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unbekannter Dieb gethan. Li« aus einem Rollwagen befindliche-, wohlverspundetes Fäßchen, in welchem derselbe Spirituosen ver- muthen mochte, batte seinen DiebeSfinn und seinen Appetit so ge reizt, daß er, als der Wagen einige Augenblicke unbewacht war, das Faß eScamotirte. Beim Eröffnen desselben mag er indeß sehr unangenehm überrascht worden sein, denn anstatt des erhofften Nordhäusers oder Kümmels hat er 120 Pfund Buchdruckerschwärze darin gefunden. Einen schwärzeren, aber ihn wahrscheinlich wenig zufrieden stellenden Diebstahl mag dieser Langfinger wohl seit langer Zeit nicht ausgeführt haben. * lieber den geschmacklosen Haaraufputz mancher Damen läßt sich im „Leipz. Tagebl." ein in Bad Teplitz weilender Feuilletonist folgendermaßen auS: „Wenn man hier in dieser schönen Natur Studien über die Ausgeburten der Unnatur machen will, so liefern die jungen Damen ein reiches Haarmaterral dazu. Bor nicht gar langer Zeit hatte die Mode dem schönen Geschlechte statt des Hutes ein Deckelchen, gleichsam ein Feigenblatt des Gehirns octroyirt. Jetzt hockt ein kleines schnippisches Hütlein auf einem Berge von Haaren, zu dem mindestens ein Dutzend Leichen die ihrigen bei gesteuert haben. Bald hängen diese mit Werg unterstopsten Haar wulste wie Bieberschwänze bis in die Taille herunter, bald sind sie thurmartig zusammengeflochten und bald umwuchern sie wie ein riesiger Fitz die kleinen, stolz in den Nacken geworfenen Köpf chen. O der thörichten Verblendung, zu glauben, daß so eine aufgeputzte Vogelscheuche den Männern gefällt! O der Schwach heit uachsüchtiger Mütter und freigebiger Väter, die solche Ver sündigung an der Natur und Aesthetik unterstützen! Doch hinweg von diesem Bilde!" * Man schreibt der „Kr.-Ztg." aus Pommern: ES ist uns Mitgetheilt, daß am Sonntag Abend an vielen Orten und Anhöhen Freudenseuer angezündet werden sollen. Nie hat ganz Deutschland mehr Veranlassung gehabt, von Bergen seine Feuer leuchten zu lassen, alö an dem FriedenSdankseste 1871. Möchte deshalb vom Niemen bis zu den Alpen jeder Berg Zeugniß geben von dem Jubel, welcher das ganze große, einige Deutschland erfüllt. * Zum Breslauer Theaterbrand entnehmen wir der „Schles. Ztg." noch Folgendes: Das verherrende Element hat dies Mal nicht daS ganze Bauwerk in der Weise vernichtet, wie dies bei dem Brande am 19. Juli 1865 bezüglich des srühern Theaters der Fall war. Die gewölbten Kellerräume des Theaters sind noch unversehrt und sowohl der Restaurationskeller als auch die Localität der Conditorei von der Vernichtung verschont geblieben. Auch die äußeren Umfassungsmauern haben diesmal im Ganzen weniger von der Gluth gelUten, da sich der eigentliche Herd des Feuers mehr im Mittelpunkt des Gebäudes concentrirte. Die am obersten Ge- fimS aufgestellten, aus Zink gegossenen Vasen und Ornamente erscheinen unbeschädigt, ebenso die über dem Portale ausgestellten lebensgroßen Figuren, wie überhaupt die Vorderfront des Theaters nebst dem Portale am wenigsten gelitten hat. Der Oberfeuermann, welcher im Stadttheater die Wache hatte, revidirte am Dienstag um '/z7 Uhr die sämmtlichen Theaterräume, Wasserreservoire rc. Er fand Alles in Ordnung und ging zur Gühne zurück. Um '/^8 Uhr hörte derselbe ein Laufen auf dem obersten