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Erscheinen: Dienstag, Donnerstag, Sonnabend. Vierteljähriges Abonnement: am Schalter 1 M., durch den Boten in« Haus l M. 25 Pf., durch dre Post t M. 25 Ps„ durch die Post frei in« Hau« t M. 50 Pf. § GiOiAiM Inserate für dre am Abend vorher auszugebende Nummer werden bis früh 9 Uhr angenommen und Gebühren für solche von auswärts, wenn dies der Einsender nickt anders bestimmt, durch Post- Nachnahme erhoben. MMiUsMIlW ^ür äie königlichen unä ^aäti^en ^ekäräm zu Ero^enkai m. / Druck und Verlag von Herrmann Starke (Plasnick Starke) in Großenhain. Für die Redaction verantwortlich: Herrmann Richard Starke. Nr. 58. Dienstag, den 17. Mai 1887. 75. Jahrgang. Die Ortsarmenverbände werden hiermit aufgefordert, etwaige Gesuche um Gewährung von Beitrügen ans dem Bezirksvermögeu zu Verpflegungskosten für steche Personen, rücksichtlich welcher, insoweit es sich nicht um in Siechenanstalten untergebrachte notorische Sieche handelt, durch Bei bringung eines ärztlichen Zeugnisses zu bescheinigen ist, daß die in Frage kom menden Personen auch wirklich Sieche sind, sowie zu Erziehungskosten für verwahrloste oder? der Verwahrlosung ausgesetzte Kinder mit entsprechender Begründung und der Angabe, beziehentlich dem Nachweise, welcher Betrag im Jahre 1886 an Verpfleguugs» beziehentlich ErziehungSkoste» aufgewendel worden ist, bis LNi» 26. Liv8v8 Noirnt« anher einzureichen, da später eingehende Gesuche auf das vergangene Jahr keine Berück sichtigung finden können. Großenhain, am 10. Mai 1887. Die Königliche Amtshauptmannschast. 78 u. 79 .4. von Weiffenbach. O. Bekanntmachung. Bei der am 6. dieses Monats vorgenommenen Prüfung der von Reservisten :c. ange brachten Gesuche um Zurückstellung für den Fall der Einberufung hat die verstärkte Ersatz- Commission des hiesigen AuShebungsbezirks beschlossen, den Reservisten Fran; Otto Fritzsche in Radeburg, „ „ Ernst Gustav Koch in Zottewitz, den Landwehrmann Friedrich Hermann Naumann in Großenhain, „ „ Ernst Otto Müller in Gävernitz, „ „ Friedrich Barth in Riesa, „ „ Max Louis Gerlach in Riesa und „ „ Earl Emil Zocher in Großenhain wegen ihrer häuslichen und gewerblichen Verhältnisse bis zum nächsten Classificationötermin hinter den letzten Jahrgang der Landwehr zurückzustellen. o 672. Königliche Amlshauplmannschast Großenhain, am 10. Mai 1887. von Weiffenbach. Tn. Konkursverfahren. Auf Antrag des Verwalters in dem zu dem Vermögen des Rittergutsbesitzers Gustav Oscar Schweinitz in Koselitz eröffneten Konkursverfahren wird zur Beschlußfassung über den Seiten eines Gläubigers erhobenen Anspruch auf Aussonderung verschiedener Gegenstände (einer Mehrzahl Viehstücke, Wagen, des Brennereiinventars) aus der Konkursmasse eine Gläubigerversammlung auf den 23. Mai 1887 Vormittags 10 Uhr an hiesige Amtsgerichtsstelle berufen. Großenhain, am 13. Mai 1887. Das Königliche Amtsgericht. Scheuffler.Hch. Bekanntmachung. Bon dem diesjährigen Reichsgesetzblatte ist das 14. Stück erschienen. Dasselbe liegt, gesetzlicher Bestimmung gemäß, 14 Tage in der Rathskanzlei zu Jeder manns Einsicht aus und enthält: Nr. 1713 Bekanntmachung, die Erweiterung von Festungsanlageu betreffend, vom 13. Mai 1887 und Nr. 1714 Bekanntmachung, die technische Einheit im Eisenbahnwesen betreffend, vom 20. April 1887. Großenhain, am 16. Mai 1887. Der Stadtrath. Herrmann. In Röthigs Kunst- unv Handelsgännerei rn Strießen werden nächsten Freitag bis Sonntag die 6l«iniL8v- und 8oiuiiLvrkLuiitviipA»itLvi» ausverkauft. Großenhain, am 16. Mai 1887. Der Konkursverwalter. Bräuer. Städtische Feuerwehr. Die Mannschaften der Spritze Nr. 2 haben Dienstag den 17. Mai Abends V^8 Uhr zu einer auf dem Turnplätze pünktlich zu erscheinen. Großenhain, den 11. Mai 1887. 