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-ML den Erzbischof von München, worin die Antwort auf die Inter pellation schon gegeben sei, wenn auch die Regierung sich nicht alle in dieser enthaltenen Ausführungen und Empfindungen aneignen könne, so stimme sie doch in der Sache selbst damit überein. SS sei geboten, daß in die Frage noch tiefer eing. drangen werde alS in den Erlaß, und müsse heute die Regierung die Aufmerksamkeit des HaufeS länger in Anspruch nehmen. Die Regierung habe unter der persönlichen Unfehlbarkeit des Papstes nie etwas Anderes ver standen, als dcS römischen Papstes unfehlbares Lehramt. Densel ben Ausdruck haben selbst ConcrlSväter gebraucht, die jetzt so warme Vertreter der Jnfallibilität geworden seien (Bravo.) Der Minister citirt dafür anerkannte Autoritäten, wie die Bischöfe v. Kctteler und Scherr und die GlaubenSveputation des Concils selbst. Die Regierung habe die Frage, ob in diesem Dogma eine Neuerung vorliege, einer sorgsältigen Prüfung unterziehen müssen, weil sie bei ihrem amtlichen Standpunkt nicht den einfacher Unterwerfung unter einen ConcilSbeschluß einzunehmen berechtigt gewesen. In einer sehr umfassenden Auseinandersetzung wird nun nachgewiesen, daß das Dogma eine Neuerung und im Zusammenhalt mit dem Syllabus auch staatsgesährlich sei. Die österreichischen Bischöfe hätten während dcS ConcilS selbst eine Eingabe an den Papst ge richtet, worin sie vor der Jnfallibilität wegen ihrer Staatsgesähr- lichkeit warnten, jene Eingabe sei auch von drei bayerischen Bischöfen unterschrieben worden. Der Minister verbreitet sich über die jesuitischen Tendenzen, auf denen das Dogma beruht, und citirt in diesem Betreff die ausgesprochenen Grundsätze vieler jesuitifchen Autoritäten, die alle aus Unterordnung der weltlichen Gewalt unter die Kirche abzielen. Der Minister führr u. A. die Genfer Correspondenz an, die die Anschauungen der römischen Curie vertnlt und worin es heißt: nur der ist Kaiser, dem der Papst die Krone auss Haupt setzte. (Heiterkeit ) Der gleiche Grundgedanke sei auch in der „Civilta cattolica" zu finden, die auf persönlichen Wunsch dcS Papstes 1869 von Jesuiten gegründet worden und die selbst von sich schreibe: wir sind das getreue Echo des heiligen Stuhles. Wer solle da noch zweifeln, daß die dort ausgesprochenen Theorien, wenn die rechte Zeit komme, nicht auch ins Praktische übertragen werden? Der Papst habe z- B. 1862 mit dem Staate Ecuador cm Concordat abgeschlossen, wodurch nur ein katholischer Clerus geduldet wird. Nach einer längeren Deduction kommt der Minister zu dem Schluffe, daß die Grundsätze der bayerischen Verfassung, wie die allen Bayern gewährleistete Gewissensfreiheit und Gleichberechtigung aller Confejsionen, die Verbindlichkeit des VersassungSeides rc., dem neuen Dogma gegenüber in eminenter Gefahr stehen. (Beifall) Mit Recht habe daher der ministerielle Erlag vom 27 August in dem neuen Dogma eine Bedrohung des bayerischen StaatsrechlS erkannt. LS wird nachgcwiesen, daß eine andere Auffassung des ^lncetum rexium als die im genannten Mmrsterialerlaß nicht möglich fer. Die Regierung könne nicht das Concordat für erloschen erklären, so lange solche Concordare in und außer Europa fortbeslehen. Heil sei nur durch Aenderung, durch eine tiefgehende Revision un serer Gesetzgebung möglich. Es werde dagegen nicht möglich sein, Mit den dem Staate zu Gebote stehenden ZwangSmaßregeln die Ausführung