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1608 krauch bleibe«. Für die erneuerte Revision und Beglaubigung durch die NichungSstellen ist jedoch sofort Sorge zu tragen, um Verzögerungen durch Ueberhäufung der Aichämter vorzubeugen. Ebenso soll mit Rücksicht aus die einschlägigen Bestimmungen der Aichordnung auch die Aichung der Wagen baldigst und zeitig vor dem 1. Januar k. I. veranlaßt werden. — Man scheint in Frankreich, wie man der „Franks. Ztg." aus Pari« schreibt, doch rascher zur Vernunst zu kommen, als man wollte. Verschiedene HandlungSHLuser, welche die Offerten ihrer früheren deutschen Geschässfreunde in gerade nicht freundlicher Weise vor Kurzem zurückwiesen, haben jetzt wieder Commisfionäre gesandt oder sind am Rhein selbst erschienen. Namentlich sind in der letzten Woche sowohl in der Produktenbranche, wie in dem Vieh- und feineren Fleischhandel wieder namhafte Abschlüsse auf regelmäßige Lieferungen von sehr bedeutendem Belang vorzugsweise für Paris erfolgt. Gumbinnen. 3m benachbarten Polen nimmt die Cholera nach amtlichen Nachrichten ab. Strastburg, 25. August. Der „Straßburger Zeitung" zufolge steht die Einführung des Strafgesetzbuches des deutschen Reiches bis zum 1. October d. I. zu erwarten. — Die Einführung des Handelsgesetzbuches ist in Vorbereitung begriffen. Mühlhausen, im August. Noch vor wenigen Wochen war zu fürchten, Elsaß - Lothringen werde sich durch Auswanderungen entvölkern. „Da bleib ich nicht" sagte stolz der Junge; „ein Preuße werden? Nimmermehr!" brummte die alte —; eingepackt, wer Kisten hat, und wer keine hat, der schnüre sein Bündel! Die Muthigsten voran, bald werden auch Andere nachfolgen!" So gings von Mund zu Mund. Besonders die Weiber waren reiselustig und schalten Jeden auS, der nicht mitthun und das Preußenland gegen Paris vertauschen wollte. Man hatte den Leuten vorge schwindelt, in Paris herrsche Mangel an Arbeitern, die Lebensmittel seien wohlfeiler als hier und die Wohnungen bekomme man gratis. Kaum hat jedoch die Auswanderung nach Paris begonnen, so ist sie wieder ins Stocken gerathcn. Nicht nur kommen ungünstige briefliche Berichte der Ausgewanderten täglich hierher, sondern auch Betheiligte, die das Elend mit eigenen Augen gesehen, kehren zurück. Ein Photograph von hier erklärte es für unerträglich, unter deutscher Herrschaft zu leben, er schüttelte den Staub von seinen Füßen und reiste mit Frau und Kindern nach Paris. Sein Aufenthalt daselbst dauerte ungefähr drei Wochen und bereits sehen wir den Mann vollständig enttäuscht und um Vieles erleichtert wieder in unserer Mitte. Seine Bericht« über die Zustände in Paris sind der Art, daß, wer ihn hört, alle Lust verliert, den Be such auf eigene Rechnung zu wiederholen. Eine andere Familie, schon seit Jahren im Dienste des Blattes Petite Presse, das jetzt hier nicht mehr verkauft wird, fand Aufmunterung zur Auswanderung nach Paris durch Mitarbeiter dieses Journals selbst. Während die Anstalten zur Reise getroffen werden, geht vorläufig einer von den Söhnen nach Paris, um das Geschäft sogleich in Gang zu bringen. Kaum find 14 Tage verflossen und ist der Tag der Ab reise für die Familie festgesetzt, so zerstreut ein Brief aus Paris alle Illusionen. Derselbe lautet: „Bleibt zu Hause ; ich kehre wieder zurück, es ist Alles anders hier, als man uns gesagt hat." Solche Beispiele von Enttäuschungen stellen sich mit jedem Tage vor die Augen des Publikums, und die, welche gelogen, wie die, welche geglaubt haben, können eS sich merken. So ist denn das Aus wanderungsfieber bereits stark im Abnehmen, bei den Meisten schon ganz erloschen. Paris, 27. August. Wie der „Agence HavaS" aus Versailles gemeldet wird, soll in einer gestrigen Versammlung der republi kanischen Linken dieselbe sich nach längerer DiScussion dafür ent schieden haben, daß die Forderung bezüglich Auflösung der National versammlung nicht opportun sei. Florenz, 26. August. „Economista" veröffentlicht jetzt den Text der Note, welche der sranzösische Minister des Auswärtigen de Remusat bezüglich der Aolltarifresorm an den italienischen Ge sandten in Paris, Ritter Nigra, gerichtet hat. In dieser Note heißt es, daß Frankreich keinerlei Aenderung des Handelsvertrages Mit Italien oder anderen Mächten außer unter beiderseitiger Fu. stimmung beabsichtige. Bukarest, 26. August. Der Fürst und die Fürstin von Rumänien beabsichtigen, ihren Aufenthalt im Kloster von Sinai vorläufig noch weiter auSzudehnen. Der Besuch der Fürstin von Wied wird für nächste Woche daselbst erwartet. Athen, 25. August. Nachrichten aus Lamia zufolge hat gestern der Blitz in das in dieser Gegend befindliche Pulvermagazin ein geschlagen, infolge dessen bedeutende Verheerungen angerichtet wur den. Die Einwohner solle« die Stadt theilwetje verlassen haben. Der Proceß