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treffe es nun das ganze Wissen, oder das Einzelne, was zunächst gelehrt werden soll — ist das erste Geschäft des Lehrers. Er muß gerade von dem Punkt, auf welchem er nach sorgfältiger Prüfung den Lehrling findet, ausgehen. Versäumt er dies, so wird er das Wissen desselben und den Grad seiner Ausbildung zu hoch oder zu niedrig anschlagen. Nur das darf ein planmäßiger und überlegter Unter richt bezwecken, was dem Alter, den Fähigkeiten, den Vorkenntnissen und Vorübungen der Lernenden angemessen ist. Ihre Neigung zu diesem und jenem dürfen den Lehrer so wenig als seine eigenen, oder die Wünsche derer bestimmen, die in den Unterricht, ohne Kenntnis des Bedürfnisses der Schüler, einreden wollen. Das Vorgreifen, das Übereilen ist in der Regel nachteiliger als der scheinbar langsame Gang und das stete Wieder holen der Elemente. Es ist die Hauptursache der Unsicherheit und der Seichtigkeit des Wissens so vieler, welche sich für unterrichtet halten. Anmerk. Vorzüglich ist dies in der häuslichen Erziehung zu beachten, weil dem eintretenden Lehrer oft ganz irrige Begriffe von dem, was bereits ge lernt und getrieben sei, beigebracht werden. Getrieben ist freilich oft nur zu viel. Gelernt desto weniger. Mehr hierüber bei den Pflichten des Hauslehrers im 3. Teil. — In Schulen sollte zwar die Klaffe den Maßstab geben. Aber tvie unsicher auch dieser oft sei, ist bekannt genug. 10. Stnsrnwcisc Ausbildung der Seelculriifte. Gleich der Körperkraft entwickelt'sich auch die geistige, sowohl überhaupt, als in ihren einzelnen Vermögen, nur stufenweise. Daher ist es die erste Regel der Lehrmethode: in jedem Alter vorzüglich die Seelenkräfte in Thätigkeit zu setzen, für welche sich das selbe am meisten eignet. (S. Erziehungslehre I. Teil tz 43 ff.) Eine andere Behandlung fordern die früheren, eine andere die mitt leren und reiferen Jahre. Alles streng wissenschaftlichen oder systematischen Unterrichts sind Kinder unfähig. Die gereifte Ver nunft erst verhindert das Einzelne und Mannigfaltige zu der Einheit, welche das Wesen der Wissenschaft ausmacht. Je mehr Anfängern das, was sie lernen sollen, durch sinnliche Anschauung, durch Beschäf tigung der Einbildungskraft, durch Verbindung dessen, was man lehrt, mit ihren Lieblingsneigungeu und Beschäftigungen bei gebracht werden kann; desto bester wird der Grund aller weiteren Bil dung gelegt. Die Schule wird ihnen um so lieber sein, je freieren Spiel raum sie ihren Kräften giebt. Hätte man immer nur an dies bei dem Rat, in dem Alter des Kindes manches spielend zu lehren, gedacht: so könnte schwerlich die strengste Didaktik etwas dagegen einzuwenden haben. Sobald der Verstand über Sinnlichkeit und Phantasie die Oberhand ge winnt, wird von selbst wegfallen, was bloß dem Kindesalter angehört. Schon der Heranwachsende Knabe muß an anhaltendes Arbeiten gewöhnt