oder Unterlassung kirchlicher Functionen zu erzwingen. Man würde nur ein lang ersehntes Mältyrerthum ermöglichen. (Bravo.) ES müsse der Kirche jene Freiheit gegeben werden, die sie begehrt, aber auch dem Staate feine volle Freiheit, wenn er nicht der Leibeigene der Kirche werden soll. In der Trennung der Kirche vom Staate liege das einzige Heil. Die Concordate seien keine bilateralen Verträge, sondern nach der jüngsten Theorie nur so lange bindend, als es beliebt. Papst PmS selbst habe jüngst in einem Breve erklärt, daß die Concordate aus päpstlicher Gnade entstanden und nur widerrufliche Vorträge seien. Schließ lich werden die von den Interpellanten gestellten drei Fragen vom Minister in bejahenden Sinne dahin beantwortet: 1. Die Regierung will allen katholischen Angehörigen geistlichen und weltlichen Stan des, welche die Jnfallibilllät nicht anerkennen, den vollen Schutz gegen Mißbrauch geistlicher Gewalt angedeihen lassen und sie auch in ihren wohlerworbenen Rechten schützen; 2. das religiöse Er- ziehuogSrecht wird den Eltern in voller Freiheit emgeräumt, und wenn altkatholijche Gemeinden sich bilden, werden sie auch vom Staate anerkannt; 3. die Regierung ist bereit, zu neuen Gesetzen die Hand zu bieten, welche die volle Unabhängigkeit der Kirche vom Staate verwirklichen. (Beifall der Linken.) Nachdem noch der Ge setzentwurf über die Einführung des deutschen Strafgesetzbuches in Bayern ohne DiScussion einstimmig zur Annahme gelangt, wurde die Fortsetzung der Berathung der neuen Geschäftsordnung auf den Abend vertagt. Sachsen. Freiberg. Oeffentliche Gerichtssitzung, den 25. October Vormittags 9 Uhr, zur Einspruchverhaudlung in der Untersuchung Wider Franz Johann Kauer in ErbtSdorf wegen einfache« Diebstahl-, Beihülfe zu solchem und Forstdiebstahls. — De« 3. November Vor mittags 9 Uhr zur Etnspruchverhandlung in der Untersuchung wi der Friedrich Wilhelm Schulze von Niederlangenau wegen versuchter Sachbeschädigung, BreunereibetriebSstörung, leichter Körperverletzung und thätlicher Beleidigung; Vormittag- ^10 Uhr zur Einspruch- Verhandlung in der Untersuchung wider Christiane Friederike Bern hardt auS St. MichaeliS wegen Betrugs und Diebstahls; Vormit tags 10 Uhr zur Einspruchverhandlung in der Unterjuchung wider Carl Gottlob Wittig aus Marienberg wegen Widersetzlichkeit und ExcesseS. — In neuerer Zeit find auch falsche k. k. österreichische Ein thalerstücke vom Jahre 1866 zum ersten Male in Sachsen aufge taucht. Die Art der Anfertigung derselben ist Guß und der Klang derselben ist bleiern. Der Guß zeigt einen Gußhöcker an der Nase des kaiserlichen Brustbildes und mehrere Gußpunkte. — In der im Allgemeinen sehr unvollkommen hervortretenden Umschrift deS Randes sind die Buchstaben ,M" im Worte „Mit" und „V" in „vereinten" durch Gußvertiesungen besonders verunstaltet. —ät. Chemnitz, 16. October. Die Arbeiter der Sächsischen Maschinenfabrik hielten am gestrigen Tage im hiesigen Apollosaale eine Versammlung ab, um darüber zu berathen, wie sie sich gegen über der allgemein gestellten Forderung, die Einführung eine- NormalarbeitStageS betreffend, verhalten wollen. Man kam schließ lich dahin überein, an das Direktorium der Fabrik folgende Re solution abzugeben: „Die heutige Versammlung der Arbeiter auS der Sächsischen Maschinenfabrik erklärt sich mit der Einführung der zehnstündigen Arbeitszeit unter Beibehaltung der bisherigen Löhne und bisherigen