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Großenhainer Unterhaltungs- & Anzeigeblatt : 16.04.1887
- Erscheinungsdatum
- 1887-04-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id38343789X-188704164
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id38343789X-18870416
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-38343789X-18870416
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Großenhainer Unterhaltungs- & Anzeigeblatt
-
Jahr
1887
-
Monat
1887-04
- Tag 1887-04-16
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Monat
1887-04
-
Jahr
1887
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Nr. 4 aber nicht über das Gnt und Besser die Zeit mit unnützen Erörterungen vergeuden wird. Sie muß sich fern halten von jeeer Verschleppung wichtiger schwebender Fragen, fern von jeder kraftlosen Resignation, wo es im politischen Leben des frischen, muthigen Zufassens bedarf. Wenn sie bei einer Reibe solcher dringlicher Gesetze auch nur die Grundlagen schafft, thut sie schon Bedeutendes, denn jedes neue große Gesetz bedarf des langsamen weiteren Ausbaues an der Hund der Erfahrung. Das zeigte sich schon früher bei den Reichsjustiz- gesetzen, das lehrt jetzt von Tag zu Tag der Gang der social politischen Gesetzgebung, bei der man anfangs ganz im Finstern tappte und sich erst mühsam zurecht finden mußte. Stillstehen kann die Gesetzgebung des Reiches nicht, wenn das Ganze nicht zurückgehen soll. Es ist ein gutes Zeichen für die Lebens fähigkeit des deutschen Organismus, daß derselbe unablässig nach Vollendung strebt. Freuen wir uns, daß wir jetzt eine deutsche Volksvertretung besitzen, die diesem schöpferischen Drang entspricht und hoffen wir, daß die deutschen Reichstagöabge- ordneten nach den Osterferien schaffensfreudig zur Reichs hauptstadt mit dem festen Willen zurückkehren, eine neue Aera segensreicher gesetzgeberischer Errungenschaften einzuleiten. Tagcsmchrlchtcn. Deutsches Reich. Die Zustimmung des Bundesrathes! zu der neuen Branntweinsteuervorlage soll durch vorherige! Verständigung unter den Regierungen bereits soweit gesichert fein, daß die Erledigung der Angelegenheit in ganz kurzer Frist zu erwarten ist und die Vorlage schon in nächster Woche -an den Reichstag kommen dürfte. Zur Wiedereröffnung der -Reichstagssitzungen wird die Rückkehr des Reichskanzlers aus Friedrichsruh erwartet. Die „Berl. Polit. Nachr." weisen darauf hin, daß der Nachtragsetat, welcher der Berathung des Bundesruthes unterliegt, wenngleich vornehmlich Forderungen für Militär zwecke dessen Einbringung nothwendig gemacht haben, keines wegs jene sensationelle Bedeutung habe, welche von manchen Seiten ihm beigelegt wird. Es handle sich um Ausgaben auf Grund des neuen MititärgesetzeS, für strategische Bahnen, für den Ausbau und Umbau von Festungen, wie die neue Geschütz-und Geschoß-Technik es nothwendig machen, endlich um die Ausrüstung mit dem neuen Gepäck, alles Ausgaben für Zwecke, die längst bekannt uns die gewiß schon deshalb, weit sie für längere Zeit beanspruchende Ausgaben gemacht werden, jeden Gedanken unmittelbarer Kriegsgefahr ausschließen. Was die Zeitungen bisher über die Höhe des Betrages ge meldet Haden, ist unzutreffend. Der deutsche Kronprinz hat sich mit seiner Familie und Gefolge nach Bav Ems begeben, um daselbst eine mehr wöchentliche Cur gegen sein Halsleiden zu gebrauchen. In der Sitzung des elsaß-lothringischen Landesauöschusses am 13. April erklärte UnterstaatSsecretär v. Puttkamer infolge einer Bemerkung des Abg. Grad, es bestehe allerdings die Absicht, die