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GrOnlMM MtchMUSliMmW Kmtsökati für äie ^ömgkickm unä stääMm Ke^öräm zu Kroßm^ain Für die Redaction verantwortlich: Herrmann Richard Starke. Druck und Verlag von Herrmann Starke (PlaSnick L Starke) in Großenhain. 75. Jahrgang Sonnabend, den 21. Mai 1887 Rr. 60 Erscheinen: Dienstag, Donnerstag, Sonnabend, vierteljähriges Abonnement: am Schalter 1 M., durch den Boten ins Haus l M. 25 Ps., durch die Post 1 M. 25 Pf., durch die Poft frei inS HauS 1 M. 5v Pf. Inserate für die am Abend vorher auszugebende Nummer werden bi« jrüh v Uhr angenommen und Gebühren sür solche von auswärts, wenn bie der Einsender nickt anders bestimmt, durch Pofl- Rachnahme erhoben. o Bekanntmachung. Die Einkommensteuern pro 1. Termin 1887 find den 3V. April a. c. fällig und bis lSnssten» den 2,. Mai a. v. an die Stadthauptcasse zu bezahlen. Großenhain, am 28. April 1887. Dxx Städträth. Herrmann. Bekanntmachung. Mittwoch, den 23. Mai dieses Jahres: Roß- ««- Viehmarkt i« Radeburg. Der StaArst M Radeburg. Gras - Verpachtung. Die diesjährige Grasnutzung im hiesigen Stadtparke einschließlich der Eisbahnfläche soll Sonnabend, den 21. Mai 1887, Nachmittags 3 Uhr in 14 Parzellen unter den vorher bekannt zu machenden Bedingungen an Ort und Stelle meistbietend verpachtet werden. Die Versteigerung nimmt am Kinderspielplätze ihren Anfang. Großenhain, am 18. Mai 1887. Dxx StädtrSth. Herrmann. Städtische Feuerwehr. Die Mannschaften der Spritze Nr. 1 haben Dienstag den 84. Mai Abends V28 Uhr zu einer tlvbnlax auf dem Tnrnplatze pünktlich zu erscheinen. Großenhain, den 19. Mai 1887. N. Liebten», Zugführer. Tagesnachrichten. Deutsches Reich. Ueber die Sommerreise des Kaisers, welcher sich in erwünschtem Wohlsein befindet, wird bekannt, daß der Monarch sich am 15. Juni zur Cur nach Ems begiebt. Der Kaiser hat den dringenden Wunsch, auch in diesem Jahre Gastein zu besuchen, und es steht zu hoffen, daß sich dieser Wunsch, welchem ja nur die weite Reise als Bedenken ent gegensteht, erfüllen wird. — Am Montag hatte Contreadmiral Knorr, der bisherige Commandeur des Kreuzergeschwaders, die Ehre, Sr. Majestäs dem Kaiser einen Orden des Sultans von Zanzibar überreichen zu können, welcher eigens für Se. Majestät angefertigt ist. Das ovale, in Email ausgeführte Bild des Sultans ist von einer durchbrochenen goldenen Ein fassung umgeben, welche auch mit Diamanten besetzt ist. Der Orden, dessen einzelne Theile in Europa und Afrika hergestellt sind, ist ein Unicum, er ruhte in einer schweren silbernen Cassette. Wie die „Post" mittheilt, soll Contreadmiral Knorr beauftragt sein, einen ähnlichen, nur kleineren Orden dem Fürsten Bismarck zu überreichen. Fürst Bismarck gedenkt sich gegen das Pfingstfest hin nach Friedrichsruhe zu begeben; seine Abreise von Berlin wird aber erst nach der Rückkehr seines Sohnes Grafen Herbert Bis marck erfolgen. Ob der Fürst der Feier der Grundsteinlegung zu den Bauten für den Nord-Ostsee-Canal in Kiel beiwohnen Wird, ist noch nicht endgiltig entschieden. Der Reichstag überwies am 18. Mai die Petition des Verbandes der deutschen Thierschutzvereine, betreffend den Erlaß reichsgesetzlicher Vorschriften über das Schlachten von Schlachtthieren, dem Commissionsantrage gemäß der Regierung zur Erwägung. Bei Berathung der