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und Tageblatt Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter und der Stadträthe zu Freiberg u. Brand. 1871 Sonntag, den S. April Zum heiligen Bsterftste Ueichm«,^ Erscheint jeden Wochentag Ab. 6 U. für den and. Tag, Inserate werden bi« V, 1l U. für nächste Nr. angen, Tei mir gegrüßt, Du heil'ger Ostertag! Laß mich daS Ende meine- Glauben- schauen, Auf Dich, Erlöser, der im Grabe lag, Mein ganze- Glück und meine Hoffnung bauen. An Deiner Gruft will ich im Geiste steh'n Und Nicht- soll hier den süßen Trost mir rauben, Daß selig Alle find, die Dich nicht seh'n Und doch auö vollem Herzen an Dich glauben. Der Ostersonne früher Morgenstrahl Erhellt den Raum, wo die Vernichtung weilet, Wo Du geruht nach banger Todesqual, Wo Du das LooS der Sterbliche» getheilet. Wohl finden wir die Trauerstätte leer; Doch brauchen wir nicht angsterfüllt zu fragen; De- Glaubens Sonne leuchret hell und hehr Und in der Seele fängt es an zu tagen. -i- Freiberg, 8. April. Röchelnd, wie ein auf den Tod gehetztes Wild, liegt die „Com mune von Paris" in ihren letzten Zuckungen; wohl möglich, daß sie den Gnadenstoß schon erhielt, als wir die Jeder zu diesen Zeilen ansetzten. Wir gestehen, daß es uns an jedwedem Gefühl de- Mitleids für das verbrecherische Beginnen jener tollen Menschen gebricht, die Tausende für ein finnloses Unterfangen zur Schlacht bank führen. Wahrlich der Wahnsinn ist ohne Grenzen! WaS da in Paris vor sich geht, ist freilich nicht der Socia- liSmuS Fouriers, der in sanften Träumen die Zeit kommen sah, wo man Löwen al- Hausthiere züchtet und wo da- Weltmeer au- Limonade besteht; eS ist nicht der auf dem Geiste der Brüder lichkeit beruhende JcariSmuS des Kabet, auch nicht die gewaltige und doch in mancher Beziehuug solide Schwärmerei des St. Simon; am allerwenigsten ist es der SocialismuS Proud- hon'S, der mit deutscher Gründlichkeit sich in die Widersprüche de- wirthschaftlichen Leben- vertieft. Allein trotz alledem ist eS SocialismuS oder vielmehr CommunismuS und Baboeuf wird kaum mit Mißfallen auf seine Schüler sehen. Auf wissenschaft lichen Gehalt nehmen die Leiter der Bewegung nicht den ge ringsten Anspruch ; sie würden einigermaßen verwundert drein schauen, wenn man sie in eine Di-cussion verwickeln wollte. Ihre gesammte National-Oekonomie reducirt sich auf den einen Satz, daß man durch Bezahlung seiner Schulden nur sein Geld verläppert. Und diesem Satze gemäß handeln sie mit unverbrüchlicher Coase- quenz. Sie casfiren Wechselsorderungen und casfiren MiethSan« sprüche, lediglich in Anbetracht der unangenehmen Gefühle, die da- Bezahlen der Schulden in dem natürlich entwickelten Menschen hervorruft ; sie sind Communisten nicht allein mit Worten, sondern mit Thaten. Ueber ihre Tendenzen darf man sich nicht den Kops zerbrechen, aber jede ihrer Handlungen ist ein Faustschlag in das Angesicht unserer Cultur. In den Pariser Ereignissen erblicken wir den Ausbruch einer lurHtbsM, Mr geradezu MMHm Ms. die W M Hk telligenz verlassen ist. ES handelt sich hier wahrhaftig um elemen tare Naturereignisse, bei denen alle Gesetze der menschlichen Ethik schweigen. Wer möchte den Ausbruch des Vesuvs vom moralischen Standpunkte auö beurtheile»? Schon daß kein einigermaßen her vorragender Name an der Spitze steht, daß die Masse selbst als Hauptacteur auftritt, giebt dem ganzen Hergänge diesen dämonisch unheimlichen Character. Man hat zur Entschuldigung für Alle-, wa- seit Jahresfrist in Frankreich geschehen, auf die Demoralisation hingewiesen, die 20 Jahre lang durch daö Kaiserthum systematisch genährt worden ist. DaS führt uns aber auf die alte scholastische Streitfrage: was früher gewesen, daS Ei oder die Henne? Ist die Demoralisation wirklich nur die Wirkung des Kaiserthums, oder war vielmehr das Kaiserthum die Wirkung der Demoralisation? Und können wohl die gegenwärtigen Zustände mit etwas Anderem endigen, al- mit einer neuen Auflage des Despotismus? Wir Deutsche rühmen uns sehr des Vermögens der Geistes- Verwandtschaft. Kein anderes Volk ist so wie wir im Stande, sich vorzustellen, wie den alten Griechen, den Indern, den Aeghptern zu Muthe gewesen. Wir können gerecht sein gegen Italiener und Rusten, gegen Engländer und Spanier. Aber zuweilen führen unsere romanischen Nachbarn Stücke auf, bei denen unsere Geistes verwandtschaft erlischt und die wir absolut nicht verstehen. Bestürzt und überrascht sehen wir dem Schauspiel zu und fragen, was end lich daraus werden soll. Ja, was soll daraus werden? Aus dem Extrem der wüthen- den Pöbelherrschaft wird Frankreich in da- Extrem nicht minder wüthender Reaction verfallen. Denn darüber kann Niemand sich täuschen, daß auf die März- und Apriltage de- Jahres 1871 ein Rückschlag folgen wird, so unheilvoll, so blutig und so vernichtend wie jener, der im Jahre 1848 auf die Juni-Revolution gefolgt ist. Daß die Republik darüber in die Brüche geht, ist schon heute außer Frage, daß jede vernünftige Freiheit in Frankreich wieder durch KM M WM» W ÜWSÄ WWW VS, L M M „Er ist erstanden!" ruft eS fort und fort, Der Lebensfürst hat un- den Sieg errungen, Vollbracht ist der Verheißung große- Wort, Zum ew'gen Heil ist er empor gedrungen! Die Sonne, die am Sabbath einst ihr Licht Mit reinem Glanz in'S Grab de- Herrn gesendet, Auch unsern Gräbern strahlet sie und spricht: „Die Seele lebt, obgleich der Leib hier endet!" D'rum sei getrost an Deiner Lieben Grab, Blick' auf zum Herrn an allen Sterbebetten; Der Glaube, den da- Osterfest Dir gab, Muß hoffnung-reich Dich an den Vater kette«. Wenn Leidensstürme Deinen Pfad umweh'«, Mag nimmer Dir der Muth de» Glaubens finke« ; Ein Sabbath kommt, auch Du wirst aufersteh'n, Auch Dir wird einst Dein Herr und Meister winken. möerger AiMger Denn gleich der Erde, die auf'S Neu' erwacht, Wann um sie her die Osterglocken läuten, So führet Gott nach stiller TodeSnacht Die Müden ein zu ihre- Herren Freuden. So weich' von Dir der schwere Sorgenstein l Der Herr ist Auferstehung und ist Leben. Zu diesem Glauben mag Dich Ostern weih'«, DaS Fest, daS Gott zum Heile uoS gegeben! Preis vierteljährl. 20 Ngr. Inserate weiden die gespaltene Zeile oder deren Raum mit 8 Pf. berechnet.