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1L97 Graz, 8. August. Der Wasserheilort Frohnleiter breunt seit heute früh. Ganze Häuserreihen sind eingeäschert, die Kirche ist von den Flammen erfaßt, Die Grazer Feuerwehr ist mit einem Extrazug zur Hilfe geeilt. AuS Frohnleiter wird von Abends 7 Uhr ge meldet: Der Brand ist endlich gelöscht. In der Ortschaft herrscht große Aufregung; daS Curhaus ist nicht beschädigt. Pest, 9. August. Die „Pesther Correspondenz" schreibt, daß man in Ungarn rücksichtlich der rumänischen Ereignisse beruhigt sei, da auch Ungarn nunmehr einen Rückhalt an Deutschland besitze. Von diesem Gesichtspunkte aus betrachte man in Ungarn die Be gegnung der Monarchen und begrüße dieselbe als Unterpfand deS guten Einvernehmens zwischen der österreichisch-ungarischen Monarchie und Deutschland. Aus Florenz schreibt man der Wiener „Presse": Bekanntlich wurde hier kürzlich eine Art Filiale der Internationale aufgehoben, bei welcher Gelegenheit einige Schriften in die Hände der Behör den fielen, welche auf das Treiben und die Zwecke dieser sauberen Association ein sonderbares Streiflicht werfen. Unter Anderm wurde nämlich eine Art Instruction deS Londoner Centralcomitös vorge funden, worin dieses das von der Pariser Commune angewendete Mittel der Brandlegung nicht nur gut heißt, sondern sogar dessen Anwendung im Interesse der von der Internationale verfochtenen Ideen als nachahmungswerth bezeichnet, da mittelst desselben der doppelte Zweck erreicht werde, daS Capital zu züchtigen und der Internationale Proselyten zuzuführen. DaS Zentralcomitv empfiehlt daher, bei eventuellen Brandlegungen besonders größere Fabriken und Etablissements im Auge zu behalten, da hierdurch erstens deren Besitzer im Herzen getroffen, zweitens die in denselben beschäftigten Arbeiter gewaltsam zum Striken veranlaßt und so der Internatio nale in die Arme getrieben werden würden. Wenn man die Sache so liest, so glaubt man zu träumen oder es mit einer müßigen Er findung zu thun zu haben, und doch ist das Ganze eine Thatsache, sür deren Richtigkeit wir garantiren können; die saubere Instruc tion existirt und liegt dem hiesigen Communalgerichte vor, ja man hegt sogar den Verdacht, daß die ungewöhnlich zahlreichen, in letzter Zeit vorgekommenen Brände in Italien nicht das Werk des Zu falls, sondern der verbrecherischen Thaten der Internationale seien. Und solche Elende wagen cs, sich humanitärer Zwecke zu rühmen und daS Wort Freiheit zu gebrauchen, welches in ihrem Munde nur entweiht und zum Schrecken und zur Geißel der Menschheit gemacht wird. Rom, 9. August. Thiers beauftragte den Grafen Harcourt, im Einvernehmen mit Antonelli genau die Grundlagen zu prüfen, auf welchen eine Verständigung zwischen Italien und dem Papste versucht werden könnte. Petersburg, 2. August. Ueber den Gang der Cholera in Rußland theilt der „Reg.-Anz." Nachrichten mit, die auf den zwischen dem 18. und dem 28. Juli dem Medicinaldepartement einzesandten officiellen Berichten beruhen und eine starke Zunahme der Epidemie erkennen lassen. Es befanden sich diesen Nachrichten zufolge 3873 Kranke in Behandlung, und zwar darunter in Peters burg 558, im Kreise gleichen Namens 3, in Kronstadt 140, in Moskau 595, in Wilna 257, im Kreise gleichen Namens 161, in Troki 23, im Kreise gleichen Namens 107, im Kreise Lida 26, in Witebsk 2, in Polozk 2, im Kreise gleichen Namens 31, im Kreise Dünaburg 1, im Kreise Alexandrow 312, im Kreise Pereßlawl 73, im Kreise Wologda 54, im Kreise Nowochoperk 20, in Kasan 21, in Kostroma 23, in Riga 124, im Kreise Gorki 29, im Kreise Nishni Nowgorod 41, in Nowgorod 40, im Kreise gleichen Namens 38, in Stadt und Kreis Tscherepowez 23, in Stadt und Kreis Bjelosersk 18, in Stadt und Kreis Whtegra 34, im Kreise Poncho 59, in Tambow 402, im Kreise gleichen Namens 131, im Kreise Boriffoglebsk 92, in Jaroßlawl 76, im Kreise gleichen NamenS 121, in Rybinsk 119, im Kreise gleichen Namens 3. Türkei. Von der montenegrinischen Grenze schreibt man der „A. A. Z": Nachrichten aus der Herzegowina, welche von einer bedenklichen Aufregung nicht nur unter den dortigen Christen, son dern selbst von einer solchen unter den Muselmanen sprechen, ver sichern zugleich, daß diese der Pforte feindselige Stimmung noch durch Flugschriften geschürt werde, welche unbekannte Hände unter die slavische Bevölkerung der Herzegowina vertheilen. Die türkischen Behörden behaupten: ein großer Theil jener Flugschriften werde aus Montenegro eingeschmuggelt, wo die Regierung zum Behuf dieser Propaganda eine eigene Druckerei errichtet habe. Diese Angabe stimmt allerdings mit der Vergrößerung der montene grinischen Regierungsdruckerei, die aus speciellen Befehl des Fürsten unter die Leitung des Serben Sundetschitsch gestellt worden. Der selbe ist auch Herausgeber und Redacteur zweier Zeitschriften: eines politischen Wochenblattes, das unter dem Titel „Tscherna- goratz" (der Montenegriner) erscheint, und einer literarischen Revue, welche angeblich die gesammte sÜdslavische Literatur vertreten will. Aus den Aufsätzen des Herrn Sundetschitsch ist unschwer heräuS- zufinden, daß er ein fanatischer Anhänger VeS serbtsch-illyrischen Großreichs und der Türkenvertreibung ist. — Auf die militärische Ausbildung der montenegrinischen Miliz wird seitens der Regierung fortwährend viel Sorgfalt verwendet. Die Infanterie ist nün durchgehend mit Hinterladern bewaffnet, die zwar anfangs bei den Montenegrinern — welche von Alter- her an ihre langen Türken- flinten gewöhnt waren — nicht sehr in Gunst ständen, aber später hin durch ihre Vorzüge sich doch zur Werthschätzung erhoben. GS deißt auch, der Fürst habe die Absicht, seine Gebirgsartillerie einer Reform zu unterwerfen, und sie durch drei Mitrailleusen-Batterien zu verstärken, die aus französischen Waffenfabriken bezogen wer den sollen. Mexico. Die mexicanische Präsidentenwahl ist ohne Ent scheidung geblieben, indem schließlich keine absolute Stimmenmehr heit zu Stande kam. Der Congreß wird jetzt wahrscheinlich Diaz wählen. Der Proceß gegen die Insurgenten von Paris, i. Der Proceß gegen die Führer und Theilnehmer des Aufstandes von Paris hat am 7. August vor dem Kriegsgerichte in Versailles begonnen. Zunächst gelangte die bereits erwähnte allgemeine An klageschrift zur Verlesung. Dieselbe weist darauf hin, daß der Ur sprung der Jnsurrection in der Allianz der revolutionären Partei mit der internationalen Gesellschaft zu suchen sei; sie weist ferner nach, daß die Insurgenten die traurige Lage des Vaterlandes und die Anwesenheit der deutschen Truppen benutzt haben, um ihre Ab sichten zur Ausführung zu bringen,-und zeigt, wie der Plan gefaßt worden sei, Paris durch eine allgemeine Feuersbrunst in Asche zy legen, wie derselbe zur Ausführung gebracht wurde und in der That 238 öffentliche Gebäude und Häuser vom Feuer ergriffen wurden. — Nach diesem Generalberichte wurden die Anklageschriften gegen die einzelnen Angeklagten verlesen. Die meisten Angeklagten erschienen keineswegs niedergeschlagen, einige von ihnen lächelten so gar, als sie hörten, wessen sie beschuldigt wurden. DaS Verhör wird erst morgen vorgenommen werden. Der Anglageact gegen den Capitän Rossel lautet: Der Capitän Rossel, vom Genie, war dem Generalstabe von Metz während des Krieges gegen die Deutschen beigegeben. Unter einer Verkleidung am Tage des Einmarsches der Deutschen ent kommen, flüchtete er über Belgien und England und kam nach Tours, wo er von Hrn. Gambetta den Auftrag erhielt, die mili tärischen Streitkräfte und die VertheidtgungSmittel im Norden Frankreichs zu besichtigen. Bei seiner Rückkehr, Anfangs December, wurde er zum Genie-Oberstlieutenant im Lager von NeverS er nannt. Er hatte diese Stellung noch inne, als der Aufstand vom 18. März auSbrach. Durch ein Journal erfuhr er, daß die Re gierung Paris verlaffen hatte und dieses in der Gewalt des Central- Comitvs sei. Ohne Zaudern schrieb er an den Kriegs-Minister in Versailles, um demselben anzukündigen, daß er seinen Posten'verlasse und in den Dienst der Jnsurection trete. Rossel bekennt sich zu diesem Griefe und hat schriftlich anerkannt, daß er die ganze Be deutung seines Schrittes erfaßt habe und aus sich selbst handelte, ohne irgend einem fremden Einflüsse nachzugeben. Er sagte iu seinem zweiten Verhör, daß, wissend, daß die Regierung entschlossen sei, sich zu vertheidigen, und daß die Ereignisse voüt 18. März daS Vorspiel zum Bürgerkriege seien, er sich entschlossen aus die Sette der Jnsurection gestellt habe. Bei seiner Ankunft setzte er sich mit den Mitgliedern des Comitös des 17. Arrondissements in Berbin- düng. Von ihnen dem Central-ComitL des Stadthauses vorgestellt, erhielt er das Commando der 17. Legion. Streitigkeiten erhoben sich bald zwischen dem LegionSrath und ihm und er wurde ver haftet. Durch die Bemühungen eines seiner Offiziere wieder frei gegeben, wurde er von Cluseret zum Chef des Generalstabes ernannt. Er behielt diese Stelle bis zum 26. April. Er forderte zu dieser Zeit seine Entlassung, aber er fuhr fort, der Commune officiellkis zum 30. April zu dienen. Am 30. April wurde er zum Delegirten beim Kriegs-Ministerium ernannt. Während der Zett, welche dieser Ernennung vorangegangen war, wurde er von der Commune an die Spitze deS Kriegsgerichts gestellt. Dieser am IS. April von der Commune errichtete Gerichtshof hatte zur Aufgabe, die Procrffe der Bürger, welche gegen die französische Armee zu marschiren sich weigerten, summarisch abzumachen. Die Hauptstrafen waren Tod, Zwangsarbeit und Gefängniß. Es war fast immer die TodesstMe, m welcher die Angeklagten verurtheilt wurden. Rossel machte sich durch seine Hartherzigkeit und seinen unbeugsamen Wer bemerklich. Die ersten von ihm als DeleMer HM KM MWMM Mterzeichneten Besetzte erschienen M oMeüen Jonrngs her Lvm-