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AmtMt für äie knigttm uncl stäMm Le^örllen za Großenhain. Für die Redaction verantwortlich: Herrmann Richard Starke. Druck und Verlag von Herrmann Starke (Plasnick L Starke) in Großenhaim 75. Jahrgang Dienstag, -en 1S. April 1887 Rr. 16 Erscheinen: Dien-tag, Donnerstag, Sonnabend. Vierteljähriges Abonnement: am Schalter t M., durch den Boten in- Haus l M. 25 Pf., durch die Post 1 M. 2b Pf„ durch die Post frei tnS HauS 1 M. 50 Pf. Unterste für die am Abend vorher auSzugebende Nummer werden bi« früh 9 Uhr angenommen und Gebühren für solche von auswärts, wenn bie der Einsender nicht anders bestimmt, durch Post- Nachnahme erhoben. -—-o GrOnlMM WtchMWMnMM Im Feier des Geburtstages Sr. Majestät des KöMs Albert findet Sonnabend, den 23. April d. I., Mittags 1 Uhr im Saale des Hotel de Saxe ein MM" statt. Preis des Gedeckes 2 Mark 5V Pfg. Die Einwohnerschaft von Großenhain und Umgegend wird hierzu mit dem ergebenen Bemerken eingetaden, daß Zeichnungen zu dem erwähnten Eßen Herr Hotelbesitzer Hunger entgegen nimmt. Großenhain, den 16. April 1887. Herrmann, Scheuffler, Schultze, von Weisfenbach, Bürgermeister. Oberamtsrichter. Oberftlieutenant. Amtshauptmann. Bekanntmachung. Die den 1. April s. c. fälligen Nrairävvi'slebvi'aDxsveitrAAv sind nach 1 Pfg. von jeder Beitragseinheit längstens bis zum 23. April «. v. an die Stadthauptrasse zu bezahlen. Der Itädträth. Großenhain, am 30. März 1887. Herrmann. Fortbildungsschule. Die Ostern 1887 aus der Schule entlassenen Knaben (die hierorts befindlichen Aus länder nicht ansgeschloffcn!) haben sich unter Vorlegung ihrer Gchulentlassungszengniffe in der Expedition deS Unterzeichneten zum Besuche der Fortbildungsschule anzumelven. Diese Anmeldungen werden vom 18.—ÄS. April täglich von 11—1 Uhr angenommen. Nach den gesetzlichen Bestimmungen sind Aeltern, Lehr Herren pp. verpflichtet, die fort- bildungöschulpflichttgen Knaben zu ordnungsmäßiger Anmeldung und regelmäßigem Besuche der Anstalt anzuhalten. Von der Verpflichtung zum Besuche der Fortbildungsschule ist befreit, wer eine höhere Lehranstalt, also Gymnasium, Progvmnasium, Seminar, Realschule 1. oder 2. Ordnung bis zum vollendete» 15. Lebensjahre oder auch eine mittlere oder höhere Volksschule s Jahre lang besucht und die seinem Alter entsprechende Classe erreicht hat. Es ist jedoch für jeden einzelnen Fall die Befreiung durch Vorlegung des betr. Zeugnisses bei dem unter zeichneten Director nachzuweisen. Zugleich wird bemerkt, daß jedem abgehenden Schüler ein Entlassungszeugniß auszu händigen ist und daher der Austritt bei dem Directorium rechtzeitig angezeigt werden muß. Großenhain, am 14. April 1887. Schuldirector. politische Weltschau. Angesichts der militärischen Nachtragsforderungen, welche den deutschen Reichstag nach den Osterferien beschäftigen werden, führen die der Reichsregierung nahestehenden Blätter eine sehr beruhigende Sprache und weisen jeden Gedanken an eine unmittelbare Gefahr als grundlos zurück. Da dieselben Blätter noch vor wenigen Monaten die Lage ganz anders darstellten, muß man an einen freundlichen Umschwung der Verhältnisse glauben. Uebrigens bedarf es bei der jetzigen regierungsfreundlichen Mehrheit des Reichstages der Drohung mit auswärtigen Verwickelungen nicht, um die Gewährung der Nachtragspostulate zu erlangen. Wenn der deutsche Reichs kanzler, der seit einigen Tagen in Friedrichsruh weilt, zu Be ginn der parlamentarischen Arbeiten wieder nach Berlin zurück kehrt, geschieht dies wohl kaum, um die Annahme dieser Nach tragsforderungen zu sichern, sondern weit eher, um seinen Einfluß bei den Berathungen über die Branntweinsteuer und über die Kirchenvorlage geltend zu machen. In parlamen tarischen Kreisen erwartet man, daß der deutsche Reichstag die Branntweinsteuervorlage bei seinem Wiederzusammentreten entweder schon auf dem Tisch des Hauses finden oder doch als Antrag Preußens bei dem Bunvesrath kennen lernen werde. Sowohl auf Seiten der Regierung wie im Schooße der Regierungsmehrheit ist man jetzt fest überzeugt, die Steuer reform zu einem baldigen befriedigenden Abschluß zu führen und damit endlich die finanziellen Grundlagen des Reiches in Ordnung zu bringen. Den Spiritusinteressenten ist bei der Aussicht auf diese