Schnürboden, eilte hinaus und in diesem Augenblicke ertönte das Feuersignal des dort stationirten FeuerwächterS; ein vom Malersaale her kommender Arbeiter meldete ferner, daß Feuer zwischen dem Raume über dem Zujchauerraume und dem Schnürboden, und zwar an der Seite der Kronleuchteröffnung nach dem Stadtgraben hin ausgebrochen fei. Nach der Rettung der um Hilfe rufenden Personen war eS Ausgabe der Feuerwehr, die ganze Umgebung sicher zu stellen, da von einem weitern Angriff aus das Theater selbst Abstand genom men werden mußte. Die Lösung dieser Aufgabe ist vollständig ge lungen, da kein Gebäude Schaden genommen hat, abgesehen von etmgen Quadratrutheu Putzdesecten und etwa 1 Dutzend zersprun- 8o^^"s^ch"ben. abgebrannte Theatergedäude ist mit ^27,640 Thlr. versichert und ist die Breslauer städtische Feuerso- cE mtt 42 640 T^ dre FeuerversicherungSgesellschast „Thurin- Ä" r. ' btt Magdeburger FeuerversicherungSgesell- schäft mtt 100,000 Thlr. und Mehlich die schlesische Feuerver- fichekungSgesellschaft mit 30,000 Thlr. hieran betheiligt. Die Be fürchtung, daß der Dekorationsmaler Weigmann be: dem Brande feinen Tod in den Flammen gesunden hat, scheint leider begründet -« sei». * Auf dem soeben beendeten BreSlaner Wollmarkt ist eine Spitzbüberei ins Werk gesetzt worden, die in der That ihres Gleichen sucht und zu äußerster Vorsicht mahnt. Am ersten WollmarktStag kaufte ein fremder Herr, der sich durch elegantes Aeußere und ge- fällige Manieren auSzeichnete, von sieben verschiedenen Wollprodu- ernten, denen er sich als Kaufmann Moritz Elsner aus Berlin verstellte, Wollepostev im Betrage von 15,000 Thlr, Nach dem am Berliner Platz bestehenden Brauche wird nach Abschluß deS Kaufes die Wolle vom Spediteur abgeholt und gewogen, worauf sich dann der Verkäufer mit dem erhaltenen Waagezettel zum Käufer verfügt, der nach dem so sestgestellten Gewicht Zahlung leistet. Diesem Gebrauche gemäß, hatte der angebliche Berliner Kaufmann die Gutsbesitzer, von denen er Wolle gekauft, für den nächsten Morgen in das Hotel zur Empfangnahme deS Geldes bestellt. Als die Wollverkäufer zur bestimmten Stunde erschienen, war der feine Herr verschwunden. Man erfuhr nur, daß er am Abend vorher, wie er zu seinem Quartiergeber geäußert, nach Schweidnitz abgereist sei. Die auf so ungewöhnliche Weise Getäuschten setzten nun sofort das Polizeipräsidium von dem Vorfall in Kenntniß, um mit Hülfe der Behörden ihre Wolle von dem Spediteur zurückzu- erhalten- Don demselben erfuhren sie aber zu ihrem Schrecken, daß der betreffende Herr schon am Abend zuvor auf seine bei dem Spediteur lagernden Wollen von Letzterem einen Vorschuß von 2800 Thlr. entnommen hatte. Den angestrengtesten Bemühungen der Polizei ist eS gelungen, festzustellen, daß der Gauner nicht nach Schweidnitz, sondern nach Posen abgereist sei; daß er ferner nicht der Kaufmann Moritz ElSner aus Berlin, sondern der be- rüchtigte Hochstapler Albert Naleppa auS Oberschlesien ist. Es ist sofort behufs Ergreifung des Betrügers nach allen größeren Han delsplätzen Deutschlands und der angrenzenden Länder telegraphirt worden. Die betreffenden Gutsbesitzer haben sich dazu entschließen müssen, dem Spediteur den von dem Gauner erhobenen Vorschuß zurückzuerstatten, um wieder in den Besitz ihrer Wolle zu gelangen. * Berlin, 12. Juni. Am