Reichsgewerbeordnung einzuführen, da die gewerb lichen Verhältnisse genugsam entwickelt seien. Die Aeußerung des Abg. Grad, es geschehe dies als Strafe für die bei den Wahlen zu Tage getretene Stimmung, wurde von dem Unter- staatssecretär entschieden zurückgewiesen. Der Gesetzentwurf über die Abänderung der reichsländischen Gemeindeordnung soll soweit gefördert sein, daß derselbe dem Reichstage möglichst bald vorgelegt werden kann. Die wich tigste durch den Entwurf bezweckte Neuerung bezieht sich auf die Ernennung der Bürgermeister. Bislang war die Regierung nach dem noch geltenden französischen Gesetz vom 22. Juli 1870 genöthigt, die Bürgermeister aus der Mitte der Gemeinderaths- mitglierer zu wählen; diese Beschränkung lag aber durchaus nicht im Interesse des DeutschthumS, da die Gemeindecollegien in Elsaß-Lothringen meist der Protestpartei angehören und infolge dessen natürlich auch die aus ihnen entnommenen Bürgermeister. Der neue Entwurf bestimmt dagegen, daß die Bürgermeister lediglich auf Grund ihrer persönlichen Tüchtigkeit zu ernennen sind, gleichviel ob sie vorher dem Gememderathe angehörten oder nicht. Hiermit wird für die Förderung des Deutschthums schon viel gewonnen sein uns vielleicht läßt sich dann hieran auch der Uebergang zu der Errichtung der Berufsbürgermeister knüpfen. Oesterreich-Ungarn. In Böhmen bereiten die Czechen wieder einmal einen Feldzug gegen die Deutschen vor. Als seine Einleitung kann man den Prager Parteitag der Jung- czechen vom Ostersonntag betrachten, welcher sich zu einer äußerst feindseligen Kundgebung der jungczechischen Fanatiker gegen die Deutschen gestaltete. Den ersten Anprall der ein geleiteten Bewegung wird wohl abermals die dortige deutsche Universität auöhalten müssen. Die „Narodnh Listy" fordern ganz ungescheut zur Austreibung der auf der Prager Univer sität Studirenden, die dem deutschen Reiche angehören, auf, und ihre jungczechische Collegin, die „Politik", secundirt mit Schmähungen gegen die Studenten aus Deutschland, welche zu Anfang Mai die Prager Universität beziehen wollen. Italien. Aus Rom bringt der Telegraph die nicht un interessante Nachricht, daß der gegenwärtig dort weilende Vice präsident des preußischen Staatsministeriums und Minister des Innern, v. Puttkamer, am Mittwoch vom Papste empfangen wurde. Ohne Zweifel steht dieser Empfang mit den kirchen politischen Verhandlungen zwischen Berlin und Rom in einem gewissen Zusammenhänge. Holland. Der König empfing am 13. April anläßlich der Feier seines 70. Geburtstages im Palais zu Amsterdam die Spitzen der Militär- und Civilbehörden, sowie den dor tigen Bürgermeister, welche ihre Glückwünsche darbrachten, wobei Ersterer seine volle Befriedigung und Dankbarkeit für die zahlreichen, ihm unv der königlichen Familie zu Theil gewordenen Beweise treuer Ergebenheit unv Anhänglichkeit auesprach. Zahlreiche Festlichkeiten wurden von der Haupt stadt veranstaltet; so bewegte sich durch die Canäle der Stadt ein Maskenzug zu Schiff, den Besuch des Prinzen Wilhelm l. von Oranien unv seines Gefolges bei der Geusen - Flotte in Zsland darstellend, welchen Zug die Königin mit der Prinzessin Wilhelmine an Bord einer festlich geschmückten Galiote an sich vorüberziehen ließ. Abends fand eine allgemeine und äußerst klä rende Illumination statt. . Grostenhaiaer UuterhaltNttgs v»d Anzeigeblatt. 