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Pulsnitzer Wochenblatt Sonnabend, 14. Oktober 1911, 2. Beilage zu Nr. 123. 63. Jahrgang. OerMcdes und Säcdsiscdss. — (Ein Komet) ist Mitte Oktober mit bloßem Ange zu sehen. Er steht gerade zwischen dem Stern. ', !ld des Großen Bären und dem des Arktur - Bootes. Gewöhnlich ist von ihm an den leichtdunsttgen Herbst- «benden nur ein hellerer Stern sichtbar, jetzt aber sieht man dort zwei ungefähr gleich Helle. Der zweite, der sofort an seinem undeutlicherem, verschimmelnden Lichte zu erkennen ist, ist der Komet „Brookes". Von Abend zu Abend kann man leicht seinen eilenden Lauf nach der Sonne zu verfolgen. Aber man muß gleich bei der Dämmerung zu beobachten anfangen; denn er geht — wie der Stern Arktur — bald darnach unter! — (Einstellung Einjährig.Freiwilliger am 1. April 1912.) Beim 1. Armeekorps stellen ein: da- Letb-Grenadier-Regiment, das Grenadierregiment Nr. 101, das Schützenregtment und das Infanterieregiment 177, 1. und 2. Bataillon, sämtlich in Dresden; beim 19. Armeekorps: das Infanterieregiment 104 in Chemnitz, die Infanterieregimente! 106 und 107 in Leipzig (nur eine beschränkte Anzahl, unter besonderer Berücksichtigung der Söhne Leipziger Bürger) und das Infanterieregiment 134 in Plauen. — (Pferdezucht. Lotterte.) Für den DeSdener Rennverein seitens des Königlichen Ministerium» geneh. migte XV!l. Sächsische Pferdezucht-Lotterie, deren Ziehung am 5. und 6. Dezember d. I. stattftndet, sind die so gern gekauften Lose, Stück 1 Mark, 11 Stück 10 Mark, seit einigen Wochen ausgelegt und allerorts in den durch Plakate kenntlichen Verkaufsstellen, al» auch durch daS Sekretariat des Dresdener RennvereinS, Dresden, Prager« straße Nr. 6 gegen Einsendung des Betrages oder durch Nachnahme zu beziehen. Für Porto und Ziehungsliste kommen 20 Pfennige, bez. 30 Pfennige bei 11 Losen in Berechnung, bei Nachnahme die entsprechenden Gebühren. Im übrigen verweisen wir auf da» heutige Inserat in dieser Zeitung. 6us dem LZericbtssaale § Bautzen, 12. Okt. (Landgericht.) Vor der I. Straf- lammer wurde gestern gegen den früheren Inhaber der „Lausitzer Maschincnindustrie" in den 26 Jahre alten Maschinen ¬ techniker Mar Alerander Emil Fritz Steindorfs ans Liegnitz wegen Betrugs verhandelt. Steindorfs, der sich „Ingenieur nannte, ob wohl er besondere technische Ausbildung nicht genossen hatte, trieb im Jahre 1910 einen Handel mit gebrauchten Maschinen alter Art, geriet aber im Februar 1911 in Konkurs. Geld zum Ankauf von gebrauchten Maschinen hatte er nicht, trotzdem hatte er zum Ver kauf stehende Maschinen verkauft, sich Anzahlungen geben lassen unter dem Versprechen pünktlicher Lieferung, aber dann die Ma schinen nicht geliefert. So hatte er nachgewiesenermaßen im Jahre 1910 echt Personen um Wechsel in Höhe von 300 M, drei mal 800 M, und 1180 M, sowie um Barbeträge von 8000 Kronen, 1600 Kronen, 780 M, 100 M und 280 M betrogen und es außer dem versucht, 2800 M als Bezahlung für eine bereits anderweit verkaufte Maschine zu erschwindeln. Steindorff erhielt 2 Jahre Gefängnis und 8 Jahre Ehrenrechtsverlust. (Nachdruck verboten.) Hl. Kretrsckmsr. 