gegen die Insurgenten von Paris, xm. Der Präsident schreitet nun zum Verhör von Pascal Grousset und sagt zu dem Angeklagten: Sie haben sich geweigert, auf die Fragen des Untersuchungsrichters zu antworten. — Grousset: Ja, Ich bin aber heute bereit, Erklärungen zu geben. Grousset giebt zu, daß er Mitarbeiter an dem Rappel und der Marseillaise ge wesen ist. — Präs.: Sie haben den Affranchi (er erschien unter der Commune) dirigirt, welcher zum Bürgerkrieg aufforderte. — Pascal Grousset: Ich glaube nicht, daß dieses richtig ist. Ich habe immer das vertheidigt, was ich auch heute noch für die Rechte von Paris halte. — Präs.: Indem Sie riefen: Nieder mit den Päpstlichen! Nieder mit den Priestern! — Grousset: Ich spielte auf die päpstlichen Zuaven an, welche sich in der Versailler Armee befanden. Präsident: Sie waren gegen eine jede Versöhnung. — Grousset: Ich zeigte mich denen, welche versöhnen wollten, wenig günstig. Dieselben wollten aus der Versöhnung eine Verwaltung machen und verlangten ein Budget. Eine ernstliche Versöhnung würde ich zugelassen haben, und ich habe es bewiesen. — Präs.: Sie haben Antheil an den Dekreten der Commune genommen? — Grousset: Ich werde über die Tragweite meiner Verantwortlichkeit nicht chikaniren; ich nehme alle Acte der Commune an. Nur liegt ein Decret vor, welches unS niederdrückt, das über die Geiseln. Man hat den Sinn desselben mißverstanden. Die Commune hatte einen wirklichen Abscheu vor Blutvergießen (Murren); wenn sie Geiseln nahm, so war es eine kriegerische Maßregel, um die Execution unserer Gefangenen zu verhindern. Die Geiseln sollten nicht erschossen werden. Unter der Commune wurde nur ein TodeS- urtheil erlassen, aber es wurde nicht ausgeführt. Ich glaube nicht, daß die Ermordung der Geiseln auf uns lasten darf. Die dema gogische Meinung ging viel weiter, wie wir. WaS mich bettübt, ist, daß unsere Partei die Schmach dieser Hinrichtungen tragen wird. Uebrigens hat man die Geiseln nicht erschossen. Die, welche erschossen wurden, waren von dem Gesetz nicht dazu verurtheilt worden. — Präs.: In ganz Paris machte man willkührliche Ver haftungen. ES war die Unordnung und die Anarchie. — Grousset: Man sagt heute, es war die Unordnung, weil wir besiegt find. Hätten wir gesiegt, so wären wir in einer regelmäßigen Lage. — Präs.: Sie erkennen an, daß Sie nicht die Herren der National garde waren. — Grousset: Wir waren nur unvollständig deren Herren. ES wurden Unschulvige verhaftet; aber glauben Sie, Herr Präsident, daß es auch unter denen, welche heute im Ge fängnisse sind, Unschuldige giebt, und ich citire Ihnen meine ganze Familie, gegen die nichts Anderes vorliegt, als daß sie mit mir verwandt ist. Präs.: Sie waren der Delegirte bei den äußeren Angelegen heiten. Sie hatten Personal um sich. Wer bezahlte eS? — Grousset: Alle Beamten erhielten ihre Besoldungen, die ihnen aus gesetzt waren. — Präs.: Ich sehe, daß Sie einem einzigen Indi viduum, einem gewissen Kunemann, 25,000 Fr. bezahlten. — Grousset: Der Herr Präsident wird mir gestatten, in meinen Er klärungen discret zu sein. Ich erinnere mich nicht dieser That- sache. — Präs.: Sie haben das Portefeuille geöffnet, welches Herrn de Moustier angehörte. — Grousset: Der Polizei-Commiffar kann dieses nur gethan haben. — Präs.: Sie haben die Dossiers vom Ministerium weggenommen. — Grousset: Da ich nicht im Ministe rium schlief, so nahm ich die Dossiers mit, um zu Hause zu arbeiten. Grousset giebt noch einige weitere Erklärungen über Schrift stücke, die man nach seiner Verhaftung im Betthimmel feines Zim mers versteckt fand. Die Dossiers, welche er der Polizei-Präfectur entnommen, betrafen allein seine Person. Er hatte sie holen lassen, weil er neugierig wär zu sehen, was sie enthielten. — Präs.: Er klären Sie, was es sür eine Bewandtniß mit Ihren Beziehungen zu den Departements hatte. — Grousset: Ich wünsche darauf nicht zu antworten, um keine anderen Personen zu compromittirea. Die Sache betrifft mich nicht allein. — Präs.: WaS bedeutet der Brief eines gewissen Pindoret, der von einem Projecte spricht, das überall Trauer Hervorrufen soll? — Grousset: ES ist mir vollständig unbekannt, aus waS dieses Schreiben Bezug hat. Man giebt mir ein Rendezvous in einem WirthShause; ich bin aber nie in das WirthShauS gegangen. — Präs.: Sie sind angeklagt eines Attentates gegen die Regierung. — Grousset: In dieser Hinsicht beziehe ich mich auf meinen Ver- theidiger. — Präs.: Sie sind der Mitschuld an der Zerstörung und Verbrennung der Monumente angeklagt. — Grousset: Die Unglücks fälle, welche dem Ende des Kampfe« folgen sollten, waren mir vollständig unbekannt. — Präs.: Aber e« konnte Ihnen nicht unbe kannt sein, wa« man in Paris sagte. — Grousset: Man sagte nur, was man in allen belagerten Städten sagt, was man während