4 England. Wie das „Reuter'sche Bureau" erfährt, ist England geneigt, in der afghanischen Grenzfrage in die von Rußland verlanate Abtretung eines Theiles des gegenwärtig im Besitz der Afghanen befindlichen OxuSgebietes unter der Bedingung einzuwilligen, daß die Afghanen dafür anderwärts Entschädigung erhielten. Ruhland. Ein Leitartikel der Wiener „Presse" bespricht die Zustände Rußlands und schließt aus denselben, daß, da eben diese Zustände so liegen, wie sie liegen, und weil der Czar gewiß den Ruhm für sich beanspruchen darf, zu den opferwilligsten und erprobtesten Patrioten Rußlands gezählt zu werden, daß gerade aus diesem Grunde nach menschlicher Voraussicht eine Gefährdung des europäischen Friedens von russischer Seite nicht zu erwarten sei. Mögen auch Katkow und Genossen noch so sehr zu einer Action nach auswärts drängen, möge selbst Giers stürzen, so dürfte sich doch im Laufe dieses Jabres die Position Rußlands schwerlich derartig gestalten, daß sich daraus ernste continentale Conflagrationen ergeben könnten. Rumänien. Die Deputirtenkammer berieth am Dienstag das Supplementarbudget des KriegsmimsteriumS. Im Laufe der Debatte erklärte der Ministerpräsident Bratiano, so lange er an der Spitze der Regierung stehe, würden keine neuen Steuern eingeführt werden. Neueste Nachrichten. Stratzburg, 14. April. Der Landeöausschuß ist nach Erledigung aller Vorlagen, ausgenommen das Gesetz über die Pensionöveihältnisse der Landeöbearmen, durch kaiserliche Verordnung geschlossen worden. Triest, 14. April. Der Stapellauf des Thurmschrffes „Kronprinzessin Erzherzogin Stephanie", wobei die Erzherzogin Theresia den Taufact vollzog, hat heute programmmäßig stattgefunden. Rom, 14. April. DaS Kanonenboot „Scilla", welches zur Aufsuchung des vermißten Dampfers „Vmedig" (mit dem ! neu ernannten Commandanten von Massauah, Sakura, an Bord) ausgelaufen war, lst nach zweitägigem erfolglosen Suchen zurückgekehrt. Die „Scilla" ist mit zwei anderen Kriegs schiffen neuerdings zur Aufsuchung der „Venedig" abgegangen. DaS Marinecommando glaubt, das verzögerte Eintreffen der „Venedig" sei durch einen Maschinenschaden verursacht. Stockholm, 14. April. Das Befinden der Königin fährt fort befriedigend zu sein, die Wunde heilt. Alles grebt Hoff nung auf eine gänzliche, wenn auch langsame Genesung. Loudon, 14. April. Unterhaus. Smich erklärte, es sei nicht beabsichtigt, nach der zweiten Lesung der irischen Straf rechtsnovelle weitere Ferren des Hauses eimreten zu lassen; die Vorlegung ree Budgets erfolgt nächsten Donnerstag. Locale, sächsische rc. Nachrichten. Großenhain, 15. April 1887. — * Der erste Schultag. „Nun, mein Herzchen, morgen geht es zum ersten Male in die Schule, wo du viel Gutes und Schönes lernen sollst. Sei recht fleißig und artig, danut der Herr Lehrer dich lieb gewinnt, und Papa und ich unsere Freude an dir haben. Schlafe wohl, mein Liebling, Gott schütze dich!" Und die Mutter beugt sich über das Lager des kleinen Lockenköpfchens, drückt ihm einen Kuß auf Lippen und Augen und wagt so lange kaum irgend eine Hantirung vorzunehmen, bis die ruhigen Athem- züge des Kleinen sie belehren, daß er sanft entschlummert ist. Im Schlafe aber röthen sich allmählich die Wangen, und hin und wieder gleitet ein Lächeln über das süße Kinderantlitz, ein Zeichen, daß ein schöner Traum den Schlaf des Lieblings verklärt. Wovon er wohl träumen mag? Sicherlich gaukelt seine Phantasie ihm allerhand verlockende Bilder aus dem neuen Leben vor, in das er am nächsten Morgen eintreten soll. Und über die Tage der Schul zeit schwingt sie mit kühnem Fluge sich hinüber, zeigt dem Kleinen sein eigenes Bild in weiter vorgerückter Zukunft, in der Uniform eines sporenklirrenden Reitersmannes oder dem grünen Rock des Jägers, der durch den herrlichen Wald streift, oder