Sonnabend wurde hier ein abscheu liches Verbrechen verübt. Die „Staats-Ztg." berichtet darüber. In der Rosenthalerstraße 61 im ersten Stocke wohnt seit 1. April d. I. ein Musikdirector Pechmann mit seiner Frau. Derselbe ist wenig zu Hause, da er durch Musikproben und Concerte sehr in Anspruch genommen ist. Da die Leute keine Kinder haben, so be fand sich die Frau gewöhnlich allein in der Wohnung mit einem kleinen wachsamen Hündchen. Am Sonnabend Abend gegen 8 Uhr wurde einem Briefträger auf wiederholtes Läuten an der Thür glocke nicht geöffnet. Als er daraus an die Thür faßte, fand er dieselbe geöffnet. Bei seinem Eintreten schwankte ihm mit stiere« Blicke und abwehrenden Handbewegungen, daS Gesicht von Blut überströmt, Frau Pechmann entgegen, sie schien ihn nicht zu erkennen und ihre Besinnung verloren zu haben. Wie ihre blutbefleckte Klei dung verrieth, hatte sie bis zu feinem Erscheinen in einer großen Blutlache gelegen, die sich am Fußboden vorfand. Der Beamte ries sofort Hilse herbei, und als man die Wohnung durchsuchte, fand man ein Spind erbrochen, dessen Inhalt durchwühlt und zum Theil auf dem Fußboden umher gestreut war. Der yerbeigerufene Arzt erklärte die Verletzungen der Frau für unbedingt tödtlich; die selbe ist auch noch während der Nacht, ohne wieder zur Besinnung gekommen zu sein und über die Person des Mörders Ausschluß ge geben zu haben, verstorben. * sEine weibliche Advocatenfirma.j In KansaS in den Ver einigten Staaten hat eine weibliche Advocatenstrma ihr Geschäft eröffnet. Fräulein Marie Wattles und Frau Helene Courb haben sich zu diesem Zwecke vereinigt, und wenn die Damen ihren Namen iLhre machen — Striegel und Ruthe — dann wehe dem Gegner oder auch dem Clienten. * Schneestürme in Tyrol. Der „T. B." schreibt: Traurige Aussichten für oie diesjährige Ernte stehen bevor. Namentlich im Ober-Pusterthale sieht eS in Folge anhaltenden Schneesturms ganz erbärmlich auS. Im ganzen Pusterthale begann es am 1. Juni vom Nordost her zu stürmen, zuerst mit heftigem Regen, vom 2. Mittags aber mit dichtem Schneefall, der noch am 4. d. MtS. fort währte und Berg und Thal ganz in Schnee verhüllte. Der Schnee erstreckt sich von Ober-Drauburg bis Jnnichen. In Bruneck sind die Berge bis zur Hälfte herab beschneit und war am 4. d. M. eine Temperatur von nur -s- 2.5° R. Am Verderblichsten wirkt dieses Unwetter im schönen Tilliacher-Thale, da der Schnee dort am 3. schon eine Höhe von 8 Zoll hatte, der Auftrieb des VieheS auf die Weide unmöglich ist und der ganze Vorrath für den großen Viehstand in dieser ausgedehnten Gemeinde nicht mehr als 2 Cent- ner Heu beträgt. Schon zu Ende deS Winters mußten die Leute zu dem verzweifelten Mittel greifen, dem Rindvieh frische Fichten zweige auszuschneiden und als Futter zu reichen. In Folge dieses Futtermangels und der ungewöhnlich gebrauchten Futtersurrogate ist das AuSbrechen einer Viehkrankheit zu befürchten. In den tiefer gelegenen Gegenden des Pusterthaler HauptthaleS, wo die Winterfrucht angebaut wird, ist die Aussicht auf eine Ernte fast gänzlich vernichtet. Nach weiteren Nachrichten deS „T. B." lag am 6. zwischen Lienz und Sillian fußhoher Schnee. Das Inn- Thal durchziehen seit 5 Tagen bei schwer umhülltem Himmel spät herbstliche Stürme mit kaltem Regen und mit Schneefall auf dm