8 Berlin, 12. Oktober. (Das Urteil im Metternich. Prozeß. Im Metternich Prozeß wurde der Angeklagte Graf Gisbert Wolff-Metternich wegen der drei Vetrugsfälle Gustke, Horch und Riesch zu neun Monaten Gefängnis verurteilt. Sechs Monate werden durch die erlittene Untersuchungshaft für verbüßt erklär:. — Der Vorsitzende Landgerichtsdirektor Crüger begründet das Urteil indem er zunächst in ausführlicher Weise den Ledens- gang des Angeklagten schilderte, Der Angeklagte habe bereits als 16jähriger Untertertianer große Schulden gemacht und aus nich tigem Grunde einen Selbstmordversuch unternommen. Da er auf dem Gymnasium nicht weiter kam, habe ihn sein Vater nach Hause genommen. Er habe aber dort ebenfalls wieder große Schulden gemacht und sein ausschweifendes Leben fortgesetzt Deswegen habe ihn der Vater nach Amerika geschickt, aber auch dort habe er wiederum Schulden gemacht. Nach seiner Rückkehr aus Amerika habe ihn sein Vater schließlich aus dem Hause gejagt. Er sei nach Berlin gekommen und sein Vater habe ihn eine monatliche Unter stützung von 30 Mark gewährt, in der Hoffnung, er werde sich einem Erwerbszweige zuwenden. Das hat aber der Angeklagte nicht getan, sondern in schwelgerischer Weise gelebt. Er hat in den feinsten Lokalen, wie Esplanade Hotel, den teuersten Nachtlokalen wie Palais de Danse, Moulin Rouge und mit den teuersten Ko ketten verkehrt und an einem Abend mehr Geld ausgegeben, als eine Arbeiterfamilie in einem ganzen Monat. Der Angeklagte hat infolgedessen viele Schulden gemacht, obwohl er genau wußte, daß er nicht imstande war, sie zu bezahlen. Der Gerichtshof hat aber' in den meisten Fällen auf Freisprechung erkannt, da nicht festge stellt wurde, ob der Angeklagte direkt Vorspiegelung falscher Tar- sachen verübt hat. Stur in den Fällen Horch, Guflke und Riesch hat der GeUch shof eine Vorspiegelung falscher Tatsachen als fest- gestellt erachtet. Bei der S.rafabmessung hat der Gerichtshof die Jugend des Angeklagten und den Umstand, daß er von seiner Familie verlassen war und daß er moralisch und geistig minder wertig sei, in Betracht gezogen Strafverschärfend ist in Betracht gekommen die Höhe der Summen, die der Angeklagte in be- trügerischer Absicht geliehen hat und das schwelgerische Leben des Angeklagten. Nach Beendigung der Urteilsverkündigung rief der Angeklagte in sehr erregter Weise: „Ich lege Revision ein. Es ist selbstverständlich der Nam« verurteilt, nicht ich". Darauf wurde der Angeklagte wieder in die Unte-suchungshaft zurückgeführt, nachdem er sich von seiner Gattin und seinen beiden Verteidigern verabschiedet hatte. Vor dem Gerichtsgebäude hatte sich eine nach Hunderten zählende Menschenmenge angesammelt. König Kiedrich LuM non Lachsen als Zager. 82K. Die Hühner- und Hasenjagd ist nun auch in Sachsen in vollem Gange, der Jäger zieht auf die Pürsch; da- schmackhafte Rebhuhn und der feiste Hase bereichern den Küchenzettel, doppelt willkommene Gaben bei der jetzigen Fleischteuerung. Die Jagd ist bekanntlich ein fürstliches Vergnügen und fast alle Fürsten sind mehr oder weniger leidenschaftliche Jäger. — Bekanntlich war der verstorbene König Albert ein großer Nimrod vor dem Herrn und noch kurz vor seinem Tode erlegte er bei einem