auch in der Jacke des Matrosen, der lächelnd auf den Mastkorb steigt, wenn rings umher das Meer brüllt und wüthet. Die Gestalten aus den Bilderbüchern, die in dem Knaben ost den Wunsch erweckt haben, auch so ein Mann zu werden, spielen hinein in den letzten Traum seiner verantwortungslosen Kindheit. Und wenn er am Morgen erwacht und sich alle die herrlichen Zukunstsbilder aus den Augeu reibt, dann sieht er mit großen staunenden Blicken, wie weit, wie unendlich weit es noch vis zu dem ersehnten Ziele ist, und er wird wohl ein wenig kleinlaut, während die Mutter ihn zum ersten Schulgange besonders sorgfältig ankleidet. Nur Muth, kleiner Bursche, der erste Schritt ist der schwerste. Und wenn Dir vielleicht auch nicht beschieden ist zu werden, wozu deine jugend liche Phantasie jetzt so gern dich machen möchte, ein braver, tüchtiger Mensch kannst du auf alle Fälle werden. Vater und Mutter, so lange der liebe Gott sie dir erhält, werden dich stützen und leiten, und wenn sie abberuleu sind, wird die Erinnerung an sie dir Führerin zum Guten sein. Aber vom ersten Schultage an mußt du die Mahnung der Mutter befolgen, gehorsam und fleißig zu sein. Das sind Tugenden, die bis ins Greisenalter ihren Werth behalten. — * Die neuen Schulbücher sind des frohen Ereignisses bitterer Nachgeschmack. Ein frohes Ereigniß aber war es doch zweifellos, als Käthe oder Fritz — wo anders heißen sie anders, was aber nichts zur Sache thut — mit dem „Befähigungsnachweise" nach Hause kamen, daß sie in eine höhere Rangordnung ihrer Wissensscala befördert werden konnten. Das war eitel Freude und die Ferien dursten den Fleißigen nicht ohne Lohn verstreichen. Jetzt aber sind sie vorüber und die Kehrseite der Medaille heißt: neue Schulbücher. Das „neu" braucht sich aber, wie sparsam verständige Eltern gar wohl wissen, nicht auf die Einbanddecken zu beziehen, wenn nur das, was drinnen steht und also daraus gelernt werden soll, noch den Anforderungen der betreffenden Schule genügt. Diese Hauptbcdingung aber dürfen die sparsamen Eltern nicht vergessen und thun es auch nicht, wenn sie ebenso verständig, als sparsam sind. Denn auch Bücher sind verbessernngsbedürftig wie wir Menschen und Manches in ihnen muß ergänzt werden. Mit einer alten Scharteke also erhält das Kind ohne sein Ver schulden Lücken und diese möchten leicht beim demnächstigen Be fähigungsnachweis theurer werden, als die theuersten Bücher neuester Auflage. Wer also Bücher kamen muß, informire sich wohl, ob die, welche er antiquarisch erwerben oder in der Familie erben kann, inhaltlich neu und gütig sind, dann wird er sparsam und verständig zugleich sein. — * Mit Beginn des künftigen Sommersahrplanes, am 1. Juni d. I., wird der 8 Uhr 5 Min. Vormittags von Dresden-Neustadt und 8 Ubr 28 Mm. von Coswig nach Rieia und Leipzig ver kehrende Personenzug 106 auch aut Station Niederau anhalten. Dresden, 14. April. Mit der gestern unternommenen Reue nach Brüssel leistet Ihre Majestät die Königin der Einladung Folge, welche anläßlich der Kaiser-Geburtstagsfeier an die Mon- archm von der Gräfin von Flandern, ihrer Cousine, gerichtet I wurde. Die Königin wird in Brüssel und Umgegend verschiedene eite 2. Besichtigungen vornehmen, wie auch mehrere Festlichkeiten i« Familienkreise stattfinden sollen. Begleitet ist die Monarchin, deren Rückkehr für den 22. d- M. zu erwarten steht, nur von der Hof dame Gräfin v. Einsiede! und dem Kammerherrn von Minckwitz. Im Laufe des Sommers dürfte dann auch noch ein Ausflug der Königin nach Schloß Morawetz in Mähren, der Stätte ihrer