Petition des Vorstandes de« Verbandes deutscher Schlofserinnungen, den Verkauf von Schlüsseln, das Oeffnen von Thüren rc. betreffend, stellte sich die Beschlußunfähigkeit des Hauses heraus, weshalb man die Berathung auf Freitag vertagte. Wie aus Berlin verlautet, geht dem Reichstage noch in dieser Session ein Gesetz wegen Verfolgung und Bestrafung von Spionen zu; dasselbe soll schon seit längerer Zeit geplant und nicht erst durch Schnäbele veranlaßt sein. Die „Köln. Ztg." ist nunmehr in der Lage, ein genaues Verzeichniß derjenigen Personen, welche seit 1875 als fran zösische Spione ermittelt oder wenigstens unter die Anklage der Spionage gestellt worden waren, mit bestimmten Angaben über den Ausgang des eingeleiteten Verfahrens zu geben. Es ES sind dies zwölf Fälle, in welche 27 Personen verwickelt waren; 15 Personen wurden verurtheilt, verschiedene auf deutschem Gebiete betroffene französische Offiziere ohne Ver- urtheilung freigelassen. Anläßlich der bevorstehenden Feier in Kiel am 3. Juni wird officiös darauf verwiesen, daß ebenso, wie z. B. die Grundsteinlegung zum neuen Reichstagsgebäude in Berlin nicht unmittelbar den Beginn des Baues zur Folge hatte, auch der demnächst stattfindenden Grundsteinlegung zur Canal- schleuße in Holtenau bei Kiel nicht sofort die Inangriffnahme des CanalbaueS folgen kann. Es war schon früher darauf aufmerksam gemacht worden, daß zunächst für Unterkunft der Arbeiter gesorgt werden, daß das Enteignungsverfahren be züglich des von dem Canal durchschnittenen Terrains beendigt sein muß, bevor an die Aufnahme der wirklichen Canal arbeiten gedacht werden kann, und es wird daher gut sein, darauf wiederholt hinzuweisen, daß es für Arbeitskräfte auch gleich nach der Feier beim Canalbau noch nichts zu thun giebt. In Breslau ist in der letzten Zeit eine ganze Anzahl von Personen wegen socialdemokratischer Umtriebe verhaftet worden. Ueber Bruno Geiser und andere Agitatoren ist wegen des schwebenden Processes die Briefsperre verhängt worden. In Straßburg wurden am 16. Akai bei zwei Unterbeamten des Bezirkspräsidiums, einem altdeutschen Boten und einem altelsässischen Kanzlisten, Haussuchungen abgehalten. Beide Beamte, die des Landesverraths verdächtig sind, wurden in Untersuchungshaft genommen. Aus Metz schreibt man der „Köln. Ztg.": Den Truppen des 15. Armeecorps, insbesondere denen der hiesigen Garni son, ist aufs Strengste anbefohlen worden, jede Berührung der französischen Grenze mit peinlichster Sorgfalt zu ver meiden. Außer den Offizieren sind namentlich auch die Mannschaften, welche an dienstfreien Tagen in größeren oder kleineren Gruppen die umliegenden Schlachtfelder zu besuchen pflegen, entsprechend angewiesen worden. Bei einem solchen Besuch ist übrigens die unfreiwillige Überschreitung der Grenze um so leichter möglich, als dieselbe stellenweise in ganz unregelmäßigen Linien verläuft und dabei das Schlacht feld vom 16. und 18. August 1870 mitten durchschneidet. Außerdem ist die Grenze in einer äußerlich oft kaum wahr nehmbaren Weise bezeichnet. Die Grenzsteine sind nämlich vielfach blos 40 em hoch und sogar an den Straßen so über wachsen, daß sie selbst dem aufmerksamen Beobachter ent gehen können. Die Frage, ob es nicht angezeigt wäre, zum Mindesten an den nach französischem Gebiete führenden größeren