erhöhte Alkohol-Besteuerung nicht sonderlich wohl zu Muthe. Eine Versammlung von Spritfabrikanten, Spiritushändlern und Großdestillateuren aus ganz Deutsch land trat in diesen Tagen in Berlin zusammen, um gegen eine etwaige Schädigung ihrer Gewerbe im Voraus Protest einzulegen. Die Versammlung erklärte sich gegen jeden größeren Sleueraufschlag, der den Verbrauch vermindern würde, bezeichnete eine etwaige Contingentirung der Spirituserzeugung als eine schwere Schädigung aller am Absatz des Spiritus betheiligten Gewerbe und als eine nicht zu rechtfertigende Be- nachtheiligung der nicht mit Brennereien ausgestatteten land- wirthschaftlichen Betriebe. Schließlich verlangte die Ver sammlung, daß die Reichstagscommission, welcher die Be handlung der Steuervorlagen zugewiesen werden wird, sich des Beiraths von Sachverständigen aus sämmtlichen Gruppen der am Spiritusverkehr betheiligten Branchen bediene. Bei der jetzigen Stimmung im deutschen Bundesrath und im Reichstag haben diese Wünsche sehr geringe Aussicht auf Er füllung. Mit dem Schluß der parlamentarischen Ferien rückt auch die Entscheidung des preußischen Abgeordnetenhauses über die Kirchenvorlage heran. Das Centrum beabsichtigt, dabei die Abänderungsanträge zu erneuern, welche der Bischoff Kopp von Fulda im preußischen Herrenhause nicht durchzusetzen ver mochte. Der augenblicklich in Rom verweilende Vicepräsident des preußischen Staatsministeriums, v. Puttkammrr, soll in der Audienz bei dem Papst Leo XIII. dem letzteren mündlich aukeinandergesetzt haben, weshalb diese Anträge für die preu ßische Regierung unannehmbar seien. Man dürfte im Vatikan um so geneigter sein, diese Schwierigkeiten zu berücksichtigen, als ohne ein entschiedenes Eintreten des Fürsten Bismarck selbst die Zustimmung des Abgeordnetenhauses zu der Vorlage in der Fassung des preußischen Herrenhauses keineswegs ge sichert erscheint. Der rechte Flügel der conservativen Partei will keine neuen Zugeständnisse an Rom, bevor nickt der evangelischen Kirche durch Annahme des Hammerstein'schen Antrages eine größere Selbstständigkeit gesichert ist; die Frei- conservativen und Nationalliberalen aber möchten die von dem Herrenhause genehmigten Bestimmungen über die Wiever- zulassung der Orden streichen. Nur wenn die Haltung der römischen Curie den Fürsten Bismarck vollkommen zufrieden stellt, wird dieser geneigt sein, noch vor ter Schlußabstim mung das Gewicht seines Einflusses in die Wagschals zu werfen. Die Entscheidung der elsaß-lothringischen Frage scheint zunächst vertagt. Der in Straßburg versammelte Landes ausschuß ist am Donnerstag, nachdem er alle Vorlagen bis auf das Gesetz über die Pensionsverhältnisse der Landesbeamten erledigt hatte, durch eine kaiserliche Verordnung geschlossen worden. Seit einiger Zeit war in Wien das Gerücht von dem be vorstehenden Rücktritt des österreichisch-ungarischen Reichskriegsministers Grafen Bylandt-Rheydt verbreitet. That- sächlich ist diesem gut deutsckgesinnten Staatsmann die aus Gesundheitsrücksichten erbetene Entlassung mit dem Hinweise abgeschlagen worden, daß der Zeitpunkt für eine Aenderung in der Leitung der Heeresverwaltung nickt geeignet sei. Ueber die beiden Reichshälften aufzuerlegenden Quoten ist noch immer keine Einigung erzielt worden, weshalb der ungarische Minister präsident Tisza mit den Mitgliedern des Unterausschusses der ungarischen Quotendeputation am Donnerstag nach Wien reiste und der österreichische Ministerpräsident Graf Taaffe einer Berathung der österreichischen Delegirten beiwohnte, welche der ersten mündlichen Verhandlung beider Ausschüsse vorausgiug. Die Feindschaft zwischen den Czechen und den Magyaren erschwert die Verständigung ungemein. Augen blicklich herrscht freilich auch innerhalb des czechischen Lagers große Uneinigkeit. Die mit der altczechischen Parteileitung unzufriedenen jungczechischen Führer beriefen nach der Prager Sophien-Jnsel eine Volksversammlung, welche einen Aufruf an das czechische Volk beschloß, in dem die Organisirung einer unabhängigen Nationalpartei und die Lossagung von der Politik des Grafen Taaffe gefordert wird. — Unter Hinzu strömen vieler Zuschauer aus allen Theilen der österreichischen Monarchie fand am Donnerstag in Triest der Stapellauf des neuen Thurmschiffes „Kronprinzessin Erzherzogin Stephanie" in festlicher Weise statt. Während in Belgien die Socialisten die Arbeiter noch immer in gefährlicher Weise beeinflussen und besonders der den allgemeinen Streik und Umsturz predigende Defuisseaux einen großen Theil der südbelgischen Arbeiter veranlaßte, sich auf dem Ostercongreß in Charleroi von der friedlich ge- sinnten Parteileitung loszusagen, ist in dem benachbarten Königreich der Niederlande die socialistische Kundgebung voll ständig bemeistert. Eine Abordnung des Vereins für die Einführung des allgemeinen Stimmrechts überreichte am Mittwoch dem seinen 70. Geburtstag begehenden niederländi- scken Monarchen ein Gesuch um Begnadigung des wegen Majestätsbeleidigung zu einem Jahr Gefängniß verurtheilten Socialistenführers NieuwenhuiS, der in der Haft schwer er krankte. Der Geburtstag des Königs wurde in Amsterdam von der gesammten Bevölkerung begeistert gefeiert und am Mittwoch Abend erstrahlte die Stadt in einer allgemeinen glänzenden Illumination. Das Tagesgespräch in Frankreich ist gegenwärtig die Reise der Minister Bertholet, Millaud und Grauet nach Al gerien, die am Montag in Begleitung von achtzig Senatoren und Deputirten im Hafen von Algier eintrafen und dort von dem Generalgouverneur Tirman und dem Maire der Stadt, Guillemin, feierlich empfangen wurden. Der Kriegsminister Boulanger, welcher an diesem Ausfluge nicht theilnahm, be schäftigte sich inzwischen mit dem seltsamen Plane, in den Grenz gebieten Mannschaften der Reserve der Territorialarmee zu mobilisiren. Hoffentlich werden die übrigen französischen Minister diesen Plan nicht zur Ausführung gelangen lassen. Für die ehemals französische Colonie, die jetzige Republik Haiti, welche mit England in Conflicte gerathen ist, regen sich in Frankreich große Sympathien. Der an Bord deS englischen Kriegsschiffes „Canada" in Haiti eingetroffene Gesandte Clement Hill unterhandelt wegen Abtretung der Schildkröten-Jusel. Der Bonapartist Cassagnac meint aber, Frankreich dürfe nicht dulden, daß England den Schlüssel zum Panama-Canal ebenso an sich reiße, wie es sich seinerzeit deS Suez-Canals bemächtigt habe. Nachdem die von Anhängern des englischen Staats mannes Gladstone im Londoner Hyde-Park veranstaltete Massenkundgebung gegen die irischen ZwangSgcsetze als eine bloße Schaustellung für Neugierige mit einem Mißerfolge endigte, hat das englische Unterhaus die Berathung der zweiten Lesung der irischen Strafrechtsnovelle wieder ausgenommen. Das Ministerium Salisbury, welches fest entschlossen ist, die Irländer zum Gehorsam zu zwingen, scheint Rußland gegen über geringere Thatkraft zu entwickeln und soll sehr geneigt sein, bei den in Petersburg stattfindenden Verhandlungen über die afghanische Grenze nachzugeben. Die Grenzfrage würde freilich jede Bedeutung verlieren, wenn der Aufstand der Bergstämme der Ghilzais mit der gänzlichen Niederlage des Emirs von Afghanistan endigen sollte, wie es jetzt allen Anschein hat. Die bulgarische Regierung wies den Justizminister Stoilow an, seinen Aufenthalt in Wien zu verlängern und dort die Interessen Bulgariens Weiler zu vertreten. Die baldige Einberufung der bulgarischen Sobranje zur Verlängerung der Vollmachten der Regentschaft gilt als fest beschlossen. Lagcsnachrichten. Deutsches Reich. Der Bundesrath ertheilte in seiner am Freitag unter dem Vorsitz des Staatssecretärs v. Bötticher abgehaltenen Plenarsitzung dem Entwurf eines Gesetzes wegen Abänderung der Gesetze über die Quartierleistung und über die Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im Frieden, sowie dem Anträge Hessens, betreffend die Aenderung der Statuten der Bank für Süddeutschland, die Zustimmung. Mit der bereits erfolgten Ueberweisung der Gesetzentwürfe wegen Feststellung eines Nachtrags zum Reichshaushaltsetat für das Etatsjahr 1887/88, sowie betreffs der Aufnahme einer Anleihe für Zwecke der Verwaltung des Reichsheeres und für die Vervollständigung des deutschen Eisenbahnnetzes im Inter esse der Landesvertheidigung, an die verschiedenen Ausschüsse erklärte sich die Versammlung einverstanden und erledigte zum Sckluß noch einige minder wichtige Gegenstände. — Die dauernden Ausgaben des Nachtragsetats erreichen nicht ganz die Summe, welche das Wehrgesetz nothwendig erscheinen ließ.