61. Zugführer. politische Ueltschau. So wie in Millöcker's Operette „Gasparone" die Worte: „Zucker und Kaffee!" die Losung bilden, so lautet jetzt das sehr ähnliche Stichwort in dem de ut sch eu Bundesrathe und im Reichstage: „Zucker und Branntwein!", denn diese beiden Steuerobjecte sind nun einmal dazu ausersehen, dem Reiche die Mehreinnahmen zu liefern, welche nach den beschlossenen höheren Aufwendungen für die Wehrkraft dringend gebraucht werden. Die jetzt den Bundesrath beschäftigende Zuckersteuer vorlage ist keine Abänderung oder kein Zusatz zu dem bis herigen Zuckersteuergesetz , sondern hat eine ganz selbstständige Fassung. Darnach bleibt die Nübensteuer zwar bestehen, die selbe wird aber von 1 M. 80 Pf. auf 1 M. pro Doppel- centner herabgesetzt; ebenso wird aber auch die Ausfuhr- Vergütung herabgesetzt und dabei das Ausbeuteverhältniß von 9 anstatt 10^ Centner Rüben zu 1 Centner Rohzucker an genommen. Neben dieser Rübensteuer soll ferner von dem im Jnlande consumirten Zucker eine Verbrauchssteuer von 10 M. pro Doppelcentner erhoben werden. Der Gesammtertrag der erst am 1. August 1888 in Kraft tretenden Vorlage wird auf über 40 Millionen Mark veranschlagt. Aus der Branntwein- Besteuerung hofft man im Fall der unveränderten Annahme der dem deutschen Reichstage zugegangenen Vorlage einen Mehrertrag von fast 100 Millionen Mark zu erzielen; von den Gegnern des Gesetzentwurfs ist der zu erwartende Ertrag sogar noch weil höher geschätzt worden. Die zweitägige De batte, welche damit abschloß, daß der Reichstag die Vorlage an eine Commission verwies, hat ergeben, daß nur die Deutsch freisinnigen und die Socialdemokraten der Vorlage grundsätzlich feindlich gegenüberstehen, also nur ein Zehntel der Versamm lung, während neun Zehntel unter mehr oder weniger weit gehender Billigung der Grundlagen des Entwurfs bereit sind, den Versuch der Verständigung zu machen. Es unterliegt keinem Zweifel mehr, daß auch in dem schwierigen Kampfe der realen Interessen, der gelehrten Schulmeinungen und der fiscalischen Bedürfnisse Frieden gestiftet werden kann, und dieser Friedensschluß wird sicher von großer und weit in die Zukunft reichender Bedeutung sein. Für diese so wünschens- werthe Verständigung erschien es nur als ein Hemmniß, daß im preußischen Abgeordnetenhause eine weitere Erhöhung der landwirthschaftlichen Zölle in nahe Aussicht gestellt wurde und daß die als officiöses Organ des Finanzministers v. Scholz geltenden „Berliner Pol. Nachrichten" sogar den Erlaß eines Sperrgesetzes empfahlen. Um so angenehmer berührte die folgende in den letzten Tagen von dem osficiösen Telegraphen- Bureau verbreitete Erklärung: „In verschiedenen Blättern ist die Idee eines Gesetzes wegen Sperrung der Einfuhr von Ge- treive angeregt worden. Dem gegenüber können wir aus zu verlässigster Quelle versichern, daß die Regierung diesem Ge danken vollständig fern steht." Demnach braucht der Handles stand zunächst die Beunruhigungen nicht zu fürchten, die ein Sperrgesetz nothwendig zur Folge haben würde. Es ist dies um so erfreulicher, als die Aussichten auf derartige Maßregeln bereits in den Kreisen der ungarischen Großgrundbesitzer, welche den Absatz ihrer Products nach Deutschland bereits vollständig verkümmert sahen, große Verstimmung erzeugt halten. Eine gewisse Rücksicht auf diese Kreise scheint aber unerläßlich, wenn das deutsch-österreichische Bündniß nicht Schaden erleiden soll, zumal die „Nordd. Allg. Ztg." in der Absicht, Rußland von der Schuldlosigkeit Deutschlands an den jetzigen Zuständen auf der Balkanhalbinsel zu überzeugen, eine Reihe von Enthüllungen über die Vorgeschichte der Occu- pation von Bosnien gebracht hat, welche in Wien und Pest recht peinlich berührten. Im deutschen Reichstage ist anläßlich der Berathung der Convention mit Rumänien auch mit Recht darauf hingewiesen worden, daß die Tendenz, allen fremden Producten den Eingang in Deutschland zu verwehren, den ganzen internationalen Verkehr lähmt. Für die Germanisirung der östlichen Provinzen Deutschlands dürfte sich die Annahme des neuen KreistheilungSgesetzes im preußischen Abgeordneten hause von nachhaltiger Bedeutung erweisen. Die Vorlage bildet den vollgiltigsten Beweis dafür, daß die preußische Re gierung die kirchenpolitischen Fragen streng von den nationalen sondert und in dem Friedensschluß