Straßen weithin sichtbare Hoheitsgrenzzeichen anzu bringen, etwa in Form fester steinerner Säulen, verdiente in Erwägung gezogen zu werden. Bayern. Die Großjährigkeits-Erklärung des Prinzen Rupprecht, ältesten Sohnes deö Prinzen Ludwig, wurde am 18. Mai durch den Prinzregenten im Beisein des königlichen Hauses, sowie der Hofwürdenträger, des Ministeriums und der Generalität vollzogen. Oesterreich - Ungarn. Die österreichisch - ungarische Zoll- conferenz hat am Dienstag in Pest ihre Berathungen beendigt und haben sich die österreichischen Mitglieder Nachmittags nach Wien zurückbegeben. Die Zollconferenz hat Folgendes erledigt: Den allgemeinen Zolltarif, namentlich hinsichtlich der Textirung der vertragsmäßig gebundenen Posten und der Feststellung der Tara-Procentuationen, dann den zollbegün stigten Bezug einzelner Artikel für die Industrie und von Getreide aus meistbegünstigten Nachbarländern, ferner die Zollbehandlung von Maschinen und Apparaten, weiter die zollamtliche Untersuchung der Wollengarne der nicht besonders benannten wollenen Webewaren sammt den dazu gehörigen HilfStabellen, sowie der Baumwollgarne, sodann die zollamt liche Behandlung von Mineralölen, Braunkohlen unv Schiefer- theer; die Bedingungen des zollbegünstigten Bezuges von rohem schweren Mineralöl rumänischer Erzeugung und endlich die Zollbehandlung von behufs Füllung und Wiederausfuhr eingesührten Getreidesäcken, die Zollbehandlung von Baum wollgeweben bleibt nahezu unverändert. Gegenstand der Be rathungen der Zollconferenz bildete schließlich das alphabetische Waarenverzeichniß. Das äußerst umfangreiche Material des selben wurde vollständig durchgenommen, doch wird wegen einiger Details eine nochmalige Revision desselben nothwendig sein. Es sind alle Vorbereitungen getroffen, damit nach Veröffentlichung des Zolltarifgesetzes alle Instructionen spä testens am 25. Mai sich in den Händen der Zollbehörden befinden. Italien. Der officiöse „Popolo Romano" will aus verläßlicher Quelle erfahren haben, daß kein neuer Handels vertrag zwischen Oesterreich-Ungarn und Italien abgeschlossen, sondern nur der alte, bestehende erneuert werden wird. Frankreich. Ueber die Sitzung der Deputirtenkammer Hom 17. Mai, welche den Sturz des Ministeriums Goblet herbeiführte, wird berichtet: Auf der Tagesordnung stand oie Berathung der Resolution des Budgetausschusses. Nach Er öffnung der Sitzung erklärte zunächst der Finanzminister, die vorgeschlagene Resolution habe einen ungewöhnlichen Charakter und könne nur gerechtfertigt erscheinen, wenn die Kammer ge- nöthigt wäre, durch Ablehnung des Budgets den Rücktritt einer Regierung zu erzwingen, die sich im Amte behaupten wollte, oder wenn das aufgestellte Budget unter allen Um ständen zu verwerfen wäre. Keiner dieser beiden Fälle treffe hier zu. Die Angabe, das Gleichgewicht im Budget sei zweifelhaft, treffe nicht zu; denn die Ausgaben würden genau durch entsprechende Einnahmen ausgeglichen. Man habe be hauptet, das früher vorgelegte Budget, das aufgegeben worden sei, wäre in den meisten Abschnitten ungenau gewesen; aber er (der Minister) habe nur auf die Uebertragung der Capitalien für die außerordentlichen Ausgaben für das Kriegs- und Marineministerium verzichtet. Dauphin entwickelt hierauf den Plan, daß in Folge verschiedener Ausgaben 