Kindheit, stattfinden. — Se. königl. Hoheit Prinz Georg nebst hoher Familie nahm vorgestern Abend nach erfolgter Ankunft in Wien im Hotel Imperial dortselbst Wohnung. Gestern früh unternahmen die prinzlichen Herrschaften dann die Weiterreise nach Klagenfurt, woselbst in der landschaftlichen Burg die Wohnung für die hohen sächsischen Gäste hergerichtet war. — Generalarzt Or. Roth hat sich mit einem Assistenzarzt nach Berlin begeben, um an dem dort statt findenden Congreß deutscher Gesellschatten für Chirurgie theilzu nehmen. — Die von so günstigen Erfolgen begleitete Ausstellung künstlicher Blumen in der Kunstgewerbehalle ist des andauernden regen Besuches halber auf 8 Tage verlängert worden. Besichtigt wurde dieselbe, wie ich vernehme, auch von dem aus Berlin hier eingetroffenen französischen Botschafter, Mr. Herbette, der überhaupt den Sehenswürdigkeiten unserer sächsischen Residenz, und dabei namentlich wieder der Bildergalerie eine sehr ausgedehnte Auf merksamkeit widmete. — An der Hofbühne gastirte heute wieder der Hofschauspieler Paul aus Karlsruhe, betreffs dessen, wie ver lautet, Engagementsabsichten bestehen. Derselbe erwies sich als tüchtiger und zugleich routinirter Schauspieler, wenn er auch nicht gerade als „Stern" des Theaterhimmels bezeichnet werden kann. — Im Gewerbehause schloß mit heute die Saison der winterlichen Concerte, mit deren Leitung sich der seiner Zeit aus Annaberg berufene Capellmeister Stahl in der Musikwelt einen sehr guten Namen zu erwerben vermochte. — Der Wmtersmann kann sich nicht fortfinden. Heute Vormittag gab es nochmals heftiges Schnee gestöber, wodurch die Wettersituation wieder zu einer recht un leidigen wurde. Kb. Dresden, 15. April. Mit Genehmigung des König!. Bezirkscommandos zu Bautzen war jüngst zum ersten Male in Kamenz die Einrichtung getroffen, daß bei den Controlversamm- lungen die in den Landsturm übertretenden Mannschaften speciell zu einer bestimmten Stunde beordert wurden, während dies früher gemeinsam mit den Leuten jüngerer Jahrgänge erfolgte. Durch diese, von den jungen Landstürmern freudigst begrüßte Neuerung vollzieht sich die Entlassung aus dem engeren Milstärverhältniß ebenso glatt als schnell, und es dürfte in Zukunft wohl auch anderwärts in diesem Sinne verfahren werden. — Die am 6. Decbr. v. I. vom Schwurgericht wegen Raubmordes zum Tode verur- theilten, von Sr. Majestät dem König aber zu lebenslänglichem Zuchthaus begnadigten, 20 bez. 21 Jahre alten Tischlergesellen Oscar Franz Große und Arthur Frankfurter wurden gestern wegen zweier, erst nachträglich betreffs der Thäterschaft ermittelten Ein brüche in hiesige Wohnungen unter Einrechnung früher erkannter Strafen zu 4 Jahren bez. 4 Jahren 6 Monaten Zuchthaus ver- urtheilt. Richard Frankfurter, ein Bruder des Vorgenannten, ver wirkte 1 Jahr 9 Monate Geiängniß, und zwei Dirnen, die als frühere „Geliebte" der Brüder Frankfurter mehrere gestohlene Schmucksachen als Geschenke angenommen hatten, erhielten 3 bez. 1 Monat Geiängniß zuerkannt. Das 21jährige Opfer der beiden Mörder, Kaufmann Koch, war bei den Einbrüchen zum Theil auch mit betheiligt gewesen und wurde, wie seiner Zeit berichtet worden ist, Anfang Juli 1886 auf Anstiften Arthur Frankfurter's von Große niedergeschossen und beraubt, nachdem er seinem Vater 1500 M. gestohlen hatte. — Heute Nachmittag werden die irdischen Ueberreste eines in der Schlacht von St. Privat (am 18 August 1870) durch einen Schuß in den linken Lungenflügel schwer ver letzten ehemaligen Soldaten vom König!. Sachs. 