Treiben auf Grillenburger Flur zwei starte Hirsche. Auch König Georg war noch bis kurz vor seinem Tode aus der Jagd und fuhr in einem eigens dazu konstruier- ten Wagen in- Revier. Ebenso huldigt auch König Friedrich August eifrig der Jägerei. Geht der König auf die Jagd, so begleitet ihn einer seiner Letbjäger. Ebenso befindet sich der Leibschütz aus der Jagd in deS Königs Begleitung. Die Jagden beginnen gewöhnlich gegen r/,9 Uhr vormittag», so daß, wenn sie in Rehefeld oder Schandau stattfinden, der Aufbruch schon gegen v Uhr früh erfolgt. Nach der Dresdener Heide erfolgt der Auf bruch erst r/,8 Uhr. Bei Treibjagden wird das Treiben schon Abends vorher durch „schwedische Lappen" einge lappt und das Treiben vorher genau festgestellt. ES werden ca. 70—80 Treiber gebraucht, wozu seit einigen Jahren keine Soldaten mehr zur Verwendung kommen. Die Anordnungen für das Treiben besorgt der betreffende Revier-Oberförster mit dem Revierpersonal. Während der Jagd findet gegen 1 Uhr ein Jagdfrühstück statt, das früher im Freien eingenommen wurde, auch wohl in einer Hütte aus Reisig, seit einigen Jahren aber in einem mitgeführten zerlegbaren Zelt. - Das Frühstück besteht aus einer warmen schwedischen Schüssel, kaltem Buffet, Wein, Bier eic, wozu draußen im Walde Kartoffeln ge« kocht werden. Nach vollendeter Jagd erfolgt per Wagen oder Auto die Rückkehr und früher fand dann noch ein Jagddiner statt, das aber jetzt in Wegfall gekommen ist. Das geschaffene Wild wird vom Revierförster verkauft, meistens nach Dresden oder Leipzig. Die Geweihe e.üält der berr. Schütze, die vopi König kommen nach Werms dorf oder Moritzburg. Seine Laufbahn als Jäger begann Abkalken der Stämme und stärkeren Aeste bis in die Krone hinein. Aran bedient sich dazu einer Mischung von Kalkmilch mit Ocker oder Ruß in solcher Menge, daß die Farbe eine dunklere wird, denn daS grelle Weiß ist ja nicht besonders schön. Auch achte man jetzt auf das Vorhandensein von Blutläusen, deren Brutstätten in Astlöchern, Krebswunden und dergl. Stellen aufs schärfste aufzusuchen und zu vernichten sind. Von Mitte Oktober an dürfen junge Obstbäume ge pflanzt werden, ohne sie dabei zu schneiden. Abgeerntete Spalier- und Formobstbäume können dagegen schon jetzt geschnitten werden. Obstbäume in freigelegenen Gärten, an Landstraßen muß man bei zeiten mit Schutzmitteln gegen Hasenfraß versehen. Alles Bestreichen der Rinde mit übelriechenden Stoffen, welches von vielen empfohlen wird, nützt nichts, schadet dagegen eher, da diese öligen Substanzen die Luftöffnungen der Rinde verschmieren. Das sicherste bleibt stets das Umbinden der Stämme mit Dornreisig, Juniperuszweigen oder engmaschigen Drahtgeflechten. Letzteres ist zwar etwas teuer, aber immer zu kaufen, leicht anzubringen und wieder abzunehmen und viele Jahre aushaltend. WMMW-ttZWihitn. LL notwendig. Kraftfutter, wie Rapskuchen, Getreideschrot usw. darf ihnen nicht vorenthalten werden. — Eine übermäßige Anstrengung muß vermieden werden, da infolgedessen das Körpergewicht zurückgeht. — Bei der Fütterung sind mehrmalige Salzgaben in der Woche nötig. MU sm VstldrhMer! Es ist nicht genug zu sagen Wie so wichtig das Beschlagen; Darum, lerne