92 Millionen aufgebracht werden müßten, die seinem Anträge gemäß erstens durch die Reform der Mobiliarsteuer, die jedoch keinen Beifall gefunden habe, zweitens durch eine Zuschlagssteuer auf Alkohol gedeckt werden sollten. Diese beiden Fragen verdienten eine gründliche Untersuchung. Der Budgetausschuß könne nicht voraussetzen, daß diese 92 Millionen durch Ersparnisse auf gebracht werden sollten. Der Ausschuß verlange, daß, bevor man zu neuen Steuern seine Zuflucht nehme, alle möglichen Ersparnisse durchgeführt würden. Die Regierung sei derselben Ansicht. Dauphin weist auf alle Reformen hin, die in den letzten zwei Jahren eingeführt worden; für die Erhöhung der Credits sei das Ministerium nicht verantwortlich. Diese Aus gaben beliefen sich auf 31 Millionen, zu denen 42 Millionen für die Schuldentilgungscasse und 2^2 Millionen für die Auf besserung der Gehälter kämen. Es seien aber 15 Millionen Ersparnisse auf dem ganzen Budget erzielt worden. Man be haupte, das sei zu wenig. Die Regierung sei geneigt, die neuen vorgeschlagenen Ersparnisse zu prüfen, und sie werde die Vorschläge, wenn möglich, mit Freuden annehmen. Auch die früheren Ausschüsse hätten solche Reformen vorgeschlagen. Eine gute Finanzwirthschaft könne nur durch das Zusammen wirken Aller zu Stande kommen. Dies seien die Gründe, weshalb er (der Finanzminister) die Kammer auffordere, den Antrag des Budgetausschufses abzulehnen. (Beifall.) Roul- leaux Dugage (Rechte) bemerkt, weder der Budgetausschuß noch die Regierung könnten gute Finanzen schaffen; der Fehler sei die republikanische Mehrheit, welche, um die Lage zu ver bessern, die von ihr geschaffenen Gesetze wieder aufheben müßte. Rouvier (Präsident des Budgetausschusses) tritt in längerer Rede für den Beschluß des Ausschusses ein und äußert unter Anderem, wenn es der Regierung unmöglich scheine, Ersparnisse von 58 Millionen bei einem Budget von 3 Milliarden zu erzielen, so solle sie dies erklären. Goblet nimmt die Finanzwirthschaft in Schutz und erklärt schließlich, falls die Kammer den Antrag annehme, werde die Regierung zurücktreten mit dem Bewußtsein, nichts verschuldet zu haben, was gegen die Ehre des Landes verstoße. Nachdem noch Pelletan gesprochen, erklärt der Präsident, es seien sechs ver schiedene Tagesordnungen vorgeschlagen. Zunächst solle über die von der Regierung genehmigte abgestimmt werden, wonach die Kammer erklärt, sie gehe im Vertrauen zu dem Patriotis mus der Regierung und des Ausschusses und in Erwartung, daß es dem Zusammenwirken Beider gelingen werde, das Gleichgewicht im Budget herzustellen, zur Tagesordnung über. Diese Tagesordnung wurde mit 275 gegen 257 Stimmen verworfen. Goblet erklärte, die Regierung könne an der ferneren Verhandlung nicht Theil nehmen. Alle Minister verließen den Saal. Hierauf wurde der Antrag des Aus schusses in namentlicher Abstimmung mit 312 gegen 143 Stimmen angenommen. Sodann vertagte sich die Kammer bis Montag. Der Präsident Gr6vy conferirte am 18. Mai außer mit den Präsidenten des Senats und der Deputirtenkammer, Le- royer und Floquet, noch mit Brisson, Raynal, Roubier, Ribot rc. — In parlamentarischen Kreisen verlautet, Freh- cinet beabsichtige, falls er die Mission zur Bildung eines Cabinets annehme, dasselbe ausschließlich aus neuen Elemen ten zusammenzusetzen.