Volltext Seite (XML)
I. Abteil.: Allgem. Grundsätze d. Unterrichts. Zs 7—9. 9 die Lehrmethode, bei welcher der Lehrer in seinem Schüler, wie der Erzieherin seinem Zögling, sich stets den Menschen nach allen seinen Anlagen und Kräften vergegenwärtigt und eine allseitige, d. i. wahr haft humane Bildung sein höchstes Ziel bleibt. (S. oben I. Teil S. 224 230 ff.) Der rechte Unterricht wirkt immer zu gleicher Zeit intellektuell, ästhetisch und selbst moralisch und bildet den Lehr ling nicht nur für die Schule, sondern für das Leben; macht ihn nicht bloß vielwissend, gründlich und gelehrt, sondern auch tüchtig für die Welt und verhilft seinem inneren Leben zugleich zu dem reinen Selbst genuß dessen, was er weiß und vermag. Unter einem Lehrer, der so zu unterrichten versteht, gewinnt auch der Charakter seiner Schüler, nicht etwa, weil jener bei allen Gelegenheiten, zur Zeit und zur Unzeit, philosophiert und moralisiert, sondern schon durch den Ernst, womit er alles betreibt, durch das Beispiel der Strenge, welches diese in seiner Pflichterfüllung vor sich haben, durch die hohe Wichtigkeit, welche er auf alles Wahre, Gründliche, in seiner Art Vollkommene, so wie auf alles Rechte und Heilige legt, mit einem Wort, durch den ganzen Sinn und Geist, in welchem das Elementarische wie das Höhere gelehrt wird. An merk. 1. Selbst das ganze Wesen eines Lehrers, als Ausdruck eines von der Heiligkeit seines Berufs durchdrungenen, überall gewissenhaften Charakters, die ganze Art, wie er seine Schüler behandelt, dann auch, wie er sich bei jedem natürlichen Anlaß über diese und jene Materie äußert, — alles dies kann in denen, die ihn hören, den Sinn für Wahrheit, Gerechtigkeit, Selbstbeherrschung, Bescheidenheit, Wohlwollen, Teilnahme an allem Menschlichen wecken. Jede seiner Zurechtweisungen, sein Lob und sein Tadel, der geringe Wert, den er auf bloßes Merken und Behalten, der größere, dm er auf Äußerungen gesunder Urteile praktischen Verstandes, reinen Gefühls des Wahrheits- und Schönheitssinnes setzt, muß dann notwendig äußerst bildend für die Lehrlinge werden. Man vergleiche die treffliche Charakteristik des echten Lehrers in Huintitiau. Inst. U. I. Lax. 2. 8umat. oot. 2. Treffliche Winke, wie jeder Unterricht — nicht bloß der eigentlich mora lische — Teilnahme an allem Menschlichen wecken und nähren kann, enthält Her bart's allgemeine Pädagogik S. 233. Man vergleiche damit, was Schwarz (Erziehungslehre 3. Teil S. 83) über den Charakter des Lehrer« und die genaue Beziehung, in welcher er mit der Methode steht, bemerkt hat. Daß so viel unterrichtet und doch durch den Unterricht verhältnismäßig so wenig bewirkt wird, hat unter andern seinen Grund darin, daß man diese genaue Be ziehung nicht genug achtet und übersieht, wie viel Anteil die Gesinunng und das Gemüt an allem Lehren und Unterrichten hat. 9. Ausgehcn des Unterrichts von dem Standpunkte des Lehrlings. Die Lehrlinge, welche dem Unterricht übergeben werden, stehen auf verschiedenen Stufen. Diese, ehe er beginnt, genau zu erforschen — be-