1. Jägerbataillon Nr. 12, des Logenschließers am Königs. Honheater, Ernst Pinkert, dem Schooße der Mutter Erde übergeben. Der Verstorbene wurde seiner Zeit erst 24 Stunden nach dem Kampfe aufgefunden und in Folge angestrengtester Bemühungen der Aerzte wieder ins Leben zurückgerufen. In der osficiellen Verlustliste war er als todt be zeichnet, und es fand dicserhalb auch in der Kirche seines Heimaths- ortes Großschirma eine Todtenfeier für ihn statt. Auf dem Wege zur Besserung begriffen, fand Pinkert in einer englischen Familie zu Mannheim Aufnahme, und bezog er von dort auch regelmäßig Unterstützungen. Später fand er durch Vermittelung Ihrer Maj. der Königin in Strehlen 1'4 Jahr lang die hingehendste Pflege. In ärztlichen Kreisen bezeichnet man es als geradezu wunderbar, daß Pinkert seiner schweren Verwundung nicht nur nicht erlag, sondern auch noch über 16 Jahre am Leben blieb. In der unfern von Kleinnaundorf bei Radeburg ge legenen Feldmühle gerieth am 7. April der ledige Schneide müller Ernst Müller beim Lattenschneiden mit der rechten Hand fo unglücklich in die Kreissäge, daß die Hand fast ganz durchschnitten wurde. In der Diaconiffenanstalt zu Dresden, wohin man den Verletzten brachte, mußte ihm dre Hand ab- genommen werden. Leipzig. Der Rath hat in einer seiner letzten Sitzungen beschossen, an seinem früheren Beschlusse, wonach das Sieges- Denkmal auf der 'Nordseite des Markles errichtet werden soll, festzuhallen. Da die Sache nun wieder an die Stadtverord neten kommt, die sich bisher für den AugustuSplatz entschieden, dürfte die feierliche Enthüllung des Denkmals erst im Laufe des nächsten Jahres vor sich gehen können. — Eine zahlreich von Gastwirthen aus ganz Sachsen besuchte Versammlung beschloß die Absendung einer Petition an das königl. Mini sterium zum Zwecke einer Enquete über die Mißstände im Kellnerinnenwesen. Anfang Juni wird der dritte sächsische Handwerkertag in Chemnitz abgehalten werden, welcher in der Hauptsache über das zur Zeit dem königl. Ministerium vorliegende Statut für einen sächsischen Handwerkerverband berathen soll. In der an der Promenade zu Freiberg gelegenen Ar tillerie-Kaserne, in welcher die 6. Batterie untergevracht ist, sind in letzter Zeit fünf Mann an der Genickstarre erkrankt. Bon der Militär-Verwaltung wurde daher beim Stadtrathe beantragt, eine Räumung der Kaserne herbeizuführen, damit das Haus gründlich deSinficirt werden könne. Anfänglich wurde die Krage erörtert, ob es nickt thunlich sei, die Mannschaften einstweilen in das zur Zeit leerstehende frühere kleine Hospital an der Wasserthurmstraße unlerzubringen. Nachdem aber der Ausspruch der Aerzte dahin ging, daß die Ueberlragbarkeit dieser Krankheit, wenn auch wohl nur in geringem Maße vorhanden, doch nicht absolut ausgeschlossen sei, so hat der Stadtrath beschlossen, dem Artilleriecommando anheimzugeben, I die Batterie auf einige Wochen anderweit eventuell außerhalb der Stadt zu verlegen. Wie man aus Zittau berichtet, kam es am 12. April am sogen. Schuppenberge bei Oybin zu einem Waldbrande; doch konnte glücklicherweise eine größere Ausdehnung desselben durch rechtzeitig geleistete Hilfe verhütet werden. Die Brand fläche betrug circa 30—40 Ar. Im Hofraume eines Hauses an der Bahnhofsstraße zu Zwickau wurde am Dienstag früh der dort bedienstete, circa 60 Jahre alte Schäfer namens Werler mit zerschmettertem Schädel todt aufgefunden. Die Erörterungen ergaben, daß j der Mann vom Futterboden des Stallgebäudeö, wo er sein i Nacktlager hatte, durch die geöffnete Luke in den Hof herab- I gestürzt ist.
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