Feiertage, sowie der Entlohnung der Ueber« stunden mit 25 °/, vollkommen einverstanden und verpflichtet sich, für die Verwirklichung dieser Forderungen ohne Unterlaß thätig z« sein, sowie auch solidarisch sür die zur Regelung dieser Angelegen heit gewählten Delegirten einzustehen und dieselben unter allen Umständen auf das Thatkräftigste zu unterstützen. Indem die Ver sammlung an die Humanität deS Direktoriums appellirt, hofft sie, daß dasselbe diese gerechten und zeitgemäßen Forderungen der Arbeiter berücksichtigen und die hierfür eintretenden Delegirten nicht maßregeln wird. Die neuen Maaße und Gewichte. Mit 1. Jan. 187 L tritt da« Gesetz über die Veränderung der Maaße und Gewichte tu ganz Deutschland in Kraft und e« wird da nicht blo« in der HandeWwelt, sondern auch in der bürgerlichen Wirtyschasl zur ütothwendigkeit weiden, sich mit den neuen Maaßen und Gewichten zu befreunden. Die Reform wird nicht Wenigen «ine Schwierigleit bereiten, die ihr keben lang nach bieh.iigea Anschauungen den Maaßsiab sür alle Dinge angenommen. Diese Schwierigteiien zu vermmtein und den Mbergong zu d-n neuen Zuständen zu erleichtern, sind bereit« vülsach Ta bellen erlwicnen, welche klar und populär die Verhältnisse de« alle» Maaße« und G-wichte« zu dem neuen auseinanoersetzcn. Eine« der empjehleaSwertyen Werk« chen duser Art ist da« vom Herrn S«minar-Oberlehrer Heß in Frei berg versaßle und hcrausgegebene. L« führt d-n Titel: „Verwandlungen der zeityerigen Längen- und Hohlmaaße, sowie der Gewichtein die in Deutschland einzusü hrenven Längen- und Hohlmaaße und Gewichte. Der alte Rechenmeister Hal sich mit dieser Arbeit in Wahr heit ein Verdienst erworben. Von der Brauchbarkeit de« Büchelchea« zeugt der Umstand, daß die erste starke Auflage schon vergrrssen uod eiue zweite dem Buch handel übergeben wurde. Der Prew ist ein veroLlinißmäßig sehr billiger. Vermischtes. "Traunstein, 11. Oktober. Mitten auf unserm schönen Marktplätze wurde heute Vormittags ein schwere- Verbrechen ver übt. Der hiesige Gensdarm Bichel wollte nämlich einen im Central« polizeiblatte zur Verhaftung ausgeschriebenen gefährlichen Dieb arretiren, allein letzterer versetzte alsbald dem GenSdarmen nicht bloS einen Messerstich in die Brust, sondern schoß ihm zugleich auch mit einem Pistol eine Kugel in den Unterleib. Die Schuß ¬ wunde wird als sehr bedenklich bezeichnet, doch hoffen die Aerzte das Leben des Schwer verletzten erhalten zu können. Der Thäter, welcher beim Zusammenstürzen deS GenSdarmen die Flucht ergriff, wurde von einem zweiten GenSdarmen und einigen Civilperscnen versolgt, verschwand aber in der Nähe deS TraunflusseS plötzlich vor den Augen seiner Verfolger. Nach längerem Suchen ward er jedoch wieder entdeckt; der Bursche hatte sich in die dochgehende Traun gestürzt, und sich gleich einer Tauchente im Wasser bis an den Mund niedergeduckt, so daß nur der oberste Theil seines KopseS sichtbar ward. Der verfolgende Gensdarm sprang nun gleichfalls ins Wasser, mußte sich dort aber noch tüchtig mit dem Verbrecher Herumraufen, bis eS ihm endlich unter Bechulfe mehrerer Personen gelang, den Uebelthäter auS dem Wasser heran« und hinter Schloß und Riegel zu bringen. * Roth (in Mittelfranken), I I. Oktober. Dem „Würzburger Journal" wird von hier berichtet: Am vorigen Samstag kam eS bei dem Begräbniß des Fabrikanten Stieber, der durch Ertränke« seinem Leben ein Ende gemacht hatte, zu unliebsamen Austritten.