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erscheint, so können auch durch den Genuß des mit Mutterkorn vermengten Brote» leicht Vergif- tungsfälle eintreten. Das Brot, welches Mutter« körn enthält zeichnet sich schon durch das bläuliche Ansehen, sowie festere teigige Masse aus. Nach Versuchen mit Mutterkorn an gesunden Personen hat man einen scharfen widerlichen Ge schmack, allgemeine Verstimmung, Ausstößen Uebel- keit uyd Erbrechen eintreten sehen. Bei Thieren tritt Entzündung der äußern Körpertheile, sowke brandige Entzündung der Unterleibsorgane ein, bei trächtigen, Abortus. Die Vergiftung mit Mutterkorn, wenn daraus in Verbindung mit gesundem Getraide gebacknen Brotes genossen wird, pflegt sich in zweierlei Haupt formen zu äußern. 1) Als convulsivische Kriebelkrankheit (konvul siv cereslis) welche sich durch folgende Erschein ungen charakterisier: Ein eigenthümlicheS Knebeln, sogenanntes Ameisenlaufen über den ganzen Kör per, heftige Magenschmerze», Schmerzen im Auge und Zunge, Erstarren der Extremitäten, Schwin del, Doppelseben, selbst Erblinden, so wie auch Erbrechen und Diarrhöe. , Diese Erscheinungen dauern mehrere Wochen mit Unterbrechungen und hinterlassen wenn der Tod nicht eiutritt, Schwäche, Steifigkeit der Glieder, Stumpfheit des Geistes, Gemütbs- und Nervenkrankheiten. 2) Die zweite Form ist die brandige Kriebel krankheit (iXoerosis ustilagines) die fich in außer ordentlicher Mattigkeit, Betäubung, Erkalten und Lähmung der Glieder äußert, besonders charakte- risirt sie sich durch brandigwerden einzelner Kör pertheile, wie Zehen und Unterschenkel, welche in vielen Fällen abfaulen und vertrocknen. In der Heilkunde hat das Mutterkorn als blutstillendes Mittel Anwendung gefunden, so wie namentlich in der geburtshülfli'chen PraxiSj eS eine wichtige Stelle einnimmt. Auch in der Farbentechnik hat es sich einen Platz zu verschaffen gesucht, da ein darin vor handener violetter Farbestoff, Seide und Baum wolle, eine schöne Farbe ertheilt. Vermischtes. Riesa, 19. August. Das König!. Finanzmi nisterium macht unter dem 16. b. M. bekannt, daß die feierliche Eröffnung der Ehemnitz-Riesacr Staatsbahn in ihrer ganzen Ausdehnung am 1. September d. I. stattfindcn soll. An dem darauf folgende» Tage wird die Bahn dem allgemeinen Personen- und Güterverkehr übergeben werden. Die Dierection und Hauptverwaltung bleibt bis auf Weiteres in Döbeln; die Eisenbahnämtcr für den Stationsdienst sind in Chemnitz und Riesa; in Döbeln, Waldheim und Mitweida werden Ei senbahnverwaltungen errichtet und in Stanchitz, Ostrau und Oberlichtenau Eisenbahnexpeditioneu. Zu Anhaltestellen sind bis auf Weiteres bestimmt: Seerhausen, Zschaitz, Limmritz, Schweikershain, Erlau und Altmtttwaida. Dresden. — Dem vr. Theile aus, Luna witz, sowie dem Bürgermeister Kaiser aus Zwönitz sind vor Kurzem auf deut Gnadenwege von der von ihnen zu verbüßenden zähnjährigen Zuchthaus strafe je 6 Jahr erlassen worden, vr. Theile be findet sich seit Anfang Nov. 18L0 in Waldheim. Kaiser, welcher jüngst seinen hoffnungsvolle» ältc- sten Sohn durch Ertrinken beim Baden verloren, soll körperlich und geistig dermaßen leidend sei», daß kaum zu erwarten, er werde das Ende seiner abgekürzten Strafzeit erleben. Der Arzt Günther aus Potschappel ist vor einigen Tagen zur Ver büßung einer zehnjährigen Zuchthausstrafe nach Waldbeim abgeführl worden. In Würt'emberg kann sich das Ministerium! auch mit der, nach dem früheren Wahlgesetze zu sammenberufenen zweiten Kammer nicht einigen, und es droht dort zu ernstlichen Differenzen zu kommen, da die Minister sich weigern, einem über die Tilgung der Staatsschuld von der Abgeord- netenkammer gefaßten Beschluß zu vollziehen. — Schon in Nr. 32 d. Bl. wurde ein Beispiel der Sittenlosigkeit, welche unter dem Deckmantel der Frömmelei sich versteckt, erwähnt; die letzte Schwur gerichtssitzung zu Ellwangen bringt einen neuen Beleg hierzu. Ein lebiges Frauenzimmer, Bar bara Feil, früher durch ihren lockeren Lebenswan del bekannt, war durch die Wirkung der Jesuiten missionen derartig zerknirscht worden, daß sic in den frommen Jungfernbund trat, wo sic sich scit zwei Jahren durch ihre außerordentliche Frömmig keit zur Vorsteherin des sogenannten Tugendbun des emporschwang. Kürzlich verheirathele sie sich mit auffälliger Beschleunigung an einen häßlichen und geistesschwachen Mann, und es zeigte sich bald, daß die Frau Vorsteherin sich vor ihrer Verehelichung schon in andern Umständen befun den, wovon ihr Mann nichts gewußt und was sie gegen Jedermann beharrlich in Abrede stellte. Um ihre Schande vor dem Tugendbunde zu ver bergen, vollzog sie heimlich mitten in der Nacht ihre Entbindung, ermordete das Kind und machte ihren binzugekvmmenen schwachen Manu mit einer haarsträubcndcn Grausamkeit, deren Details wir hier nicht nacherzählen mögen, zum Thcilnehmcr ihres scheußlichen Verbrechens. Sie erhielt 20 Jahre Zuchhausstrase zuerkannt. In derselben Schwnrgerichtssttzung wurden noch drei andere Kindesmörderinnen verurtheilt, wovon die eine dieses Verbrechen an ihrem sechsten unehelichen Kinde verübt hatte! — In Kur Hessen ist die Vertagung der neu- cinberufenen Ständeversammluug noch weiter ver längert worden, denn Herr Hasseupflug vcrmaa sich mit dem zurückgebliebenen Finanzausschüsse