirn, denselben auf 6 Goldrubel pro Pud Brutto festsetzend. Serbien. An die Stelle des bisherigen ist ein neues Ministerium getreten, in welchem Riftic das Präsidium und das Aeußere übernommen hat. Als Programm des Neugebil deten Cabinets wird im Wesentlichen bezeichnet: Revision der Verfassung, Aufrechterhaltung der besten Beziehungen mit allen fremden Staaten, Sparsamkeit in Finanzangelegenheiten und gewissenhafte Erfüllung der vom Staate eingegangenen Ver bindlichkeiten. Bulgarien. Riza Bey theilte der Regentschaft mit, die Pforte halte die Einberufung der Sobranje für nicht opportun. Der Zusammentritt derselben würde in Europa zu allen mög lichen Eommentaren Anlaß geben.