selbst waS recht, "tcht alles deinem Knecht. Ach wmn du e, versteh'n, Mußt du oft zur Schmiede aeü'n. und in den Stall, Wo dich lehrt so Mancher Fall Such'dir selbst denSchmied,den Mann Der die Kunst auch wirklich kann, Der gewissenhaft sich müht, Daß dem Pferd kein Leid geschieht Und dann gib ihm seine Ehre. Nach der Alten guten Lehre Denkt der Schmied bei jedem Schlag Ueber seine Arbeit nach. Handelt er mit Geist und Herz, Um zu meiden jeden Schmerz, Um zu sichern Mann und Pferd Ist er mehr als Goldes wert, Wert, daß man ihn liebt und ehrt, Wenn er auch nicht hoch gelehrt! Ein Sprichwort sagt: Der Hufbeschlag ist eine schwierige Kunst, welche „Wissen und Können" im gleichen Grade erfordert denn: (Kein Fuß, kein Pferd!) Eingesandt vom Hufbeschlagschmied B. Büttner, Lichtenberg. Verfasser I. S. Trautwetter, Kgl. Sächs. Oberroßarzt a. D. Der Landwirt. pul' Kan-uMscHiatt UN- Hantenbau. Sonnabend kümmel' iS 14. Mober 1911. Sie Getreideernte und die Ketretdepreise. Infolge der Trockenheit des Wetters hat in diesem Jahre die Getreideernte in den meisten Ländern fast um einen ganzen Monat früher stattgefunden als in den früheren Jahren. Vor allen Dingen hat sich auch in diesem Jahre die Erntezeit nicht auf zwei volle Mo nate ausgedehnt, und die ganze Ernte kann als vollständig beendigt angesehen werden. Die Getreideernte kann trotz des dürren Wetters auch im großen und ganzen als eine gute bezeichnet werden, denn die Körner sind in diesem Jahre sehr hart und mehlreich und haben vom Regen nicht gelitten. Die vorzeitige Ernte und die günstige Gelegen heit, den größten Teil der Ernte schon zeitig auszudreschen, haben natürlicher Weise das Angebot an neuem Getreide sehr stark ver mehrt, sodaß sich für die Getreidepreise eine sinkende Tendenz gezeigt hat. ES ist aber sehr wahrscheinlich, daß diese sinkende Tendenz für die Getreidepreise von keiner langen Dauer sein wird, da der Futter mangel die meisten Landwirte veranlassen dürfte, einen Teil der Ge treideernte als Viehfutter zu benutzen. Trotz vorübergehender Preissteigerungen können die Gerreidepreise ja auch noch als sehr billig bezeichnet werden. Die besten Weizenforten kosten noch nicht einmal ganz 200 M die Tonne, und die besten Roggensorten kosten höchsten 165 Mark die Tonne. Verhältnismäßig teuer ist nur der Hafer, der wegen des Ernteausfalles in guten Qualitäten immer noch 185 bis 195 Mark kostet. Auch die Gerste hat aus diesem Grunde noch einen verhältnismäßig hohen Preis. Gegenüber des billigen Preises für Weizen und Roggen erscheint uns nur die Ausfuhr deut schen Weizens und Roggens zu billigen Preisen auf Grund des Aus- fuhrscheinsystemes und bei den hohen Getreidezöllen für sehr bedenklich hinsichtlich einer billigen Volksernährung, denn dieser Zustand der Ausfuhr deutschen Getreides zu billigen Preisen auf Grund des Aus fuhrscheines bei späterer Wiedereinfuhr fremden Getreides zu hohen Preisen infolge der bestehenden Getreidezölle muß in volkswirtschaft licher und sozialer Hinsicht als höchst bedenklich bezeichnet werden. Die Ausfuhrvergütungen, welche auf Grund der Ausfuhrscheine der demsche Landwirt für sein Getreide bekommen kann, dürften sich ge-