mit dem Vatican keinen Grund findet, die polnischen Agitationen milder zu beurtheilen. In Oesterreich-Ungarn hat sich die erste Aufregung, welche dre deutschen osficiösen Aeußerungen über die Occu- pation Bosniens und über die bevorstehende Erhöhung der Getreidezölle hervorgerufen hatten, wieder etwas gelegt. Eine amtliche Widerlegung jener Kundgebungen ist zwar noch nicht ersolgt, doch gilt die Berliner Zuschrift an das „Wiener Fremdenblatt", wonach in den deutschen Regierungskreisen fest steht, daß dermalen das Friedensbündniß der beiden Kaiser mächte die von Oesterreich eccupirten Provinzen ebenso schütze, wie jeden Theil der österreichisch-ungarischen Monarchie, als von einflußreicher Seite inspirirt. Nachdem von den gesetz gebenden Corporationen Oesterreich-UngarnS der neue Zoll tarif genehmigt worden ist, wird die österreichisch-ungarische Zollconferenz sich mit den Durchführungs-Verordnungen be schäftigen. Der neue Zolltarif tritt am 1. Juni in Wirksam keit. WaS das handelspolitische Verhältniß zu Deutschland betrifft, so dürfte die österreichisch-ungarische Regierung bereits in der nächsten Zeit vertraulich in Berlin wegen der Auf nahme der Vertragsverhandlungen anfragen. Das öster reichische Abgeordnetenhaus beschäftigt sich noch immer mit der Budgetberathung, in deren Verlauf sich der Minister präsident Graf Taaffe und der Finanzminifter v. Dunajewski vollständig mit der Partei der Rechten idenlificirten und die deutsch-böhmischen Abgeordneten ihre Hoffnungslosigkeit mehr als nöthig bekundeten. Besonders enttäuschend wirkt es auf die Mitglieder der Linken, daß auch der bisher als gut deutsch gehaltene Unterrichtsminister v. Gautsch Erklärungen abgab, welche die anfangs so mißtrauischen Czechen vollständig be friedigten, so daß die Einstellung des von dem Budgetaus- schusse gestrichenen Postens für den zweiten Sectionschef im Unterrichtsministerium fast einstimmig bewilligt wurde, Herr v. Gautsch zeigte auch bei den Tumulten der über den im Fahrwasser der Rechten segelnden Professor Maaßen empörten Wiener Studenten eine bemerkenswerthe Energie. Die sämmt- lichen juristischen Vorlesungen an der Wiener Universität wurden einstweilen untersagt und die Rädelsführer bei den Kundgebungen gegen Maaßen in Haft behalten. Am Dienstag sind die französischen Kammern wieder zusammengetreten, aber dies geschah unter Umständen, die eine sehr erregte parlamentarische Session voraussehen lassen und sehr leicht entweder zu einer CabinetSkrisis oder zu einer Kammerauflösung führen können. Unter dem Druck der finanziellen Schwierigkeiten ist die Mißstimmung gegen das Cabinet Goblet immer größer geworden und auch die Beliebt- beit des Kriegsministers Boulanger sichtlich geschwunden. Der Letztere mußte es als eine Niederlage betrachten, daß die Deputirtenkammer den Antrag Mahh's, die Dehatte über das so dringliche Armengefitz wenigstens zu beginnen und dann behufs Erledigung der Zuckersteuer zu unterbrechen, mit 297 gegen 227 Stimmen ablehnte. Um eine Verständigung mit dem Budgetausschuß der Kammer zu ermöglichen, er schienen der Conseilpräsident Goblet und der Finanzminister Dauphin Mittwoch selbst in der Commission und erneuerten dort ihren Vorschlag, Ersparnisse im Betrage von 13 Mil lionen Frcs. herbeizuführen. Goblet erklärte sich sogar bereit, mit der Commission zu prüfen, ob nicht noch größere Abstriche möglich seien. Das hinderte die Commission aber nicht, mit 25 gegen 5 Stimmen eine Resolution anzunehmen, in welcher sie erklärte, daß die vorgeschlagenen Ersparnisse unzureichend seien und deshalb die Regierung neue Vorschläge machen müsse. Diese Zumuthung hat das Ministerium veranlaßt, die Verhandlungen mit der Commission abzubrechen und die Entscheidung der Budgetfrage der Kammer anheimzugeben, in der Anfangs nächster Woche an den Minister Goblet die Cabinetsfrage gestellt werden wird. Fast in allen Kreisen Englands herrscht jetzt eine tief erbitterte Stimmung gegen die irische Nationalpartei, weil man in der seltsamen Art, in welcher die schweren Anschul-